Die Toten von Salzburg

Der Fernsehfilm der Woche

Österreichische Lässigkeit trifft auf deutschen Pragmatismus: Major Peter Palfinger (Florian Teichtmeister) tritt seinen Dienst in Salzburg an. In diesem ersten Fall der geplanten Reihe ermittelt Palfinger, der auf den Rollstuhl angewiesen ist, an der österreichisch-bayerischen Grenze im ständigen Wettstreit mit dem bayrischen Kriminalhauptkommissar Hubert Mur (Michael Fitz) – ein ungleiches Duo in einem Spannungsfeld aus Humor und Zynismus, Diplomatie und Geradlinigkeit.

  • ZDF, Montag, 26. September 2016, 20.15 Uhr

Texte

Salzburg und der große & kleine Grenzverkehr
Vorwort von Daniel Blum

Der kleine Grenzverkehr heißt der kleine Liebesroman von Erich Kästner aus den späten 30er Jahren, der eine Zeit beschreibt, in der die Grenze zwischen Bayern und Salzburg ihre Tücken hatte und (zumindest mit Devisen!) nur sehr mühsam zu überwinden war. Eine lange, glückliche Zeit schien es nun aber so, als sei die Frage nach Grenzen kein Thema mehr zwischen Deutschland und Österreich. Doch da, wo die Grenze zwischen Mentalitäten, Befindlichkeiten, Zugehörigkeiten schon trennend genug wäre, steht (spätestens seit der Flüchtlingskrise) auch die Frage nach strengen Landesgrenzen plötzlich wieder auf der politischen Agenda. Kein Wunder also, dass unsere beiden eigensinnigen und charakterstarken Protagonisten, der Österreicher Palfinger und der Bayer Mur (gespielt von unserem 'Dream-Team' Florian Teichtmeister und Michael Fitz), nicht gerade mit der größten Sympathie aufeinander treffen – zumal, wenn eine Landesgrenze und eine Leiche zwischen ihnen liegt und damit die Frage: wer ist zuständig?

Die größte, fast unüberwindbare Grenze, von der in diesem Film erzählt wird, ist aber die Grenze, der Kommissar Palfinger in seinem Alltag in jedem Moment ausgesetzt ist: alle um ihn herum können gehen, stehen, laufen – er ist aber, seit einem Unfall mit einem Gleitschirm, querschnittsgelähmt und auf einen Rollstuhl angewiesen. Die "Palfinger-Perspektive", wie der Regisseur das nennt, ist eben eine etwas andere. Aus dieser Perspektive sieht die Welt ganz anders aus. In der Barockstadt mit dem vielen Kopfsteinpflaster ist dieser Blick aber in erster Linie von unzähligen Hindernissen verstellt. Als Zuschauer versteht man schnell, warum der Wunsch nach Inklusion immer erst mal von der (traurigen) Realität der Exklusion ausgehen muss. Die besondere Perspektive Palfingers, hilft ihm aber auch, einen etwas anderen Blick auf den Fall und die Verdächtigen zu werfen. Im Umgang mit diesem gesellschaftlich so wichtigen Thema gilt das, was die Programmdirektorin des ORF, Kathrin Zechner, in einem Interview mit dem Magazin "Valid" so treffend formuliert hat: "In der Fiktion ist nicht die Behinderung das Thema und auch nicht die Sonderstellung der Menschen mit Behinderungen zu unfehlbaren Helden oder aber der Blick auf die Opfer. Die Inklusion wird abgebildet, weil sie Teil des Lebens ist."

In Salzburg stirbt nicht nur Jedermann: auch diese architektonische Perle und Welterbe der Baugeschichte hat ihre Abgründe, Verbrechen und dunklen Seiten. Umso schöner also, dass zwei gelernte und leidenschaftliche Salzburger, Autor und Regisseur Erhard Riedlsperger und Autor Klaus Ortner, diese Abgründe zwischen den weltberühmten Barockfassaden so fesselnd ausleuchten. An einer Fortsetzung wird bereits gearbeitet.

Einen unterhaltsamen Krimi über Grenzen (eingebildete und echte, kleine und große) und deren Überwindung war unser Ziel. Mit dem rollenden Kommissar Major Palfinger eint uns die Hoffnung nach einem möglichst barrierefreien Leben – in Salzburg und anderswo. Diesem Wunsch würde sich wahrscheinlich sogar der bärbeißige Mur anschließen.

Daniel Blum
Hauptredaktion Fernsehfilm/Serie I

Stab, Besetzung und Inhalt

  

Buch Erhard Riedlsperger, Klaus Ortner
RegieErhard Riedlsperger
KameraKai Longolius
MusikDominik Giesriegl
ProduktionSatel Film
ProduzentHeinrich Ambrosch
RedaktionDaniel Blum (ZDF), Sabine Weber (ORF)
Längeca. 89 Minuten

 

Die Rollen und ihre Darsteller

 

Peter PalfingerFlorian Teichtmeister
Hubert MurMichael Fitz
Irene RussmeyerFanny Krausz
Alfons SeywaldErwin Steinhauer
Sebastian PalfingerSimon Hatzl
Nico BrixHarald Windisch
Dave HarperMax Müller
Angelika HolzerIsabel Karajan
Simon WächterNikolaus Barton
Stefan SandbergerHary Prinz
Landtagspräsidentin Zirner Susanne Czepl 
und andere

 

Inhalt

Major Peter Palfinger tritt seinen Dienst als neuer Leiter der Abteilung Gewalt- und Blutdelikte in Salzburg an. Palfingers besondere Blick auf die Welt und die Menschen ist auch eine Folge seiner außergewöhnlichen Perspektive: Nach einem Paragliding-Unfall ist der Grazer auf den Rollstuhl angewiesen – sehr zur Überraschung seines neuen Vorgesetzten, Hofrat Anton Seywald. Doch auf Palfinger wartet schon der erste Fall: An der Grenze zu Bayern, am legendenumwobenen Untersberg, wird die Leiche von Walter Holzer aufgefunden. Angeblich ein Jagdunfall.  Als Mörder von Walter Holzer kommen einige in Frage: die geschädigten Anleger, die Ehefrau, von der sich der Anlageberater scheiden lassen wollte, ein idealistischer Anwalt sowie ein österreichischer Geschäftspartner, der für den Toten als Strohmann fungierte.

Bei der Aufklärung stehen Palfinger die engagierte Mitarbeiterin Irene Russmeyer und im ständigen Wettstreit sein bayrisches Pendant, Kriminalhauptkommissar Hubert Mur aus Traunstein, zur Seite. Murs Methoden sind grundsätzlich andere als die von Palfinger. Geradlinigkeit und Rationalität sind seine Stärken, Humor dagegen weniger – und schon gar nicht Diplomatie. Während Mur sich zunächst vor allem dafür interessiert, an das verschwundene Geld der betrogenen Anleger heranzukommen, sucht Palfinger den Schlüssel zur Tat ganz woanders.

"Eine ordentliche Portion Humor"
Statement von Regisseur Erhard Riedlsperger

Beredtes Schweigen – das war fast immer die erste Reaktion, als Koautor Klaus Ortner und ich vorschlugen, dass der junge, dynamische Ermittler querschnittgelähmt sein soll, denn wer will "so was" schon sehen. Die zweite Reaktion war aber dann meist ein Nachdenken und am Ende ein "warum eigentlich nicht". Die Hauptfigur sitzt im Rollstuhl, na und! Seit 25 Jahren bin ich Regisseur von TV-Filmen und Serien, aber meine Heimatstadt Salzburg war kein einziges Mal als Drehort darunter. Und: Die prachtvolle Kulisse der barocken Stadt wurde bislang viel zu wenig für Fernsehfilme genutzt. Aus dem Staunen über diese Tatsache heraus ist überhaupt erst die Idee geboren worden, eine Story zu entwickeln, die vor meiner Haustür spielt und zur Charakteristik der Stadt passt. Wichtig war mir dabei, dass die Drehorte nicht bloßer Schauwert sind, sondern logisch in die Geschichte eingewoben werden. Genauso wichtig war der "Realitätscheck" – sämtliche Szenen mit Palfinger und dem Rollstuhl sind auf ihre Plausibilität überprüft und von Rollstuhlfahrern gegengecheckt worden. Wenn sich nun das bayrisch-österreichische Ermittlerteam rund um Mur und Palfinger auf Mördersuche begibt, dann tun sie dies mit Herz, Intelligenz und einer ordentlichen Portion Humor.

Über Nervenzellen und den Nerv des Zuschauers
Statement von Produzent Heinrich Ambrosch

Ein tolles Gefühl, wenn man nach fünf Jahren intensiver Entwicklung vom Publikum derart belohnt wird. Die Ausstrahlung von "Die Toten von Salzburg" am Mittwoch, dem 2. März 2016, im ORF  bescherte dem Sender den besten Wert am Sendeplatz seit Jänner 2012. Der Gesamtmarktanteil lag bei sensationellen 32 Prozent, bei der Zielgruppe 12-49 erzielten wir 21 Prozent. Offenbar haben wir den Nerv des Zuschauers getroffen. Wir wollten einen erfrischenden, unverwechselbaren Krimi erzählen, mit sympathischen Bullen mit größeren und kleineren Handicaps. Und mit einer ordentlichen Portion österreichischem und bayrischem Charme. Der Schauwert ist hoch und Bestandteil der Handlung.

Salzburg ist eine Weltmarke, aber in der Fernsehlandschaft ist das barocke Juwel an der Salzach noch relatives Neuland. Bei uns spielt die Stadt eine Hauptrolle. Vor dieser Kulisse erzählen wir einen spanenden Fall, der von einer wahren Begebenheit inspiriert ist und sich gerade deshalb authentisch, heutig und notwendig anfühlt. So unverwechselbar wie Salzburg, sind auch unsere Helden: Der bayrische Kriminalhauptkommissar Hubert Mur (Michael Fitz) und der österreichische Kommissar Major Peter Palfinger (Florian Teichtmeister). Nach einem Gleitschirmunfall vor einem Jahr sitzt Peter Palfinger im Rollstuhl. Zwei Ziele hat er vor Augen. Das erste hat er schon erreicht: Seine Versetzung nach Salzburg ist das Ergebnis seines Kampfes um das Recht trotz Behinderung weiterhin als Ermittler im Außendienst arbeiten zu dürfen. Für das zweite trainiert er hart und konsequent. Er ist davon überzeugt, dass seine Querschnittslähmung heilbar ist. Ein Wunschtraum? Keineswegs. Bahnbrechende Erkenntnisse zeigen, dass verletzte Nervenzellen zur Regeneration fähig sind. Die Wissenschaft ist sich einig: Querschnittlähmung wird eines Tages heilbar sein. Palfingers Sehnsucht wird zur Sehnsucht des Publikums und bindet es an unseren fast perfekten Helden. Wenn Palfinger im Film zwei kleine Schritte tut, tut er sie auch in die Herzen der Zuschauer.

"Die Inklusion wird abgebildet, weil sie Teil des Lebens ist"
ORF-Fernsehdirektorin Kathrin Zechner

Menschen mit Behinderungen gehören in unsere Realität und unseren Alltag. Die Autoren haben einen spannenden und stimmigen Charakter entwickelt, bei dem wir klischeefrei und unaufgeregt miterzählen, welche Herausforderungen ein Mensch, der im Rollstuhl sitzt, zu bewältigen hat. Wenn es uns dabei gelingt, ein positives Bild und Normalität zu vermitteln, dann ist das im Sinne der Aufklärung und Selbstverständlichkeit und im Sinne aller, die dieses ORF/ZDF-Erfolgsformat mitverantworten dürfen. In der Fiktion ist nicht die Behinderung das Thema und auch nicht eine Sonderstellung der Menschen mit Behinderungen zu unfehlbaren Helden oder aber der Blick auf Opfer. Die Inklusion wird abgebildet, weil sie Teil des Lebens ist.

ORF-Fernsehdirektorin Kathrin Zechner; Auszug aus dem Interview im Magazin Valid (erschienen: Mai 2016)

"Ich war zwei Wochen mit Rollstuhl in Wien unterwegs"
Interview mit Florian Teichtmeister

Wie haben Sie sich auf Ihre Rolle vorbereitet? Gibt es Erfahrungen im privaten oder beruflichen Umfeld? Ist man Ihnen anders begegnet?

Zur Vorbereitung habe ich mich zunächst mit Dingen beschäftigt, die Menschen lernen, die dabei sind, sich auf ein Leben mit Rollstuhl einzustellen. Welche Vorgänge in meinem Alltag muss ich adaptieren, wie zieht man sich selbst wieder in den Rolli, wie sollte man, wie in meinem Fall aus Übermut, einmal stürzen – also eigentlich alles Dinge, die den Alltag dann mitbestimmen. Dabei hatte ich wunderbare Unterstützung durch Fachleute und Freunde, die mit Rollstuhl durchs Leben fahren. Dann war ich im Anschluss beinahe zwei Wochen mit einem Rollstuhl in Wien unterwegs. Erstaunlich war dabei für mich, wie viele Menschen glauben, sich irgendwie speziell verhalten zu müssen, nur weil da einer im Rollstuhl daherkommt und nicht auf einem Skateboard oder zu Fuß. Es ist absurd, dass das Mittel der Fortbewegung so viel verändert. Aber ich bin, bei aller Vorbereitung und Empathie, nur ein Schauspieler, man sollte diese Fragen an Menschen richten, die tatsächlich jeden Tag im Rollstuhl verbringen.

 

Laut deutschen und österreichischen Vorschriften ist es bisher ausgeschlossen, als Ermittler bei der Polizei im Rollstuhl arbeiten zu können. Könnte Ihre Rolle und der Film durchaus als politisches Signal zu diesen Vorschriften gesehen werden?

Es ist laut der österreichischen Vorschriften so gut wie unmöglich, als Polizist im Rollstuhl Außendienst zu versehen. Und natürlich liegen die vordergründigen Schwierigkeiten einer solchen Aufgabe auf der Hand. Auf der anderen Seite lässt man so ein gewisses Potential ungenutzt, die Stichworte lauten da "Out of the Box" und "Diversity". Es gab auch nach Ausstrahlung in Österreich keine öffentliche Diskussion darüber. Ich bin allerdings gar nicht sicher, ob das Ziel in einer öffentlichen Diskussion liegen muss oder ob der Film nicht jeden Zuseher direkt zur Beschäftigung mit seinem eigenen Bild vom "Rollstuhlfahrer" und seinen Vorurteilen ihm gegenüber einladen soll. Ein Rolli-Fahrer gleicht einem anderen genauso wenig, wie ein Geher dem anderen.

 

Die beiden Kollegen gehen nicht übermäßig freundlich miteinander um – gemäß dem Klischee "typisch deutsch" und "typisch österreichisch".

Auch wenn es sehr verführerisch scheint, den Konflikt zwischen Mur und Palfinger auf ein Österreich/Deutschland-Konflikt zu reduzieren, so muss man doch ehrlicherweise auch fragen: Was unterscheidet denn zum Bespiel einen Bayern von einem Berliner? Denn die sind beide Deutsche und pflegen doch wohl nicht zuletzt aus dieser Gemeinsamkeit heraus mit umso größerer Hingabe ihre Unterschiede. Und so verhält es sich auch mit diesen beiden Kollegen, die aber sogar über die Landesgrenze hinweg eines vereint: eine Hingabe zu Ihrem Beruf und der Wunsch, einen Verbrecher zu schnappen. Dass die beiden einen auf den ersten Blick nicht gerade freundlichen Umgang pflegen, ist vielleicht sogar eine bayrisch-österreichische Form der Liebeserklärung? Urteilen Sie selbst.

 

Der flapsige Umgang scheint nichts mit dem Rollstuhl zu tun zu haben. Zeigt sich darin, dass es irgendwann selbstverständlich werden kann?

Ich hoffe, dass der Umgang mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen für uns alle selbstverständlich ist oder zumindest baldigst wird. Man kann das aber nicht wie selbstverständlich voraussetzen, man muss den Menschen Erfahrungen ermöglichen und Hemmungen und Ängste abbauen helfen. Interessant ist, dass Rollstuhlfahrer wohl manchmal viel ernster genommen werden, als sie sich das wünschen. Ich meine damit, dass im Umgang mit Menschen mit anderen Bedürfnissen manchmal eine schier unerträgliche Ernsthaftigkeit im Raum steht, deren Ursache wohl einzig in der Unsicherheit und Erfahrungsarmut der Menschen ohne Behinderung liegt.

 

Paragliding ist ein Adrenalin-Sport. Haben Sie auch riskante Hobbies als Ausgleich zum Beruf?

Die riskanten Hobbies begleiten mich schon seit der Zeit, da ich noch kein Schauspieler war und ich habe sie mir auch durch den Beruf nicht nehmen lassen. Das Glück, die Freiheit und das bewusste "Er-Leben", das ich beim Fallschirmspringen, Motorradfahren oder Klettern finde, füllt das Reservoir, aus dem sich meine Figuren bedienen können. Die "riskanten" Sportarten sind in diesem Sinne für mich kein Ausgleich, kein Gegengewicht, sondern ein Motor, eine Tankstelle für das kreative Zentrum. 

 

Die Fragen stellte Margit Preiss.

"Bloß kein Mitleid"
Interview mit Michael Fitz

Eine Zeitung in Österreich hat getitelt: "Der Bayernbulle ist zurück". Sehr interessant, dass ausgerechnet die Österreicher das so groß aufgreifen. Hat es Ihnen gefallen?

Der "Bayernbulle" im Tatort  ist jetzt acht Jahre her und ich werde tatsächlich immer noch drauf angesprochen, auch bei meinen Konzerten. Ich denke, die Leute mögen solche Charaktere und erinnern sich gerne daran – auch in Österreich… Übrigens gibt es in "Die Toten von Salzburg" auch zwei starke Charaktere und deren Auseinandersetzung ist ziemlich vehement und deutlich. Die ORF-Ausstrahlung hatte einen Riesenerfolg, von dem ich durch einen Anruf unseres Regisseurs Erhard Riedlsperger erfahren habe.  

 

Sie sind der bayrische Kriminalhauptkommissar, der in Traunstein arbeitet und Florian Teichtmeister ist der österreichische Major und neue Leiter der Abteilung Gewalt- und Blut-Delikte in Salzburg. Schon Palfingers Berufsbezeichnung ist irgendwie anders. Was ist denn "typisch bayrisch" und "typisch österreichisch"?

Ich finde, es gibt deutliche Unterschiede zwischen Wienern, Grazern und Bayern, nicht nur in der Geschichte, im Dialekt und in der Pflege der jeweiligen Besonderheiten. Doch schon der Hamburger findet alles gleich. Meine Rolle, der Kommissar Hubert Mur aus Traunstein ist zum Beispiel holzig, cholerisch, sehr unangenehm. Er geht direkt auf alle zu, hat im Prinzip ganz wenig Erziehung und ist nicht höflich. Das ist auch Teil seiner Methode, er überrascht und überrennt die Leute und arbeitet zielgerichtet am Fall. Florian Teichtmeisters Rolle und seine Methoden als Major Peter Palfinger sind ganz anders und der Krimi lebt natürlich von diesen und anderen höchst unterschiedlichen Mentalitäten und Charakteren. Er zieht daraus auch eine große Portion Humor. 

 

Grobheiten in der Sprache haben beide. Während der Bayer "Mia san mia" sagt, ist der Österreicher angeblich "weicher".  Stimmt das?

Sagen wir mal, zwischen einem Hochbayrisch in München, also gepflegtes Rechtsanwalts-Bayrisch, und dem gepflegten Anwalts-Wienerisch sehe ich keinen Unterschied. Wenn man aufs flache Land geht ist das eine ganz andere Welt. Das, was der Mur an Grobheiten mitbringt, das hat er schon von daheim. Dieses Ursprüngliche, das bringt er einfach gut mit, denn die Oberbayern können ganz schöne Holzköpfe haben. Ich glaube, die Österreicher sind nicht weicher! Der Wiener ist geschmeidig, könnte man sagen, und hat sehr oft einen schwarzen Humor. Das ist nicht unbedingt zu vergleichen mit dem Humor der Bayern. Allerdings, eine Affinität hat es schon immer gegeben zwischen Bayern und Österreich. Deshalb arbeiten österreichische Künstler sehr erfolgreich hier. 

 

Mur lernt Palfinger kennen und denkt, er ist ein Zeuge am Tatort. Auf die Idee, er könnte Kommissar sein, kommt er gar nicht und geht auch sehr flapsig mit dem "Rollmops" um. Einen "normalen" Umgang wünschen sich Menschen mit Behinderung sehr oft. Zeigt uns dieser Salzburger Krimi, wie es sein könnte oder sollte?  

Die Art, wie Mur sich äußert, ist in Deutschland undenkbar und im Fernsehen erst recht. Hier gibt es viele, die glauben, man könne sowas unserem Publikum nicht zumuten. Die Österreicher machen das, die muten das zu und das macht auch die Qualität des österreichischen Fernsehens aus. Ich glaube, in Deutschland ist die Angst davor, dass man es sich mit dem Publikum verscherzt sehr groß. Die Österreicher denken ganzheitlicher. Sie schauen sich das Gesamtpaket an und sagen, das machen wir, es gehört dazu, dass die und die Texte erzählt werden, dass die und die Dinge passieren. Das mag im Einzelnen genommen skandalös sein – z.B. fürs deutsche TV – aber insgesamt erzählt es eben die Geschichte besser. Hier wird oft ab einem bestimmten Punkt von Verantwortlichen ein Strich gezogen und dann ist etwas raus und fehlt ganz deutlich. Ich lese viele Drehbücher, die bei mir auf dem Tisch landen, da fällt einem die Schere im Kopf immer wieder auf.

Ich habe übrigens einen Film mit dem Adolf Winkelmann gemacht mit behinderten Kindern. In Deutschland kann man sowas nur ganz ernsthaft und politisch korrekt oder sagen wir, relativ korrekt machen. Viele Leute, auch behinderte Menschen haben mir – in Bezug auf die Figur Mur – gesagt, wie wunderbar befreiend das ist, wenn endlich mal dieses Tabu weggeschoben und Platz geschaffen wird für die Realität. Ja, so wird geredet und ja, jemand der als Kommissar im Rollstuhl an den Tatort kommt, wird unter Umständen so behandelt. Wenn die Tatsachen auf den Tisch kommen, dann ist das eine andere Basis und der bessere Weg.

Als ich den Vater eines schwerstbehinderten Kindes gespielt habe, war das für mich dahingehend eine Offenbarung. Seither bin ich auf diesem Gebiet aktiv, setze mich für Inklusion ein, stelle meine Nase zum Beispiel dem "Paritätischen  Wohlfahrtsverband" zur Verfügung. Da gibt einen "Preis für Inklusion", der vom Paritätischen und von diversen Stiftungen vergeben wird. Mit Inklusion muss man in Schulen anfangen. Wenn Kinder inklusiv aufwachsen, ist das für sie Normalität und sie werden später als Erwachsene ganz selbstverständlich in allen Bereichen mit behinderten Menschen zusammenleben, zusammen arbeiten und was auch immer machen.

Aber zurück zum "Rollmops" im Krimi. Die Frage "kann man und darf man das" muss man klar mit Ja beantworten, denn es ist einfach eine Realität, dass man erst mal darüber amüsiert (oder befremdet) ist, dass der Kollege im Rollstuhl sitzt. Die Betroffenen selbst sagen klar, man soll sie bitte ganz normal behandeln, wie alle anderen Kollegen. Bloß kein Mitleid.

 

Kommissar Hubert Mur hat neben den Ermittlungen viel zu wenig Zeit für seine Tochter, hält aber immer Kontakt zu ihr. Ist das die weiche Seite des eher ruppigen Kommissars?  

Mit Verdächtigen und Zeugen geht der Mur rigoros um, das ist wirklich gewöhnungsbedürftig. Aber wie alle "harten Kerle" hat er einen weichen Punkt und das ist seine Tochter.

 

Es war ein Lebenstraum von Regisseur Erhard Riedlsperger, in seiner Heimatstadt Salzburg einen Film anzusiedeln. Was war das Besondere daran, in der "Mozartstadt" Salzburg zu drehen? 

Erhard hat mich ja nach Salzburg eingeladen, ich habe ihn besucht und er hat mir die ganze Stadt gezeigt. Dabei es ist eine echte "Viecherei", in Salzburg zu drehen. Unmengen von Touristen laufen herum und es bleibt als einzige machbare Drehzeit eigentlich nur zwischen Ostern und Pfingsten, das heißt vor den Festspielen. Danach hat man keine Chance mehr.

Ja, dieser Krimi ist Erhard Riedlspergers Baby und man spürt total die Liebe zur Stadt und seine maßgeblichen Ideen. Er hat in dieses Projekt alles gesteckt, hat Jahre gekämpft und er hat gewonnen.

Das Interview führte Margit Preiss.

"Ich durfte selbst singen"
Interview mit Max Müller

Der beliebteste Polizist bei den Rosenheim-Cops, "Michi Mohr", spielt einen amerikanischen Operntenor. Wie kam das? Hat es sich doch langsam herumgesprochen, dass Sie "Gelernter“ sind?

Als Bariton gehören die Mozart-Tenöre auf der Bühne (leider) zu meinen unerfüllten Lebensträumen. Insofern war die Anfrage, ob ich einen Vertreter dieser "Gattung" spielen möchte, ein bisschen wie der Anruf von der guten Fee. Und dass ich sogar selber singen durfte, hat das Märchen komplett gemacht.

 

Es war ein Lebenstraum von Regisseur Riedlsperger, in seiner Heimatstadt einen Film anzusiedeln. War die "Mozartstadt" Salzburg für Sie auch etwas Besonderes und warum?

Salzburg hat für mich den Zauber einer wunderschönen Altbauwohnung. Man geht von einem Platz zum anderen, wie von einem Zimmer ins nächste. Einfach herrlich! Aber was die "Mozartstadt" angeht: besonders gern hat "er" seinen Geburtsort ja nicht gehabt... Bei allem Respekt!

 

Gibt es für Sie als Schauspieler darüber hinaus einen Unterschied zwischen Dreharbeiten für eine Serie und Dreharbeiten für einen 90-Minuten-Film?  

90-Minüter haben weniger Drehtage, das heißt die Rolle ist einfach schneller auf den Punkt zu bringen.

 

Sie sprechen in Ihrer Rolle auch mit amerikanischem Akzent. War das schwierig?

Nicht sehr. Ich hab meine Jugend tatsächlich mit einigen amerikanischen Opernsängerinnen und -sängern verbracht, die damals am Stadttheater Klagenfurt engagiert waren. Sowas prägt.

 

Interessant ist in dem Film die klare Zeichnung "der Deutschen" und "der Österreicher". Was ist eigentlich "typisch Deutsch" und "typisch Österreichisch"?

Mei, es geht halt nix über ein gepflegtes Vorurteil!

 

Die Österreicher sind auf ihre "Besonderheiten" ebenso stolz wie die Bayern. Wie sieht das der Österreicher Max Müller, der einen Großteil seines Lebens in Bayern lebt?

Mir kommt, nach über 16 Jahren Bayernerfahrung vor, dass das Gemeinsame wesentlich stärker ist, als das Trennende. 

 

Die Fragen stellte Margit Preiss.

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