Biografien

Prof. Dr. Karl Holzamer

Prof. Dr. Karl Holzamer
Copyright: ZDF/Carmen Sauerbrei

Der Gründungsintendant des ZDF, Prof. Dr. Karl Holzamer (1962 bis 1977 im Amt), hat falsche Angaben über seine Biografie während der NS-Zeit gemacht. Recherchen des ZDF haben zu Tage gefördert, dass Holzamer unter anderem seine zeitweilige Zugehörigkeit zur SA verschwiegen und seine von 1937 bis 1945 bestehende NSDAP-Mitgliedschaft auf eine 1937 eingegangene und 1939 angeblich selbstständig aufgelöste Anwartschaft reduziert hat. Die hier veröffentlichte Biografie berücksichtigt das Ergebnis einer Untersuchung, die das ZDF durchgeführt und anschließend dem Historiker Prof. Dr. Martin Sabrow für eine wissenschaftliche Bewertung und Einordnung zugänglich gemacht hat.

Ehemaliger ZDF-Intendant (1962 bis 1977).

Der Gründungsintendant des ZDF verstarb am 22. April 2007 im Alter von 100 Jahren in seiner Heimatstadt Mainz.

Karl Holzamer wurde am 13. Oktober 1906 in Frankfurt am Main geboren. Nach dem Abitur wurde er in die Studienstiftung des Deutschen Volkes aufgenommen und studierte ab 1926 Philosophie, Pädagogik, Psychologie, Romanistik und Germanistik an den Universitäten München, Frankfurt am Main, Paris (Sorbonne und Institut Catholique) sowie der Pädagogischen Akademie Bonn. Karl Holzamer promovierte 1929 in München mit der Dissertation "Der Begriff des Sinnes, dargestellt am irrealen Sinngebilde bei Heinrich Rickert" zum Dr. phil. 1931 legte er die Staatsprüfung für das Lehramt an Volksschulen in Bonn und Köln ab. Ab 15. November 1931 war er Assistent der Pädagogischen Abteilung des Westdeutschen Rundfunks (WERAG) in Köln. 1932 war Karl Holzamer Volontär-Assistent am Psychologischen Institut der Universität Bonn und wurde nach dem 30. Januar 1933 als jüngstes Betriebsratsmitglied beim Westdeutschen Rundfunk (ab 1934: "Reichssender Köln") nicht entlassen. Und dies, obwohl Holzamer noch 1933 den Aufruf vom Reichsjugendausschuss der Zentrumspartei gegen Unfreiheit und Unterdrückung unterzeichnet habe. Vorübergehend war er mit dem Schul- und Jugendfunk beauftragt, dann als Sachbearbeiter für Sprachen und Landwirtschaftsfunk sowie für konfessionelle Morgenfeiern eingesetzt, die auch dank seiner Fürsprache vom Kölner Sender bis 1938 übertragen wurden. Über die damals neue Luft­hansa-Linie Köln-Dortmund-Berlin berichtete Holzamer am 19. April 1936 von Bord einer Heinkel 111 in einer der ersten Tonband-Reportagen.

Am 6. November 1939 wurde der Familienvater zur Wehrmacht (Luftwaffe) eingezogen und war während des Krieges als Hörfunk-Berichterstatter in einer Propagandakompanie im Einsatz, zuletzt als Oberleutnant und Träger des EK I (Eisernes Kreuz). Vor Kriegsende berichtete er unter anderem über den Einsatz so genannter Vergeltungswaffen (V 1).

Dokumente, die das ZDF im Jahr 2022 recherchiert und ausgewertet hat, belegen eine nach 1945 nie erwähnte NSDAP-Mitgliedschaft Holzamers ab 1937 bis Kriegsende (nur 1946 erfolgte einmalig die Erwähnung einer zweijährigen Anwartschaft). Ferner war er zeitweilig Mitglied der SA, was er immer verschwieg. Zudem gehörte er dem nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB) an. (Siehe dazu Gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. Martin Sabrow).  

Nach französischer Kriegsgefangenschaft (1945 bis 1946) war Holzamer ab 22. Mai 1946 an der wiederbegründeten Mainzer Johannes Gutenberg-Universität tätig, zuerst als außerordentlicher und ab 1952 als ordentlicher Professor für Philosophie, Pädagogik und Psychologie. Mit der Wahl zum Gründungsintendanten des ZDF am 12. März 1962 wurde er von der Universität beurlaubt, im Jahr 1974 emeritiert.

Seit Kriegsende setzte er sich für die deutsch-französische Aussöhnung ein. Von 1952 bis 1982 war er Mitglied der Deutschen UNESCO-Kommission, ab 1954 im Ritterorden zum Heiligen Grab zu Jerusalem. Von 1957 bis 1958 war Holzamer Direktor des Studienbüros für Jugendfragen in Bonn und von 1949 bis 1960 Mitglied des Südwestfunk-Rundfunkrates und dessen Vorsitzender. Den Posten eines Programmdirektors bei der privatrechtlichen Freies Fernsehen Gesellschaft (FFG) lehnte Holzamer 1960 ab. Ab 1950 war Karl Holzamer Mitglied der CDU und von 1955 bis 1962 im Mainzer Stadtrat. Außerdem gehörte er dem ersten Fernsehrat des ZDF an (1962).

Karl Holzamer leitete das ZDF als Intendant über drei Wahlperioden bis zum Jahr 1977. Er war zusammen mit dem ZDF-Journalisten Hans Mohl der geistige Vater der Behindertenhilfe "Aktion Sorgenkind", die heute unter dem Namen "Aktion Mensch" aktiv ist.

Auszeichnungen und Ehrungen:

1965 Ehrenzeichen des DRK in Würdigung der „Aktion Sorgenkind“
1966 Komturkreuz des päpstlichen Gregorius-Ordens
1967 Charles de Gaulle verleiht den „Ordre National du Mérite" (Officier) für Verdienste um deutsch-französische Freundschaft; Bayerischer Verdienstorden;
1968 Gutenberg-Plakette; Wilhelm-Polligkeit-Plakette der Stadt Frankfurt am Main
1970 Ehrenplakette des DRK-Mainz in Gold;
1971 Ehrenring der Stadt Mainz; Großes Bundesverdienstkreuz; Weinkulturpreis 1971; Holzamer hielt außerdem Laudation auf Carl Zuckmayer (1955), Dr. Franz Mai (1973), Anneliese Rothenberger (1974), Walter Henkels (1978), Bundespräsident a.D. Walter Scheel (1980) und Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl (1988);
1974 Orden vom „steyffen Löffel“ – Seligenstadt; Großkreuz päpstl. Gregorius-Orden;
1976 Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern;
1977 „Großes Silbernes Ehrenzeichen mit Stern“ (Republik Österreich); ZDF stiftet „Karl-Holzamer-Stipendium“ für Bildungsförderung im ZDF;
1979 Ordine „All’ Merito delle Repubblica Italiana“;
1980 Wappenteller des Landes Rheinland-Pfalz; Lorenz-Werthmann-Medaille; Adolf-Grimme-Preis;
1981 Ettlinger Narrenbrunnen-Preis;
1982 Verdienstorden des Landes Rheinland-Pfalz;
1983 Ehrenbürger der Stadt Mainz; Ehrenring der Eduard-Rhein-Stiftung; Hans-Bredow-Medaille;
1984 Großes Bundesverdienstkreuz mit Schulterband;
1986 Hans-Bausch-Media-Preis des Süddeutschen Rundfunks.
Feb. 2004

"Premio Capo Circeo" 2003

 Veröffentlichungen:

1930 „Der Thomismus und der Mensch in der Zeit“
1931 „Der Begriff des Sinnes“
1947 „Grundfragen des neuzeitlichen Humanismus"
1947 „Christentum und Demokratie“
1947 "Einführung in die Philosophie"
1949 "Einführung in die Pädagogik"
1951 „Grundriss einer praktischen Philosophie: Freiheit, Toleranz, Sittlichkeit, Ressentiment“
1954 „Kind und Radio“
1955 “Lesen erleben”
1958 „Philosophische Blätter zur Berufskunde“
1961 „Philosophie – Einführung in die Welt des Denkens“
1966 „Das Kind vor Radio und Fernsehen“
1966 „Die Verantwortung des Menschen für sich und seinesgleichen“
1967 „Fernsehen in Deutschland. Gesellschaftspolitische Aufgaben und Wirkungen eines Mediums“
1969 „Kunst und Konfektion im Bereich der Publizistik“
1979 „Das Wagnis“
1983 „Anders als ich dachte“
2003 "Lebensreise zwischen Philosophie und Fernsehen"