Allein zwischen den Fronten
Krimidrama
Justus Johanssen (Mitte) spielt (neben Brigitte Hobmeier und Max Koch) die Hauptrolle in dem Fernsehfilm der Woche: Gruppenführer Jan Vogt, hier bei einer Demonstration, die außer Kontrolle gerät. Im Anschluss an das Krimidrama strahlt das ZDF eine Begleit-Doku aus.
- ZDF Mediathek, Ab Samstag, 9. November 2024 (Krimidrama und Doku)
- ZDF, Montag, 18. November 2024, 20.15 Uhr (Krimidrama) und 21.45 Uhr (Doku)
Texte
Stab, Besetzung, Inhalt
Stab
Regie: Nicolai Rohde
Buch: Jörg Tensing
Kamera: Henner Besuch
Schnitt: Nils Landmark
Musik: Patrick Kirst
Szenenbild: Holger Müller
Kostümbild: Anette Schröder
Maske: Anna von Gwinner, Kerstin Gaecklein
Produktionsleitung: Andreas Born
Produzent*innen: Kim Fatheuer, Sam Davis
Redaktion: Karina Ulitzsch
Eine ZDF-Auftragsproduktion der Rowboat Film- und Fernsehproduktion, Köln
Die Rollen und ihre Darsteller*innen
Jan Vogt Justus Johannsen
Charlotte Stauffer Brigitte Hobmeier
Mark Kreutzer Max Koch
Tristan Ben Felipe
Lasse Anton Rubtsov
Fiete Magnús Mariuson
Wilhelm Luis Pintsch
Kadir Ben Andrews Rumler
Carlo Malik Blumenthal
Aida Issufo Cynthia Micas
Sylvie Brinkwirth Hannah Ehrlichmann
Gabriel Harms Maik Rogge
Frau Harms Klara Deutschmann
und andere
Inhalt
Die Polizisten Jan und Mark unterstützen mit ihrer Oldenburger Spezialeinheiten die Absicherung einer Demonstration in Köln. Die Demonstration eskaliert. Eine interne Ermittlung startet.
Im Fokus der Untersuchung von Hauptkommissarin Charlotte Stauffer steht Jan. Seine Truppe hatte in der durch ein Gedränge aufgeheizten Stimmung eine Gefährderin aus der Menge geholt und damit die Stimmung zum Kippen gebracht. War dieser Einsatz nötig?
Stauffer hakt nach. Jan hat durch seine Kopfverletzung Erinnerungslücken. Da taucht ein für Jan belastendes Video auf. Charlotte Stauffer deckt eine Verkettung von Umständen auf, die alle Beteiligten Täter und Opfer zugleich sein lässt. Am Ende ist jeder gezwungen, die Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen.
Statement von Redakteurin Karina Ulitzsch
Polizisten stehen zwischen den Fronten in einer von immer tiefer werdenden Gräben durchzogenen Gesellschaft. Sie arbeiten teilweise unter Einsatz ihres Lebens, sind täglich mit undurchsichtigen Situationen und Kriminalität konfrontiert. Sie schützen Demonstranten, selbst wenn sie deren Ansicht nicht teilen.
In den letzten krisengeschüttelten Jahren ist die Bedeutung von Polizeiarbeit stark gestiegen. Immer mehr Bürger scheinen sich von unserer Gesellschaft zu entfremden. Trotzdem muss es gelingen, die Meinungsfreiheit in unserer Demokratie zu wahren und in friedlichen Bahnen laufen zu lassen.
Der Film soll den Alltag von Polizeiarbeit anhand eines konkreten Beispiels genauer beleuchten. Schon bei den ersten Recherchen wurde das Konfliktfeld der Polizisten deutlich: ihre brisanten Einsätze, die häufige Unvereinbarkeit von Job und Privatleben, die eigene Haltung zum Beruf und die ständige gesellschaftliche Diskussion um ihre Arbeit. Eine schiefgelaufene, eskalierte Demonstration zum Thema Mietpreis wie in unserem Film soll diese vielschichtigen Herausforderungen zeigen. Wir entschieden uns für eine Multiperspektive, die differenzierter erzählen kann.
Das Thema "Polizei" gibt es nicht ohne Emotionen. Es geht auf allen Seiten um viel. Wir hoffen, mit dem Film zur Versachlichung und damit zum gegenseitigen besseren Verständnis beitragen zu können.
Statement von Produzentin Kim Fatheuer
Eine Demonstration, bei der unterschiedliche Menschen mit ihrer persönlichen Prägung und Agenda innerhalb von Millisekunden Entscheidungen treffen, kann schnell zu verhärteten Fronten führen. Dieses Konfliktfeld fanden wir spannend für einen Film.
Um die verschiedenen Perspektiven für die Zuschauer emotional greifbar zu machen, haben wir uns für eine möglichst authentische Darstellung der Ereignisse entschieden, die alle beteiligten Seiten ernst nimmt. Die Bucharbeit mit Jörg Tensing war von intensiver Recherche und zahlreichen Gesprächen mit Polizisten und Fachberatern geprägt. Im Herstellungsprozess verstärken Nicolai Rohdes Plansequenzen und die langen Stuntchoreographien das Gefühl von Realität und Unmittelbarkeit.
Wir sind der Stadt Halle, den kooperativen Anwohnern sowie den vielen Komparsen und Helfern vor Ort sehr dankbar, dass wir diese aufwendige Inszenierung bei ihnen umsetzen durften.
Kurz-Interview mit Fachberater Prof. Dr. Thomas Feltes, Kriminologe und Polizeiwissenschaftler
Herr Prof. Feltes, Sie haben die Dreharbeiten für "Allein zwischen den Fronten" als Fachberater begleitet. Wie nah ist der Film an der Realität?
Das war ein echter Versuch, hinter die Kulissen zu schauen, wie Polizeieinsätze ablaufen. Außerdem wurde sehr auf die Details geachtet und die Abläufe sehr real dargestellt, so wie wir sie aus Demonstrationen von Gorleben bis heute beobachten können. Obwohl es sich um einen fiktionalen Film handelt, bewegt er sich aufgrund seiner Genauigkeit schon im Grenzbereich zur Dokumentation über die Dynamik bei Polizeieinsätzen.
Sie haben in Ihrer Karriere schon viele Polizeieinsätze, auch bei Demonstrationen und Großveranstaltungen, untersucht. Was ist in Ihren Augen das Gefährlichste an einer Demonstration?
Man kann im Vorfeld so viel planen, wie man will. Ganz oft ergeben sich nicht zu erwartende Dinge, die eine blitzschnelle Entscheidung erfordern. Es genügt dann oftmals nur eine falsche Handlung und schon entsteht eine Dynamik, so wie es im Film gezeigt wird.
Eine schwierige Situation für die Einsatzkräfte ist auch immer dann gegeben, wenn zuvor vereinbarte Auflagen, wie zum Beispiel das Verbot bestimmter Fahnen oder Zeichen, seitens der Demonstranten nicht eingehalten werden. Sie stehen dann automatisch vor dem Dilemma des Autoritätserhalts versus Deeskalation. Man muss anerkennen, dass die Polizei unter einem extrem hohen Erwartungsdruck von Politik und Öffentlichkeit steht, dafür zu sorgen, dass Recht und Ordnung eingehalten werden.
Interview mit Hauptdarsteller Justus Johanssen
Sie spielen den BFE-Zugführer Jan Vogt. Wie haben Sie sich auf Ihre Rolle vorbereitet?
Als ich erfahren habe, dass ich besetzt worden bin, bin ich noch am gleichen Tag ins Gym und habe trainiert. Ich wusste ja ungefähr, was auf mich zukommt. Die Produktion hat dem BFE-Cast vor dem Dreh ein professionelles Einsatz- und Stunttraining ermöglicht. Dort wurden wir gezielt auf den Dreh vorbereitet, und unsere "Einheit" hat sich geformt.
Ich adaptiere Dinge in meinen Alltag, die mir helfen, den Fokus zu finden und gleichzeitig wichtig für die Rolle sind. Wie zum Beispiel Haltung und Aufmerksamkeit in Menschenmassen. Viel passiert auch unterbewusst als innerer Prozess, den kann ich schwer erklären. Das Ganze bleibt eigentlich bis zur letzten Szene ein Prozess, in dem sich immer mehr findet und zusammenfügt.
Als die Demonstrationsszenen gedreht wurden, herrschten Temperaturen von über 30 Grad. Kommt man da als Schauspieler an seine Grenzen?
Wir haben geschwitzt ohne Ende. Das war wie in der Sauna. In voller BFE-Montur, bei den Temperaturen eine Woche lang Szenen wie diese zu drehen, war definitiv eine Herausforderung. Die Ausrüstung wiegt auch ein paar Kilo und ist sehr klobig. Also ja, teilweise bin ich an meine Grenzen gekommen, aber wir mussten da als Team durch und haben uns gegenseitig gepusht. Und auf halber Flamme drehen sich solche Szenen auch nicht. Ich konnte diese Umstände für mein Spiel sehr gut verwenden.
Hat der Filmdreh Ihre Sicht auf die Polizei und die bei Demonstrationen eingesetzten Beamten geändert?
Ich glaube, die Polizei hat es oft nicht leicht, weil sie jeden Tag mit Situationen konfrontiert wird, die sie nicht ausgelöst hat. Die Beamten werden so natürlich zur Projektionsfläche. Ich glaube, das führt zwangsläufig dazu, dass auch bei den Beamten viel Frust aufkommt. Und dann schaukelt es sich hoch. Allerdings werden Uniformen auch missbraucht. Im Fall von Jan Vogt wird er genau damit konfrontiert. Er wird desillusioniert. Das gefällt mir so an dem Film. Meine Sicht auf die Polizei hat es nicht verändert oder beeinflusst.
Im Film wird Jan Vogt relativ schnell als Hauptschuldiger der Ereignisse ausgemacht. Was macht diese Anschuldigung mit ihm als Mensch?
Es erschüttert sein Bild von sich als Mensch und Beamter. Er fühlt sich benutzt und fallen gelassen. Jan Vogt zweifelt am Sinn seiner Arbeit.
Was waren für Sie die nachhaltigsten Erfahrungen, die Sie bei den Dreharbeiten gemacht haben?
Der ganze Dreh an sich war für mich eine sehr nachhaltige Erfahrung. Ich hatte vorher noch nicht die Möglichkeit, mich als Schauspieler in dieser Form zu zeigen. Die erste richtige Hauptrolle ist einfach etwas Besonderes. Nicolai (Rohde) hat an mich geglaubt und sich für mich eingesetzt. Das weiß ich sehr zu schätzen. Abgesehen davon, wann dreht man schon mal so viele Stunts und kann sie dann auch noch selber machen?
Haben Sie abseits des Drehs mit Ihren Schauspielkollegen über den Inhalt des Films diskutiert?
Ja, haben wir. Uns war wichtig, dass nichts beschönigt oder abgeschwächt wird. Wir haben auch über Themen wie "Gewaltbereitschaft innerhalb der Polizei" gesprochen. Es ging auch viel darum, wer sich hinter der Sturmmaske befindet. In erster Linie sind es ja Menschen. Thema war auch die Uniform, und was es mit uns gemacht hat, sie zu tragen. Durch die Uniform entsteht ein Zusammenhalt, aber man grenzt sich auch irgendwie ab.
Interview mit Hauptdarstellerin Brigitte Hobmeier
Was hat Sie besonders an der Rolle gereizt?
Besonders gereizt an Frau Stauffer hat mich ihre Klarheit, ihre Kraft zu denken, ihre Neutralität. Ich glaube, das ist unglaublich schwer. Schon immer und heutzutage vielleicht besonders, in unseren "Bubbles", gesellschaftlichen Gruppen und politischen Lagern, ist Meinung vorprogrammiert, unumstößlich und um dazuzugehören, sollte sie übernommen werden. Wer das nicht tut, ist gleich zu links, zu rechts, zu feindlich in allen Belangen. Das ist mir ein Graus, und ich persönlich bemühe mich, mir meine Meinung langsam zu bilden.
Wie haben Sie sich auf diese Rolle vorbereitet?
Detektivisch würd' ich sagen. Ich habe mich bei diesem Dreh vor allem intensiv mit dem Drehbuch beschäftigt. Es wird in der Zeitebene und in den Perspektiven gesprungen. Erst im Nachhinein werden Situationen wirklich aufgelöst, was weiß meine Figur zu welchem Zeitpunkt über wen? Wo sind Lücken? Ein Puzzle mit vielen kleinen Teilen. Und manchmal fällt eines auf den Boden und versteckt sich unter dem Teppich.
Als interne Ermittlerin stößt Ihre Figur Charlotte Stauffer auf eine eingespielte Männer-Truppe der BFE. Sicher kein leichter Stand. Wie haben Sie die Rolle angelegt?
Charlotte Stauffer ist interne Ermittlerin. Fragt man bei der "echten" Polizei nach, dann sind die auch im echten Leben nicht sehr beliebt. Also habe ich ihr einen unsichtbaren Mantel umgeworfen, der sie vor den bösen Blicken schützt.
In einer Szene sagt Charlotte Stauffer: "Ich bin zur Polizei gegangen, weil ich der Gerechtigkeit wenigstens ein bisschen auf die Sprünge helfen wollte" – können Sie diese Motivation nachempfinden?
Ja. Sehr. Als ich diesen Satz gelesen hatte, wusste ich, ich will Charlotte meinen Körper geben. Ich will sie spielen.
Hat der Filmdreh Ihre Sicht auf die Polizei und die bei Demonstrationen eingesetzten Beamten geändert?
Ich hatte schon immer großen Respekt vor der Polizeiarbeit. Und der ist durch diesen Dreh nicht kleiner geworden. Insbesondere bei Beamten, die bei Demonstrationen eingesetzt werden, vergisst man doch sofort den Menschen unter der Uniform. Ich habe Respekt vor dieser Arbeit, die sich bestimmt niemand freiwillig aussucht, und die essenziell ist für eine wehrhafte Demokratie.
Haben Sie abseits des Drehs mit Ihren Schauspielkollegen über den Inhalt des Films diskutiert?
Diskutiert haben wir in erster Linie über die Szenen. Kleinteilig haben wir sie auseinandergenommen. Aber natürlich wurde auch viel über Polizei gesprochen, über Härte, politische Gesinnungen, die immer wieder aufpoppen in Statistiken. Harte Worte, aber auch Versuche des Erklärens. Vielleicht haben wir es unter uns geschafft, mehrere zwischen den Fronten zu werden.
Infos zur Begleitdoku "Allein zwischen den Fronten – Die Dokumentation"
ZDF-Ausstrahlung: Montag, 18. November 2024, 21.45 Uhr
ZDFmediathek: ab Montag, 18. November 2024, 10.00 Uhr
Autorinnen: Julia Lösch und Kathi Liesenfeld
Kamera: Marius Klohn
Redaktion: Nina Behlendorf, Renate Wolter
Leitung der Sendung: Markus Wenniges
Eine Auftragsproduktion der Bewegte Zeiten Filmproduktion GmbH
Wie erleben Polizisten riskante Einsätze? Was macht das schärfer werdende soziale Klima mit ihnen – im Dienst und privat? Darum geht es in "Allein zwischen den Fronten – Die Dokumentation".
Autorin Julia Lösch erhält exklusive Einblicke in die Arbeit des Unterstützungskommandos (USK), den Spezialkräften der bayerischen Polizei. Sie werden dann eingesetzt, wenn das Gewaltrisiko als besonders hoch eingestuft wird.
Bei einer monatelangen Begleitung geben die Beamten persönliche Einblicke in ihren Arbeitsalltag bei Razzien, Großdemonstrationen oder Hochrisiko-Fußballspielen sowie die Vorbereitung auf dem Trainingsgelände des USK in Dachau. Dabei werden drängende Fragen thematisiert, die auch die Öffentlichkeit bewegen: Welche Auswirkungen hat die Messerattacke von Mannheim auf den Polizeiapparat? Unter welchem Druck stehen Polizisten in Extremsituationen und wie gut sind sie durch ihre Ausbildung darauf vorbereitet? Ergreifen die Beamten die richtigen Maßnahmen oder agieren sie mit übermäßiger Härte? Rafael Behr, Polizeiwissenschaftler aus Hamburg, analysiert, warum sich die Fronten in bestimmten Milieus immer mehr verhärten und es zu Gewalt auf beiden Seiten kommen kann.
Die Dokumentation untersucht auch, inwieweit Fehlverhalten innerhalb der Polizei aufgearbeitet wird. Gleichzeitig wirft der Film die Frage auf, ob Gewalt gegen Polizeibedienstete wirklich zugenommen hat. Eines aber hat sich definitiv verändert: das subjektive Gefühl der Beamten, dass der Respekt gegenüber der Polizei in der Gesellschaft schwindet.
Wie gehen Polizisten mit traumatischen Erfahrungen im Job um? Dafür reist Julia Lösch nach Niedersachsen. Dort begleitet sie eine Gruppe junger Polizisten, die einen traumatischen Einsatz aus dem vergangenen Jahr aufarbeiten möchten: eine Beziehungstat, bei der der Angreifer seine Exfreundin mit mehreren Messerstichen tötet, er selbst versucht hat, sich umzubringen. Einer der Beamten rettet ihm das Leben. Im Interview erzählt der Polizist, wie intensiv diese Momente für ihn waren – und heute noch sind.
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