Am Ende – Die Macht der Kränkung

Anthologie der Dramaserie/ZDFneoriginal

Auf Davids Begräbnis wird ein Brief verlesen, mit dem sich der viel zu früh Verstorbene an seine Hinterbliebenen wendet. Seine Worte kommen einer Anklage gleich und die Anwesenden sehen sich gezwungen, weit zurück in die Vergangenheit zu blicken und sich die Frage zu stellen: Wie sind wir geworden, wer wir heute sind? Nach "Am Anschlag – Die Macht der Kränkung" (2021 in ZDFneo) erzählt die Anthologie "Am Ende – Die Macht der Kränkung" erneut, wie seelische Verletzungen das Leben prägen. Die Figuren und Handlungen sind neu und eigenständig.

  • ZDF Mediathek, ab Freitag, 5. Mai 2023, um 10.00 Uhr, sind alle Folgen zum Binge-Watching abrufbar
  • ZDF neo, ab Mittwoch, 17. Mai 2023, um 21.45 Uhr

Texte

Stab, Besetzung, Inhalt

Drehbuch   Agnes Pluch, Marie-Therese Thill, Rebekka Reuber
Regie   Daniel Geronimo Prochaska
Schnitt   Philipp Bittner, Alarich Lenz
Kamera   Matthias Pötsch
Ton   Thomas Szabolcs
Musik   Vera Marie Weber     
Kostüm   Elisabeth Fritsche      
Szenenbild   Conrad Moritz Reinhardt
Produktion   Tivoli Film Produktion GmbH und Mona Film Produktion GmbH
Produzenten   Thomas Hroch, Gerald Podgornig
Producer   Gudula von Eysmondt          
Redaktion ZDF   Silvia Hubrich, Christiane Meyer zur Capellen (Koord. ZDFneo)

 

Die Rollen und ihre Darsteller*innen

David   Golo Euler
David (jung)      Philip Froissant
Julia   Angelina Häntsch
Julia (jung)        Luise Hart
Mirjam   Antonia Bill    
Mirjam (jung)    Lilia Herrmann
Rosa   Barbara Auer
Rosa (jung)   Henriette Richter-Röhl
Josef   Thomas Thieme
Josef (jung)   Shenja Lacher
Roko   Mohamed Achour      
Roko (jung)       Rojan Juan Barani
Sascha   Michael Pink  
Sascha (jung)   Nils Hohenhövel
Aischa   Narges Rashidi
Aischa (jung)    Gizem Emre
Leon   Léon Orlandianyi       
und andere  

 

Inhalt

David ist viel zu früh gestorben. Die Trauer und das Entsetzen über die Ungerechtigkeit des Schicksals sind groß. Als bei der Trauerfeier ein Brief des Toten verlesen wird, in dem er sich an die Hinterbliebenen wendet, sehen diese sich plötzlich mit einer Abrechnung konfrontiert. Zu spät habe er selbst erkannt, so David, dass alles, was ein Mensch tut oder unterlässt, Auswirkungen auf andere hat. Davids Worte entzünden schwelende Konflikte. Während sich die von ihm gesäte Kränkung ausbreitet wie ein ansteckender Virus, und man beginnt, gegenseitig zu bezichtigen, geht eine zweite Erzählebene zurück in die Vergangenheit. Es werden einschneidende Erlebnisse und Kränkungen in Davids Leben beleuchtet, von seiner Jugend bis kurz vor seinem Tod. Aus der Perspektive seiner Schwester, seines besten Freundes, seiner Mutter, seiner Frau und seines Sohnes werden die Wunden aufgezeigt, die Kränkungen hinterlassen. Und so entsteht wie aus Puzzlesteinen nicht nur ein Bild des Verstorbenen, sondern auch aller anderen Protagonisten. Ein Reigen der Kränkungen.

"Am Ende – Die macht der Kränkung" erzählt davon, dass die Biografie eines Menschen meist ganz anders als sein ursprünglicher Lebensplan verläuft, und davon, wie es oft Kränkungen sind, die die Weichen dazu stellen. Denn ist es nicht zuletzt auch die Summe der von uns erlebten Kränkungen, die uns zu den Menschen macht, die wir sind?

Folgenübersicht und Sendetermine

Folge 1, "David": Mittwoch, 17. Mai 2023, 21.45 Uhr

David ist viel zu früh verstorben. Auf seiner Trauerfeier lässt er einen Brief vorlesen, der einer Anklage gleichkommt. Dadurch brechen alte Wunden auf und lang Verdrängtes kommt hervor. Familie und Freunde hatten mit versöhnlichen Worten gerechnet, aber die Anschuldigungen befeuern schwelende Konflikte wie ein Brandbeschleuniger. Was bewegte David kurz vor seinem Tod, einen solchen Brief zu schreiben?
Ob es etwas mit dem Auftauchen seines ehemals besten Freundes Sascha zu tun hatte? Zunächst freute David sich darüber, doch Sascha schien noch eine Rechnung mit ihm offen zu haben. Als Sascha ihn mit einem Geheimnis konfrontiert, muss David die Antwort auf eine Frage erkennen, die er viel zu lange verdrängen wollte.

 

Folge 2, "Mirjam": Mittwoch, 17. Mai 2023, 22.30 Uhr

Davids Brief ist für seine engsten Angehörigen ein Schock. Seine jüngere Schwester Mirjam will auf der Beerdigung nun endlich allen die Wahrheit sagen.
Sie hält es nicht mehr aus, dass in ihrer Familie zu oft der Mantel des Schweigens über alles gelegt wurde. Doch dann erinnert sie sich an Ereignisse in ihrer Jugend. Hat ihre unbedingte Wahrheitsliebe mehr zerstört, als sie sich eingestehen will?
Ihr älterer Bruder David ist das strahlende Sonntagskind, das die elterliche Firma übernehmen sollt, während sie ein rebellischer Teenager ist, dem nichts zugetraut wird. David will mit seinem besten Freund Sascha Architektur studieren, verschweigt dies aber vor den Eltern. Das kann Mirjam gerade noch tolerieren, aber als David dann Sascha, in den sie noch dazu verliebt ist, in den Rücken fällt, kann sie das nicht auf sich sitzen lassen. Die Situation eskaliert und Mirjam lernt die harte Lektion, dass es in ihrer Familie nicht belohnt wird, die Wahrheit auszusprechen.
Auch auf dem Begräbnis steht viel Unausgesprochenes zwischen Mirjam, ihren Eltern und ihrer Schwägerin Julia. Vor allem die Abwesenheit von Leon, Davids und Julias Sohn, überschattet alles. Mirjam ist froh, dass Sascha auch auf der Beerdigung ist. Aber bei einigen Personen sorgt seine Anwesenheit für Entsetzen.

 

Folge 3, "Roko": Mittwoch, 17. Mai 2023, 23.15 Uhr

Roko ist Davids bester Freund seit Studienzeiten und hält die Trauerrede. Aber auch er muss nach dem Brief seine Freundschaft zu David hinterfragen: Hat er ihn damals wie heute verraten?
Julia, Davids Frau, befeuert sein schlechtes Gewissen, weil er David kurz vor dessen Tod nicht mehr besucht hat. War er ihm ein schlechter und illoyaler Freund, der David hintergangen hat?
Roko denkt an die Zeit zurück als er, David und dessen Freundin Aischa gemeinsam Architektur studiert und in einer WG gelebt haben. Das Trio macht fast alles zusammen, wobei es Roko ist, der in den vielen Konflikten des leidenschaftlichen Paares vermittelt. Dabei ist auch er in die charismatische, aber psychisch labile Aischa verliebt. Aber darüber kann David hinwegblicken; er sieht in dem introvertierten Roko keine Bedrohung. Erst als Aischa und Roko einen Studienerfolg einfahren, der David verwehrt bleibt, beginnt das Gleichgewicht zu kippen. Als Roko dann auch noch den Respekt von Davids Vater Josef bekommt, den sein Sohn sich so sehr wünscht, eskalieren die aufgestauten Konflikte zwischen den Dreien. Aischa lässt den wütenden Worten Taten folgen.

 

Folge 4, "Rosa": Mittwoch, 24. Mai 2023, 21.45 Uhr

Das Begräbnis ihres Sohnes ist der fürchterlichste Tag in Rosas Leben. Sie versucht wie immer die Fassade zu wahren, aber die Risse darin werden größer.
Ihren Schmerz versteckt Rosa schon ihr Leben lang. Den Anschein einer heilen Welt zu wahren, ist für sie wichtiger als alles andere. Als die ehemalige Geliebte ihres Mannes auf der Trauerfeier auftaucht, entlädt sich ihr angestauter Zorn.
Auf einmal sind die schmerzlichen Erinnerungen an ihren 35. Hochzeitstag wieder da: Durch einen Zufall erfährt Rosa, dass Josefs Geliebte Magda von ihm schwanger ist. Über die Affären ihres Mannes hat sie bis dahin immer dezent hinweggesehen, doch jetzt muss sie handeln. Die Rivalität zwischen den beiden Frauen nimmt ein unerwartetes Ende und Rosas schwelende Wut trifft am Ende nicht Josef, sondern David.
Durch diese Erinnerung erkennt Rosa, wie ungerecht sie Mirjam all die Jahre behandelt hat. Endlich ist sie bereit ihr wirklich zuzuhören und die Wahrheit über die Abwesenheit von Davids Sohn Leon zu erfahren.

 

Folge 5, "Julia": Mittwoch, 24. Mai 2023, 22.30 Uhr

Davids Frau Julia ist von seinem Tod bis ins Mark getroffen. Sein Brief und die Ereignisse der Trauerfeier drohen ein wohlbehütetes Geheimnis ans Licht kommen zu lassen.
Julia ist in einem emotionalen Ausnahmezustand und schmerzlich verdrängte Erinnerungen werden in ihr wach gerufen. Als dann noch Davids Ex-Freundin Aischa auf der Trauerfeier auftaucht, verliert Julia die Kontrolle.
Von Anbeginn ihrer Beziehung zu David ist Aischa ein rotes Tuch für Julia. Sie fühlt sich der charismatischen Architektin unterlegen und fürchtet, dass David Aischa immer noch liebt. Schon früh in ihrer Beziehung wollen Julia und David ein Kind bekommen, aber es klappt nicht. Ihre Beziehung ist überaus angespannt. Auch weil seine erhoffte Karriere als Architekt ausbleibt und Julia ihn drängt, ins Unternehmen seines Vaters einzusteigen. Doch David will unter keinen Umständen zurückziehen. Als dann Aisha wieder in sein Leben tritt, kommt es zum hitzigen Streit zwischen dem Paar. Tief verletzt stürmt Julia davon. Was in dieser Nacht passiert, hat sie ihrem Mann nie erzählt. Aber auch David hütet ein großes Geheimnis.

 

Folge 6, "Leon": Mittwoch, 24. Mai 2023, 23.15 Uhr

Leon, der Sohn von David und Julia, ist nicht auf der Beerdigung seines Vaters. Seine Abwesenheit wirft Fragen auf. Seine Mutter weiß, warum er sich nicht blicken lässt, fürchtet aber die Wahrheit.
Aus gutem Grund hat Leon den Kontakt zu seiner Familie abgebrochen und ist während seines Auslandsjahrs in Panama für alle unauffindbar. Zu tief sitzt sein Schmerz. Jetzt muss er entscheiden, ob er das Rad der Kränkung durchbrechen will.
Seine Mutter Julia hat seine Abwesenheit bisher mit einer Erkrankung gerechtfertigt. Doch nun steht er abgekämpft und unschlüssig am Bahnhof. Vor ein paar Tagen hat er erstmals seine E-Mails gelesen und so von der Krankheit und dem Tod seines Vaters erfahren. Er erinnert sich an den Tag vor seiner Abreise als der Satz gefallen ist, der sein ganzes Leben verändert hat.
Wut, Schuld und Trauer wechseln sich in Leon ab, bis er in eine Extremsituation gerät: ein Autounfall, bei dem er vielleicht ein Leben retten kann.

Statement von Regisseur Daniel Geronimo Prochaska

"Am Ende – Die Macht der Kränkung" ist mir ein richtiges Herzens-Projekt geworden. In dieser Serie geht es schlicht um das Leben und den Tod, um Familie und Freunde. Es geht um Verlust, Liebe und Verzweiflung, Einsamkeit und Verlorenheit. 

Wie geht eine Familie damit um, wenn sie ihren Sohn, Bruder, Ehemann und Vater viel zu früh zu Grabe tragen muss? Wenn Freunde ihren besten Freund verlieren?

Diese Serie geht sprichwörtlich unter die Haut, denn "Am Ende" lenkt den Blick dorthin, wo es weh tut. Warum ich diese Serie umsetzen wollte? Weil sie mich von Anfang an berührt hat, denn in dieser Staffel geht es nicht nur um Kränkungen und um das who done it. Es geht darum, was wir aus unserem Leben mitnehmen können, welche Auswirkungen Kränkungen auf andere Menschen haben. Das Leben geht nach dem Tod für die Verbliebenen weiter und wie gehen wir dann damit um? Auch wenn diese Serie eine Dramaserie ist, gibt es am Ende der Reise eine gewisse Hoffnung. Für mich gibt es die Hoffnung, dass Menschen, die die Serie anschauen, vielleicht etwas für sich selbst mitnehmen können, sich selbst hinterfragen, ob sie wirklich auf ihre Mitmenschen achten. Denn jeder Mensch hat seinen Rucksack, seine Geschichte, die er tragen muss. Es gibt niemanden, der böse geboren wird. Wir als Gesellschaft formen uns und unsere Umwelt.

Statement der Drehbuchautorin Agnes Pluch

Es ist natürlich ein großes Privileg, wenn man nach einer ersten Staffel über eine Fortsetzung nachdenken darf. Wir waren uns schnell einig, dass wir nicht nur mit einem neuen Figurenensemble erzählen, sondern auch eine andere Tonalität anschlagen und eine komplett neue Erzählstruktur finden wollen.

Während der letzten zwei Jahre sind Krankheit und Tod für uns alle näher gerückt. Zumindest ich empfinde das so. Die konkrete Idee, ein Begräbnis als Rahmen für unsere Serie zu wählen, kam von Gudula von Eysmondt (Tivoli-Film), als ich ihr von einer Trauerfeier in meinem Familienkreis erzählte. Auf Begräbnissen liegen die Nerven blank und die Emotionen offen. Gerade weil sich alle um größtmögliche Harmonie bemühen, brechen ganz plötzlich familiäre Strukturen auf und alte Kränkungen kommen hoch. Ich denke, die Auseinandersetzung mit dem Tod, nicht zuletzt mit der eigenen Sterblichkeit, überfordert einfach alle. Durch dieses Setting lag es nahe, diesmal in der Handlung weit zurück in die Vergangenheit zu gehen. Wir wollten von jemandem erzählen, den Krankheit und Tod viel zu früh und unerwartet treffen. Unser Protagonist sucht verzweifelt nach Antworten, weshalb gerade ihn dieses ungerechte Schicksal trifft. Er hat Angst vorm Sterben. Dass er in dieser Situation auch bei anderen die Schuld sieht, ist, glaube ich, zutiefst menschlich. 

Welche Momente sind es, die unser Leben verändern? Was prägt uns? Wo werden Weichen gestellt? Das sind Fragen, die mich persönlich sehr interessieren, und die sich wohl erst retrospektiv beantworten lassen. Wir – das waren nicht zuletzt die beiden tollen Autorinnen Marie Therese Thill und Rebekka Reuber, die die Bücher ausgearbeitet haben – haben versucht, Ausschnitte aus dem Leben unserer Hauptfigur zu erzählen, einzelne Puzzlesteine, die als Gesamtbild letztlich eine Antwort darauf geben, wie er zu dem Menschen geworden ist, der er am Ende war. 

Interview mit Golo Euler (David)

Was hat Sie sofort davon überzeugt, in der Serie mitzuspielen?

Den Ansatz, dieselbe Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln zu erzählen, fand ich von Anfang an spannend. Außerdem, dass diese Geschichte sich nicht bemüht, noch nie Dagewesenes zu erzählen, sondern eigentlich nur das Leben gewöhnlicher Menschen begleitet, dabei aber zeigt, wieviel Drama und Aufs und Abs so ein gewöhnliches Leben bereithalten kann.

Ist David feige, weil er Probleme erst nach seinem Tod anspricht?

Nein, ich finde auch nicht, dass er Probleme anspricht, sondern Versäumnisse. Dinge, die unabänderbar sind. Ich an Davids Stelle hätte vielleicht versucht, einen etwas versöhnlicheren Ton anzuschlagen. Es bringt ihm ja auch nichts, nach seinem Ableben noch einmal die Schuldkeule auszupacken. Aber das ist eben David.

Manche Kränkungen verfolgen einen das ganze Leben, heißt es. Glauben Sie das auch?

Ja, das glaube ich auch. Gleichzeitig glaube ich aber auch, dass man, wenn man sich dessen bewusst ist, Vieles aktiv verarbeiten und akzeptieren kann – wenn man sein Ego auf die Reservebank setzen lernt.

Grämen Sie sich mehr darüber, wenn sie gekränkt worden sind, oder leiden Sie eher darunter, wenn sie andere gekränkt haben?

Ich glaube, dass ist nicht wirklich voneinander zu trennen. Kränkung macht krank – den der sie verursacht, genauso wie den, der von ihr betroffen ist. Aber am anderen Ende der Skala verhält sich das ja mit Liebe genauso, zum Glück.

Können Sie sich gut entschuldigen?

Ich denke schon, aber da lernt man nie aus, glaube ich. Je mehr man fragt, desto weniger sind Entschuldigungen nötig, habe ich festgestellt. Interesse am Anderen vermeidet Missverständnisse.

Interview mit Philip Froissant (David jung)

Was hat Sie sofort davon überzeugt, in der Serie mitzuspielen?

Ich weiß noch, dass mich die Bücher beim ersten Lesen gleich sehr bewegt haben und sich bei der Figur David sofort seine Welt vor mir aufgetan hat. Mir war daher schnell klar: Wenn’s mit dem Casting klappt, bin ich dabei. 

Sie spielen den jungen David. Inwiefern hat bei der Vorbereitung zur Serie auch ein Austausch mit Golo Euler stattgefunden?

Golo und ich haben mit unserem Regisseur Daniel Prochaska vorab intensive Gespräche geführt. Kennengelernt haben wir uns dann bei der ersten Kostüm- und Maskenprobe in Wien. Es war natürlich toll, sich dann auch persönlich zu treffen und über die Körperlichkeit der Figur auszutauschen. Spannend war es auch, zu sehen und miteinander zu besprechen, wie die Entwicklung unserer Figur vonstattengehen wird - auch kostüm- und maskentechnisch. Wir erzählen die Geschichte ja über mehrere Jahrzehnte: Wo kommt dieser Mensch, den wir gemeinsam zum Leben erwecken sollen, her und wo geht es mit ihm hin? 

Manche Kränkungen verfolgen einen das ganze Leben, heißt es. Glauben Sie das auch?

Ich glaube auf jeden Fall, dass es Kränkungen gibt, die Narben hinterlassen und mit denen man ein Leben lang zu kämpfen hat. Ich glaube aber auch, dass man die eigenen Kräfte der "Wundheilung" emotionaler Verletzungen nicht unterschätzen sollte und dass man die Zeit hier als Verbündeten ansehen kann. Außerdem muss niemand mit seinen Wunden ganz allein fertig werden. Sitzt der Schmerz tief, sollte man sich lieber früher als später Hilfe holen. Ich bin kein Fan vom "In-sich-hinein-fressen", das macht es nur schlimmer. Darüber sprechen, verarbeiten und daran wachsen ist meiner Meinung nach der bessere Weg. Aber natürlich sind emotionale Verletzungen ganz klar ein Teil unserer individuellen Prägung und beeinflussen, wer wir sind und wie wir uns verhalten. 

Grämen Sie sich mehr darüber, wenn sie gekränkt worden sind, oder leiden Sie eher darunter, wenn sie einen anderen gekränkt haben?

Ich bin ein sehr harmoniebedürftiger Mensch. Deshalb entschuldige ich mich meistens recht zeitnah, wenn ich das Gefühl habe, jemanden gekränkt zu haben. Ich hasse es, ein schlechtes Gewissen zu haben. Umgekehrt bin ich wiederum alles andere als nachtragend. Hauptsache für mich ist, dass man sich bald wieder verträgt und die Sache aus der Welt räumt – whatever does the job.

Können Sie sich gut entschuldigen?

Generell würde ich sagen ja, aber das kommt immer auf die Situation an. Manchmal kann ich schon auch ein bisschen stur und uneinsichtig sein, aber immerhin ist mir das bewusst und das ist doch schonmal was (lacht).

Interview mit Barbara Auer (Rosa)

Was hat Sie an Ihrer Rolle sofort überzeugt?

Mich hat die innere Zerrissenheit der Rosa gereizt. Sie ist eine sehr kontrollierte Person und tut alles, um ein veraltetes Rollenmodell zu erfüllen. Dafür zahlt sie einen hohen Preis, nämlich ein Leben voller Lebenslügen und unerfüllter Sehnsüchte.

Was macht die Serie für Sie besonders?

Ich finde das Thema "Die Macht der Kränkung" spannend, weil mit dem eigenen Älterwerden immer öfter Erinnerungen an Menschen und Situationen aus früheren Zeiten präsent werden. Und Erinnerungen, die mit Schuldgefühlen einhergehen, haben eine ganz starke und belastende Kraft.

Rosa versteckt ihren Schmerz, will mit allen Mitteln den Anschein einer heilen Welt wahren. Inwiefern können Sie ihr Verhalten nachvollziehen?

Ich kann verstehen, dass Rosa Angst davor hat, reinen Tisch zu machen und dieses abgesicherte Leben aufzugeben. Sie hätte nicht mehr denselben gesellschaftlichen Status. Gleichzeitig kann ich nicht nachvollziehen, warum sie sich ihrem Mann derart unterordnet in einer Zeit, wo es für die meisten Frauen selbstverständlich ist, für sich selbst zu sorgen.

Manche Kränkungen verfolgen einen das ganze Leben, heißt es. Glauben Sie das auch?

Ich glaube, dass Kränkungen einen tatsächlich irgendwann wieder einholen können. Manchmal verschwinden sie für viele Jahre aus dem Bewusstsein, bis sie plötzlich wieder auftauchen. Hier ist Davids Abschiedsbrief der Auslöser.

Grämen Sie sich mehr darüber, wenn sie gekränkt worden sind, oder leiden Sie eher darunter, wenn sie einen anderen gekränkt haben?

Ich leide mehr darunter, wenn ich jemand anderen gekränkt habe. Besonders, wenn ich es Jahre später nicht mehr wieder gutmachen kann. Selbst gekränkt worden zu sein, ist natürlich schmerzhaft, aber wenn man es schafft, zu verzeihen, ist dieser Knoten gelöst.

Interview mit Henriette Richter-Röhl (Rosa jung)

Was hat Sie an Ihrer Rolle sofort überzeugt?

Ehrlich gesagt bin ich auf die Rolle schon angesprungen, als ich erfuhr, dass ich sie mir mit Barbara Auer teilen darf. Ohne etwas zu lesen, ahnte ich schon, dass die Rolle so schlecht nicht sein kann, wenn Barbara Auer sie spielen will. Sie ist in allen ihren Rollen geheimnisvoll, zart und kraftvoll, das mag ich sehr. Und meine Eitelkeit wurde mit diesem Angebot gestreichelt, weil man mir ja offensichtlich eine optische Ähnlichkeit zu Barbara unterstellt.

Beim Lesen der Bücher stellte sich heraus, dass "Rosa" eine Figur ist, die unter ihrer makellosen Fassade eine tief gekränkte Frau ist, die tagtäglich alle Kraft darauf verwendet, dass niemand ihren inneren Trümmerhaufen bemerkt. So eine Rolle verspricht natürlich Herausforderung und Freude. 

Sie spielen die junge Rosa. Inwiefern hat bei der Vorbereitung zur Serie auch ein Austausch mit Barbara Auer stattgefunden?

Ich war anfangs verunsichert, weil es aufgrund terminlicher Schwierigkeiten vorab kaum die Möglichkeit für einen Austausch mit Barbara gab. Ich hätte gern alle ihre Gedanken zu Rosa gehört und auch ganz persönlich hätte es mich gefreut, sie kennenlernen zu dürfen. Aber es blieb leider bei einer kurzen Begegnung bei der Kostümprobe in Wien. Ich habe mir aber heimlich ein paar ihrer Filme angesehen um sie ein bisschen zu "studieren". Ab dann habe ich mich auf das Drehbuch und Daniel Prochaskas Führung verlassen. Ich habe mich schnell sicher gefühlt.

Manche Kränkungen verfolgen einen das ganze Leben, heißt es. Glauben Sie das auch?

Ich glaube, es ist wirklich so, wie es uns diese Serie erzählt: Kränkungen, die nicht geheilt oder wiedergutgemacht werden, können eine Seele zerstören wie ein Krebsgeschwür. Und schlimmer noch, wir geben diese Kränkungen dann weiter an die nächste Generation. Abgewandelt vielleicht, aber nicht weniger krankmachend. Ich glaube, tief gekränkte, verletzte Kinder werden nur schwer zu glücklichen Erwachsenen. Es gäbe weniger skrupellose Menschen auf der Welt, wenn man die Würde und Verletzlichkeit aller Kinder achten und ehren würde.

Grämen Sie sich mehr darüber, wenn sie gekränkt worden sind, oder leiden Sie eher darunter, wenn sie einen anderen gekränkt haben?

Wenn ich bemerke, jemanden gekränkt zu haben, versuche ich das in der Regel so schnell wie möglich wieder gut zu machen – was ja gar nicht immer möglich ist. Aber ich glaube, dass schon der Versuch eine gewisse Linderung bringen kann.

Wenn ich selbst gekränkt werde, reagiere ich meist mit einer inneren Versteinerung – ein bisschen wie "Rosa". Es ist dann für den anderen ganz schwer, mich wieder aufzubrechen. Also schwer zu sagen, worunter ich mehr leide, kränken oder gekränkt werden – ist beides Mist.

Interview mit Gizem Emre (Aischa jung)

Was hat Sie an Ihrer Rolle sofort überzeugt?

Aischa ist eine unfassbar spannende junge Frau, die mit vielen Gefühlslagen zu kämpfen hat. Sie hat viel von der Welt gesehen, an einigen Orten gelebt, doch ihr Zuhause immer noch nicht gefunden. Ich wollte unbedingt in ihre Welt eintauchen.

Was macht die Serie für Sie besonders?

Der Fokus auf eine Figur in jeder Folge macht es möglich, die jeweilige Kränkung und Geschichte der Person besonders tief zu behandeln. So können die Charaktere in ihrer Komplexität und sehr intensiv dargestellt werden. 

Manche Kränkungen verfolgen einen das ganze Leben, heißt es. Glauben Sie das auch?

Ich glaube, wenn man sich nicht mit seinen Kränkungen oder Schicksalsschlägen beschäftigt, hat man immer damit zu kämpfen.

Grämen Sie sich mehr darüber, wenn sie gekränkt worden sind, oder leiden Sie eher darunter, wenn sie einen anderen gekränkt haben?

Natürlich ist es nicht schön, gekränkt zu werden. Mir tut es aber dennoch mehr weh, andere zu kränken. Ich möchte nicht der Grund sein, wieso sich jemand schlecht fühlt. Aber manchmal lässt sich das ja nicht vermeiden, zum Beispiel, wenn man durch unterschiedliche Ansichten in einen Streit gerät.

Können Sie sich gut entschuldigen?

Das musste ich lernen. Und es fällt mir immer noch nicht so leicht. Aber es gehört dazu, wenn ich jemanden verletzt habe, mich zu entschuldigen. Und wenn danach dann alles wieder gut ist, ist es auch ein sehr erleichterndes Gefühl und macht zukünftige Entschuldigungen ein wenig leichter.

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