Das gläserne Kind
Familiendrama
"Das gläserne Kind" ist ein nachdenklicher und trotzdem humorvoller Film für Karfreitag. Er zeigt auf sehr menschliche Weise, dass es sich lohnt, ab und zu die Perspektive zu wechseln.
- ZDF-Streaming, ad ut Ab Freitag, 11. April 2025, 10.00 Uhr
- ZDF, ad ut Karfreitag, 18. April 2025, 21.15 Uhr
Texte
"Ein nachdenklicher und trotzdem humorvoller Film"
Wie fühlt es sich an, wenn der Großteil an Zeit, Aufmerksamkeit und Energie der Eltern auf das andere Kind, ein krankes Geschwisterchen entfällt, entfallen muss? Wird dem gesunden Kind zwangsläufig die Botschaft vermittelt, dass es nicht wichtig ist? Kann es in einer solchen Konstellation Gerechtigkeit geben?
Diesen Fragen geht unser Film "Das gläserne Kind" auf sehr emotionale Weise nach. Es ist eine Mutter-Tochter-Geschichte mit handfesten Schuldzuweisungen der Figuren. Das Urteil liegt beim Publikum und wird vielleicht im Laufe des Films mehrfach revidiert. Es kommt eben immer auf die Perspektive an.
Wie aktuell dieses Thema ist, zeigt sich nicht zuletzt in den sozialen Medien. Der Begriff "Glass Children" erlebt gerade eine Renaissance, bei der sich sehr viele Menschen angesprochen fühlen, deren Kindheitserinnerungen wieder lebendig werden.
Unsere Geschichte beginnt jedoch nicht mit diesen Erinnerungen, sie sind weggeschlossen und verdrängt. Erst bei dem ungewollten Aufeinandertreffen von Mutter und Tochter, man könnte es Schicksal nennen, brechen die alten nie verheilten Wunden auf. Katharina Böhm und Hanna Plaß spielen diesen Konflikt äußerst intensiv und hochemotional. Anfängliche Sprachlosigkeit wird fühlbar und weicht einer langsamen Annäherung, die von herben Rückschlägen unterbrochen wird. Dabei ermöglichen die tragikomischen Momente und heiteren Brüche des Films sowohl den Figuren als auch dem Publikum eine kleine Verschnaufpause.
"Das gläserne Kind" ist ein nachdenklicher und trotzdem humorvoller Film für Karfreitag. Er zeigt auf sehr menschliche Weise, dass es sich lohnt, ab und zu die Perspektive zu wechseln, um sich näherzukommen. Und das betrifft nicht nur die "Glass Children".
Petra Erschfeld und Dirk Rademacher
HR Fernsehfilm/Serie I
Stab, Besetzung, Inhalt
Das gläserne Kind
Familiendrama
Buch Alina Schmitt
Regie Suki M. Roessel
Kamera Philipp Timme
Schnitt Janina Gerkens
Kostüm Eva Kantor
Ton Gunnar Voigt
Szenenbild Stephanie Schober
Musik Anna Bauer
Produktionsleitung Max Hillebrand
Herstellungsleitung Andreas Breyer
Produktion Network Movie München
Produzenten Susanne Flor, Wolfgang Cimera
Redaktion Dirk Rademacher, Petra Erschfeld
Länge circa 88 Minuten
Die Rollen und ihre Darsteller*innen
Anne Katharina Böhm
Helen Hanna Plaß
Luke Lennox Louis Seigerschmid
Daniel David Zimmerschied
Michael Stephan Kampwirth
Stella Rona Özkan
Franz Philip Dechamps
Lukas Luke Matt Röntgen
Lukas als Kind Levi Schudel
Helen als Kind Noemi Schudel
Makler Perzlmaier Gerhard Wittmann
Richard Patrick Schlegel
Verlagsmitarbeiterin Marlene Morreis
Sophia Hanna Binder
Annes Chef Roberto Martinez
Annes Kollegin Cathrin Herrmann
Kaufinteressent Maximilian Laprell
Neuer Hausbesitzer David Lindermeier
Polizeibeamtin Christina Marie Laurent
und andere
Annes Leben befindet sich im Umbruch – seit Langem trauert sie um ihren Sohn Lukas, der mit einer genetischen Erkrankung zur Welt kam und vor sechs Jahren verstarb. Nun aber hat sie entschieden, ihr Haus in der Nähe von München zu verkaufen und nach La Palma auszuwandern. Doch nicht nur die Auflösung des ehemaligen Familienmittelpunkts weckt viele Erinnerungen – auch die Rückkehr ihrer Tochter Helen aus den USA. Anne und Helen hatten seit Lukas' Tod keinen Kontakt, Anne wusste nicht einmal, dass Helen mittlerweile selbst Mutter ist. Ihren Sohn hat sie Luke genannt, nach ihrem verstorbenen Bruder. So sehr Anne sich freut, sie wiederzusehen, so angespannt ist ihre Beziehung zu ihrer Tochter. Stück für Stück setzt sich ein Bild aus den Erinnerungen der beiden Frauen zusammen, welche Ereignisse vor und nach Lukas' Tod zu dem Bruch zwischen Mutter und Tochter geführt haben. Die Vergangenheit bleibt unveränderlich – aber die Gegenwart ist voller Chancen für Mutter und Tochter, sich auf einer neuen Ebene zu begegnen.
"Die Streitszene zwischen Anne und Helen war eine große Herausforderung, aber auch Freude für Katharina und mich"
Interview mit Katharina Böhm und Hanna Plaß
Was hat Sie an der Rolle besonders interessiert?
Katharina Böhm: Die Mutter-Tochter-Beziehung auf Augenhöhe, bei der die Tochter inzwischen selbst Mutter ist, hat mich besonders interessiert.
Hanna Plaß: Helen kehrt zu ihrer Familie zurück, nachdem ihr Versuch ein neues Leben in Amerika aufzubauen, gescheitert ist. Eine Figur zu spielen, die sich gegenüber den alten Mustern ihrer Familie zu behaupten versucht, war faszinierend. Wann ist sie plötzlich wieder Kind, ab wann übernimmt die erwachsene Helen? Wann sind Kompromisse nötig, wann muss sie klar bleiben. Das war eine spannende Aufgabe.
Hat Anne in Ihren Augen als Mutter versagt?
Katharina Böhm: Ich glaube, mindestens 90 Prozent aller Eltern versuchen, ihr Bestes zu geben. In dem Fall hat die Kraft der Mutter – alleinerziehend – einfach nicht ausgereicht, um beiden Kindern gerecht zu werden.
Hanna Plaß: Das könnten wir doch nur beantworten, wenn klar ist, was es heißt, als Mutter erfolgreich zu sein. Und wären dafür nicht viele Anzeichen gegeben?
Ich glaube, die Angst zu versagen haben alle Menschen, die ernsthaft Verantwortung für ein Kind oder eine Aufgabe übernehmen. Was wir uns aber anhand des Films fragen müssen, ist, warum war Anne auf sich allein gestellt? Wie geht unsere patriarchale, kapitalistische Struktur mit Menschen um, die schwächer gestellt sind. An der Humanität misst sich Versagen und Gewinnen unseres Systems.
Wie war oder ist das Verhältnis zu Ihrer Mutter?
Katharina Böhm: Ich hatte ein sehr enges Verhältnis zu meiner Mutter. Wir hatten aber auch intensive Auseinandersetzungen. Als ich 30 Jahre alt war, ist sie gestorben, und damals ist meine Welt wirklich zusammengebrochen. Erst zehn Jahre später wurde mir bewusst, dass ich ihr immer noch einige Sachen übel genommen habe. Aber inzwischen war ich selbst Mutter und habe an diesem Punkt gemerkt, dass ich auch nicht unfehlbar bin. Diese Erkenntnis war wirklich sehr gut und wertvoll für mich.
Hanna Plaß: Das Verhältnis zu meiner Mutter ist prima. Wir sprechen alle ein, zwei Wochen miteinander und versuchen, uns zum Lachen zu bringen, wenn die Laune schlecht ist. Ich glaube, das ist nicht übel (lacht).
Ihre Rollen haben jeweils eine große emotionale Bandbreite. Wie gelingt es, das glaubhaft zu spielen? Wie haben Sie sich jeweils vorbereitet?
K.B.: Ich glaube, dass eine gewisse Transparenz, also eine Durchlässigkeit für Gefühle, jeden Schauspielenden ausmacht. Für mich ist es wichtig, egal, was ich spiele, immer wahrhaftig zu sein.
H.P.: Ich erweitere meine Ausbildung ständig und arbeite seit einigen Jahren mit einer Mischung aus Source Tuning und verschiedenen Chubbuck-Techniken. Wenn ich ehrlich bin, sind das aber alles Fallstricke, die mir das Gefühl eines Sicherheitsnetzes geben. Denn im Moment bleiben und loslassen können, muss ich immer wieder neu und das werde ich wohl auch mein ganzes Leben üben (lacht).
Welche Szene hat Sie beim Spielen besonders gefordert?
K.B.: Die Beerdigungsszene meines Filmsohnes war besonders herausfordernd. Ich hatte großen Respekt vor dieser Szene, da sie entscheidend für den Bruch mit der Tochter war. Während des Drehs habe ich einfach losgelassen.
H.P.: Die Streitszene zwischen Anne und Helen war eine große Herausforderung, aber auch Freude für Katharina und mich. Wir haben zwei Wochenenden zusammengesessen und darüber gesprochen, was die beiden da eigentlich verhandeln und wie sie sich falsch verstehen.
Was hat Ihnen bei der Arbeit an dem Film besonders gefallen?
K.B.: Die Diskussionen im Vorfeld und während der Dreharbeiten waren sehr interessant, weil viele unterschiedliche Meinungen vertreten waren. Zum Beispiel hatte ich als Mutter manchmal eine andere Perspektive auf das Thema als Hanna oder die Regisseurin. Das fand ich sehr spannend.
H.P.: Katharina Böhm hat schon einmal vor zwölf Jahren in einem meiner ersten Filme nach der Schauspielschule meine Mutter gespielt. Es war ein unglaublich schönes Erlebnis auf diese Vorarbeit vertrauen zu können und mit dieser ganz eigenen Nähe in die Dreharbeiten zu gehen. Und dann dort auf Suki M. Roessel als Regisseurin zu treffen, war ein großes Geschenk.
Welche Botschaft hoffen Sie, dass das Publikum aus dem Film mitnimmt?
K.B.: Falls es eine Botschaft gibt, dann die, dass es manchmal Gründe gibt, warum Mütter nicht immer perfekt sind.
H.P.: Die meisten Filme handeln vom Scheitern oder Gewinnen. Dieser Film handelt davon, wie es uns danach geht. Wenn alles sich verändert hat und wir uns neu kennenlernen müssen. Ich hoffe, dass der Film den Menschen Mut macht, sich einander zu zumuten und aufeinander zuzugehen.
Der Film feierte auf dem Festival des deutschen Films in Ludwigshafen seine Premiere. Wie war diese Erfahrung für Sie?
K. B.: Das Interesse der Zuschauer an dem Film und wie er sie bewegt hat, das hat mich sehr beeindruckt. Normalerweise bekommen wir bei einem Fernsehfilm die direkten Reaktionen der Zuschauer selten mit. Außer wenn ich am nächsten Tag in meinen Supermarkt gehe (lacht).
H.P.: Es war überraschend heilsam. Ich hatte das Gefühl, dass die Konflikte jeder Figur eine Resonanz im Saal hatten. So waren sie nicht mehr so allein mit ihrem Kampf sich behaupten zu müssen, sondern wurden gesehen. Und das von einem voll besetzten Kinosaal. Und mit einer unglaublich schönen Begrüßung in Ludwigshafen. Das war ein großes Geschenk.
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