Die Bürgermeisterin

Der Fernsehfilm der Woche

Ortsbürgermeisterin Claudia Voss (Anna Schudt) steht vor einer Herausforderung: Der Landkreis beschließt, ausgerechnet im beschaulichen Neustadt-Linden ein Heim für Geflüchtete einzurichten. Claudia will das Beste aus der Situation machen, doch die Pläne für die Gemeinschaftsunterkunft stoßen schnell auf Widerstand. Claudia ahnt anfangs nicht, dass sie immer weiter ins Visier der rechten Szene gerät. Sie und ihre Familie stehen vor einer Zerreißprobe.

  • ZDF, Montag, 24. Oktober 2022, 20.15 Uhr
  • ZDF Mediathek, Samstag, 15. Oktober 2022 bis Sonntag, 22. Oktober 2023

Texte

Stab

Drehbuch                      Magnus Vattrodt
Regie                            Christiane Balthasar
Kamera                         Hannes Hubach
Casting                          Marion Haack
Musik                            Johannes Kobilke
Schnitt                           Andreas Althoff
Szenenbild                    Ulrich Hintzen
Kostümbild                    Anne Jendritzko
Maske                           Thorsten Esser, Marcus Michael
Produktionsleitung        Monika Krück
Herstellungsleitung       Andreas Breyer
Produzentin                   Silke Pützer
Produzent                     Wolfgang Cimera
Redaktion                     Caroline von Senden, Solveig Cornelisen

Eine Produktion der Network Movie Film- und Fernsehproduktion im Auftrag des ZDF

Besetzung

Claudia Voss                Anna Schudt
Peter Voss                    Felix Klare
Leonie Voss                  Jule Hermann
Veith Landauer             Alexander Beyer
Gerhard Zöllner            Uwe Preuss
Herr Bäumer                 Michael Sideris
Nadine                          Marleen Lohse
Annemarie                    Katharina Behrens
Hannes Bachmann      Carl Phillip Benzschawel
u.v.a.

Inhalt

Ortsbürgermeisterin Claudia Voss steht vor einer Herausforderung: Der Landkreis beschließt, ausgerechnet im beschaulichen Neustadt-Linden ein Heim für Geflüchtete einzurichten. Claudia will das Beste aus der Situation machen, doch die Pläne für die Gemeinschaftsunterkunft stoßen schnell auf Widerstand, angeführt vom Unternehmer Veith Landauer. Claudia ahnt anfangs nicht, dass sie immer weiter ins Visier der rechten Szene gerät. Je mehr Claudia sich bemüht zu vermitteln, desto heftiger werden jedoch die Einschüchterungen und Anfeindungen. Schließlich muss sogar ihr Privathaus unter Polizeischutz gestellt werden. Claudia und ihre Familie stehen vor einer Zerreißprobe: Ist ihr Engagement es wert, ihre Tochter Leonie, den Familienbetrieb ihres Mannes Peter und sich selbst in Gefahr zu bringen? Claudia erlebt ohnmächtig und zunehmend isoliert, wie sich die Angst in ihr Leben einschleicht.

"Vom Albtraum" | Redaktionsstatement

Die Bürgermeisterin

Montag, 24. Oktober 2022, 20.15 Uhr
ZDFmediathek: ab Samstag, 15. Oktober 2022

"Vom Albtraum"

"Die Bürgermeisterin" erzählt vom Albtraum, im vertrauten Umfeld zur Zielscheibe der rechtsextremen Szene zu werden. Gerade auf kommunaler Ebene trifft die Hetze insbesondere Menschen, die sich neben Beruf und Familie ehrenamtlich engagieren. Das sind Menschen, die sich in Gruppen, Vereinen oder in der Lokalpolitik einbringen. Die Angst vor Übergriffen und vor einem Leben unter Polizeischutz arbeitet sich in den Freundes- und Bekanntenkreis, lähmt die Mitstreiter*innen und isoliert so die Opfer zunehmend. Die Effizienz der Bedrohung und Verleumdung ist erschreckend und wird hier beispielhaft in ihren verheerenden Auswirkungen erzählt. Der Film wirft so die Frage auf, wie es gelingen kann, angesichts der Wucht der Anfeindungen das faire Miteinander und die eigene Integrität zu wahren.

Caroline von Senden, Redaktionsleiterin Fernsehspiel I
Solveig Cornelisen, Redakteurin Fernsehspiel I

"Verstört, sprachlos, schockiert" von Produzentin Silke Pützer

Der Fernsehfilm "Die Bürgermeisterin" stellt ein äußerst aktuelles und relevantes Thema in den Mittelpunkt: Übergriffe auf Kommunalpolitker*innen. Die Zahl der Übergriffe auf Mandatsträger*innen ist in den letzten Jahren rasant angestiegen. Nachzulesen ist das unter anderem in der Umfrage der Körber-Stiftung und den jährlichen Kriminalstatistiken des Bundesinnenministeriums. In den ersten Besprechungen mit Magnus Vattrodt war sehr schnell klar, dass wir dieses Thema gemeinsam in den Mittelpunkt eines Fernsehfilms stellen wollen – denn es geht um den Zustand unserer Demokratie.
Ich erinnere mich sehr gut an den Tag, als ich die erste Drehbuchfassung gelesen habe. Ich war gleichermaßen verstört, sprachlos und auch schockiert. Mehrmals musste ich die Lektüre des Drehbuches unterbrechen, weil die Geschichte mich angefasst und nachdenklich gemacht hat. Das Drehbuch von Magnus Vattrodt beschönigt nicht und bedient sich keiner tendenziösen Erzählweise. Die Geschichte bleibt nah bei der Hauptfigur und ihrem Umfeld und die Angst, die sich langsam in die Leben der Ortsbürgermeisterin Claudia Voss, ihres Manns Peter und ihrer Tochter Leonie frisst, wurde von Regisseurin Christiane Balthasar präzise umgesetzt und von Anna Schudt, Felix Klare und Jule Hermann hervorragend interpretiert und dargestellt. Die Bildsprache von Hannes Hubach beobachtet das Geschehen auf durchlässige Weise. Das gemeinsame Ziel, nah an der Realität zu bleiben und auf dramaturgische oder visuelle Effekte zu verzichten, ist in meinen Augen aufgegangen und wir bieten den Zuschauer*innen einen Fernsehfilm an, der bestenfalls nachhallt, Fragen aufwirft, Bewusstsein schärft und zu Solidarität und Zivilcourage aufruft.

"Unmerkliches Grauen" | Fragen an Anna Schudt

Sie sagen von sich selbst, dass Sie gerne unterschiedliche und neue Rollen für sich ausloten möchten. Was hat Sie an dem Drehbuch "Die Bürgermeisterin" überzeugt? Warum haben Sie sich für diese Rolle entschieden?
Die Unaufgeregtheit, die in dem Drehbuch herrschte, war ungewöhnlich. Es passiert eigentlich nichts und fast unmerklich greift ein Grauen um sich. Das Thema ist sehr wichtig, die Rolle gut geschrieben. Da bin ich eingestiegen.
Was treibt Ihre Figur, Claudia Voss, als Bürgermeisterin an und was zeichnet sie als Mensch aus? 
Claudia Voss ist eine normale, starke und klare Frau mit Überzeugungen. Sie glaubt an den Rechtsstaat und die Gemeinschaft und dass, wenn jeder ein bisschen was tut, Großes bewegt werden kann.
Claudia Voss ist als Ortsbürgermeisterin in ihrer Kleinstadt sehr beliebt. Als bekannt wird, dass dort eine Unterkunft für Flüchtlinge errichtet werden soll, ändert sich das schlagartig. Man hat ja Mitgefühl, aber warum sollen die Flüchtlinge ausgerechnet bei uns untergebracht werden? Warum endet die Empathie oftmals vor der eigenen Haustür?
Das "Fremde" ist oftmals zunächst angstbesetzt. Wir wollen beim Vertrauten bleiben, da bedroht uns nichts. Außerdem sind wir am liebsten bequem. Das läuft alles erst mal instinktiv, aber wenn wir dann vor so einer Aufgabe wie der Flüchtlingskrise stehen, müsste man anfangen, langsam von Anfang bis Ende zu denken und von etwas Positivem ausgehen. Und dabei sollte nicht vergessen werden, dass viele Deutsche selber einmal Kriegsflüchtlinge waren.
Im Film gerät die Bürgermeisterin aufgrund ihres Engagements zunehmend ins Visier der rechten Szene. Wie reagiert sie auf die Anfeindungen, nicht nur in den sozialen Medien? Welche emotionale Entwicklung durchläuft Ihre Figur?
Claudia glaubt sehr lange daran, dass "das Gute siegen wird". Erst als ihre Familie in Mitleidenschaft gezogen wird und ihr privater Raum angegriffen wird, wird sie wütend. Sie kämpft und argumentiert, aber ohne Hilfe der Politik "von oben" läuft sie ungeschützt ins Messer. Ihren Prinzipien bleibt sie treu, an der Politik wird sie nicht festhalten.Claudia Voss liebt ihre Familie, aber auch ihre Arbeit als Bürgermeisterin. Letztlich bringt sie dadurch ihre Familie in Gefahr. Wie weit darf die Liebe zum eigenen Job gehen? Welche Grenzen gibt es für sie?
Die Frage dieses Films ist eher: An welche Form von Gemeinschaft glaubt man? Für Claudia ist das kein Job, sondern eine Notwendigkeit. Es geht ihr nicht um Karriere, Macht und Aufstieg, sondern um Mitgestaltung und Verantwortung. Und das ist etwas, von dem sie sich nicht trennen wird, nicht trennen kann, weil es ihr Lebensentwurf ist.
Viele Städte und Gemeinden in Deutschland sind auf ehrenamtlich tätige Kommunalpolitikerinnen und -politiker angewiesen. Warum ist ihre Arbeit so wertvoll und wichtig für die Gesellschaft?
Beim Ehrenamt geht es nicht um Geld, sondern um Verantwortung tragen, sich kümmern, Zeit und Kraft aufzuwenden, um aktiv zu gestalten. All das oft neben Familie und Job. Der Respekt vor dieser Art der aktiven Gemeinschaftsgestaltung ist nicht mehr da. Kommunalpolitiker werden angegriffen und beschimpft. Kaum jemand will das noch machen und das ist für die Gesellschaft verheerend.
Glauben Sie, dass Filme wie "Die Bürgermeisterin" Zuschauerinnen und Zuschauer stärker für das Thema sensibilisieren und dazu motivieren können, sich aktiv dagegen zu stellen?
Ich hoffe das sehr. Ebenso, dass der Film auf die sozialen Medien aufmerksam macht und wie asozial sie sein können, aber auch auf die Möglichkeit der Menschlichkeit.

"Normale Menschen von nebenan" | Fragen an Magnus Vattrodt (Drehbuch)

Was war der Auslöser für Ihre Idee zu diesem Drehbuch? Gibt es einen speziellen Fall, der Ihrem Buch zugrunde liegt?
Es gibt – leider – eine viel zu lange Reihe von Fällen, die grundsätzlich alle ähnlich ablaufen. Es geraten Menschen, die sich, oft ehrenamtlich, politisch in ihrer Gemeinde engagieren, für eine öffentliche Haltung ins Visier bestimmter Gruppen geraten und anschließend zu Hassobjekten erklärt werden. Sie werden öffentlich angegriffen und mit Hass und Drohungen überzogen, oft zunächst im Netz, aber durchaus auch in der realen Welt, und zwar mitsamt ihren Familien, ihrem gesamten Lebensumfeld. Oft genug endet dies mit psychischen oder sogar körperlichen Schäden und dem Rückzug aus der politischen Arbeit. Ein Fall, der genau diesem Muster folgt, ist der des zurückgetretenen Ortsbürgermeisters Markus Nierth, aber auch der Fall des Kasseler Regierungspräsiden-ten Walter Lübcke hat diese Eskalationsstufen durchlaufen bis hin zu seiner Ermordung. Ich habe versucht, den Kern all dieser Fälle in meiner Geschichte in verdichteter Form zu erzählen.
Sie recherchieren für Ihre Bücher immer sehr ausgiebig und intensiv. Sind Ihnen bei Ihrer Recherche Personen und Ereignisse begegnet, die Sie nachhaltig beeindruckt haben? Was davon ist in Ihr Buch eingeflossen?

Eine Begegnung mit Markus Nierth (ehemaliger ehrenamtlicher Ortsbürgermeister) hat mich sehr betroffen gemacht. Er und seine Familie gerieten ins Fadenkreuz wegen der Unterbringung von geflüchteten Menschen in seinem Ortsteil. Die Entscheidung für diese Unterbringung hat er selber gar nicht getroffen. Er hat es lediglich gewagt, sich für eine menschenwürdige Behandlung dieser Geflüchteten auszusprechen, also im Grunde eine Selbstverständlichkeit. Was dann allerdings folgte, nahm existenzvernichtende Ausmaße an. Mich hat betroffen gemacht, dass Hass und Drohungen letztlich erfolgreich sind, und zwar dann, wenn es den Tätern gelingt, die Opfer zu isolieren, ihnen das Gefühl zu geben, dass sie am Ende alleine dastehen. Diese Ohnmacht und Angst wirken jahrelang, zermürben sogar gestandene, psychisch robuste, kluge Menschen, die am Ende sogar ihre Heimat verlieren, und das nur, weil sie das Selbstverständliche ausgesprochen haben. Walter Lübcke verlor sogar sein Leben.
Wie groß ist Ihrer Einschätzung nach der Einfluss der sozialen Medien? Wirken sie als Brandbeschleuniger?
Davon ist wohl auszugehen. In der vermeintlichen Anonymität zeigen manche Menschen ein sehr hässliches Gesicht, und unser aller Existenz in homogenen Meinungsblasen wirkt für unsere demokratischen Gesellschaften sicher oft polarisierend. Menschen erfahren im Netz auch Zuspruch und Anerkennung für abwegige, menschenverachtende Äußerungen – das kann nicht gut sein.

Welche Antwort muss die Gesellschaft auf Hetzer und die rechte Szene geben? Sind die bislang getroffenen Maßnahmen ausreichend, um zukünftig solche Übergriffe einzudämmen?
Von staatlicher Seite braucht es natürlich ein verlässliches Regelwerk und belastbare Gesetze gegen Gewalt und Hetze, die dann auch wirklich angewendet werden, und hierbei meine ich nicht nur Gewalt und Hetze aus der rechten Szene. Ich bin in meiner Recherche auch über Fälle gestolpert, in denen sich ganze Dorfgemeinschaften wegen einer Grundschulumgestaltung entzweit haben oder wegen eines Sportleistungszentrums. Es braucht also nicht mal die "großen" gesellschaftlichen Themen, und trotzdem werden am Ende Verantwortliche mit dem Tod bedroht. Teile unserer Gesellschaft scheinen bereit zu sein, alle Ethik und alle Kinderstube hinter sich zu lassen, und statt des demokratischen Kompromisses gibt es nur noch Sieg oder Niederlage, Freund oder Feind, wir oder die. Ich will daran glauben, dass es eine breite Mitte der Gesellschaft gibt, die solches Verhalten letztlich ablehnt – sich aber oft zu wenig zu Wort meldet. Ich glaube, diese Mitte muss sich stärken und aktivieren, sie ist das Herz der Demokratie. Und wir alle sollten uns fragen, ob wir nicht verbal ein bisschen abrüsten sollten im Umgang miteinander.
Der Film erzählt die Geschichte von Claudia Voss, die als ehrenamtliche Bürgermeisterin ins Visier der rechten Szene rückt, in sehr ruhigen, unaufgeregten Bildern. Warum haben Sie sich für diese Art des Erzählens entschieden?
Ich hatte immer den Wunsch, dass der Film so "echt" wie möglich aussieht, eher ungeschliffen und ein bisschen rau, eben nicht wie Fernsehen. Dass die Leute und Orte aussehen wie Leute und Orte, die wir alle kennen, genauso schön oder hässlich wie im echten Leben. Es soll eben keine abgehobene Welt erzählt werden, weil Kommunalpolitik nicht abgehoben ist. Ehrenamtliche Bürgermeister*innen sind keine Berufspolitiker*innen mit perfekter Rhetorik und Mitarbeiterstab. Sie sind völlig normale Menschen von nebenan, und eine so normale Claudia habe ich mir immer gewünscht. Daher liegt auch unser erfundenes "Neustadt" im Herzen Deutschlands, auf halber Strecke zwischen Nord und Süd, Ost und West.
Was erhoffen Sie sich? Was kann ein Fernsehfilm mit einem gesellschaftlich so relevanten Thema im besten Fall bei den Zuschauerinnen und Zuschauern erreichen?
Erst mal hoffe ich, dass sich das Publikum auf interessante, spannende Art und Weise unterhalten fühlt. Und wenn die Unterhaltung dann im Nachhall dazu führt, dass man ein solches Thema vielleicht ein bisschen anders sieht, wenn man vielleicht ein bisschen mehr Empathie miteinander hat – dann wäre das schon viel.

Dokumentation: Engagiert und attackiert – Wenn Politiker zur Zielscheibe werden

Montag, 24. Oktober 2022, 21.45 Uhr
In der ZDFmediathek  vom Samstag, 15. Oktober 2022 bis Sonntag, 22. Oktober 2023

Film von Lisa-Marie Schnell
Redaktion: Nina Behlendorf, Markus Wenniges
Kamera: Wilhelm Van de Loo
ZDF Auftragsproduktion / Spiegel TV
Länge: 30 Minuten

Zerstochene Reifen, Hass-Nachrichten, Morddrohungen: Mehr als die Hälfte der Bürgermeister in Deutschland haben das bereits erlebt. Immer häufiger werden sie zur Zielscheibe. Wie gehen Betroffene damit um? "Engagiert und attackiert – Wenn Politiker zur Zielscheibe werden" zeigt, wie gefährlich Hass und Hetze für unsere Demokratie sind und gibt bedrückende Einblicke in den Alltag von Kommunalpolitikerinnen und -politikern in Deutschland.
Erik Lierenfeld ist Bürgermeister von Dormagen in Nordrhein-Westfalen und hat 2015 zum ersten Mal Hass und Hetze erlebt. Als es darum ging, Geflüchtete in der Stadt aufzunehmen, sind "da teilweise Sätze gekommen, die hätte ich mir vorstellen können zu Zeiten des Dritten Reiches. Das ist etwas, was einen sehr bedrückt." Lierenfeld und sein Team bringen alles zur Anzeige. "Ich habe null Toleranz gegenüber Gewalt, auch gegenüber verbaler Gewalt." Es gebe durchaus Momente, in denen er sich frage, ob er die Auswirkungen seines Amtes für ihn und seine Familie noch mittragen möchte, sagt Lierenfeld.
Belit Onay wurde unmittelbar nach seiner Wahl zum Oberbürgermeister von Hannover von massiven Anfeindungen überrascht: "Es waren vorrangig rassistische Kommentare aufgrund meiner Familiengeschichte, meines Glaubens, meines Backgrounds. Und erschreckend war die Wortwahl, aber auch die Masse und die Organisiertheit."
Sozialpsychologin Pia Lamberty beobachtet diese Entwicklung mit großer Sorge: "Die Grenze des Sagbaren hat sich zuletzt immer weiter verschoben. Das passiert immer dann, wenn man ein Erstarken von rechtsextremen, rechtspopulistischen Bewegungen hat. Gewisse Begriffe etablieren sich im Diskurs, problematische Aussagen werden nicht mehr so genau hinterfragt oder einfach hingenommen." Weil sie keine gesellschaftlichen Konsequenzen fürchten müssen, hätten Täter es mit ihren Hassnachrichten plötzlich viel leichter.
Hinzu kommt: "Früher musste Kritik mühsam formuliert werden, etwa in einer Dienstaufsichtsbeschwerde. Oder man musste den Weg ins Rathaus auf sich nehmen. Heute kann jeder zu jeder Zeit eine E-Mail oder einen Hass-Kommentar verfassen", erklärt Verwaltungswissenschaftler Paul Witt von der Hochschule Kehl die gestiegene Bedrohung von Kommunalpolitikern. "Man braucht für dieses Amt ein dickes Fell. " Das gibt er auch seinen Studierenden mit auf den Weg. Dass sie in naher Zukunft im Rathaus mit Drohungen oder Gewalt konfrontiert sein werden, ist für ihn schon jetzt Gewissheit.
Das Bürgermeisteramt stärken und Betroffene unterstützen – ein wichtiges Thema, dem sich auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier angenommen hat: "Die Kommunalpolitik ist die Wurzel der Demokratie. (…) Und was der Demokratie am meisten schadet, ist der stille Abschied. Wenn Menschen aus Angst nicht wieder kandidieren oder Menschen aus Angst gar nicht erst in Verantwortung gehen, dann ist das unerträglich für die Demokratie."

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