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Die Spur der Mörder

Der Fernsehfilm der Woche

Ein neuer Fall für den erfahrenen SOKO-Chefermittler Ingo Thiel (Heino Ferch, o. mit Ronald Kukulies). Er muss einen spektakulären Mordanschlag in Duisburg aufklären. Schnell wird klar, dass es einen Zusammenhang zur 'Ndrangheta, der kalabrischen Mafia, gibt. In Italien erhoffen sich er und die italienische Kollegin Carla Orlando die Unterstützung von Oberstaatsanwalt Silvio Bertone, einem berüchtigten Mafia-Jäger. Der "Fernsehfilm der Woche" wurde 2019 von Regisseur Urs Egger inszeniert. 

  • ZDF, Montag, 12. Oktober 2020, 20.15 Uhr
  • ZDF Mediathek, Ab Montag, 5. Oktober 2020

Texte

Stab

Buch        Fred Breinersdorfer, Katja Röder
Regie   Urs Egger
Musik   Ina Siefert, Nellis du Biel
Schnitt   Benjamin Hembus
Kamera   Lukas Strebel
Szenenbild   Ingrid Henn
Kostümbild   Anne Jendritzko
Produzent   Nils Dünker
Redaktion   Günther van Endert, Karina Ulitzsch

Eine ZDF-Auftragsproduktion der Lailaps Pictures GmbH

Die Rollen und ihre Darsteller

Ingo Thiel      Heino Ferch
Carla Orlando   Verena Altenberger
Winni   Ronald Kukulies
Staatsanwalt Zeller   Joachim Król
Martha   Maya Bothe
Silvio Bertone   Stefano Viali
Sofia Russo   Marie-Lou Sellem
Antionio Russo   Antonio Putignano
Tim Koller   Moritz Führmann
und andere    

Inhalt

Tief in der Nacht verlässt Antonio Russo mit den letzten vier Mitarbeitern sein Restaurant. Plötzlich tauchen zwei Personen mit Maschinenpistolen auf und eröffnen das Feuer.  Unverzüglich wird der erfahrene SOKO-Chefermittler Ingo Thiel zum blutigen Tatort beordert, denn schnell ist klar, dass der kaltblütige Mordanschlag in Zusammenhang mit der 'Ndrangheta, der kalabrischen Mafia, steht.

Sogleich ruft Thiel eine Sonderkommission ins Leben   Mafia-Experte ist jedoch keiner von ihnen. Interpol stellt ihnen deshalb die italienische Spezialermittlerin Carla Orlando unterstützend zur Seite. Mit ihrer Hilfe wird das Bild schnell klarer: Der ermordete Wirt war der Sohn von Luigi Russo, dem Kopf des Russo-Clans aus San Vitale in Kalabrien. Vor 15 Jahren ist dieser auf der Flucht vor den Behörden untergetaucht. Bei der Untersuchung von Antonio Russos zerschossenem Wagen machen Thiels Kollegen eine rätselhafte Entdeckung: Der Wagen ist vollständig verwanzt. Durch DNA-Spuren finden die Ermittler heraus, dass die beiden gesuchten Täter verwandt sind.

In Kalabrien hat der Familienstreit der Russos mit den Costas schon mehr als 100 Todesopfer gefordert. In Deutschland kann endlich ein erster Ermittlungserfolg verbucht werden: Der erste Täter wird von Thiel und Carla überführt. Da die Hilfe aus Italien spärlich ist und Thiel immer noch nichts über den professionellen Lauschangriff auf den Wagen der Opfer erfahren hat, fliegt er mit Carla nach Kalabrien. Dort erhoffen sie sich Unterstützung vom Oberstaatsanwalt und berüchtigten Mafia-Jäger Silvio Bertone, um den zweiten, immer noch flüchtigen Täter zu schnappen.

 

"Die Spur der Mörder" ist eine der letzten Arbeiten des kürzlich verstorbenen Regisseurs Urs Egger.

Statement von Günther van Endert (ZDF-Redaktion)

Das Massaker vor einer Duisburger Pizzeria am frühen Morgen im August 2007 schreckte die Öffentlichkeit auf. In Deutschland hatte es bis dahin so etwas nicht gegeben. Es schien auch das Wirken der weltweit größten und reichsten Mafia, der kalabrischen 'Ndrangheta, hier nicht zu geben. Für die kriminelle Großorganisation war diese öffentliche, blutige, innermafiose Auseinandersetzung ein die reibungslosen Geschäfte nachhaltig störender "Betriebsunfall". Ein riesiger Polizeiapparat wurde denn auch sofort in Bewegung gesetzt.

Das ist der Hintergrund für den zweiten Film mit Heino Ferch in der Rolle des polizeiberühmten nordrhein-westfälischen Kommissars Ingo Thiel. Der in Duisburg tatsächlich ermittelnde Heinz Sprenger war mit Ingo Thiel als Hauptrolle einverstanden, sodass eine Verbindung zum ersten Film möglich wurde. Wie in "Ein Kind wird gesucht" bleibt auch die Fortsetzung so nah wie irgend möglich an der realen, logistisch minutiösen und sehr aufwändigen Polizeiarbeit (und folgt dabei selbstverständlich der persönlichkeitsrechtlich notwendigen Verfremdung).

Der Kampf gegen die italienische Mafia muss auch in Italien geführt werden. Und so erhält Ingo Thiel in der italienischstämmigen Interpol-Beamtin Carla Orlando, herausragend gespielt von Verena Altenberger, für seinen Weg nach Kalabrien tatkräftige Unterstützung. Die Schwierigkeit deutsch-italienischer polizeilicher Zusammenarbeit ist ein Thema des Films. Die Auflösung des packenden Falles führt in ein Personen-Geflecht, in dem außergewöhnlich gewöhnliche Männer mit mysteriös wirkenden eng verzahnt sind. Und eine Mutter muss die Ermordung ihres Sohnes hinnehmen, weil es das Gesetzt der Organisation so befiehlt.

"Die Spur der Mörder" ist eines der letzten Werke des im Januar verstorbenen Regisseurs Urs Egger. Auch dieser Film zeigt seine Meisterschaft. Er ist ebenso spannend wie sehr emotional.

Statement von Produzent Nils Dünker

Nach dem überwältigenden Erfolg des ersten Ingo-Thiel-Films "Ein Kind wird gesucht" wussten wir, dass wir dieses spannende Format fortzusetzen wollten. Einmal mehr galt es einen spektakulären, wahren Fall als Hintergrund zu nutzen und polizeiliche Ermittlungsarbeit so zu portraitieren, wie sie sich auch tatsächlich zuträgt. Nämlich hoch arbeitsteilig, zeitintensiv, reich an Rückschlägen, parallel zu anderen Fällen, durch persönliche Opfer und Hartnäckigkeit erkaufte Arbeitssiege der ermittelnden Beamten.

Standen uns bei "Ein Kind wird gesucht" noch die realen SOKO-Leiter Ingo Thiel, Mario Eckartz und zusätzlich die Familie Schlitter beratend zur Seite, galt diesmal mein erster Anruf dem Chefermittler i.R. Heinz Sprenger. Der als der „wahre Schimanski“ bekannte Kriminalhauptkommissar leitete damals die Ermittlungen der sogenannten "Mafiamorde von Duisburg". Seine Ermittlungen ergaben, dass die blutige Fehde zwischen den Familien Pelle-Romeo und Strangio-Nirta in dieser Hinrichtung einen grausamen Höhepunkt fand. Doch das war lediglich der schaurige Status Quo. Für Sprenger und sein Team begann an diesem Augustmorgen eine mehrmonatige Odyssee, die sie von Duisburg bis in das sagenumwobene Mafiadorf San Luca führte. Wie auch Ingo Thiel im Fall "Mirco" stellte Heinz Sprenger eine über 100-köpfige Ermittlungskommission zusammen, die von NRW aus bis tief in das kalabrische 'Ndrangheta- Netzwerk ermittelte und deren Arbeit schließlich zur Festnahme und Verurteilung der Todesschützen führte.  

Auch stimmte Heinz Sprenger zu, dass wir den Fall durch die Augen von Ingo Thiel erzählen durften. Die beiden Kommissare kannten und schätzten sich. Uns Filmemachern standen dadurch erneut perfekte Berater und Drehbuchgrundlagen zur Verfügung, die wir als Inspiration und Ideengeber nutzen konnten. Ein kurioser Teil dieser Unterlagen war zum Beispiel das riesige Schaubild, das Sprengers Leute angefertigt hatten, um die verworrenen Familienzusammenhänge zu enträtseln. Viele ‘Ndrangheta-Mitglieder trugen die gleichen Vor- und Nachnamen, gehörten aber zu verschiedenen Clans. Erst ein weit verzweigter, graphisch aufbereiteter Familienstammbaum brachte den Kommissaren und später uns eine gewisse Übersicht.

Gerade in diesen Momenten war ich froh, juristisch und forensisch versierte Autoren wie Fred Breinersdorfer und Katja Röder an Bord zu haben. Neben den beiden war es der immer stilsichere und Nuancen auslotende Regisseur Urs Egger, der die Entwicklung und später die Umsetzung von "Spur der Mörder" von Anfang an begleitete und prägte.

Dass wir den Film "Die Spur der Mörder" eines Tages tatsächlich in Kalabrien, nahe der 'Ndrangheta-Hochburgen Platì und San Luca drehen würden, hätte ich mir nicht träumen lassen. In der Frühphase der Planung gingen Urs Egger, der Kameramann Lukas Strebel und ich noch davon aus, dass wir in den Abruzzen oder in der Latium Region geeignete Drehorte fänden. Die ersten Motivsuchen vor Ort ergaben jedoch, dass es diese Ortschaften mit dieser besonderen Anmutung tatsächlich nur in Kalabrien gab.  Also nahmen wir uns ein Herz und realisierten diese Szenen genau an diesem gleichsam unheimlichen wie bedeutungsvollen Ort.

Dass sowohl Urs Egger als auch Heinz Sprenger so unvorhersehbar zwischen Drehschluss und Ausstrahlung verstorben sind, macht mich und alle anderen Projektbeteiligten unendlich traurig. Wir hätten uns so gerne vor einem Bildschirm versammelt, um diese Premiere im ZDF zu feiern. Wenn der Film nun am 30. März im ZDF läuft, bin ich in tiefer Dankbarkeit bei diesen zwei Menschen und ihren Familien.

Statement der Autoren Fred Breinersdorfer und Katja Röder

Wir sind den Ermittlern bis nach Kalabrien gefolgt, haben uns sogar in das berühmt-berüchtigte Dorf San Luca gewagt, von dem häufiger in den Medien zu lesen ist, denn dort leben seit Jahrhunderten die rivalisierenden, brutalen Mafia-Clans der ’Ndrangheta, die Kraken, die ihre Tentakel bis in die deutsche Wirtschaft und Immobilienindustrie ausstrecken, über die üblichen Drogen und Waffengeschäfte hinaus. Wir sind übrigens nicht von Kugeln durchlöchert aus San Luca zurückgekommen, wir hörten zuvor von zerschossenen Ortsschildern, weil man dort die Staatsgewalt angeblich nicht allzu sehr schätzt…. also waren wir vorsichtig.

Wir verdanken unserem Freund, dem großartigen Urs Egger, einen außergewöhnlichen Film.

Interview mit Heino Ferch

War Ihnen vor den Dreharbeiten bewusst, wie weit die 'Ndrangheta in Deutschland verbreitet ist?

Nein, das war mir nicht klar. Natürlich kenne ich diesen Klischee-Spruch, dass alle Italiener Schutzgeld bezahlen müssen, dem ich aber keine besondere Bedeutung zugemessen habe. Nach dem Film und nachdem ich mich mit der Thematik auseinandergesetzt habe, sehe ich die Dinge mit etwas anderen Augen. Da bekommt man schon eher ein Gefühl dafür, warum da so dicke Karossen vor der Tür stehen, obwohl es sich nur um eine einfache Pizzabude handelt.

Die Zusammenarbeit zwischen Ingo Thiel und der italienischen Interpol-Verbindungsbeamtin Carla Orlando ist schwierig.

Die Italiener arbeiten mit ganz anderen Parametern, schon allein deshalb, weil sie die Mafia im eigenen Land haben. Dadurch steht die italienische Polizei ständig unter Stress und erlebt einen enormen Druck in der Öffentlichkeit. In Deutschland fährt man eine völlig andere Ermittlungstaktik, hier wird viel mehr unter dem Deckel gehalten, um im entscheidenden Moment noch Asse im Ärmel zu haben. Das können sich die italienischen Kollegen nicht leisten, sie müssen maximale Transparenz zeigen, damit ihnen niemand unterstellen kann, dass sie etwas verschleiern wollen. Für einen Typ wie Thiel, der gerne alle Fäden in der Hand behält, ist das natürlich nur schwer zu akzeptieren. Ich habe immer gedacht, dass es doch möglich sein muss, sich mit zwei Telefonaten oder Mails ganz unkompliziert gegenseitig zu helfen. Aber ich musste lernen, dass es unglaublich schwer ist, länderübergreifend zusammenzuarbeiten, trotz Europa, trotz Digitalisierung. Jeder will seine Trümpfe in der Hand halten und den Erfolg dann auf seiner Karte verbuchen. Auf der einen Seite mögen wir zwar die kulturellen Unterschiede, aber eben nicht die Hürden, die sie uns in den Weg legen. Es ist ein bisschen so, wie den Kuchen zu essen und ihn dabei in der Hand zu behalten.

In einer Szene gerät Ingo Thiel mit Oberstaatsanwalt Zeller aneinander, als dieser ihm die Video-Mitschnitte der Maut-Kameras zu Fahndungszwecken aus Gründen mangelnder Verhältnismäßigkeit verweigert. Wie stehen Sie persönlich dazu?

Ich bin da hin- und hergerissen. Auf der einen Seite finden wir Videoüberwachung gut, wenn wir selbst in Schwierigkeiten sind und uns die Kameras vielleicht vor Schlimmerem retten. Und die Ermittler – wie in unserem Film – verdienen unseren Dank, dass sie quasi ihr ganzes Leben der Verbrecherjagd widmen, und natürlich sollte man ihnen bei ihren Ermittlungen maximale Freiheit geben. Doch es ist ein zweischneidiges Schwert, wo ist die Grenze zwischen Schutz und Überwachung? Wo ist die Sicherheit, dass wirklich sensibel mit den Daten umgegangen wird? Deshalb kann ich Zeller, der geltendes Recht vertritt, verstehen. Gut ist, dass so ein ausdauernder Bollerkopp wie Thiel es dann trotzdem schafft, die rechtlichen Bedingungen einzuhalten und zum Fahndungserfolg zu kommen.

Sie haben auch in Kalabrien, dem Ursprung der 'Ndrangheta, gedreht. Wie haben Sie das empfunden?

Eine knappe Woche vor Drehbeginn in Kalabrien gab es diese großangelegte Razzia gegen die 'Ndrangheta in insgesamt vier Ländern und auch in NRW mit zig Verhaftungen. Nicht unbedingt das beste Timing, wenn man einen Anti-Mafia Film in Kalabrien drehen will. Da waren wir schon alle etwas nervös und hatten einen großen Respekt. Die italienische Service-Produktion hat für Sicherheit gesorgt und vor Ort auch mit den Leuten kommuniziert, die sich für unsere Arbeit interessiert haben. Letztlich denke ich aber, die 'Ndrangheta hat andere Probleme, als sich mit einem deutschen Filmteam zu beschäftigen.

Welche Eindrücke haben Sie von dem Dreh in Kalabrien mitgenommen?

Vor allem ist mir die Verwahrlosung der Region extrem ins Auge gefallen. Da sind ganze Straßenzüge verrottet und voller tiefer Schlaglöcher, die Müllentsorgung funktioniert überhaupt nicht. Straßenschilder mit Einschusslöchern, so wie man sie in unserem Film sieht, habe ich wirklich gesehen. Die Mafia greift das ganze Geld ab, da bleibt nichts für die Kommune übrig. Einzig der Blick auf den Ätna, wenn Du auf dem Balkon stehst, ist wirklich malerisch.

Mitte Januar verstarb Regisseur Urs Egger. Welche Erinnerung verbinden Sie mit ihm?

Urs Egger war jemand, der durch die Sachen durchgeht, ein echter Steher. Cineastisch besessen, wenn er einen Tag geleitet hat, wurde viel gelacht, und man hatte nie das Gefühl, dass ihm etwas egal war. Er hat immer gebrannt, mit jedem Moment, jeder Situation gerungen, er hatte Lust auf jedes Bild, auf jede neue Szene. Urs war immer der dünne, lange Mann mit Tolle, Zigarette und Drehbuch unter dem Arm, immer im Gespräch. Er saß nie irgendwo rum, er hatte immer etwas zu besprechen, vor allem mit seinem Kameramann Lukas Strebel. Wie zwei besessene Jungs, die wie Spürhunde gerochen haben, ob noch was geht. Urs hatte die Haltung: "Anything goes".

Interview mit Verena Altenberger

Wer ist Ihrer Figur Carla Orlando?

Carla Orlando ist eine junge Ermittlerin, die bei Interpol in Rom arbeitet. Schon ihr Vater war Polizist, und Carla träumt davon, in Süditalien gegen die Mafia zu kämpfen. Dabei verfolgt sie allerdings vor allem persönliche Ziele. Carla ist hart, vertraut anderen nur schwer und ist vorsichtig.

Dem Film liegt ein wahrer Fall zugrunde. Hat dieses Bewusstsein Einfluss auf Ihre Arbeit als Schauspielerin?

Ich finde, wahre Geschichten erfordern immer noch ein kleines Stück mehr Verantwortung als rein fiktive Stoffe. Zu meiner Carla Orlando muss allerdings gesagt werden, dass sie der Geschichte hinzugefügt und nicht einer echten Ermittlerin nachempfunden wurde.

Sie haben auch in Kalabrien gedreht.

Vor allem bin ich nachhaltig beeindruckt von dieser wunderschönen Gegend und den offenen Menschen. Ich habe so viel schöne Natur, so verzauberte Bergdörfer gesehen. Und viele spannende Stories gehört. Die Statistinnen haben Marie-Lou Sellem und mich in den Wartepausen mit Geschichten über alte Klöster und verflossene Liebschaften versorgt. Und ganz nebenbei in Massenszenen wie der Beerdigung eines Familienmitglieds mit viel Leidenschaft und Tränen an die Wand gespielt (lacht).

Carla wird bei den Ermittlungen einige Male heftig von Kommissar Thiel angegriffen. Was macht die Zusammenarbeit teilweise so schwierig?

Carla vertraut aufgrund ihres Berufs und ihrer Erfahrung nicht so schnell. Sie prüft vorher genau, wem sie welche Informationen zukommen lässt, wem sie wie viel und was erzählt. Das ist Ingo Thiel so nicht gewohnt, und es bringt ihn auf die Palme. Und weil die Situation nun mal eine schwierige ist, liefert Carla in den Augen von Ingo nicht richtig ab – das verstärkt den Stress zwischen den beiden. Es fehlt das gegenseitige Verständnis für die unterschiedlichen Arbeitsweisen, auch ganz generell der deutschen und italienischen Polizei. Aber die beiden raufen sich zusammen und ziehen letztendlich an einem Strang. Und es muss noch gesagt werden: So schwierig die Zusammenarbeit zwischen Carla und Ingo ist, so entspannt war sie zwischen Heino und mir.

Als „Mafia-Jägerin“ lebt Ihre Figur Carla in ständiger Gefahr. Können Sie persönlich nachvollziehen, warum sich eine junge Frau dieser Gefahr freiwillig aussetzt?

Carla kämpft für ihre Familie, für sich, für Anerkennung, dafür, ihre Welt sicherer zu machen. Und dafür muss sie alles riskieren. Ein Leben, in dem sie nicht gegen die Mafia kämpft, die ihrer Familie schon so viel Leid zugefügt hat, kommt für sie ganz einfach nicht in Frage. Eine Frau, die kompromisslos dafür kämpft, ihr Ziel zu erreichen – ja, das kann ich nachvollziehen.

 

Die Interviews führte Karoline van Baars.

Audio-Interview mit Heino Ferch

Im Zusammenhang mit der Sendung sind die O-Töne verwendbar - bitte klicken Sie für die mp3-Datei hier.

 

Transkription:

(Anmoderation:
„Nach einer wahren Begebenheit“ – jedes Mal, wenn ein Krimi mit diesen Worten anfängt, läuft den meisten Zuschauerinnen und Zuschauern ein eiskalter Schauer über den Rücken. So auch beim Fernsehfilm „Die Spur der Mörder“ am 12. Oktober im ZDF. Basierend auf dem wahren Fall der Mafiamorde von Duisburg im Jahr 2007, kehrt Heino Ferch als SOKO-Chefermittler Ingo Thiel zurück. Der 90-Minüter war einer der letzten Filme, den Regisseur Urs Egger vor seinem Tod inszeniert hat. Er beginnt mit der Ermordung eines italienischen Restaurantbesitzers, der nachts von zwei Männern auf offener Straße erschossen wird. Das ruft sofort Ingo Thiel und sein Team auf den Plan, doch kaum haben die Ermittlungen begonnen, wird er mit einer Kollegin von Interpol konfrontiert. Der Fall zieht internationale Kreise und Ingo Thiel findet sich schnell zwischen den Fronten eines erbitterten Familienkrieges zweier Mafia-Clans wieder.

Wir haben mit Heino Ferch über den Film, die schrecklichen Mafiamorde von Duisburg, die besonderen Herausforderungen einer solchen Geschichte und Chefermittler Ingo Thiel gesprochen)

 

1. Herr Ferch, der Film basiert auf den Mafiamorden von Duisburg aus dem Jahr 2007. Ein True-Crime-Movie also. Welche Herausforderungen verbergen sich für Sie als Schauspieler hinter Geschichten, die auf wahren Begebenheiten basieren?

Die Herausforderung ist, mit der Figur, die ich verkörpere und auch der Geschichte, mit der wir an den Start gehen, so authentisch, ehrlich und aufrichtig wie möglich durch die Geschichte zu gehen. Dass die Zuschauer, wenn es um True Crime geht und einen Menschen, der noch lebt – Thiel lebt ja noch, er ist mitten im Saft und ist Ermittler nach wie vor – am Ball bleiben. Dass wir etwas haben, wo wir sagen: ‚So ist es gewesen und das sind die Eckpfeiler, das sind die Herausforderungen, die diese Männer bewältigen.‘ Am Ende des Tages ist das ein sehr dankbarer Job, den die für uns machen, dass sie einfach nicht lockerlassen, bis sie am Ende, am Ziel dessen sind, was sie erreichen wollen. (0:40)

 

2. Sie spielen im Film SOKO-Chefermittler Ingo Thiel. Den echten Ermittler Ingo Thiel haben Sie schon vor längerer Zeit kennengelernt. Inwiefern hat Ihnen das weitergeholfen?

In meinem Fall hatte ich großes Glück mit Ingo Thiel, der uns, den Autoren und mir als Schauspieler mit Rat und Tat, mit viel Geschick und Informationen zur Seite steht. Wir kennen uns jetzt seit ein paar Jahren, seit der ersten Begegnung für den Fall Mirko, den wir gemacht haben. Es gab mehrere Treffen, es gab großen Informationsaustausch. Ich hatte genug Gelegenheit Ingo zu studieren, zu sehen, was für ein Typ das ist, was er für markante Sachen hat. Wie geht der in so eine Geschichte rein? Wie ist der als Ermittler? Wie stur und wie konsequent und wie gnadenlos und ausdauernd vor allem er ist, konnte ich sehr plastisch und live einfach miterleben. Also die sind besessen von ihrem Beruf. (0:40)

 

3. Können Sie sich noch an Ihr erstes Treffen mit ihm erinnern? Wie hat er auf Sie gewirkt?

Er ist ein wahnsinnig witziger Hund. Er ist ein kräftiger Mann, ein Packer, ein richtiger Packer, der Kettenraucher ist. Der auch Jahre, nach dem die Fälle passiert sind, und wir das erste Mal das Ganze fiktional aufarbeiten und mit ihm an der Seite die größtmögliche Authentizität versuchen herzustellen. Jemand der glüht und brennt, für das was ihn getrieben hat, was ihn bewegt hat und was ihn die ganze Zeit begleitet hat. Diese Versprechen, was er beim ersten Film – der Fall Mirko – den Eltern gegeben hat: ‚Ich finde euren Jungen. Ich komme nicht zurück, ohne zu sagen, ich weiß, was passiert ist.‘ (0:38)

 

4. Wie haben Sie denn die Mafiamorde in Duisburg damals 2007 mitbekommen oder verfolgt?

Der Einstieg in das Thema ist durch die Dreharbeiten gewesen. Und verrückterweise, als wir in der zweiten Drehwoche waren, ist eine Riesen-Razzia in NRW, Bayern, Baden-Württemberg und Norditalien, glaube ich, zu exakt diesem Thema gewesen. Und da ging uns kurz der Stift, weil wir wussten, dass wir in der fünften Drehwoche in Kalabrien vor Ort drehen werden. Dass wir den letzten Akt dieses Films original unten dort produzieren werden und mit einem Team da unten sind. Da habe ich schon gedacht: ‚Na, ist das eine gute Idee, jetzt, wo 400 Ermittler so auf den Busch hauen und versuchen, das Wild aus dem Unterholz zu scheuchen?‘ Das war erst einmal eine von etwas Unsicherheit geprägte Situation, die dann aber da unten überhaupt kein Problem gewesen ist, als wir vor Ort waren. (0:42)

 

5. Die „taz“ bezeichnete Sie mal als Allzweckwaffe für Kriminalfälle und Sie spielen offenbar auch gerne in Krimis. Aber schauen Sie privat überhaupt welche?

Ja. Doch, doch, ich gucke auch, ja, ja. Ich schaue auch, was die Kollegen machen. Ich spiele gerne Krimis. Ich bin jetzt gerade, ich rufe Sie aus Prag an, ich bin mit dem vierten Roman von Suter, ‚Allmen und die Erotik‘ beschäftigt. Das sind – die Süddeutsche schrieb einmal – Dandy Detectives. Das ist auch eine Art von Crime, aber auf einer sehr eleganten, Kunst-Sujet, Anything Goes, King-Top-Variante. (0:26)

 

6. Was macht Krimis und True Crime Ihrer Ansicht nach so attraktiv für das Publikum?

Die Schwächen, die Abgründe von menschlichem Handeln in dem Fall, sind etwas, was so menschlich ist, was uns alle betrifft. Keiner von uns weiß, wenn er um die nächste Ecke geht, ob er in eine Situation kommt, in der er aus Not etwas macht, das er vorher nie gewusst hätte oder gedacht hätte zu tun, weil man sich oder vielleicht seine Kinder schützen muss. Etwas, was wir alle nicht wissen. Es kann jeden von uns jeden Tag aus heiterem Himmel treffen und das ist da, was so nah an uns dran ist und was wir, glaube ich, alle auch gerne schauen, oder zuschauen. Wie kommen Menschen dazu, dass sie das machen, was sie machen? Das ist der Erfolg von Crime, weshalb so viele Filme und Serien produziert werden, die das zum Thema haben. (0:47)

 

(Abmoderation:
Heino Ferch im Interview. Die Mafiamorde von Duisburg inspirierten das Autorenduo Fred Breinersdorfer und Katja Röder sowie Regisseur Urs Egger zum packenden Thriller „Die Spur der Mörder“, zu sehen am Montag, 12. Oktober um 20 Uhr 15 im ZDF.)

 

Das Interview führte all4radio, Lydia Bautze-Ortlieb.

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