Geschichte der Liebe

​​​​​​​Fünfteilige Dokureihe von Christoph Weber

Liebe, Lust und Leidenschaft sind so alt wie die Menschheit selbst und prägen seit jeher die Beziehungen zwischen Mann und Frau. Doch welchen Einfluss haben Liebe und Sex auf den Lauf der Geschichte? Die ZDFinfo-Dokureihe blickt auf die "Geschichte der Liebe" von der Steinzeit über die Antike, das Mittelalter, die frühe Neuzeit bis in die Gegenwart. Sie gibt intime Einblicke und zeigt kulturelle Entwicklungen, die die Menschen damals wie heute prägen.

  • ZDF Mediathek, ab Montag, 16. September 2024, 5.00 Uhr
  • ZDF info, Samstag, 21. September 2024, ab 20.15 Uhr

Texte

Folgentitel und Termine

ZDFmediathek: ab Montag, 16. September 2024, 5.00 Uhr
ZDFinfo: Samstag, 21. September 2024, ab 20.15 Uhr
Geschichte der Liebe
Fünfteilige Dokureihe von Christoph Weber

ZDFinfo: Samstag, 21. September 2024, 20.15 Uhr
Geschichte der Liebe: Liebe in der Steinzeit (1/5)

ZDFinfo: Samstag, 21. September 2024, 21.00 Uhr
Geschichte der Liebe: Sex und Macht (2/5)

ZDFinfo: Samstag, 21. September 2024, 21.45 Uhr
Geschichte der Liebe: Sündige Lust (3/5)

ZDFinfo: Samstag, 21. September 2024, 22.30 Uhr
Geschichte der Liebe: Macht der Gefühle (4/5)

ZDFinfo: Samstag, 21. September 2024, 23.15 Uhr
Geschichte der Liebe: Sexuelle Befreiung (5/5)

Stabliste (Auswahl)

Series Producer       Christoph Weber
Drehbuch                 Christoph Weber, Miguel Kaluza, Heike Sperling, Dennis Koppetsch
Regie                       Thomas Langelage, Robert Wiezorek, Miguel Kaluza, Christoph Weber
Kamera                    Dieter Stürmer, Oliver Middleton u. a.
Schnitt                     Kawe Vakil, Jan Stefan Kolbe
Produktion               Doris Offermann (taglicht media), Sina Eckardt (ZDFinfo)
Recherchen             Sina Klaus, Kasimir Marks
Archiv Producer       Céline Deligny, Carmen Boles
Produzenten            Bernd Wilting, Uli Veith (taglicht media)
Redaktion                Annette Harlfinger, Christoph Pöthke
Sendelänge             5 x circa 45 Minuten

Über die Reihe "Geschichte der Liebe"

Liebe, Lust und Leidenschaft sind so alt wie die Menschheit selbst und prägen seit jeher die Beziehungen zwischen Mann und Frau. Doch welchen Einfluss haben Liebe und Sex auf den Lauf der Geschichte? Die ZDFinfo-Dokureihe blickt auf die "Geschichte der Liebe" von der Steinzeit über die Antike, das Mittelalter, die frühe Neuzeit bis in die Gegenwart. Sie gibt intime Einblicke und zeigt kulturelle Entwicklungen, die die Menschen damals wie heute prägen. 
Mithilfe von Spielszenen und Interviews mit führenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern beleuchtet die Dokureihe die sich ständig wandelnden Dynamiken und Machtstrukturen der Liebe.

Inhalt der Folgen

"Liebe in der Steinzeit" (1/5)

Hatte in den Höhlen der Steinzeit nicht jeder mit jedem Sex? Tatsächlich zeigen neue Forschungen, dass schon die frühen Vorfahren des Menschen feste Paarbeziehungen bevorzugen. Doch als aus Jägern und Sammlern sesshafte Ackerbauern und Viehzüchter werden, ändert sich das gleichberechtigte Verhältnis der Geschlechter. Männer verteidigen den Besitz, Frauen werden in die Mutterrolle gedrängt. Ist das der Beginn des Patriarchats? Mit der Sesshaftigkeit häufen die Menschen auch Besitz und Eigentum an. Die Kontrolle über ein Stück Land entscheidet fortan über das Wohlergehen einer ganzen Sippe. Und da vor allem Männer den Besitz schützen, wächst ihr gesellschaftliches Ansehen. Auch körperliche Unterschiede spielen nun eine viel größere Rolle. Die Folge: Frauen gelten fortan als Besitz ihres Ehemannes.
Auch die monogamen Beziehungen gewinnen an Bedeutung. Nur so stellt das männliche Familienoberhaupt sicher, dass es tatsächlich der biologische Vater der Nachkommen ist. Als die Männer schließlich dazu übergehen, den Besitz nur noch an die eigenen Söhne zu vererben, geraten die Frauen in eine immer größere wirtschaftliche Abhängigkeit.
Untreue hingegen ist für Männer kein Tabu. Je größer ihr Einfluss, desto mehr sexuelle Freiheiten nehmen sie sich heraus. In der Jungsteinzeit soll es sogar Fälle von "Brautraub" geben: Andere Stämme werden überfallen und deren Frauen verschleppt, um mit ihnen Kinder zu zeugen. Fügen sich die Frauen in ihr Schicksal, kommt es zu brutalen Racheaktionen, bei denen zahlreiche Frauen, Männer und Kinder sterben.

"Sex und Macht" (2/5)

Ob in Ägypten, Griechenland oder im Römischen Reich: Der Siegeszug des Patriarchats scheint unaufhaltsam, die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern verfestigt sich. Während Männer die gesellschaftlichen Spielregeln in der Antike bestimmen, bringen Frauen die Kinder zur Welt und kümmern sich um Erziehung und Haushalt. Im Mittelpunkt stehen dabei meist die wirtschaftlichen und politischen Interessen der Familie.
Ehen werden in der Antike fast immer von den Familien arrangiert, die Gefühle der Brautleute müssen sich dem oft unterordnen. Vor allem im antiken Griechenland und im Römischen Reich wird zudem von den Töchtern erwartet, als Jungfrau in die Ehe zu gehen. Söhne hingegen werden angehalten, schon vor der Hochzeitsnacht viele sexuelle Erfahrungen zu sammeln. Diese ungleichen Voraussetzungen machen den Eintritt in die Ehe für viele Frauen in dieser Zeit zu einer mitunter traumatischen Erfahrung.
In den meisten Ehen besteht die Hauptaufgabe der Frau darin, ihrem Mann viele Kinder zu gebären und diese großzuziehen. Dieses Verständnis einer ehelichen Beziehung wird im antiken Rom schließlich zur staatsbürgerlichen Pflicht. Der Grund: Nur eine hohe Geburtenrate garantiert den dringend benötigten Nachwuchs für das römische Heer. Denn die Macht des römischen Weltreichs beruht vor allem auf der Stärke seiner Legionen.
Erst mit zunehmendem Wohlstand in der Spätphase der römischen Republik nimmt die Geburtenrate ab. Kaiser Augustus versucht, dem mit strengen Ehe- und Sittengesetzen entgegenzuwirken. Er verspricht Ehepaaren finanzielle und gesellschaftliche Vorteile, wenn sie fleißig Nachwuchs zeugen. Gleichzeitig lässt er Kinderlosigkeit und Ehebruch bestrafen. Doch seine Gesetze erweisen sich als Fehlschlag. Die meisten Römerinnen und Römer wollen sich nicht vorschreiben lassen, wen und wie sie zu lieben haben. Und auch nicht, wie viele Kinder sie bekommen sollen.

"Sündige Lust" (3/5)

Im Mittelalter erklärt die Kirche die Lust zur Sünde. Ihre Botschaft: Wer sich körperlichen Begierden hingibt, kommt in die Hölle. Ausgenommen ist nur der eheliche Sex zur Fortpflanzung.
Doch die Lustfeindlichkeit der katholischen Kirche geht am Alltag der Bevölkerung vorbei. Mittelalterliche Bußbücher belegen, dass Menschen immer wieder gegen die kirchliche Sexualmoral verstoßen und ihre Vergehen entsprechend bestraft werden. Ein wirklich gottgefälliges Leben gelingt im Mittelalter nur wenigen. Besonders Nonnen und Mönche gelten deshalb als leuchtende Vorbilder. Beim Eintritt ins Kloster geloben sie, enthaltsam zu leben. Das Problem: Nicht selten werden Geistliche bei sexuellen Handlungen innerhalb der Klostermauern erwischt und vom Abt oder der Äbtissin hart bestraft.
Auch deshalb beschließt die Kirche im Hochmittelalter die Einführung des Zölibats. Hinter dem Gelübde der Ehelosigkeit stehen aber nicht nur religiöse Erwägungen, sondern auch handfeste materielle Interessen. Denn wenn ein Priester keine eigenen Kinder hat, fällt sein Erbe automatisch an die Kirche. Das steigert deren Reichtum und Einfluss enorm. Die Folge: Die christliche Kirche wird zu einem immer größeren politischen Machtfaktor.
Gleichzeitig werden die Vorschriften, mit denen die Kirchenvertreter versuchen, das Liebesleben der Menschen in fromme Bahnen zu lenken, immer strenger: Ehen werden nur noch von Priestern geschlossen, Scheidungen nur noch in Ausnahmefällen zugelassen. Homosexualität lehnt die Kirche strikt ab und verweigert Prostituierten ein würdiges Begräbnis. Eine erstaunliche Doppelmoral, betreiben doch einige Bischöfe selbst Bordelle.

"Macht der Gefühle" (4/5)

Mit dem Aufstieg des Bürgertums nimmt auch der Siegeszug der romantischen Liebe seinen Lauf. Nun entscheiden Gefühle über die Partnerwahl, die arrangierte Zweckehe verliert an Bedeutung. Auch der Staat mischt sich nicht mehr in das Liebesleben der Menschen ein. Was im Schlafzimmer passiert, geht niemanden mehr etwas an. Doch die kirchlichen Sittenwächter wollen sich damit nicht abfinden und bekämpfen die Idee der sexuellen Freiheit.
Im 18. Jahrhundert findet in Großbritannien die erste sexuelle Revolution statt. Vor allem in den Städten beginnen die Menschen, ihre Lust auszuleben. Sie lassen sich dabei auch von pornografischen Schriften inspirieren, die nun in immer größerer Zahl gedruckt werden. Vor allem in den Bordellen können Männer Sex in allen erdenklichen Formen kaufen. Kirche und Staat dulden die Prostitution als notwendiges Übel. Die Theorie: Sie diene als Ventil für den männlichen Sexualtrieb, der sonst zur Vergewaltigung "anständiger" Frauen führen würde. Aus diesem Grund dürfen Bordelle ebenso offen betrieben werden wie sogenannte Herrenklubs, in denen Männer der Oberschicht gemeinsam masturbieren. Den Frauen hingegen bleibt der Zugang zu den neuen sexuellen Freiheiten verwehrt.
Erst die Aufhebung der Standesgrenzen nach dem Ende der Französischen Revolution 1799 führt dazu, dass Menschen aus unterschiedlichen sozialen Schichten miteinander in Kontakt kommen und bisherige gesellschaftliche Grenzen infrage stellen. Im Laufe des 19. Jahrhunderts lassen sich immer weniger Menschen von der Gesellschaft vorschreiben, wen sie zu lieben und zu heiraten haben. Doch das Recht auf freie Partnerwahl hat auch Grenzen. Denn: Für Homosexuelle gilt es nicht.

Sexuelle Befreiung (5/5)

Das 20. Jahrhundert gilt als Epoche der sexuellen Freiheit, in der moralische Tabus gebrochen und Rechte für sexuelle Minderheiten erkämpft werden. Aber stimmt das?
Wegbereiter eines neuen Verständnisses von Sexualität ist Sigmund Freud. Mit seinen Arbeiten löst er zu Beginn des 20. Jahrhunderts einen Skandal aus. Vor allem seine These, dass Sexualität die Triebfeder allen Handelns sei, schockiert die Gesellschaft.
Auch der Arzt Magnus Hirschfeld setzt sich für sexuelle Aufklärung ein. Erfolglos kämpft er im Deutschen Kaiserreich für die Abschaffung des Paragrafen 175, der Homosexualität als "widernatürliche Unzucht" unter Strafe stellt. Dafür gründet er 1919 in Berlin das weltweit erste Institut für Sexualwissenschaft. Zur gleichen Zeit fordert die Krankenschwester Margaret Sanger in den USA das Recht auf Abtreibung und muss sich für ihr Engagement immer wieder vor Gericht verantworten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg gibt Sanger den Anstoß zur Entwicklung einer wirksamen Antibabypille. Sie ist überzeugt, dass ohne eine zuverlässige Verhütungsmethode die Selbstbestimmung der Frau nicht verwirklicht werden kann. Damit ebnet sie den Weg für die sexuelle Revolution der 1960er- und 1970er-Jahre. Diese stellt nicht nur traditionelle Normen infrage, sondern wird auch zum Nährboden für soziale Bewegungen, die sich für die Gleichberechtigung der Geschlechter und die Rechte von Minderheiten einsetzen.
Eine liberale Gesetzgebung ermöglicht es heute immer mehr Menschen, ihre Sexualität so auszuleben, wie sie es für richtig halten. Technische Entwicklungen wie das Internet und Dating-Apps tragen dazu bei, dass unterschiedliche Beziehungsformen gelebt und vielfältige sexuelle Erfahrungen gemacht werden können. Doch trotz aller Fortschritte gibt es nach wie vor gesellschaftliche Widerstände und rechtliche Barrieren, die verhindern, dass alle Menschen lieben können, wen und wie sie wollen.

O-Töne von Expertinnen und Experten

Aus: "Liebe in der Steinzeit" (1/5)

Dr. Matilda Brindle, Evolutionsbiologin, über "das Paarungssystem des Menschen":
"Wir finden beim Menschen vor allem polygame oder monogame Paarungssysteme. Das heißt, entweder hat ein Männchen mit nur einem Weibchen Sex oder mit einer festen Gruppe von Weibchen. Dabei gibt es aber keine große Konkurrenz um die Weibchen. Das ist das Paarungssystem des Menschen."

Dr. Tamás Dávid-Barrett, Evolutionsbiologe und Verhaltensforscher, über das Liebesverhalten in der Steinzeit:
"Leider wissen wir nicht genau, wie sich die Menschen damals verhalten haben. Aber Vergleiche mit heutigen Jäger-und-Sammler-Gesellschaften sind hilfreich. Dort leben die Menschen in Primärbeziehungen. Das heißt, es gibt zwei Menschen, die ineinander verliebt sind und zusammen bleiben. Manchmal suchen sie sich aber auch einen zweiten Partner oder wechseln sogar den Hauptpartner und verlieben sich neu. Das ist wahrscheinlich das Grundmuster unserer Spezies."

Prof. Steven Churchill, Evolutionärer Anthropologe, über Frauen in der Steinzeit:
"Es ist falsch zu glauben, dass Frauen gar nicht gejagt haben. Sie jagten nur anders als die Männer. Weil sie stillen mussten, waren sie viel mit der Betreuung des Nachwuchses beschäftigt. Das erschwerte die Teilnahme an der Großwildjagd."
"Die Last der Kinderaufzucht führte dazu, dass Frauen Partner suchten, die bereit waren, bei Pflege und Versorgung der Kinder mitzuhelfen."

Dr. Janina Ramirez, Kulturhistorikerin, über Folgen der zunehmenden Sesshaftigkeit:
"Die neolithische Revolution veränderte das Verhältnis der Geschlechter zueinander. Als mehr Menschen sesshaft wurden und die Nahrungsmenge zunahm, stabilisierten sich die Verhältnisse. Frauen wurden häufiger schwanger und bekamen mehr Kinder. Am Ende lief es darauf hinaus, dass Männer die Arbeit außerhalb des Hauses verrichteten, während die Frauen bei den Kindern blieben."

Dr. Tamás Dávid-Barrett, Evolutionsbiologe und Verhaltensforscher, über die Geburtsstunde des Patriarchats:
"Hierarchien konnten sich nur entwickeln, weil es plötzlich so viele Menschen gab. Die meisten Jäger und Sammler haben gleichberechtigt zusammengelebt. Erst mit dem Ackerbau wurden ihre Gesellschaften hierarchisch. Und innerhalb dieser Hierarchien gab es Menschen, die es leichter oder schwerer hatten. An der Spitze standen mit ziemlicher Sicherheit Männer, und die hatten es leichter. Sie kontrollierten die Ressourcen und nutzten sie zu ihrem Vorteil. Das war die Geburtsstunde des Patriarchats."

 

Aus: Sex und Macht (2/5)/Antike

Dr. Kate Lister, Sexualhistorikerin, über Verhütungsmittel im alten Ägypten:
"Wie kann man Sex haben, ohne schwanger zu werden? Die alten Ägypter hatten dazu einige Ideen. Der Papyrus berichtet von einer Mischung aus Krokodilkot und Honig, die vor dem Sex in die Vagina eingeführt werden sollte."

Dr. Janina Ramirez, Kulturhistorikerin, über die politische Relevanz von Geburtenkontrolle für Platon und Aristoteles:
"Platon und Aristoteles betrachteten den Staat als einen Organismus. Er durfte weder zu groß noch zu klein sein. Und jeder Teil des Organismus spielte eine wichtige Rolle. Damit die Gesellschaft optimal funktionieren konnte, sollte sie kontrolliert werden – zum Beispiel durch Geburtenkontrolle."

Dr. Janina Ramirez, Kulturhistorikerin, über Hippokrates medizinische Empfehlung der Ehe:  
"Ich denke, wir können uns auch bei Hippokrates für die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern bedanken. Er war der Meinung, das einzige Mittel gegen Hysterie sei, Frauen regelmäßig mit männlichen Samen zu versorgen. Und das ging natürlich am besten, wenn sie verheiratet waren und regelmäßig Sex mit ihrem Mann hatten. (…) Und genau diese Vorstellung hat sich über Jahrtausende gehalten."

Dr. Darius Arya, Archäologe, über den Zweck der Ehe im alten Rom:
"Die Ehe sicherte die Fortpflanzung. Es ging um das Wohl des ganzen Staates. In der Geschichte Roms war es wichtig, viele Männer zu zeugen, die dann in der Armee dienen konnten."

Dr. Janina Ramirez, Kulturhistorikerin, über weibliche Sexualität im alten Rom:
"In der römischen Welt galt der Mann als kräftig und dominant. Wenn wir versuchen, uns vorzustellen, wie eine Frau vor 2000 Jahren Sex erlebt hat, können wir nur spekulieren. Wahrscheinlich war das erste Mal nicht unbedingt eine schöne Erfahrung. Und es gibt durchaus Berichte über Vergewaltigungen in den Texten und in der Mythologie des alten Roms."

 

Aus: Sündige Lust (3/5)/Mittelalter

Prof. Faramerz Dabhoiwala, Historiker, über Kirche und Sexualität im Mittelalter:
"Für die Kirche waren die Triebe der Menschen gefährlich, denn sie trennten sie von Gott und dem Spirituellen. Die Kirche musste sie also zu einem Verhalten motivieren, das gottgefällig war. Und Sex war ein sehr wichtiger Teil dieser Verhaltenskontrolle. Die Idee, dass man umso reiner ist, je weniger Sex man hat, rückte ins Zentrum kirchlicher Kontrolle."

Dr. Kate Lister, Sexualhistorikerin, über die Lustfeindlichkeit der Kirche:
"Jede Art von Sex, die nicht zu Nachwuchs führte, wurde unter Strafe gestellt. Dazu gehörten Oralsex, Stimulation mit den Fingern, all diese Dinge. Es galt aber auch für Männer, die Sex mit anderen Männern hatte. Das wurde Sodomie genannt und war umgangssprachlich die Bezeichnung für jede Art von Geschlechtsverkehr, bei dem es nicht um Fortpflanzung ging. Dazu gehörte auch Sex mit Tieren. Für die Kirche war eigentlich jeder Sex, bei dem es um Lustgewinn ging, unnatürlicher Sex. Und den sollten gläubige Christen nicht haben."

 

Aus: Macht der Gefühle (4/5)/Frühe Neuzeit

Dr. Janina Ramirez, Kulturhistorikerin, über Vorschriften zum Liebesleben:
"Die Kirche führte Regeln zur Monogamie ein und dass man Sex nur in der Ehe zur Fortpflanzung haben soll. Aber es geht im Leben nicht nur um das Einhalten von Regeln. Sex macht Spaß und Menschen werden immer auf der Suche nach sexuellen Abenteuern sein – egal, was von oben verordnet wird."

Prof. Thomas Kaufmann, Kirchenhistoriker, über Luther als Gegner des Zölibats für Priester:
"Luther sah im Zölibat, eine Lebensform, die der menschlichen Natur widerspricht. Es gibt Menschen, die keinerlei körperliche sexuelle Bedürfnisse haben, die mögen keusch leben, aber einen ganzen Stand dazu zu verpflichten, geht nicht an. Und er war über viele Jahre Bewohner eines Klosters und wusste auch, dass dieses System der katholischen Sexualmoral letztlich auf Verlogenheit basiert, es also permanent durchbrochen und unterlaufen wird."

Dr. Janina Ramirez, Kulturhistorikerin, über die Grundlage der Ehe:
"Für den Großteil der Gesellschaft war die Ehe nicht mit Liebe oder tieferen Gefühlen verbunden, im Gegenteil. Ehen wurden arrangiert, meist aus politischen oder wirtschaftlichen Gründen. Es kam sogar vor, dass sich die Eheleute am Hochzeitstag zum ersten Mal begegneten."

Prof. Faramerz Dabhoiwala, Historiker, über ein sich langsam veränderndes Selbstverständnis in Sachen Sexualität:
"Die Menschen begreifen, dass Sex etwas Natürliches ist. Die Vorstellung, mit seinem Körper tun und lassen zu können, was man will, solange man niemand anderem schadet, wird zum Kern unserer Vorstellung von sexueller Freiheit. Diese Entwicklung beginnt im 18. Jahrhundert."

 

Aus: "Sexuelle Befreiung" (5/5)/Moderne

Dr. Kate Lister, Historikerin, über die Verbreitung von Kondomen seit dem Ersten Weltkrieg:
"Der Erste Weltkrieg hat eine ganze Generation von jungen Männern und Frauen mit Kondomen vertraut gemacht. Und das hat sich fortgesetzt. Wenn man einmal weiß, dass man Sex haben kann, ohne das Risiko eine Geschlechtskrankheit zu bekommen, ist das eine sehr gute Sache."

Prof. Annette Timm, Historikerin, über Ergebnisse des Sexualforschers Alfred Charles Kinsey (1894‒1956):
"Kinsey konnte statistisch nachweisen, dass es weit mehr gleichgeschlechtlichen Sex gab als bisher angenommen. Sein Buch über männliche Sexualität wurde zu einer Sensation. Die Menschen waren schockiert und wollten nicht glauben, dass es einen so hohen Anteil von Männern gab, die zwar nicht unbedingt längere Beziehungen mit Männern hatten, aber trotzdem gleichgeschlechtlichen Sex."

Prof. Annette Timm, Historikerin, über die Datierung der sexuellen Revolution:
"Wir sagen zwar, dass die sexuelle Revolution in den Sechzigern stattfand. Aber das war erst der Anfang. Erst in den 1970ern begann sich das Verhalten wirklich zu verändern."

Dr. Rainer Herrn, Medizinhistoriker, über Folgen der AIDS-Politik:
"Eines der für mich, der diese ganze Zeit ja miterlebt hat, unerwarteten Ergebnisse ist, dass im Endeffekt die AIDS-Politik auch allgemein zu einer größeren Liberalisierung der Gesellschaft gegenüber sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten geführt hat."

Dr. Janina Ramirez, Kulturhistorikerin, über die Gegenwart:
"Wir befinden uns mitten in der neosexuellen Revolution. Dabei geht es um die Erforschung aller Aspekte der Sexualität, alle Arten von Fetischen und sexuellen Neigungen. Diese Revolution hat sich weit über die Vorstellung von homo- und heterosexuellen Beziehungen hinaus auf das gesamte sexuelle Spektrum ausgedehnt."

Dr. Kate Lister, Historikerin, über ein "sexuelles Utopia":
"Als Sexualhistorikerin werde ich oft gefragt, ob es in der Geschichte eine Zeit gab, in der alles perfekt war. Gab es je ein sexuelles Utopia, in dem wir alle nackt am Lagerfeuer saßen und jeder einfach Spaß hatte? Nein, das gab es nicht. Aber ich glaube, heute kommen wir dem am nächsten. Ich hoffe, dass wir an einen Punkt kommen, an dem wir Sex einfach nur genießen, solange niemand verletzt wird."

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