Helen Dorn - Der kleine Bruder

Bei einem Amoklauf an einer Stadtteilschule in Wilhelmsbug stirbt der Amokläufer Rocco Burhan unter mysteriösen Umständen. Helen Dorn sucht nach dem Täter und den Hintergründen. Erst als Helen sich in ihre vermeintliche Niederlage fügt, erkennt sie, worum es bei dem Fall wirklich geht, und was für alle Beteiligten auf dem Spiel steht. Die Folge ist bereits eine Woche vor der Ausstrahlung in der ZDFmediathek verfügbar.

  • ZDF, Samstag, 21. Oktober 2023, 20.15 Uhr
  • ZDF Mediathek, Ab Samstag, 14. Oktober 2023, 10.00 Uhr, für ein Jahr

Texte

Stab

Buch Friedemann Fromm  
Schnitt Richard Krause  
Kamera Heinz Wehsling  
Kostüme Nana Kolbinger  
Musik Christoph Zirngibl  
Producer nicht vorhanden  
Regie Friedemann Fromm  
Szenenbild           Thomas Freudenthal  
Ton Thomas Thutewohl

Besetzung

Helen Dorn Anna Loos  
Richard Dorn Ernst Stötzner  
Weyer Tristan Seith  
Dr. Isabella Alighieri            Nagmeh Alaei  
Nedjo Kristic Stipe Erceg  
Denniz Burhan Dominik Ganser  
Abedi Elemide           Carla Njine  
Deon Elemide Yalany Marschner  
Marie Reinhard Anica Dobra  
Ljili Burhan Simonida Selimović  
Rocco Burhan Marco Valero  
Melih Hadad Kerem Can  
Aadish Naifeh Eray von Egilmez  
Dr. Ruth Kiefer Bettina Stucky  
und andere

 

Inhalt

Bei einem Amoklauf an einer Stadtteilschule in Wilhelmsbug stirbt der Amokläufer Rocco Burhan unter mysteriösen Umständen. Helen Dorn sucht nach dem Täter und den Hintergründen. Sie dringt tief ein in die unübersichtliche und aufgeheizte Stimmung auf der südlichen Elbseite. Skepsis gegenüber der Polizei, Wut auf die Lebensumstände und fatale persönliche Verstrickungen der Beteiligten machen es Helen fast unmöglich, weiterzukommen. Erst als Helen sich in ihre vermeintliche Niederlage fügt, erkennt sie, worum es bei dem Fall wirklich geht, und was für alle Beteiligten auf dem Spiel steht.

 

 

 

 

 

"Sichtbar machen" - Interview mit Friedemann Fromm (Buch und Regie)

Herr Fromm, wie sind Sie auf diesen Stoff gekommen? 

Die südliche Elbseite von Hamburg interessiert mich schon lange, und ich habe gute Kontakte zu dortigen sozialen Einrichtungen. Wilhemsburg, Harburg, die Veddel – das sind Orte von großer Kraft und voller interessanter Geschichten. Vor einigen Jahren gab es an einer der dortigen Schulen einen Amokalarm, der glücklicherweise und aufgrund der Besonnenheit der Schulleiterin gut ausging. Diese Situation und ihre Hintergründe waren der Ausgangspunkt für meine Geschichte.

Wie nehmen Sie als Hamburger die Unterschiede zwischen den verschiedenen Stadtteilen wahr?

Hamburg ist eine sehr heterogene Stadt, die ich dabei allerdings als toleranter und weltoffener wahrnehme als andere große Städte, in denen ich gelebt habe.
Was auffallend ist in Hamburg, ist die Trennlinie, die die Elbe durch die Stadt zieht. Das wirkt bisweilen wie zwei vollkommen unterschiedliche Städte mit eigenen Regeln und eigener Energie. Auf der südlichen Elbseite leben Menschen aus allen Kontinenten auf engstem Raum zusammen. Das bleibt nicht ohne Spannungen, und die Polizei wird nicht überall positiv wahrgenommen. Eine Besonderheit in Wilhelmsburg ist die große Gemeinde der Sinti und Roma, die sich nach dem Krieg dort angesiedelt haben, beziehungsweise angesiedelt wurden. Sinti und Roma wurden über Jahrhunderte verfolgt und verdrängt und im sogenannten Dritten Reich systematisch umgebracht, aber das ist bis heute nicht so wirklich im Bewusstsein der Bevölkerung angekommen. Diese Missachtung des eigenen Schicksals prägt die Menschen egal welchen Alters. Mir war es ein Anliegen, eine Geschichte zu erzählen, die diese Mitbürgerinnen und Mitbürger sichtbar macht.
Für das Buch habe ich intensiv recherchiert und Gespräche auf den unterschiedlichsten Ebenen geführt. Das war nicht immer ganz einfach, weil die Geschichte der Sinti und Roma – nicht nur in Deutschland – von großer Ignoranz beziehungsweise Missachtung ihnen gegenüber geprägt und das Misstrauen entsprechend groß ist.

Gab es einen ähnlichen realen Fall, den Sie als Grundlage genommen haben, oder handelt es sich um reine Fiktion?

Ja. Der Ausgangspunkt der Geschichte ist ein realer Fall an einer Schule im Süden von Hamburg vor einigen Jahren gewesen.

Stichwort Diversity Casting: Authentische Besetzung war beim Casting wichtig. Gab es Hindernisse aufgrund der Tatsache, dass viele Roma und Sinti ihre Identität nach wie vor verheimlichen?

Das Ziel der Besetzung war, die Rollen der Sinti und Roma auch mit Sinti und Roma zu besetzen. Das hat trotz eines sehr umfangreichen Castings leider nur zum Teil geklappt, weil es zum einen nicht viele Schauspielerinnen und Schauspieler mit diesem Hintergrund gibt, und zum anderen, weil sie oftmals ihren familiären Hintergrund nicht öffentlich machen möchten, auch aus Angst vor Anfeindungen.

"Der kleine Bruder" erzählt die vielen Gesichter der Migration an der Süderelbe, die seit hundertfünfzig Jahren von Einwanderung geprägt ist. Er problematisiert zugleich die rechtsextremen Tendenzen in Teilen deutscher Sicherheitsbehörden sowie die herrschende Islamfeindlichkeit bzw. den herrschenden "Antiziganismus". Helen Dorns Unbestechlichkeit und Aufklärungswille sowie ihr Streben nach Gerechtigkeit bringen sie bei diesem Fall an ihre Grenzen – oder kann eigentlich nur eine Ermittlerin wie Helen Dorn solch einen Fall lösen?

In der Tat ist die Gemengelage auf der südlichen Elbseite äußerst komplex und zum Teil auch unübersichtlich. Umso verführerischer wirken in so einer Situation "einfache" Zuordnungen (rechtsradikal – Islamistin – Sozialschmarotzer etc.) Aber so einfach ist die Situation selten, es herrschen die Grautöne vor. Und da braucht es eine Person, die genau hinsieht, unbestechlich ist, mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg hält, egal in welche Richtung. Eine Person, die kein Problem damit hat, sich Konflikten zu stellen und die gleichzeitig Mitgefühl mit den handelnden Personen hat, ohne in Sentimentalität zu verfallen.
Ich denke, dass Helen Dorn die ideale Figur ist, in diesem Umfeld zu ermitteln. Sie kann mit einer Ehrlichkeit Wahrheiten erkennen und aussprechen, die unbequem sind. Das finde ich äußerst reizvoll an dieser Figur.
Bei aller sozialer Brisanz und Aktualität ist „Der kleiner Bruder“ kein Themenfilm, sondern ein großes zeitloses Drama um Liebe und Vertrauen und um den Preis, den man für seine persönliche Integrität zu zahlen bereit ist. Es ist eine Geschichte voller Helden und Heldinnen, die unter schwierigsten Verhältnissen ihre Menschlichkeit behalten.

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