Zwei "plan b"-Dokumentationen über die Rettung von Giganten

"Rettet die Baumriesen" – "Hilfe für die Wale"

"plan b" stellt Ideen und Möglichkeiten vor, wie die immer seltener werdenden Baumriesen, die Giganten der Wälder, und die Wale, die Riesen der Meere, vor dem Aussterben geschützt werden können.

 

"plan b: Rettet die Baumriesen - Wie Waldgiganten das Klima schützen" 

"plan b: Hilfe für die Wale - Mehr Schutz für Meeressäuger"

 

  • ZDF Mediathek, Ab Dienstag, 19.12.2023, 10.00 Uhr, zwei Jahre lang verfügbar
  • ZDF, Ab Samstag, 23.12.2023., 17.35 Uhr

Texte

Ausstrahlung und Mediatheksverfügbarkeit im Überblick

plan b: Rettet die Baumriesen - Wie Waldgiganten das Klima schützen

ZDF: Am Samstag, 23.12. 2023, 17.35 Uhr 
ZDFmediathek: Ab Dienstag, 19.12.2023, 10.00 Uhr, zwei Jahre lang verfügbar 

 

plan b: Hilfe für die Wale - Mehr Schutz für Meeressäuger

ZDF: Am Samstag, 30.12. 2023, 17.35 Uhr

ZDFmediathek: Ab Dienstag, 19.12.2023, 10.00 Uhr, zwei Jahre lang verfügbar

 

Beide Sendungen werden mit Untertiteln angeboten

plan b: Rettet die Baumriesen - Wie Waldgiganten das Klima schützen

Ein Film von Carina und Stefanie Nickel

Berlin Producers Media GmbH

 

Große Bäume sind das Lebenselixier der Erde. Sie reinigen die Luft, sichern die Artenvielfalt und sind wichtige Klimaschützer. Doch die Giganten werden seltener – höchste Zeit, sie zu retten.

Kahlschlag, Trockenheit und Schädlingsbefall setzen den Baumriesen zu und zerstören ihre Ökosysteme. Doch unkonventionelle Ideen, hoch oben in den Baumwipfeln, und ein Umdenken bei der Nutzung von Waldflächen, können Bäume schützen.

"Wir sollten die großen Bäume wie Gold behandeln", sagt die US-amerikanische Forscherin Margaret "Meg" Lowman. Sie war die erste Wissenschaftlerin, die in den 1970er-Jahren mithilfe von selbstgebauten Seilzügen die Kronendächer erforschte. Als Höhepunkt ihrer Karriere hat sie sich nun ein ehrgeiziges Ziel gesteckt: die Rettung der zehn artenreichsten Wälder der Welt. Dafür errichten Meg Lowman und ihr Team Baumwipfelpfade in den Kronen von Urwaldriesen. Die Hochwanderwege werden von Einheimischen betrieben, die vor Ort als Guides, Köchinnen und Köche und Lodge-Besitzerinnen und -besitzer arbeiten und so einen echten Anreiz haben, den Wald zu schützen. "Wenn es mir gelingt, diese Wälder zu retten, kann ich mit einem gewissen Stolz ins Grab gehen", sagt Lowman. Mit einer Gruppe von Ökotouristinnen und -touristen geht Meg Lowman auf eine Expedition in den peruanischen Amazonas – wo sie einen ihrer ersten Hochwanderwege besucht.

Klassische Urwälder gibt es in Deutschland nicht mehr, aber auch naturnahe Wälder sind selten. Das Bonner Start-up "woodify" will das ändern, in dem es den deutschen Wald großflächig sich selbst überlässt. Ziel des Unternehmens ist es, 50 Prozent der Wälder aus der wirtschaftlichen Nutzung zu nehmen. Das Prinzip: Das Start-up pachtet Waldflächen in Deutschland und regelt vertraglich, dass dort 30 Jahre lang kein Holz geschlagen wird. Umgefallene Bäume bleiben liegen, kein Mensch greift ein. Ein naturnaher Wald entsteht und speichert CO2. Über die zusätzlich gebundene Menge an CO2 stellt "woodify" Zertifikate aus und verkauft sie an Unternehmen. Diese können mit ihrem Engagement werben, eigene Firmenwälder aufbauen und so positiv auf das Klima einwirken. Das Modell ist wissenschaftlich fundiert, es fußt auf den Berechnungen der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung in Eberswalde. In einer Zeit, in der Wirtschaftsforste mit Monokulturen großflächig absterben, ist das Modell zunehmend interessant. "Wir brauchen deutsche Unternehmen, die das Klima schützen wollen und das direkt vor der eigenen Haustür", sagt Gründer Anselm Schneider. "Wenn unsere Idee aufgeht, werden wir viel Wildnis erzeugen und den Wald von morgen schaffen."

plan b: Hilfe für die Wale - Mehr Schutz für Meeressäuger

Ein Film von Torsten Mehltretter

Mehltretter Media GmbH

 

Wale sind gigantische Klimaretter: Diese Meeresriesen speichern gewaltige Mengen an CO2. Sie haben eine Auswirkung auf das Klima wie ein kleiner Wald. Doch Wale sind bedroht. Schiffskollisionen, Unterwasserlärm, Giftstoffe und Fischernetze, all das sind menschengemachte Gefahren. Die kleinen Schweinswale leiden genauso darunter wie die riesigen Buckelwale. Mit neuen Ideen wollen Forschende sie retten.

In Deutschland, Dänemark und Belgien ist der deutsche Biologe Dr. Daniel Stepputtis unterwegs, um den Schweinswalen zu helfen. Sie sind die letzten Meeressäuger, die noch vor Deutschlands Küsten heimisch sind. Um sich zu orientieren, senden sie Klicklaute aus. An deren Echo erkennen sie normalerweise ihre Umgebung. Das Problem für sie: Ein Echo von grobmaschigen Fischernetzen ist zu schwach für ihr Gehör. Sie hören die Gefahr nicht, schwimmen hinein, verfangen sich in den Maschen und ersticken. Der Meeresbiologe hat sich deshalb vorgenommen, die Fischerei zu verändern. "Wenn die Wale das Netz nicht wahrnehmen, müssen wir entweder dafür sorgen, dass sie es erkennen, oder wir müssen es durch andere Fangmethoden ersetzen."

Der Schotte Iain Kerr kämpft seit über 30 Jahren für den Schutz der Wale. Ihm geht es darum, die unglaubliche Leistung der Meeressäuger für die Erde zu erhalten. "Wale sind die besten Indikatoren für den Zustand unseres Planeten. Sind sie gesund, sind unsere Meere in einem guten Zustand. Sind die Meere in einem guten Zustand, dann profitieren auch wir Menschen davon." Die neueste technische Entwicklung seiner Forschungsgruppe sind Sender, die an freilebenden Tieren angebracht werden können. Die elektronischen Begleiter werden vor der nordamerikanischen Atlantikküste von Drohnen auf Großwale abgeworfen. "Damit können wir sogar zurückverfolgen, inwieweit Lärm ihr Verhalten verändert – ob sie zum Beispiel ein Schiffsmotor bei der Nahrungssuche stört oder ob Arbeiten am Meeresgrund sie aus ihren Lebensräumen vertreibt. Das sind wichtige Informationen, die dabei helfen können, Grenzen für Unterwasserlärm festzulegen."

Allein an der niederländischen Nordseeküste stranden jährlich etwa 600 Schweinswale. Viele davon leben noch, wenn sie am Strand gefunden werden. Sie wieder aufzupäppeln, hat sich Annemarie van den Berg zur Aufgabe gemacht. In einem Rehabilitationszentrum versorgt sie die kranken Tiere mit dem Ziel, gesund zurück in der Nordsee auszusetzen. "Wir lassen die Tiere erst wieder frei, wenn wir zu hundert Prozent davon überzeugt sind, dass sie alleine überleben werden." Ein großes Team an freiwilligen Helferinnen und Helfern unterstützt sie dabei.

Wir müssen sie behandeln wie Kunstwerke von Monet – Interview mit der Biologin Dr. Margaret "Meg" Lowman

Sie gelten als Pionierin der Baumkronenforschung. Ende der 1970er-Jahre waren Sie eine der ersten Wissenschaftlerinnen, die sich mit selbstgebauten Seilzügen in die Kronen der Riesenbäume zogen, um sie dort zu studieren. Was entdeckten Sie in über 30 Metern Höhe?

Meine erste Klettertour wagte ich in den Regenwäldern Australiens, wo ich damals studierte. Zu Beginn hatte ich große Angst, besonders davor, auf einen morschen Ast zu klettern. Aber ich überwand meine Angst und wurde reich belohnt. Als ich der Baumkrone näher kam, bemerkte ich zuerst kleine Sonnenflecken, die um mich herum leuchteten. Als ich dann meinen Kopf in die dichte Baumkrone steckte, war alles voller Licht und Aktivität. Es fühlte sich an, als stünde ich mitten in der Silvesternacht auf dem Times Square in New York – überall pulsierte das Leben. Schmetterlinge flatterten umher, Termiten krabbelten den Stamm entlang, Blätter wurden gefressen, und überall herrschte reges Treiben. Es war erstaunlich. Es war einfach so unglaublich lebendig.

 

Wie kam es dazu, dass Sie in Australien Riesenbäume erklommen?

Ich komme aus der kleinen Stadt Elmira im Bundesstaat New York. Meine Eltern waren Lehrer, aber ich hatte keine Freunde, die wissenschaftlich interessiert waren. Dennoch liebte ich die Natur und verbrachte viel Zeit draußen. Als ich mich schließlich intensiver mit Bäumen beschäftigte, wurde mir klar, dass alle immer nur den Stamm studierten. Die Spitze der Bäume sahen sie erst, wenn sie den Baum fällten. Ich erkläre es immer an einem Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie gehen zum Arzt und er untersucht nur Ihren großen Zeh, sagt aber: "Ihr Gehirn ist in Ordnung, Ihr Gehör ist okay, Ihre Sehkraft ist großartig". Das wäre doch verrückt, niemand würde so etwas tun. Aber genauso funktionierte Forstwissenschaft in Nordamerika – jahrhundertelang.

 

In den vergangenen 40 Jahren bereisten Sie über 40 Länder und studierten das Kronendach von Urwaldgiganten. Was entdeckten Sie?

Auf der Erde leben schätzungsweise über 100 Millionen Arten. Über die Hälfte davon sind im Kronendach der Riesenbäume beheimatet und leben in über 30 Metern Höhe. Das sind 50 Prozent aller an Land lebenden Arten. Das hatten wir bisher einfach übersehen. Bedenken Sie, dass die Menschen bereits in den 1960er-Jahren mit der NASA zum Mond geflogen waren. Es ist doch erstaunlich, dass niemand die Baumkronen genauer studiert hatte. Und so entdeckten wir als Arbonauten (Erforscher der Baumkronen, Anmerkung der Redaktion) da oben in den Kronen der Bäume eine völlig neue Welt – und nannten sie fortan den achten Kontinent.

 

Wie steht es um die Bestände der großen Urwälder?

Der Regenwald wird in einem noch nie dagewesenen Tempo abgeholzt. Zu meinen Lebzeiten wurde mehr als die Hälfte der Primärwälder der Welt gerodet. Das ist eine schreckliche Bilanz für mich und meine wissenschaftlichen Kollegen. Ich denke, dass wir als Wissenschaftler die Dinge anders angehen müssen, um zur Rettung unseres Planeten beizutragen. Viele meiner Kollegen gehen in meinem Alter einfach in den Ruhestand und schreiben vielleicht ein Fachbuch, das niemand liest. Das soll keine Kritik an ihnen sein, aber ich habe das Gefühl, dass wir aus unseren Konventionen heraustreten und versuchen müssen, etwas Sinnvolles zu tun.

 

Was ist Ihre Lösung?

Als Arbonautin verwende ich meinen eigenen Werkzeugkasten. Denn die Baumkronenpfade, die ich zu Forschungszwecken baue, können auch dazu dienen, ökotouristische Strukturen aufzubauen. Wenn wir diese Pfade bauen und sie den einheimischen Familien in den Gemeinden zur Verfügung stellen, können sie Lodges und Boote betreiben und als Reiseführer tätig werden. So erzielen sie ein nachhaltiges Einkommen, ohne die Bäume abholzen oder die Flächen verkaufen zu müssen. Es entsteht ein Ort für nachhaltigen Tourismus, Bildung und Austausch, an dem Wissenschaftler undLaien zusammenkommen können.

 

Was ist Ihr Ziel?

Mein Ziel ist es, in den am stärksten gefährdeten Wäldern der Welt mit der größten Artenvielfalt, Baumwipfelpfade zu bauen. Gemeinsam mit dem Havard-Professor und Insektenkundler Edward O. Wilson († 2021, Anmerkung der Redaktion) habe ich zehn Wälder bestimmt und 2020 die "MISSION GREEN" ins Leben gerufen, die es sich zum Ziel gesetzt hat, diese Wälder zu retten.

 

Welche Bedeutung haben die großen Bäume?

Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um die Riesenbäume zu retten. Es reicht nicht aus, Setzlinge zu pflanzen, auch wenn das wichtig und schön ist. In einem einzigen Feigenbaum leben wahrscheinlich Millionen von Lebewesen: winzige Mikroorganismen, Vögel, die nisten, Vögel, die die Feigenfrüchte essen, verschiedene Pilzarten, Säugetiere und Insekten. Was geschieht mit ihnen, wenn wir einen so großen Baum verlieren? Sie sterben oder sie verschwinden für immer. Wenn wir einen großen Baum fällen, verlieren wir diesen unglaublichen Schatz, den ich gern als "genetische Bibliothek" unserer Kinder bezeichne. Er kann niemals ersetzt werden .. Deshalb müssen wir sie behandeln wie Kunstwerke von Monet oder ein Meisterwerk wie die Mona Lisa, denn sie sind von unschätzbarem Wert für unseren Planeten. Ich stelle mir die Bäume immer wie große Goldbarren in den Wäldern vor. Wenn die Menschen sie als etwas Wertvolles ansehen würden, könnten sie vielleicht ihre Meinung über das häufige Abholzen der Bäume ändern. Für mich steht um jeden Preis fest: Die Rettung der Riesenbäume ist meine Mission.

 

Die Fragen stellten Carina und Stefanie Nickel

Biografie Dr. Margaret "Meg" Lowman

Dr. Margaret "Meg" Lowman (69) ist eine Biologin, Arbonautin (Erforscherin der Baumkronen) und Autorin, die als Pionierin in ihrem Fachgebiet gilt. Seit über 40 Jahren erkundet sie Wälder in mehr als 40 Ländern, um Antworten darauf zu finden, wie Bäume im Wald gesund bleiben. Lowman absolvierte ihr Masterstudium in Ökologie an der Aberdeen University und promovierte im Fach Botanik an der University of Sydney. Während ihrer akademischen Laufbahn lehrte sie als Professorin an angesehenen Institutionen wie der National University of Singapore, der Arizona State University und der University Sains Malaysia. Als Gründerin von MISSION GREEN und Direktorin der TREE Foundation engagiert sie sich leidenschaftlich für den Waldschutz und hat wegweisende Studien veröffentlicht. National Geographic bezeichnet sie als "Einstein der Baumwipfel". Mit der MISSION GREEN baut sie Baumwipfelpfade in den zehn artenreichsten, aber auch gefährdetsten Wäldern der Welt. Dabei treibt sie Forschung voran, schafft Lebensgrundlagen für Einheimische und fördert Ökotourismus und Bildung. Neben ihrer beeindruckenden wissenschaftlichen Karriere ist sie eine engagierte Pädagogin und Fürsprecherin der Bäume. Meg Lowman ist international bekannt für ihre Führungsrolle bei Umweltschutzinitiativen und ein Vorbild für Frauen und Minderheiten in der Wissenschaft. Ihr Buch "Der unentdeckte Kontinent: Mein Leben und Forschen in der Welt der Baumkronen" bietet Einblicke in ihre wissenschaftliche Arbeit sowie persönliche Erfahrungen in einer Männer dominierten Wissenschaft.

Zurück ins neue alte Zuhause – ZDF-Dreharbeiten im Rehazentrum für gestrandete Tiere

Von Filmemacher Torsten Mehltretter

Das Tor zurück in die Freiheit öffnet sich für lebend gestrandete Schweinswale ausgerechnet in einem Zoo. Im Tierpark "Hoenderdaell", in der nordholländischen Stadt Anna Paulowna, hat die Stiftung S.O.S. Dolfijn im Jahr 2022 ihr neues Rehabilitationszentrum für gestrandete Wale und Delfine eröffnet. Die Leiterin, Annemarie van den Berg, eine frühere Lkw-Fahrerin, engagiert sich seit mehr als 17 Jahren für die Rettung gestrandeter Meeressäuger – in den Anfangsjahren als ehrenamtliche Helferin, inzwischen leitet sie das Zentrum. Sie weist uns in die strengen Hygienemaßnahmen für unsere Dreharbeiten ein und gibt uns strikte Anweisungen: In die Anlage sollen weder Keime hinein- noch herausgetragen werden. Denn Tiere, die hier landen, sind geschwächt und oft selbst voller Bakterien und Viren.

Die meisten Tiere stranden zwischen Januar und April – ­­oft nach starken Stürmen. Zum Zeitpunkt unserer Dreharbeiten im Juli schwimmt nur noch ein Tier in einem der zwei Behandlungsbecken, in denen laut Annemarie bis zu zehn gestrandete Wale Platz finden können. "Norah" haben sie das Schweinswalweibchen genannt, das Spaziergänger im März hilflos an einem Strand gefunden haben. Nach unseren laienhaften Einschätzungen ist das Tier ganz munter. "Wenn wir sie rausholen, haltet Euch ausschließlich rechts neben der Treppe auf, wenn wir sie füttern, dürft ihr auf die Empore kommen, aber nur solange sie frisst, und wenn ich ihr Spielzeug gebe, dann haltet das mit der Kamera nur von der Glasscheibe an der Besucherseite fest." Die Anweisungen sind unmissverständlich. Sie dienen dem Wohl des Schweinswals.

Norah hat inzwischen feste Erwartungen, wenn sie Menschen oder Geräte am Beckenrand erkennt. Sieht sie einen Körper an der Treppe, weiß sie, dass jemand zu ihr ins Wasser kommt, taucht ein neuer Gegenstand, wie zum Beispiel eine Kamera, an dem Ort auf, an dem immer das Spielzeug ist, erwartet sie, dass er ins Becken geschmissen wird. Ein Mensch, der auf der Empore steht, signalisiert ihr, dass es Futter gibt. Später gibt es Hering und Sprotte für Norah. Zunächst steht ein Medizincheck für das Tier an. Gemeinsam mit zwei Angestellten und einem ehrenamtlichen Helfer hebt Annemarie das Tier aus dem Becken. Der Trupp bringt Norah in das Untersuchungszimmer. Wiegen, Fieber messen, Blutproben nehmen. Alles, was sie hier machen, geschieht nach strenger Absprache mit einem Tierarzt.

Um hier zu arbeiten, hat sich Annemarie im Laufe der Jahre viel Wissen über die Betreuung von Meeressäugern und ihre medizinische Erstversorgung angeeignet und ihren früheren Job als Kraftfahrerin hingeschmissen." Alles begann mit einem Anruf von Bekannten, ob ich nicht eine Nachtschicht im Auffangzentrum von S.O.S. Dolfijn übernehmen könne." Annemarie war skeptisch, hatte aber Zeit und wollte die Freunde nicht verprellen. In der Nacht war viel los. Damals wurden die gestrandeten Meeressäuger noch in einer Anlage in Harderwijk betreut. Annemarie musste einen Schweinswal auf ihren Händen durch ein Becken tragen. Das Tier war zu schwach, um alleine zu schwimmen. "Ich konnte kaum etwas sehen, in der Nacht war kein Licht an, um den Tieren einen gewohnten Tag-Nacht-Rhythmus zu erhalten. Dann fühlte ich auf einmal dieses kleine Herz in meiner Hand schlagen, das hat mich extrem berührt und eine Flamme in meinem Herzen entzündet."

Auch Norah war in den ersten Tagen zu schwach, um alleine zu schwimmen. Das Tier wurde rund um die Uhr betreut, bekam Infusionen und begann sich langsam zu erholen. Dieses aufwendige Procedere ist nur durch die Unterstützung von Freiwilligen zu schaffen. Fast 100 Namen stehen auf der Notrufliste von Annemarie.

Norah ist jetzt wieder so fit, dass sie die Tierpflegerinnen und Tierpfleger, die sie auf der Untersuchungsliege fixieren, ganz schön in Schach hält. 25 Kilo wiegt sie bei einer Größe von etwa 1,14 Metern. "Als sie ankam, haben wir nicht gedacht, dass sie es schaffen könnte. Es gab eigentlich keine Krankheit oder Verletzung, die sie nicht hatte", erklärt Annemarie.

Dass es überhaupt wieder ein Rehabilitierungszentrum für Meeressäuger in den Niederlanden gibt, ist ein Verdienst der heute 44-Jährigen. Die Stiftung verließ die alte Anlage 2017 nach Unstimmigkeiten mit dem Zoo in Harderwijk und war seitdem in erster Linie beratend tätig, wann immer Meeressäuger an den niederländischen Küsten gestrandet sind. Annemarie warb um Spendengelder und suchte nach neuen Partnern und Sponsoren. Fünf Jahre später erfolgte die Neueröffnung von "Hoenderdaell" in Anna Paulowna. "Das ist mein Lebenswerk", gesteht sich Annemarie in der mit Infomaterialien bestückten Besucherhalle ein. Sie schafft es dabei nur knapp, die Tränen vor der Kamera zu unterdrücken. Man merkt ihr an, dass der Überlebenskampf des Tieres ihr selbst viel Kraft abverlangt.

Norahs Werte sind heute so gut, dass der Tierarzt entscheidet, die Medikamente abzusetzen. Bei späteren Dreharbeiten erleben wir die Freude von Annemarie und ihrem Team. Die Daten belegen, dass sich Norahs Zustand auch ohne Medikamente weiter verbessert hat. Sie kann auf die Auswilderung vorbereitet werden. Bis es soweit ist, soll sie noch ein paar Kilogramm zunehmen. "S.O.S. Dolfijn" lässt die Tiere nur zurück in die Freiheit, wenn sie eine echte Überlebenschance im Meer haben und von ihnen keine Gefahr für andere Meeresbewohner ausgeht, zum Beispiel durch Keime.

Die Tierärzte schätzen Norahs Alter auf etwa ein Jahr. Sie ist noch nicht ausgewachsen, und die Wurfsaison der Schweinswale in der Nordsee ist von Mai bis Juli. Um sicherzustellen, dass Norah im Meer wieder zurechtkommt, hat Annemarie sogar eine Computertomographie für den Schweinswal ermöglicht. Zusätzlich hat ein Spezialist vom Institut für Terrestrische und Aquatische Wildtierforschung (ITAW) in Büsum ihr Gehör untersucht. Schweinswale orientieren sich über die Ortung der Echos ihrer eigenen Laute. Schwerhörigkeit ist für die Tiere ein Todesurteil.

Annemarie ist überzeugt, dass die Schweinswale und Delfine menschliche Hilfe brauchen: "Lärm, Schadstoffe, Schiffsverkehr und die Fischerei, all das macht den Meeressäugern zu schaffen, und Verursacher der Probleme der Tiere sind wir Menschen. Außerdem können wir die Tiere hier für Studien nutzen, auch das hilft den Arten insgesamt." Sechs Monate nachdem sie ein Spaziergänger blutend am Strand gefunden hat, ist es soweit: Das Tor zurück in die Freiheit steht für Norah offen. Das Schweinswalweibchen verlässt das Becken im Zoo.  Annemarie begleitet sie und lässt sie persönlich vom Boot in die Nordsee gleiten – in ihr neues und altes Zuhause.   

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