Türsteher – Wächter der Nacht
Zweiteilige Dokumentation
Die einen wollen friedlich feiern, andere die Sau rauslassen. Damit das Nachtleben nicht aus den Fugen gerät, gibt es Türsteher und Security.
Die zweiteilige Dokumentation taucht ein in die Welt der deutschsprachigen Türsteher- und Klubszene. Ein seltener Einblick in eine Arbeitswelt von Menschen, die sich ungern in die Karten schauen lassen. Was treibt die "Wächter der Nacht" an? Wie wählen sie die Gäste aus? Auf welche Weise vermeiden sie Konflikte?
- ZDF Mediathek, ab Montag, 10. März 2025, 5.00 Uhr, zwei Jahre lang
- ZDF info, Donnerstag, 20. März 2025, 20.15 Uhr und 21.00 Uhr
Texte
Folgentitel, Sendetermine, Stab und Drehorte
ZDFmediathek: ab Montag, 10. März 2025, 5.00 Uhr, zwei Jahre lang
ZDFinfo: Donnerstag, 20. März 2025, 20.15 Uhr
Türsteher – Wächter der Nacht: Partystimmung
Film von Antje Diller-Wolff und Steven Melzer
ZDFmediathek: ab Montag, 10. März 2025, 5.00 Uhr, zwei Jahre lang
ZDFinfo: Donnerstag, 20. März 2025, 21.00 Uhr
Türsteher – Wächter der Nacht: Abstürze
Film von Antje Diller-Wolff und Steven Melzer
Stab (Auswahl)
Autoren: Antje Diller-Wolff, Steven Melzer
Kamera: Babak Asgari, Luka Ljubicic, Jürgen Heck
Schnitt: Franz Buscha, Jan Cords, Steffen Meibaum
Produktion: Marko Heß und Karina Stepien (SPIEGEL TV), Sina Eckardt (ZDFinfo)
Produzent: Robert Wortmann (SPIEGEL TV)
Redaktion: Michael Scheuch
Sendelänge: 2 x 45 Minuten
Drehorte (Auswahl):
E-Dry, Geldern
Bootshaus, Köln
Markthalle, Kaiserslautern
verschiedene Lokalitäten, Bahnhofsviertel Frankfurt am Main
P1, München
vor Berghain, Berlin
Heidepark Soltau, Musikfestival
Inhalt
Die einen wollen friedlich feiern, andere die Sau rauslassen. Damit das Nachtleben nicht aus den Fugen gerät, wachen Türsteher über den Einlass. Sie arbeiten in Klubs, Discotheken, bei Partys, auf Festivals, in Tanzcafés oder Bordellen. Sie entscheiden, wer eingelassen und wer abgewiesen wird. Von ihnen hängt ab, ob es an der Bar und auf der Tanzfläche ruhig bleibt oder Stress gibt.
"Ohne uns geht es in fast keinem Lokal mehr", sagt ein Türsteher. "Bedienungen können sich nicht wehren und viele Gäste auch nicht, wenn es eskaliert. Ein erfahrener Türsteher erkennt Problemklientel schon von Weitem. Wir sind gleichzeitig Sozialarbeiter, Psychologen, Pfarrer und Hellseher. Ohne Menschenkenntnis ist man in dem Job völlig falsch."
Die zweiteilige Dokumentation taucht ein in die Welt der deutschsprachigen Türsteher- und Klubszene und gewährt Einblick in eine Arbeitswelt, bei der man selten hinter die Kulissen schauen kann. Wer sind die Spezialisten, die "die Tür machen"? Wie wählen sie die Gäste aus? Mit welchen psychologischen Tricks vermeiden sie Konflikte?
Partystimmung (1/2)
In dieser Folge bereiten sich Rafael, Rainer und Sandra samt ihrem Team auf eine lange Halloween-Party im E-Dry in Geldern, kurz vor der Grenze zu den Niederlanden, vor. Bis zu 3000 Gäste werden erwartet, und bei solchen Veranstaltungen fließt in der Regel viel Alkohol. Vom Team hängt ab, ob es in dieser Nacht ruhig bleibt oder Stress gibt.
Das Bootshaus in Köln wird regelmäßig in die Top Ten der besten Klubs der Welt gewählt – ein Ruf, den Andrea Giarrizzo an der Tür Nacht für Nacht rechtfertigen muss.
Genauso wie Anke Henkel, die in Kaiserslautern vor dem Klub Markthalle arbeitet. Das Publikum ist international – auch durch viele amerikanische Gäste, denn die US-Airbase Ramstein liegt nur wenige Kilometer entfernt. Insgesamt leben in der Region um Kaiserslautern rund 50.000 Amerikaner einschließlich ihrer Familien.
Mirko Ferenczy hat es im Frankfurter Bahnhofsviertel immer wieder mit speziellen Krawallbrüdern zu tun. "Die Sitten sind rauer geworden, die Hemmschwelle, zuzuschlagen, ist deutlich gesunken."
Abstürze (2/2)
Der Alltag und die Herausforderungen für die Türsteher sind so unterschiedlich wie die Klubs und Locations, bei denen sie arbeiten. In Kaiserslautern arbeitet Deutschlands bekannteste Türsteherin: Anke Henkel. Die 1,82 Meter große ehemalige Kampfsportlerin wacht über die Tür des Klubs Markthalle. Ihr Spitzname ist die "Schwarze Göttin", und sie sagt von sich: "Ich liebe die Arbeit in der Nacht. Hier kann ich so sein, wie ich will."
In Geldern lockt die Großraumdiskothek E-Dry jedes Wochenende Tausende von Partygästen an. Auf vier Tanzfloors wird bis in die frühen Morgenstunden gefeiert. Viel Arbeit für Rafael, Rainer und Sandra vom S-I Services Sicherheitsdienst. Mit einem Team aus 14 Kolleginnen und Kollegen versuchen sie, die Feierwütigen im Auge zu behalten: "Wenn der Alkoholpegel steigt, ist das wie ein Flohzirkus. Man muss die Flöhe beieinanderhalten und so ein bisschen für Ruhe sorgen."
Ein ganz anderes Klientel bekommt Tom, Spitzname "Hammer", Nacht für Nacht in München zu sehen. Der 38-Jährige arbeitet als Türsteher vor dem P1, der berühmten Promi-Diskothek ganz in der Nähe vom Englischen Garten. Für ihn ein Traumjob. "Für mich ist es eine erfolgreiche Nacht, wenn die Gäste die perfekte Party haben und beim Rausgehen vom Abend schwärmen." Im Nobelklub lagern Champagnerflaschen im Wert von fast 100.000 Euro. Ein Vorrat, der jede Woche aufgefüllt werden muss.
Auch Mirko Ferenczy liebt seinen Job – obwohl sein Revier gegensätzlicher kaum sein könnte. Denn der 44-Jährige "bewacht" die Türen verschiedener Klubs im Frankfurter Bahnhofsviertel und Sachsenhausen. "Es ist schlimm, wie wenig Respekt die Youngster haben und einfach losprügeln", so Ferenczy. "Es ist nicht leicht, die Leute zu filtern. Dazu gehört Erfahrung und Menschenkenntnis. Wer schon völlig betrunken ist, will nicht hören und nach Hause gehen. Zuschlagen geht auch nicht, sonst bekommen wir eine Anzeige." Erst, wenn ein Türsteher selbst tätlich angegriffen werde, gebe es "ne Schelle mit der flachen Hand".
So weit kommt es im Alltag von Philipp und Vanessa selten. Die beiden leiten den Südwestfälischen Sicherheitsdienst. Sie werden für viele Veranstaltungen gebucht. Dieses Mal wartet eine besondere Herausforderung auf sie: Im Heidepark Soltau findet an einem Wochenende ein großes Musikfestival auf dem Gelände des Freizeitparks statt. 30.000 Zuschauer werden erwartet. Eine Herkulesaufgabe für das Sicherheitsteam, das durch Ereignisse wie auf der Loveparade in Duisburg besonders sensibilisiert ist.
Expertin Dr. Christine Preiser über Türsteher
Berufsanforderungen für Türsteher:
"Man braucht eine gewisse Geduld, man braucht eine gewisse Abenteuerlust, man braucht auch ein dickes Fell, weil man ja auch jede Nacht mit Hunderten von Menschen zu tun hat, die alle so ein bisschen drüber sind. Dafür ist nicht jeder gemacht. Die Türsteher müssen Freude haben, mit Konflikten auch umzugehen. Und natürlich muss man auch mit seinen eigenen Gefühlen gut umgehen können. Wenn ich mich zu schnell anzünden lasse davon, was andere machen, dann bin ich nicht für jeden Klub geeignet, an dem ich arbeite."
Türsteher als Aushängeschild
"Natürlich wird über Türsteher auch ein gewisses Image transportiert. Türsteher sind oft auch ein gewisses Aushängeschild für den Klub, heißt: Sie gehören oft mit zur Szene, (…) repräsentieren so ein bisschen den Style des Klubs, alleine durch das Aussehen."
Unschöne Seiten des Jobs
"Für Türsteher ist es eine nächtliche Erfahrung, für ihre Tätigkeit angegangen und abgewertet zu werden. Und das ist natürlich je nach Klub unterschiedlich, wie das passiert. Das kann verbal sein, zum Beispiel über: 'Ach ihr Gorillas' oder über Machtgehabe: 'Ah, für mehr hat es nicht gereicht.', 'Ich habe das Geld, du bist nur der Türsteher' – all das sind Formen von Abwertung, einer Tätigkeit und einer Person gegenüber – bis hin zu Mutproben, Kraftproben gegenüber von Türstehern (…)."
Emotionale Selbstkontrolle als notwendige Fähigkeit
"Permanent die eigenen Gefühle kontrollieren zu müssen, ist Teil der Arbeit als Türsteher. Ich darf meine Angst nicht nach außen zeigen. Ich darf mich auch dem Vergnügen nicht hingeben. Das ist ein wichtiger Bestandteil. Ich muss mit meiner eigenen Wut umgehen, und zwar in dem Sinne, dass ich sie auf der einen Seite zurückhalte oder aber auch im richtigen Moment glaubwürdig ausdrücken kann. Das ist anspruchsvoll."
Soziologin Dr. Christine Preiser schrieb ihre Doktorarbeit über "Grenzwächter des Nachtlebens – Eine Ethnografie über Türsteher in Deutschland".
Fragen an die Filmautoren Antje Diller-Wolff und Steven Melzer
Was war Anregung für Sie, sich mit dem Thema "Türsteher" zu beschäftigen?
Antje Diller-Wolff: Ich gehe im hohen Alter von 50 (lacht) immer noch gerne in Klubs und hatte die große Freude, in all meinen Jahren noch nie an einer Tür abgelehnt worden zu sein, auch nicht am Berghain. In der Schlange habe ich natürlich gestanden, und hatte viel Zeit, zu beobachten, wie sich die Menschen in der Schlange, aber auch die Türsteherinnen und Türsteher verhalten, wie die Interaktion, wie das Verhalten auf beiden Seiten ist.
Was reizt sie persönlich an dem Thema "Türsteher"?
Steven Melzer: Türsteher haben einen einzigartigen Blick auf das Nachtleben. Sie erleben Situationen, die die meisten von uns nie erleben. Der Beruf ist unberechenbar, weil jede Nacht anders verläuft. Es ist ein schmaler Grat zwischen Kontrolle, Diplomatie und möglicher Eskalation. Viele sehen in Türstehern oft nur den muskulösen Spielverderber, der scheinbar willkürlich entscheidet. Doch die Perspektive des Türstehers einzunehmen, seine persönliche Geschichte zu erzählen und zu zeigen, wie vielseitig und hart dieser Job wirklich sein kann, finde ich besonders interessant.
Antje Diller-Wolff: Ich habe einige Türsteher kennengelernt und immer wieder erfahren, dass das Klischee des bulligen Muskelprotz, der kaum spricht, sondern lieber draufhaut, einfach nicht der Realität entspricht. An vielen Türen stehen studierte Menschen, die einfach für sich auf diese Art und Weise in der Nacht am Klubleben teilhaben und genau das genießen: die Interaktion an der Tür. Ich habe Sven Marquardt, den berühmtesten Türsteher Deutschlands, kennengelernt und war fasziniert von seiner unglaublich emphatischen und weitsichtigen Art, die so sehr psychologisch analysiert und einschätzt, wer da in der Schlange vor dem Berghain vor ihm steht. Ein herzensguter Mensch, der halt mit seinen vielen Tätowierungen und Piercings recht wild aussieht. Es gibt etliche Kolleg*innen, die, wenn man sie kennt, ebenso reizend sind. Das Thema Türsteher hat so viele Facetten, Klischees und Tabus, das hat mich gereizt. Außerdem stieß ich bei meinen Recherchen auf die Soziologin Dr. Christine Preiser, die ihre Doktorarbeit zur Arbeit an der Tür geschrieben und etliche Türen über mehrere Jahre begleitet hat. Superspannend, was sie mir erzählte, und sie brachte es so gut auf den Punkt, dass sie im Film auch unsere Expertin ist. Die Klubszene ist ein "closed shop", es ist schwierig, Menschen mit der Kamera zu begleiten, geschweige denn, Interviews zu bekommen. Schwierig mag ich!
Was war ausschlaggebend für die Auswahl der Klubs?
Steven Melzer: Wir wollten eine möglichst breite Mischung unterschiedlicher Klubs abbilden. Das E-Dry in Geldern ist eine ländliche Großraumdiskothek, die vor allem in der Region bekannt ist, während das Bootshaus in Köln deutschlandweit und sogar international eine Rolle spielt. Das sind zwei völlig verschiedene Welten. Hinzu kommen regionale Unterschiede: Türsteher im Frankfurter Bahnhofsviertel agieren anders als ihre Kollegen im schicken P1 in München. Genau diese Kontraste wollten wir einfangen und haben gezielt bestimmte Geschichten ausgewählt.
Antje Diller-Wolff: Ich wollte gerne verschiedene Genres und Bereiche der Szene portraitieren und natürlich auch berühmte Klubs im Film haben. Viele waren bei Anfragen sehr scheu und zurückhaltend, manche völlig restriktiv und haben abgesagt. Das Kölner Bootshaus ist seit Jahren der beste Klub Deutschlands, weltweit unter den Top Ten (Wahl des DJ Mags). Andrea, der Türsteher dort, ist von Kopf bis Fuß tätowiert, guckt grimmig und ist eine Seele von Mensch. Für mich war wichtig, die Türsteher*innen bei ihrer Arbeit durch die Nacht zu begleiten, sie aber auch privat zu portraitieren. Das P1 in München ist ein legendärer Klub seit so vielen Jahren, und in Kaiserslautern war die Türsteherin Anke Henkel, Spitzname die "Schwarze Göttin", für mich eine spannende Person. Gereizt hat uns auch das Heidepark Festival als Veranstaltung, die es so noch nie gab: ein zweitätiges Festival in einem Freizeitpark. Ein Konzept, das für das Security-Team auch völlig neu war, zu begleiten, war eine großartige Gelegenheit.
War es einfach oder schwierig Protagonistinnen und Protagonisten aus der Szene für die Doku zu gewinnen?
Steven Melzer: Antje hat den Kontakt zu den Protagonisten hergestellt, daher kann ich das nicht direkt beurteilen. In eher verschlossenen Szenen muss man aber zunächst Vertrauen aufbauen und oft auch etwas Überzeugungsarbeit leisten. Türsteher erleben vieles, was nicht für die Kamera bestimmt ist, und stehen am Ende oft als Buhmann da. Wer sich auf so ein Projekt einlässt, muss darauf vertrauen können, dass seine Welt respektvoll und authentisch dargestellt wird.
Antje Diller-Wolff: Es waren viele, viele Mails und Telefonate nötig. Das Misstrauen war groß, die Angst, zu viel zu verraten, oder bloßgestellt zu werden, oder die Intimität der Klubnacht zu verletzen, bei allen vorhanden. Letztendlich war das Format, der Sender und meine 30-jährige Erfahrung als Autorin ausschlaggebend für die Zusagen, die wir bekommen haben.
Was waren im Rückblick die Herausforderungen bei der Recherche und den Dreharbeiten?
Antje Diller-Wolff: Die Dreh-Nächte waren sehr lang. Da merkt man doch, dass man nicht mehr 19 ist (lacht). Wir haben bei fast allen Klubs eine Freitags- und eine Samstags-Schicht begleitet. Das heißt, dass unser Team Feierabend hatte, wenn die Türsteher den Laden abgeschlossen haben. Und das war meistens morgens um 6.00 Uhr oder sogar später. Aber so konnten wir im Detail miterleben und mitfühlen, was unsere Protagonist*nnen erleben, wie es ihnen geht, wie ihre Befindlichkeiten und Erlebnisse sind.
Bei manchen Drehs hat uns das Wetter übel mitgespielt, Orkan und Dauerregen stundenlang. Wir hatten etliche Kameras gleichzeitig im Einsatz, zusätzlich zum Kamerateam noch mehrere GoPros am Eingang, auch als Bodycam am Körper der Protagonisten.
Steven Melzer: Wir versuchen, die Arbeit der Türsteher so realistisch wie möglich darzustellen. Das bedeutet dann nicht nur normale Taschenkontrollen oder ein freundliches "Heute nicht", sondern in manchen Fällen auch den Umgang mit betrunkenen oder aggressiven Gästen, die eskalieren könnten. Eine Kamera in so einer Situation zu sehen, gefällt natürlich den wenigsten – was völlig nachvollziehbar ist. Trotzdem gehört es zu unserer Aufgabe, auch diese Seite des Nachtlebens zu dokumentieren.
Wie war die Aufgabenteilung beim Dreh?
Antje Diller-Wolff: Steven und ich haben häufiger parallel gearbeitet, denn drehen konnten wir – dem Thema geschuldet – ja fast ausschließlich am Wochenende. Stevens Baustellen waren die Frankfurter Szene und die Großraumdisco E-Dry in Geldern. Ich habe das Konzept geschrieben und die Klubs in Berlin, München, Kaiserslautern und Köln gedreht und vorab natürlich alle notwendigen Recherchen und Vorgespräche übernommen.
Was hat sie am meisten bei diesem Projekt überrascht?
Steven Melzer: Die Geduld der Türsteher. Die wenigsten können sich vorstellen, wie anstrengend eine Nacht in diesem Trubel ist und was sich die Türsteher teilweise anhören müssen. In solchen Momenten gelassen und meist trotzdem freundlich zu bleiben, ist auf Dauer eine echte Herausforderung. Dazu kommt das ständige Risiko, verletzt zu werden und das ist natürlich etwas, das auch Spuren hinterlässt. Das ist kein Job, den jeder machen könnte. Man braucht eine mentale Stärke, die man auf den ersten Blick oft nicht vermutet.
Antje Diller-Wolff: Wie sehr die Türsteher ihren Job lieben, warum sie seit Jahrzehnten bewusst gerne in der Kälte stehen und arbeiten, während die Menschen im Klub feiern. Was den Reiz ausmacht, dass sie entweder im Hauptberuf, oder sich zusätzlich zur Arbeit die Nächte um die Ohren schlagen.
Die privaten Facetten unserer Protagonist*nnen war eindrucksvoll. Alle hatten privat eine sehr sensible und empathische Seite: Der Türsteher des Bootshaus ist liebevoller Familienvater und unter der Woche Hausmann, der Türsteher des P1 in München geht privat nicht aus und lebt still und leise eine Beziehung, mit der er die Leidenschaft für Harleys teilt, die Türsteherin in Kaiserslautern hat privat einen Verein für Obdachlose gegründet und fährt unter der Woche abends Essen aus für Menschen ohne Heim.
Welche Tipps haben Sie für Klubgänger?
Steven Melzer: Leider keine, und ich habe explizit nachgefragt. Es gibt keine geheimen Tricks oder sicheren Methoden, um garantiert in jeden Klub zu kommen. Man kann seine Chancen aber steigern, wenn man die klassischen Regeln befolgt: nicht betrunken sein, in der Schlange unauffällig bleiben und nicht in großen Männergruppen anstehen. Am wichtigsten ist jedoch, den Türstehern mit Respekt zu begegnen und ihre Entscheidung zu akzeptieren. Das öffnet auf lange Sicht mehr Türen als jedes Outfit oder hitzige Diskussionen.
Antje Diller-Wolff: Was alle Türsteher übereinstimmend sagen ist, dass sie sehen, wenn sich jemand verkleidet hat. Mit Türsteherin Sarah, die acht Jahre lang an der Tür des Berghain gearbeitet hat, sind wir einige Foren im Netz durchgegangen, wo aufgelistet ist, wie man die Chance erhöht, ins Berghain gelassen zu werden. Sarah hat über die meisten Tipps geschmunzelt, sie sagt, man will den Leuten ansehen, dass sie feiern wollen und nicht eine Rolle spielen. Ich selber habe immer mal wieder versucht, im Berghain das Publikum auf einen Nenner zu bekommen und tatsächlich ist es meiner Meinung nach nicht das Outfit, sondern die unbändige Leidenschaft für die Nacht im Klub.
Die Fragen stellte Birgit-Nicole Krebs
Ergänzender Programmhinweis
Auch die ZDF-Reportagereihe "37°" widmet sich dem Thema "Türsteher".
Hier ist die Leitfrage: Warum macht man diesen Beruf?
ZDFmediathek: 4. März 2025, 08.00 Uhr, bis 28. März 2030
ZDF: Dienstag, 4. März 2025, 22.15 Uhr
37°: Türsteher – die Mächtigen der Nacht
Film von Lotta Pommerien
Sie entscheiden, wer im Klub einen guten Abend haben wird – oder ob dieser bereits an der Tür endet. Türsteher sorgen für Ordnung, während andere feiern. Warum macht man diesen Beruf?
"37°" begleitet Jan, der schon seit seiner Jugend nebenberuflich an Klubtüren steht. Tagsüber ist er kommunaler Angestellter. Seine Frau Rica hat ebenfalls Spaß an dem Job gefunden. Seitdem die Kinder groß genug sind, begleitet sie ihren Mann einmal im Monat ins Türsteher-Nachtleben. Auch für Yannick ist es ein Nebenjob. Hauptberuflich ist er Pfleger in der Kurzzeitpflege. Zu Spitzenzeiten steht er aber fast dreimal die Woche an der Tür. Für ihn ist es wie eine Sucht: Selbst, wenn er mal keine Schicht hat, fährt er kurz bei seinen Kollegen vorbei. Doch die Nächte sind gezählt: Yannick wird bald Vater. Die Reportage begleitet ihn bei seiner vorerst letzten Nacht. Auch Rica und Jan stellen sich immer wieder die Frage: "Warum mache ich das eigentlich? "Da steigt dann manchmal kurz vor dem Aufbruch die innere Anspannung, und der Wunsch, sich einfach auf das Sofa zu legen, wird groß." Denn das Mannheimer Nachtleben kann anstrengend sein. Warum gehen sie trotzdem dieser Arbeit nach? Hat sie nicht auch einen gesellschaftlichen Zweck? Braucht unsere Gesellschaft diese Räume in der Nacht, um sich ausleben zu können? Und ermöglichen Menschen wie Rica, Jan und Yannick dieses Ausleben, wenn man sich dabei an die Regeln hält?
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