Unter uns Frauen – Geburt in Megendi

Das kleine Fernsehspiel / Dokumentarfilm von Sarah Noa Bozenhardt

Im äthiopischen Dorf Megendi ist die Geburtshilfe im Umbruch. Für die Frauen vor Ort stellt sich die große Frage: Wie können werdende Mütter am besten unterstützt werden? Das ZDF sendet den Film als Free-TV-Premiere.

  • ZDF, Montag, 31. Oktober 2022, 0.15 Uhr
  • ZDF Mediathek, Ab Montag, 31. Oktober 2022 bis 31. Oktober 2023

Texte

Stab und Protagonist*innen

Buch und Regie:        Sarah Noa Bozenhardt
Co-Regie:                   Daniel Abate Tilahun
Schnitt:                        Andrea Muñoz
Kamera:                      Bernarda Cornejo Pinto
Ton:                            Alexandra Praet
Produktion:                 Evolution Film in Koproduktion mit ZDF/Das kleine Fernsehspiel, Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF, Efuye Gela Film, in Kooperation mit East Africa Film Production und Mirafilm
Redaktion:                  Melvina Kotios (ZDF/Das kleine Fernsehspiel), Christian Cloos (ZDF/Das kleine Fernsehspiel), Claudia Tronnier

Protagonist*innen
Huluager Endeshaw, Endal Gedif, Welela Assaye, Sirkalem Teshome, Tizalu Endeshaw, Habtamu Abebe, Angaw Mola, Genet Abebe, Melaku Abebe, Abebe Zegale u.a.

Inhalt

"Unter uns Frauen – Geburt in Megendi" begleitet die 25-jährige Huluager kurz vor der Geburt ihres vierten Kindes. Hochschwanger findet Huluager sich im Dorf Megendi irgendwo zwischen moderner und traditioneller Hebammenversorgung wieder. Einerseits geht sie regelmäßig zur Vorsorgeuntersuchung in das lokale Gesundheitszentrum und folgt den Ratschlägen der schulmedizinisch ausgebildeten Hebammen. Andererseits fühlt sie sich von den jungen Frauen im Kittel nicht gehört und gesehen. Deswegen wendet sie sich an die traditionelle Hebamme Endal (70), die ihr Unterstützung und Trost entgegenbringt. Während Endal sich Huluager emotional voll widmet, kann sie im Notfall mit ihren beschränkten Ressourcen nur begrenzt helfen. Komplikationen, die während Huluagers Hausgeburt auftreten, bringen die Konflikte an die Oberfläche, die zwischen den Frauen in der Klinik und den Frauen auf den Feldern spürbar sind.

Inmitten all dieser unterschiedlichen weiblichen Perspektiven ringt Huluager mit der Rolle, die ihr als Frau, Mutter und Ehefrau zugeschrieben wird. Um sich Klarheit über ihre persönlichen Wünsche und Bedürfnisse zu verschaffen, nimmt sie die Erzählung des Films selbst in die Hand. Sie beginnt, ihre Vergangenheit und ihre ungewisse Zukunft zu erforschen. Sowohl wegen als auch trotz der Frauen an ihrer Seite hält Huluager daran fest, ihren eigenen Weg zu suchen und ihn selbst zu bestimmen. Nach und nach enthüllt sie ihr Geheimnis, das sie bis dahin wie einen Schatz gehütet hat.

In ihrem geduldig beobachtenden Dokumentarfilm geben Noa Sarah Bozenhardt und ihr Co-Regisseur Daniel Abate Tilahun einen Einblick in das Leben von Frauen in einer Provinz Äthiopiens. Sie werfen kulturübergreifende Fragen nach der "richtigen" Geburt zwischen Hausgeburt und Klinik auf und erzählen von weiblicher Selbstermächtigung gegen die Widerstände in Tradition und Gesellschaft.

Preise und Festivals (Auswahl)

Special Mention im internationalen Wettbewerb DOK Leipzig 2021
Kamerapreis am Mumbai International Filmfestival 2022

DOK Leipzig, 2021
Deutscher Kamerapreis, 2022
Achtung Berlin Filmfestival, 2022

Statement von Sarah Noa Bozenhardt (Buch und Regie)

Vor 25 Jahren organisierten meine Eltern ein Jugendaustauschprojekt mit Zirkusgruppen aus Deutschland und Äthiopien. Deshalb bin ich als kleines Mädchen jahrelang mit ihnen zwischen den beiden Ländern gependelt. 2003 sind wir dann dauerhaft nach Addis Abeba gezogen. So wurde ich in Äthiopien zur Frau und es ist wegen der Unterstützung von Frauen, dass ich dort mein Zuhaue gefunden habe. 

Als sich mein Körper jeden Tag ein bisschen mehr veränderte, schämte ich mich für die Haare, die in meinen Achselhöhlen wuchsen. Das Ziehen in meiner Brust erschreckte und faszinierte mich zugleich. Zunächst wünschte ich mich zurück nach Deutschland, denn ich hatte das Gefühl, dass es in meinem neuen sozialen Umfeld nicht üblich war, über solche körperlichen und persönlichen Details zu sprechen. Heute weiß ich, dass ich mich geirrt habe. Es waren in der Tat äthiopische Mädchen und Frauen, die mich durch einige der schwierigsten Erfahrungen in der Pubertät und darüber hinaus, begleitet haben. Gemeinsam mussten wir uns der harten Realität von Patriarchat und Missbrauch stellen, doch gleichzeitig entdeckte ich die Kraft, die unsere weibliche Gemeinschaft füreinander innehält.

Im Laufe der Jahre wuchs auch meine Familie. Mein äthiopischer Co-Regisseur Daniel Abate Tilahun wurde Teil unseres Zuhauses und ich bekam einen großen Bruder. Gemeinsam verliebten wir uns in das Kino und Filmemachen, und als wir zum ersten Mal mit der Idee spielten, als Co-Regisseur*innen einen Film zu realisieren, verspürte ich den Drang, die weiblichen Räume zu ehren, in denen ich mich in Äthiopien zu Hause fühle. Daniel hingegen wollte seine Wurzeln auf dem Lande würdigen. Als wir also seine leiblichen Eltern in seinem Dorf Megendi besuchten und dort die traditionelle Hebamme Endal kennenlernten, spürte ich, dass dieses Setting die Energie und Symbiose, die wir suchten, filmisch symbolisieren und einfangen könnte.

Endals Verbindung zum weiblichen Körper und ihre Art, die Frauen in ihrem Dorf zu unterstützen, ist erdend und erhebend zugleich. Wenn sie eine werdende Mutter besucht, sprechen die Frauen über weit mehr als die laufende Schwangerschaft. Die Begegnungen dienen als ermächtigende Räume des Austausches und der gegenseitigen Unterstützung, ähnlich wie ich sie in meiner Pubertät und als junge Frau erlebt habe. Gleichzeitig sind die Handlungen, Gedanken und Gefühle der Frauen tief im traditionellen Kontext des ländlichen Äthiopiens verwurzelt, und der Wandel der Geburtshilfe bedroht das Vertraute. Infolgedessen wird wertvolle medizinische Unterstützung oft abgelehnt, wenn traditionelle und moderne Sichtweisen aufeinanderprallen. Meiner Meinung nach ist es von entscheidender Bedeutung, ein Gespräch über diese unterschiedlichen Standpunkte hinweg zu führen, um die Sicherheit der Mütter zu gewährleisten und gleichzeitig ihre emotionalen Bedürfnisse und den größeren Kontext ihres Handelns zu berücksichtigen.

Ebenso war es für Daniel und mich wichtig, die große Vielfalt an Perspektiven und Privilegien anzuerkennen, die es in unserer internationalen Crew gibt. Wir wollten intime Gespräche im Produktionsprozess führen, vor und hinter der Kamera, um sicherzustellen, dass ich und wir unsere eigenen Vorurteile und Machtdynamiken hinterfragen müssen. Ich persönlich fühlte mich nur in der Lage diesen Film zu machen, solange unser Team und vor allem die Protagonistinnen den Mittelpunkt unserer Herangehensweise bildeten. Raum für individuelle Perspektiven zu schaffen, während ich gleichzeitig auf meine persönliche Beziehung zu dem Land aufbaute, in dem ich aufgewachsen bin, prägte meine Haltung als Regisseurin ungemein. Dieser Ansatz wurde zur Essenz unserer kreativen Arbeit und definiert die filmische Erzählung, die sich jetzt auf der Leinwand wiederfindet. Was mich betrifft, so fühle ich mich mit Daniel an meiner Seite und unter uns Frauen nicht mehr benutzt und klein, sondern geborgen und über meinen eigenen Körper und meine Geschichte verfügend.

Kurzbiografie von Sarah Noa Bozenhardt (Buch und Regie)

Sarah Noa Bozenhardt (Buch und Regie) wurde 1991 in Freiburg im Breisgau geboren und ist in Äthiopien aufgewachsen. Ihr Bachelorstudium in Film, Video & Integrated Media an der Emily Carr University of Art + Design absolvierte sie in Vancouver, und seit 2016 studiert sie im Master Dokumentarfilmregie an der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF in Potsdam. Neben ihrer Arbeit als Regisseurin betreut sie als Tutorin Filmprojekte mit Jugendlichen und Kindern. Ihr Langfilmdebüt "Unter uns Frauen" feierte 2021 beim Internationalen Leipziger Festival für Dokumentar- und Animationsfilm (DOK Leipzig) seine Weltpremiere.

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