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Weihnachtstöchter

Fernsehfilm der Woche

In Rolf Silbers Komödie spielen Felicitas Woll, Elena Uhlig und Gesine Cukrowski (Foto) drei zerstrittene Halbschwestern, die ausgerechnet in der Adventszeit um das Erbe ihres gemeinsamen Vaters (dargestellt von Peter Lerchbaumer) streiten. In weiteren Rollen sind unter anderen Tim Bergmann und Max von Pufendorf zu sehen.

  • ZDF, Montag, 14. Dezember 2020, 20.15 Uhr
  • ZDF Mediathek, Ab Montag, 7. Dezember 2020, 10 Uhr

Texte

Stab

Buch und Regie Rolf Silber
Kamera Stephan Wagner
Szenenbild Holger Sebastian Müller
Kostüm Susanne Roggendorf
Schnitt Marco Baumhof
Musik  Peter W. Schmitt, Torsten Kamps
Ton Tobias Schinko
Casting  Anna Kowalski
Produktionsleitung  Axel Unbescheid
Herstellungsleitung Karl-Eberhard Schäfer
Produktionsmanagement ZDF Carolin Klapproth
Producerin Katrin Haase
Produzent Norbert Walter, Karl-Eberhard Schäfer
Redaktion Pit Rampelt
Länge ca. 90 Min.

  

Eine ZDF-Auftragsproduktion der U5 Filmproduktion GmbH

Die Rollen und ihre Darsteller*innen

Regina      Gesine Cukrowski
Katarina   Elena Uhlig
Diana   Felicitas Woll
Thomas   Tim Bergmann
Johann König   Peter Lerchbaumer
Roger   Max von Pufendorf
Weihnachtsmann   Antonio Putignano
Ewa    Natalia Bobyleva
Amanda   Yuna
Pressburg    Hartmut Volle
Korenke   Rainer Ewerrien
Notar   Matthais Redlhammer
Erzieherin   Alice von Lindenau
Kontrolleur   Jochen Döring
Krankenschwester   Isabel Bergholt
Großvater   Heinrich Giskes
Kundin Patisserie   Andrea Wolf
Verkäuferin Patisserie   Helen Schilp
und andere    

Inhalt

Kurz vor Weihnachten verunglückt der Großbäcker Johann König tödlich, Vater dreier Töchter, die von drei verschiedenen Müttern stammen und die im ewigen Streit miteinander liegen.

Nun treffen sich Diana, Katarina und Regina im Haus ihres Vaters, um zu klären: Wer kriegt was, wer ist pleite, wer hat wen schon immer nicht leiden können, wer verrät welches Geheimnis nicht und wer hat Mutters Brosche geklaut? Und das zum Fest der Liebe!

Außerdem rebellieren die Angestellten der väterlichen Großbäckerei, die den Verkauf der Firma fürchten. Thomas, der Anwalt und Nachlassverwalter des alten Herrn, versucht, die verwickelten Schicksalsfäden zu entwirren. Reginas Ehemann Roger geht heimlich auf die Suche nach den angeblich versteckten wertvollen Gemälden in der Villa. Das ergibt burleske wie spannungsgeladene Situationen. Weihnachten droht katastrophal zu scheitern, wären da nicht zwei Überraschungsbesucher: Ein verunglückter Weihnachtsmann und ein verlorenes Waisenmädchen schaffen es, die ganze Familienbande rechtzeitig an Heiligabend zusammen zu bringen.

Statement von Drehbuchautor und Regisseur Rolf Silber

Man kann nur selten etwas erben wollen, ohne dass es ganz schnell ganz kompliziert wird. Eine Lebenserfahrung, die ich sicher mit vielen teile. Für einen Film eine wunderbare Gelegenheit, Menschen dabei zuzuschauen, wie frische Trauer, alter Ärger, tiefe Zuneigung, triefender Neid und/oder das Gefühl, vom Leben und der eigenen Familie nicht so gerecht behandelt worden zu sein, wie man es sich erwartet hat, miteinander in den Clinch gehen.

Ein Drama? Eine Komödie? Immer wenn sich diese Fragen so stellen, bin ich als Autor sofort wach und glücklich. Wenn das Ganze sich noch dazu an einem mit Emotionen aufgeladenen Feiertag wie Weihnachten ereignet: ein Fest. Und wenn man sich mit der Redaktion darauf einigen kann, eine solche Melange der Gefühle in Form eines nicht immer realistischen Weihnachtsmärchens zu schreiben – dann freue ich mich schon früh auf eine richtige Bescherung.

Natürlich sind die Geister dieser Weihnachtsgeschichte neuzeitlich und verbinden sich mit dem Schicksal von drei Halbschwestern – und auch da fühle ich mich traditionell zuhause: Ich schreibe gerne Frauenfiguren, weil die oft ein tiefergehendes emotionales Universum und den Hang zu komplexen Reaktionen miteinander verbinden können. Das erzeugt Reibung, und die erzeugt Hitze, mitten im Winter. Perfekt. Für einen Autoren also ein Glücksfall, wenn er so eine Geschichte (er)finden und dann als Regisseur mit einem großartigen Team, einer zugeneigten Produktion und tollen Darstellerinnen und Darstellern realisieren kann.

Interview mit Elena Uhlig

Die "Weihnachtstöchter" – drei völlig unterschiedliche Frauencharaktere. Was hat Katarina, was ihre Halbschwestern nicht haben, und was war reizvoll daran, sie zu spielen?

Katarina ist sehr gefühlvoll. Als "Sandwichkind" steht sie zwischen ihren beiden Schwestern und musste immer alles allein regeln. Wenn ich mich für eine Rolle entscheide, ist es eigentlich nie ein einzelner Aspekt, sondern das Gesamtkonzept. Hier hat einfach alles gepasst und war sehr reizvoll: die Rolle, die Kolleginnen und Kollegen, auch das Drehbuch, das zum Nachdenken anregt.

Vor der Kamera ist sich das Schwesterntrio nicht ganz grün, Wie gut haben Sie sich mit Felicitas Woll und Gesine Cukrowski hinter der Kamera verstanden? 

Es war herrlich, wir haben uns irgendwie sofort ineinander verliebt. Gesine Cukrowski kannte ich schon aus Berlin, und wir sind ohnehin freundschaftlich verbunden. Felicitas Woll und ich sind bei derselben Schauspieleragentur. In den Drehpausen haben wir drei immer in dem skurrilen 70er-Jahre-Keller der Villa zusammengesessen, weil das der ruhigste Platz war. Da wir alle im selben Hotel gewohnt haben, trafen wir uns dort ebenfalls ab und zu. Es war eine schöne Zeit – bis auf eine Tatsache: dass meine Filmschwestern die viel schöneren Zimmer mit Blick zum Garten hatten.... Nein, Spaß (lacht).

Ein großes Thema des Films sind Erbstreitereien – hatten Sie schon mal mit dem Thema Erben zu tun?

Nein, Gott sei Dank nicht. Aber ich gehöre auch nicht zur Erbengeneration, und die berühmte reiche Tante in Amerika gibt’s bei uns auch nicht, soweit ich weiß. Die Aussicht, nichts zu erben, ist doch gar nicht schlecht, dann gibt’s wenigstens keinen Kampf in der Familie. Ich bin ohnehin der Ansicht, jeder sollte sein eigenes Geld verdienen und seinen eigenen Weg gehen, ohne darauf zu hoffen, dass irgendwann ein großes Erbe kommt. Das ist viel spannender.

Auch nach dem Tod kann Katarina ihren Vater noch sehen und sich mit ihm unterhalten. Wie herausfordernd war es, mit einem Geist"zu drehen? Worauf muss man besonders achten, damit die Szenen am Ende nicht kitschig werden?

Da habe ich völlig Regisseur Rolf Silber vertraut. Ein alter Hase im Filmgeschäft, aber noch jung im Kopf. Ich kenne ihn schon lange, und er kann sehr gut Komödien inszenieren. Er hatte sehr genaue Vorstellungen von einer Szene, war aber trotzdem bereit, über neue Ideen zu sprechen. Die Szenen mit meinem Filmvater Peter Lerchbaumer waren ganz unterschiedlich. Manchmal sprachen wir direkt miteinander, aber oft durfte ich ihn nicht anschauen, so dass es eher Selbstgespräche waren, die ich führte. Wie bei Telefonaten im Film, da gibt es ja auch kein Gegenüber, mit dem wir agieren können.

Die kleine Amanda erobert die Herzen der drei Schwestern, so dass sie sogar über eine Adoption nachdenken. Hatten Sie schnell einen Draht zu der jungen Darstellerin Yuna? 

Ja. Sie war sehr aufgeschlossen, und man merkte, dass sie richtig Lust darauf hatte zu spielen, da war nichts von außen erzwungen. Sie ist ein ziemlicher Wirbelwind, und wir haben uns sehr gut verstanden – und nein, über eine Adoption habe ich im Gegensatz zu Katarina im Film nicht nachgedacht. Ich habe vier Kinder, das genügt (lacht). 

Weihnachten bei den Königs – eine turbulente Feier, am Ende aber auch mit besinnlichen Momenten. Wie darf man sich Weihnachten im Hause Uhlig vorstellen? 

Wild. Und sehr familiär. Für uns ist es vor allem ein Fest der Kinder und der Liebe. Aber Stress gibt’s natürlich auch, man muss ja schon im Januar anfangen, die Geschenke zu besorgen, damit im Dezember dann alles komplett ist. Auch das Weihnachtsessen wird fleißig diskutiert. Für mich ist, ganz klassisch, die Gans wichtig. Fisch finde ich nicht so gut, auch nicht Würstchen mit Kartoffelsalat an Heiligabend. Leider kann ich mich nicht jedes Mal durchsetzen. Traditionell wird bei uns auch gesungen.

Interview mit Felicitas Woll

Wie denken Sie über Ihre Figur?

Diana war für mich so interessant, weil sie so unnahbar erscheint. Und man erst später erfährt, warum sie so große Mauern um sich herum gebaut hat. Eigentlich hat sie ein weiches Herz und ist emphatisch. Aber auch das muss sie erst wieder selbst entdecken. Sie ist anfangs zynisch und lässt dann nach und nach ihre Mauern einstürzen, weil sie nicht weiß, wieviel Zeit ihr noch bleibt, da sie in ihrem Kopf einen Bewohner hat, der sie bestimmt.

Sie sind selbst mit sechs Geschwistern großgeworden.

In einer großen Familie aufzuwachsen, ist die beste Übung für das Leben. Es geht dann nur zusammen, auch wenn man zwischendurch seinen Raum für sich selbst braucht. Aber für die Arbeit im Team ist man dadurch sehr gut vorbereitet. Wir haben sehr bunte Weihnachtsfeste gefeiert. Immer anders. Ich denke gerne daran, es war etwas Besonderes. Heute feiern wir auch sehr gemütlich, nicht zu viel, nicht zu wenig. Aber immer so, dass es das Herz warm macht und man die Zeit miteinander genießt.

Diana ist in einer Bäckereifamilie aufgewachsen, mit Stollen und Keksen in der Weihnachtszeit. Was ist Ihre liebste Weihnachtsnascherei? Backen Sie selbst?

Ich liebe die Weihnachtszeit. Dominosteine, Spekulatius, Stollen – aber nur mit Marzipan. Und zusammen backen gehört dazu.

Dianas verunglückter Vater mischt als "Geist" noch kräftig am Geschehen mit. Wie waren die gemeinsamen Aufnahmen mit Peter Lerchbaumer?

Die Szenen mit meinem Filmvater wurden so umgesetzt, dass wir die Szene mit uns beiden nebeneinander gedreht haben. Und dann nochmal getrennt. Ich liebe solche Szenen, in denen man seine Fantasie so benutzen darf, dass man sich vorstellen muss, mit einem Geist zu sprechen.

Was wäre Ihr größter Wunsch zu Weihnachten?

Ich habe keine großen Wünsche. Ich schenke gerne und werde gerne beschenkt, unabhängig von einem Datum. Mir ist nur wichtig, dass ich meine Familie möglichst um mich herum habe und wir glücklich und gesund sind. Geschenke sind als Kind schön, aber irgendwann werden andere Dinge wichtiger.

Interview mit Gesine Cukrowski

Was ist das Besondere an Regina?

Es hat sehr großen Spaß gemacht, wie immer, wenn man nicht so glatte Charaktere spielt. Und Regina ist alles andere als glatt, denn sie hat mit ihren eigenen Unzulänglichkeiten zu kämpfen. Sie ist ja die Älteste der Schwestern, möchte perfekt sein und scheitert natürlich ständig daran, fühlt sich ungerecht behandelt und haut dann verbal um sich. Als nach und nach ihre beiden Halbschwestern in die Familie kamen, musste sie auch noch damit fertig werden, eben nicht mehr das einzige Kind zu sein. Verschärft wurde die Situation noch dadurch, dass es jeweils zu den Schwestern auch neue Mütter gab, die ihr quasi den Vater weggenommen haben. Entthronung und Eifersucht unter den Geschwistern kann ja auch in echten Familien ein Riesenthema sein, wie ich in meinem Umfeld beobachten kann.

Welche Szene hat Sie am meisten beeindruckt?

Was mir am meisten in Erinnerung geblieben ist, war die erste Szene mit meinem Film-Ehemann Max von Pufendorf. Vor allem, weil wir uns gar nicht kannten. Unsere allererste Spielsituation war gleich ein Ehekrach, eine sehr intensive Tür-auf-Tür-zu-Szene, erst Streit, dann Liebe, dann wieder Streit und Annäherung. Für so eine Szene muss man zusammen schwingen, sonst klappt es nicht. Und da Max und ich überhaupt nicht wussten, wie der jeweils andere spielt und wie wir miteinander klarkommen würden, waren wir sehr aufgeregt. Umso erleichterter stellten wir fest, dass wir beide auf die gleiche Art und Weise in die Szene reingesprungen sind. Wir hatten das gleiche Timing und kamen super miteinander aus. Wir mussten ja ein Ehepaar spielen, das schon lange verheiratet ist, sich entsprechend gut kennt und sich eigentlich schon auf den Keks geht. Unsere größte Angst war, dass all das nicht authentisch rüberkommt.

Regina lässt sich die Weihnachtsgans schmecken – im Gegensatz zur restlichen Familie. Was gibt es denn bei Ihnen traditionell als Weihnachtsessen?

Ich komme aus einer großen Familie mit drei Geschwistern, und wir alle verbringen, soweit das möglich ist, den 26. Dezember traditionell bei unseren Eltern. Heiligabend feiert normalerweise jeder in seiner eigenen kleinen Familie, aber bisher haben wir uns immer am zweiten Weihnachtstag alle gemeinsam getroffen zum Gänseessen – wie im Film. Und meine Mutter brät einfach die leckersten Keulen überhaupt, das gelingt ihr jedes Mal phantastisch, so knusprig und auf den Punkt.

Wie wurde Weihnachten bei Ihnen früher gefeiert?

Eigentlich feiern wir Weihnachten seit eh und je auf die gleiche Weise. Als ich noch ein Kind war, verbrachten wir den 26. Dezember immer bei meiner Oma, inklusive meiner ganzen Cousinen. Wir sind eine ziemlich große Familie: Mein Vater hat eine Schwester, die ebenfalls vier Kinder hat. Mittlerweile sind wir so viele – wenn sich die beiden Familien treffen und meine Cousinen und deren Kinder auch noch dabei wären, müssten wir anbauen… (lacht). Es war immer viel los bei uns. Und es war Brauch, dass wir Kinder an Weihnachten immer etwas aufgeführt haben, wie eigentlich bei jedem Familientreffen, manchmal sogar jeden zweiten Sonntag. Entweder haben wir den Gottesdienst nachgespielt – ich war der Pfarrer, weil ich alles auswendig konnte, und meine arme Familie musste sich alles nochmal anhören. Oder wir haben Zirkus gespielt. Heute haben meine Tochter und meine Nichten und Neffen diesen Brauch übernommen. Jedes Jahr beim Weihnachtstreffen ziehen sie sich für eine Stunde zurück und erfinden ein kleines Theaterstück, eine Art erweitertes Krippenspiel, und führen es auf. Und es ist jedes Mal großartig, alles sehr begabte junge Menschen.

Welche Vor- und Nachteile hat es eigentlich, mit so vielen Geschwistern aufzuwachsen?

Ich sehe da mehr Vorteile als Nachteile, obwohl mein Bruder, der Älteste von uns, es anfangs doof fand, nicht mehr das einzige Kind zu sein. Er ist drei Jahre älter als ich, meine nächste Schwester sechs Jahre jünger als ich, und zwischen mir und meiner jüngsten Schwester liegen zwölf Jahre. Bis heute verstehen wir uns alle super und halten zusammen wie Pech und Schwefel. Nur beim Essen gab’s früher Probleme – das werden Kinder aus großen Familien sicherlich kennen: die Furcht, nicht genügend abzubekommen. Deshalb schlinge ich auch heute noch beim Essen (lacht). Mein Bruder war immer der Schnellste und bekam den Nachschlag. Natürlich war das völlig unbegründet, es war genug da, und jeder wurde satt. Inzwischen sind wir quasi ein kleiner Mikrokosmos, der in sich gut funktioniert. Meine Schwester und ihr Mann sind Ärzte, meine andere Schwester und ihr Mann Anwälte, und mein Bruder hatte früher einen Computergeschäft und hat sich mittlerweile auf Sportbretter spezialisiert wie Longboards und Kiteboards. Für die Bildung sorgen meine Schwägerin und mein Mann, als Lehrerin und Autor…

Dann war Ihre Kindheit und Jugend mit den Geschwistern auch eine gute Team-Übung fürs Leben?

Absolut. Und meine Mutter hat wirklich beste Arbeit geleistet. Natürlich haben wir uns auch geprügelt, man wächst ja nicht auf und findet sich immer toll. Zwischendrin fanden wir es schon mal grauenvoll, aber das gehört alles dazu, damit man später in der Gesellschaft klarkommt. Meine Mutter hat da sehr viel Energie reingesteckt, damit wir lernen, wie wir miteinander umgehen sollen und auch, wie wir uns entschuldigen, dass wir den anderen verstehen lernen. Das alles hat uns sehr geprägt.

Ihren Filmvater Peter Lerchbaumer nimmt Regina nach dem tödlichen Unfall noch als "Geist" wahr. Wie haben Sie die gemeinsamen Szenen mit ihm empfunden?

Natürlich waren die Szenen anders als normale Dialoge und erforderten noch mehr Konzentration. Peter war zwar anwesend, aber wir haben nicht wie üblich interagiert oder uns angeschaut. Es war vor allem eine Frage der Regie, wie wir damit umgehen. Sehe ich ihn oder spüre ich ihn nur? In welche Richtung soll ich sprechen? Die Vorgabe war dann, dass ich ihn nur unbewusst wahrnehmen soll, was tatsächlich gar nicht so einfach ist, wenn derjenige eigentlich neben dir sitzt. Man muss gegen seine Schauspiel-Instinkte arbeiten…

Audio-Interview mit Gesine Cukrowski*

Klicken Sie für die mp3-Datei bitte hier.
*Die Verwendung im Zusammenhang mit der Sendung ist honorarfrei.

 

Audiodiskription:

 

(Anmoderation:

Zerstrittene Halbschwestern, alle vom gleichen Vater, der kurz vor Weihnachten stirbt. Das ist die Ausgangssituation des ZDF-Fernsehfilms „Weihnachtstöchter“.

Regina, Katarina und Diana haben so gut wie nichts gemeinsam, nur den gleichen Vater. Und der verunglückt tödlich mit seinem Wagen, als er einer Gans ausweicht. Wenige Tage vor dem Fest der Liebe müssen sich die drei menschlichen Streitgänse zusammenraufen und im Haus des Vaters mit einem Nachlassverwalter klären, wer was von den Hinterlassenschaften haben möchte. Während Regina und Katarina nach Wertsachen kramen, will Diana am liebsten alles verbrennen oder verschenken. Komplizierter wird die Situation noch durch Papas gar nicht gutlaufende Großbäckerei – keine guten Voraussetzungen für ein harmonisches Weihnachtsfest. Doch es gibt – so viel sei verraten – ein Happy End.

Gesine Cukrowski spielt die älteste Schwester Regina. Wir haben mit ihr gesprochen.)

 

1. Frau Cukrowski, ganz kurz: worum geht es in "Weihnachtstöchter"?

Es geht um drei Schwestern, die sehr, sehr unterschiedlich sind und die unfreiwillig an Weihnachten zusammenkommen, weil der Vater unfreiwillig kurzfristig verstorben ist und sie sich um ein Erbe streiten. (0:15)

 

2. Sie spielen die älteste Schwester Regina. Inwiefern unterscheidet sie sich denn von den anderen beiden Halbschwestern Katarina und Diana?

Regina ist ja die Älteste und ist auch die, die für sich beansprucht, dass sie die Haupterbin ist, weil sie die Erstgeborene ist. Daraus ergibt sich diese Grundstreitsituation, weil sie die kleinen Schwestern überhaupt nicht akzeptiert und noch nie akzeptiert hat und jetzt bei dem Erbstreit natürlich noch viel weniger. Sie hatte allerdings auch das schlechteste Verhältnis zu dem Vater, weil sie von Anfang an sehr frustriert war, dass er sich neue Frauen gesucht hat und er sich eben mit jeweils noch einer anderen Frau noch ein anderes Kind angeschafft hat. Also das ist ihr Grundfrust. Da muss man mal schauen, ob es da einen Weg aufeinander zu gibt. (0:38)

 

3. Den verstorbenen Vater Johann König nehmen die Schwestern als einen Geist wahr. Wie herausfordernd waren die Dreharbeiten dieser Szenen?

Da ist natürlich viel auch technisch gelöst worden. Also wir sollten so tun, als würde er eigentlich doch nicht da sitzen, aber er saß ja da. Unsere Fantasie sollte sein: wir sehen den nicht, aber der Zuschauer sieht ihn. Und mit jemandem zu spielen, der wirklich da ist, wo man sich aber vorstellt, der ist jetzt gar nicht da. Das war eine Kopfsache, aber es war jetzt nicht wahnsinnig schwer oder so. (0:24)

 

4. Regina will ihre Halbschwestern anfangs hintergehen und möglichst viel Geld für sich rausholen. Das ist ja nicht gerade die feine Art. Was hat Sie denn an der Rolle der Regina gereizt?

(lacht) Naja, sie hat schon eine sehr eigene Auffassung von Gerechtigkeit, so nenn ich das mal, und gepaart mit so einer leichten kriminellen Energie. Das mochte ich sehr. Das macht natürlich großen Spaß so jemanden zu spielen. Der Reiz besteht ja immer darin, dass man jemanden, der sich eigentlich nicht so nett benimmt, dass man den am Ende doch versteht und liebhat. Das war schön bei der Figur. (0:26)

 

5. Die Charaktere durchlaufen in den 90 Minuten eine Entwicklung. In welche Richtung Regina?

Das Schöne an der Situation, in die die drei Frauen ja geworfen werden und alle drei unfreiwillig, weil alle drei wissen: Da kommt nichts Gutes bei raus, wenn die so viel Zeit in diesem Haus zusammen verbringen müssen. Das Gute daran ist ja, dass sie gezwungen sind, nicht wie sie es bisher gemacht haben, voneinander wegzulaufen, sondern, dass sie sich stellen müssen und dass sie gezwungen sind, sich auch mal zuzuhören. Und die Entwicklung entsteht natürlich genau dadurch. Dass sie sich zwangsweise zuhören müssen. Meine Figur hat zum ersten Mal eigentlich einen Ansatz von Empathie. Dass sie sich einmal auch in ihre Schwestern hineinversetzt und merkt: ok, so wie ich mir das immer vorgestellt habe – ich bin die, die im Nachteil ist, und die anderen werden bevorzugt. Jeder hat seine eigene Geschichte, und es sieht aus der jeweiligen Sicht nochmal anders aus. Und das ist ja auch etwas Schönes, das man mitnehmen kann. (0:51)

 

6. Das Schwesterntrio versteht sich ja nicht so gut. Hat sich das auf Ihr Verhältnis zu den Kolleginnen Elena Uhlig und Felicitas Woll ausgewirkt?

Dass ich mich mit den beiden nicht so gut verstanden habe? (lacht) Nein, nein. Ganz und gar nicht. Wir sind ja professionelle Schauspielerinnen und haben große Freude daran, auch Konflikte zu spielen. Es gibt fast nichts, was mehr Spaß macht, als schöne Streits zu spielen. Es ist eine große Freude gewesen zu arbeiten, und ich mag beide wahnsinnig gerne. Es war ein Glücksfall, dass wir drei zusammengewürfelt wurden. (0:25)

 

7. Also fällt es leichter Streitgänse zu spielen, wenn man sich untereinander gut versteht?

Das ist richtig, ja. Weil, um virtuos einen Streit spielen zu können, muss man ja trotzdem das richtige Timing haben, das richtige Gefühl füreinander was die Temperaturen angeht, wie hoch steigt man ein und so weiter. Also man muss auch im Streit als Schauspieler miteinander schwingen. Das ist wie eine Rockband. Das sind verschiedene Instrumente, die zusammenspielen, aber es muss zusammenklingen, auch wenn es disharmonisch ist. Da kann nicht jeder machen, was er will. Und wenn man so Kolleginnen hat, wie ich sie eben hatte, wo das so gut funktioniert, dann macht die Arbeit eben wirklich Spaß. (0:32)

 

8. Streit zwischen Geschwistern ist ja nichts Außergewöhnliches. Wie ist das Verhältnis zu Ihren Geschwistern?

Ich habe tatsächlich zwei jüngere Schwestern, die tatsächlich genauso alt sind wie jeweils Elena und Felicitas. Deswegen war das für mich wirklich sehr witzig, und ich hatte ein paar Déjà-vus. Aber nicht in diesen Streitsituationen, weil ich mich mit meinen Schwestern wirklich sehr gut verstehe. Wir haben aber auch alle die gleiche Mutter. Und ich habe noch einen älteren Bruder. Ich kenne also beides. Ich kenne also auch diese Situation, dass einer über mir ist, der diesen ‚Ich bin der Erstgeborene‘-Platz beansprucht aus meiner Kindheit. Also aus der Kindheit kenne ich Streitsituationen, aber jetzt im Erwachsenenalter verstehen wir uns wirklich blendend. Ich würde mal sagen, wenn wir eine Situation hätten, in der wir uns um ein Erbe streiten, das haben wir Gott sei Dank noch nicht, glaube ich nicht, dass es so laufen würde. (0:43)

 

9. Und gibt es an Weihnachten auch mal Stress untereinander?

Also bei uns ist es sehr harmonisch, und wenn wir Weihnachten zusammenkommen, weil wir sehr verstreut sind zum großen Teil, ist es eher so, dass wir uns sehr, sehr freuen uns zu sehen und es sehr genießen. Von daher kann ich das ausschließen. (0:11)

 

10. Haben Sie in Ihrer Familie besondere Weihnachtstraditionen?

Also an Heiligabend feiert jeder mit seiner kleinen eigenen Familie, und am 26. kommen dann eben alle – meine ganzen Geschwister mit den jeweiligen Kindern, unsere Partner und meine Eltern zusammen. Und dann machen meine Eltern Gänsekeulen, und es gibt, weil wir so viele sind, Julklapp. Also es gibt nur noch ein Geschenk für jeden. Und dann gibt es natürlich die Tradition, dass unsere Kinder, die mittlerweile sehr viele sind, sich zusammen tun eine Stunde lang und für eine kleine Aufführung proben. Sozusagen ein privates Krippenspiel. Das machen sie jetzt seit ein paar Jahren, und das ist mittlerweile legendär. Wir lachen uns schlapp. Es sind sehr begabte und kluge Kinder. (0:35)

 

11. Die Zeiten in diesem Jahr sind schwierig. Freuen Sie sich trotzdem auf die Advents- und Weihnachtszeit?

Das Schöne an der Adventszeit ist ja, das sollte die Zeit sein, in der man sich ein bisschen besinnt. Das kann auch in Corona-Zeiten jeder machen, und mit seiner eigenen Hausgemeinschaft kann man ja seine Kerzen anzünden. Wir haben moderne Zeiten. Mit Skype und FaceTime kann man sich ja auch sehen. Meine Eltern haben sich jetzt zum Beispiel so einen Heizlüfter für die Terrasse angeschafft, sodass wir da zu Besuch gehen können und uns weiterhin dann auf der Terrasse mit Abstand sehen können. Man muss jetzt also gucken, wie man mit der Situation umgeht. (0:30)

 

 

(Abmoderation:

Gesine Cukrowski im Interview. Wie die drei Halbschwestern es schaffen, am Ende des „Fernsehfilms der Woche“, sich doch noch vor dem Christbaum zu vertragen, sehen Sie am 14. Dezember um 20 Uhr 15 im ZDF oder ab sofort in der ZDFmediathek.)

 

Das Interview führte Leonie Linhoff (all4radio).

Interview mit Tim Bergmann

Thomas ist zwar ein versierter Anwalt, aber auch am Rande der Verzweiflung, weil die König-Schwestern sich nicht über das Erbe einigen können. Warum wollten Sie ihn spielen?

Aus mehreren Gründen. Zum einen gibt es nun ja schon seit 25 Jahren eine enge Verbundenheit mit Rolf Silber, mit dem ich 1995 meinen ersten großen Kinofilm gedreht habe. Immer wieder sind wir uns seit "Echte Kerle" begegnet. Thomas ist natürlich gerade in seiner Verzweiflung eine sehr reizvolle Figur. Ein Anwalt, dem alles leicht von der Hand geht, wäre bei Weitem nicht so interessant gewesen. Und innerhalb des wunderbaren Ensembles wäre er dann wohl eher eine blasse Erscheinung gewesen.

Wie haben Sie die Arbeit mit Rolf Silber empfunden – was zeichnet seinen Regiestil vor allem aus?

Ich liebe es, mit Rolf zu drehen! Endlich kam es jetzt wieder zu einem gemeinsamen Film. Zum vierten Mal – was definitiv in 25 Jahren viel zu selten ist. Schon in unserer ersten Zusammenarbeit, und da kam ich ganz frisch von der Otto-Falckenberg Schule, war sofort spürbar, wie sehr Rolf die intensive Arbeit und Auseinandersetzung mit seinen Schauspielerinnen und Schauspielerin sucht und liebt. Das ist erstaunlicherweise nicht selbstverständlich. Und vor allem kann Rolf Komödie! Was bekanntermaßen nicht gerade einfach ist. Dieses Genre wird oft unterschätzt und leider viel zu selten in dieser Qualität auf den Weg gebracht.

Was ist Ihnen persönlich an Weihnachten besonders wichtig?

Ich kann mir Weihnachten tatsächlich sehr gut auf äußerst unterschiedliche Weise vorstellen. Ich habe die verschiedensten Varianten schon erlebt. Ob zu zweit oder in großer Runde, ob mit Baum oder ohne Baum, ob zu Hause oder in einem fernen Land – es gibt da für mich keine Umstände oder Programmpunkte, die unbedingt eingehalten werden müssen.

Interview mit Max von Pufendorf

Ihre Rolle als Roger, Ehemann von Regina König, beschreibt Rolf Silber als "alternden Beau, der zur eigenen Verblüffung seine Frau immer noch liebt". Haben Sie da sofort zugegriffen, als Ihnen diese Rolle angeboten wurde?

(lacht) Auf den "alternden Beau" kann man sich nicht früh genug abonnieren. Aber im Ernst: Ich bin für einen Kollegen eingesprungen, für den die Rolle ursprünglich geschrieben war. Der konnte nicht. Ich mochte den Humor in dem Buch. Dass der Neoliberalismus meiner Figur der etwas ausgelaugten Ehe im Erbschaftsstreit frischen Wind gibt und die beiden dadurch wieder ein Team werden, fand ich wunderbar. Durch Geldgier hin zur Liebe unterm Weihnachtsbaum. Rolf Silber kannte ich noch nicht. Ich mochte die Arbeit mit ihm sehr.

Auch mit Gesine Cukrowski hatten Sie noch keine Erfahrungen. Wie schwierig ist es, trotzdem mit ihr ein lange verheiratetes Ehepaar zu spielen?

Wenn die Dialoge gut geschrieben sind, muss man keine gemeinsame Ehe durchlebt haben, um ein glaubhaftes Paar abzugeben. Außerdem: In wieviel Ehen haben die Ehepartner keinen blassen Schimmer, was den anderen gerade betrifft? Regina und Roger ist das in ihrer Ehe auch passiert. Am ersten Drehtag hatten wir gleich eine Szene, in denen sich unsere beiden Figuren mächtig in den Haaren haben. Wir hatten großen Spaß daran. Ich hoffe, das sieht man.

Ihre Figur ist ja Betreiber einer Edelpatisserie für anspruchsvolle Kunden mit exotischen Kombinationen wie Schokolade mit Chili oder Edelbitter mit Salz und Granatapfelcreme. Was halten Sie von diesem Trend neuartiger Kombinationen?

Roger ist eigentlich nicht der Betreiber der Patisserie. Die ist das Projekt seiner Frau Regina. Ihr "Jodeldiplom", um aus Rogers Sicht mit Loriot zu sprechen. Er selbst war als Finanzberater tätig. Ihm wurde soeben gekündigt. Im Laufe des Filmes springt er dann eher aus dieser Not heraus für Regina das erste Mal in der Patisserie ein.

Ich persönlich esse sehr gerne Schokolade, bin aber kein großer Fan von allzu extravaganten Kombinationen. "Truffes de Jour" aus der Schweiz – pure Schokolade mit frischer Sahne ohne Konservierungsstoffe, sind nur ein paar Tage haltbar. Beispielsweise.  Zum Niederknien. Das pure Glück. Leider unbezahlbar.

Was war denn Ihr lustigstes oder emotionalstes Weihnachtsfest im wirklichen Leben?

Ich erinnere mich an sehr viele sowohl emotionale als auch lustige Momente. Gerade die Bemerkungen zwischen den Zeilen. Zwischen meinen Großmüttern und Tanten gab es beispielsweise, als ich klein war, immer einen unterschwelligen, absolut humorfreien Wettstreit, wer die bessere Köchin sei. Als Kind habe ich davon sehr profitiert. Am zweiten Weihnachtstag hatte meine Tante zwei sensationelle Gänse gekocht. Der Rest der Familie übertrumpfte sich mit Lobeshymnen. Das wurde der Großmutter, die einen Tag zuvor auch eine köstliche, aber nicht ganz so sensationelle Pute hingelegt hatte, etwas zu viel. Sie bemerkte, übertrieben angestrengt kauend: "Also, ich muss das Stück der Dorfältesten mitbekommen haben." Weihnachten weckt ja in fast allen Familienmitgliedern den Wunsch nach Frieden und Harmonie. Gerade diese Erwartungshaltung entfacht dann auch viel Explosives und sehr viel Komik.

Die Interviews führte Jutta Bök.

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