Wir haben einen Deal
Der Fernsehfilm der Woche
Der Fernsehfilm erzählt davon, wie nachhaltig eine Missbrauchserfahrung das Leben eines Menschen prägen kann: Die Konfrontation mit seinem ehemaligen Fußballtrainer, der ihn als Kind missbraucht hat, stürzt den beruflich erfolgreichen Frank in eine Lebenskrise. Bisher hatte er sich niemandem anvertraut. Als er feststellt, dass sein damaliger Trainer sich immer noch übergriffig verhält und der Freund seines Sohnes im Fußballverein davon betroffen sein könnte, ringt er sich mit Unterstützung seiner Frau zu einer Anzeige durch.
- ZDF, Montag, 23. Oktober 2023, 20.15 Uhr
- ZDF Mediathek, Ab Samstag, 14. Oktober 2023, 10.00 Uhr
- ARTE, Freitag, 20. Oktober 2023, 20.15 Uhr
Texte
Es ist das Gefühl der Scham, das Opfer sexualisierter Gewalt eint und ihnen die Stimme raubt. Der Fernsehfilm "Wir haben einen Deal" will den Opfern von Missbrauch eine Stimme geben und dazu auffordern, nicht wegzusehen. Dass ausgerechnet der Sport in seinen vielfältigen Varianten, ob als Leistungs- oder Breitensport, ein Umfeld bietet, in dem Täter an den von ihnen betreuten Kindern und Jugendlichen sexualisierte Gewalt ausüben können, ist schreckliche Realität. Nur wenige Menschen wagen es, über das zu reden, was ihnen als Kind oder Jugendliche angetan wurde – dies oft über Jahre und scheinbar unbemerkt. Das Schweigen zu brechen fordert viel Mut und kann nur in einer offenen Gesellschaft stattfinden, die auch bereit ist, zuzuhören. Deshalb legt unser Film sein Augenmerk nicht auf das, was in der fiktiven Geschichte von Frank geschehen ist, sondern wie er damit lebt.
Anja Helmling-Grob
Hauptredaktion Fernsehfilm I
Drama, Deutschland 2023
Buch Marie-Helene Schwedler
Regie Felicitas Korn
Kamera Julian Krubasik
Ton Alexander von Zündt
Szenenbild Cosima Krubasik
Schnitt Constantin von Seld
Musik Christine Aufderhaar
Produktionsleitung Florian Nilson
Produzenten Martin Richter, Christian Becker
Produktion Rat Pack Filmproduktion in Zusammenarbeit mit ARTE
Redaktion Anja Helmling-Grob
Länge 89 Minuten
Die Rollen und ihre Darsteller*innen
Frank Lechner Felix Klare
Sabina Lechner Patricia Aulitzky
Tim Lechner Levin Mahir
Christian Shenja Lacher
Elena Liane Forestieri
Klaus Wille Peter Lohmeyer
Klaus Wille (33 Jahre) Felix Everding
Yanis Benatia Josua Mason
Hanne Tretter Johanna Bittenbinder
Peter Deschel Heinz-Josef Braun
und andere
Die Konfrontation mit seinem ehemaligen Fußballtrainer Klaus Wille, der ihn als Kind missbraucht hat, stürzt den beruflich erfolgreichen Frank in eine Lebenskrise.
Frank hatte sich nie jemandem anvertraut. Als er auf Drängen seiner Frau Sabina in sein Heimatdorf zurückzieht, überkommen ihn die jahrelang unterdrückten Schuld- und Schamgefühle. Sabina und sein Sohn Tim verstehen nicht, was mit ihm los ist. Er vernachlässigt seine Arbeit als Unternehmensberater, nimmt heimlich Tabletten, trinkt zu viel und wird von Panikanfällen heimgesucht. Als sich Sabina ausgerechnet bei Klaus Willes ortsansässiger Holzbaufirma als Raumausstatterin anstellen lässt, stürzt die Ehe in eine tiefe Krise. Sabina erkennt ihren eigenen Mann nicht mehr und versteht nicht, warum Frank alles kaputtmacht, was sie sich aufgebaut haben. Was ist in Franks Kindheit geschehen, dass er sich eine Auszeit wünscht und nach Frankfurt in ein Hotelzimmer flüchtet? Auch von Franks älterem Bruder Christian und dessen Frau bekommt sie keine Antworten.
Doch Sabina lässt nicht locker, fährt in Sorge nach Frankfurt zu ihrem Mann. Frank erzählt ihr endlich die Wahrheit. Als er mit acht Jahren der Star des Fußballvereins war, habe sein Trainer Klaus Wille ihn zu einem Deal verpflichtet: Er werde den FC-Bayern-Scout auf Frank aufmerksam machen, dafür müsse Frank über die Vorkommnisse schweigen. Unterstützt von Sabina und weil er vermutet, dass Wille, inzwischen Ehrenpräsident des örtlichen Fußballvereins, sich immer noch übergriffig verhält, ringt Frank sich zu einer Anzeige durch, die das Dorf und den Verein erschüttern. Frank steht als Nestbeschmutzer am Pranger, doch er hat keine Wahl: Er muss sich von den Dämonen seiner Kindheit befreien, will er nicht seine Familie und sich selbst verlieren.
Die Produzenten Christian Becker und Martin Richter wurden im Rahmen des Filmfest München 2023 mit dem Bernd Burgemeister Fernsehpreis für den besten TV-Film ausgezeichnet. Beim 19. Festival des deutschen Films in Ludwigshafen am Rhein hat "Wir haben einen Deal" den Rheingold Publikumspreis gewonnen.
Statement von Produzent Martin Richter
Mit der Stoffidee der Autorin Marie-Helene Schwedler, die uns vorschlug, einen Film über einen Betroffenen zu machen, der seit dem Missbrauch des Trainers Jahre zuvor darunter leidet, konnten wir die ZDF-Redakteurin Anja Helmling-Grob gewinnen. Mit ihr gemeinsam haben wir den Stoff dann bis zur Drehreife entwickelt.
Bereits in der Vorbereitung hat die Autorin eng mit einer Psychologin zusammengearbeitet, um dem Thema und Betroffenen möglichst gerecht werden zu können. Unsere Regisseurin Felicitas Korn und unser Cast – allen voran Felix Klare, Patricia Aulitzky oder auch Peter Lohmeyer – haben sich sehr intensiv und mit sehr viel Feingefühl diesem Thema genähert. Insbesondere für Felix war es eine große Herausforderung, einen Betroffenen zu verkörpern und Gefühle und Schmerz derart authentisch und wahrhaftig zu transportieren. Er hat unsere Hauptfigur unglaublich stark verkörpert.
Ich bin Familienvater und das, was wir hier erzählen, gehört mit zu den schlimmsten Dingen, die einem Kind angetan werden können. Wir stehen als Produktionsfirma für fiktionale Unterhaltung. Wenn es uns jedoch gelingt, mit einem packenden Familiendrama gleichzeitig ein noch größeres Bewusstsein für ein gesellschaftlich relevantes, unglaublich wichtiges Thema zu schaffen, dann ist das für alle Beteiligten ein Erfolg. Wir freuen uns daher alle sehr, dass das Publikum beim Filmfest München und beim Festival des deutschen Films in Ludwigshafen mit sehr berührendem und beeindruckendem Feedback auf das gesamte Team zukam.
Statement von Schauspieler Felix Klare
In der Vorbereitungszeit für diese Rolle wurde mir von Tag zu Tag klarer, dass ich diesmal ganz besonders sorgsam, sensibel und genau vorgehen musste. Ich spürte, welche Verantwortung ich mit der Darstellung eines durch sexuelle Übergriffe schwerst traumatisierten Menschen übernommen hatte. Dies wollte und musste ich so gut wie irgend möglich hinbekommen, um den wirklich Leidtragenden auch nur ansatzweise gerecht zu werden.
In der Recherche wurde mir schnell bewusst, dass es zwei Hauptthemen gibt, mit denen Betroffene immer wieder zu kämpfen haben und welche die Folgen dieser traumatischen Erlebnisse sind: Schuld und Scham. Zwei grundsätzlich sehr unangenehme Gefühle, die jeder von uns kennt, und denen man gerne aus dem Weg geht, anstatt sich ihnen zu stellen.
Und genau da habe ich angesetzt: Wo fühle ich mich schuldig, für was schäme ich mich und woher kommen solche Gefühle? – auf diese Weise habe ich versucht, mich schrittweise mit der Figur zu verbinden. Nur ist die Dimension, in der ein sexuell traumatisierter Mensch diese Gefühle erlebt, von unvorstellbarem Ausmaß. Mein Anspruch, soweit es überhaupt möglich ist, mit verantwortungsvollem Bewusstsein, Achtung und Respekt in eben diese Dimension vorzudringen, sie anzukratzen, war eine große Herausforderung.
Ich würde mir wünschen, dass dieser Film Menschen bewegt. Dass er Bewegung in das Thema an sich bringt, dass er die Betroffenen ermutigt, aus ihrer fremdverursachten Starre auszubrechen und er somit denen eine Stimme gibt, die, wie leider so oft, die Hauptleidtragenden sind – die Kinder. Kinder haben nach wie vor keinen sicheren Platz in einer Welt wie dieser. Das ist eine der Hauptursachen, warum so etwas schrecklich Folgenschweres, wie sexueller Missbrauch, immer noch passieren kann. Hier sind wir alle gefragt.
Und bei aller Moral würde ich mir abschließend auch wünschen, dass der Film dazu anregt, auch intensiver über die Täter, beziehungsweise die, die es durch Neigungen werden könnten, aber nicht werden wollen, nachzudenken. Hier sollte, nein, muss, unterschieden und in unser aller Interesse – und insbesondere dem unserer Kinder – über weitreichendere und stärkere Aufklärung und Prävention durch Beratungs- und Anlaufstellen gesprochen werden.
Mein ganz besonderer Dank gilt der Rat Pack Filmproduktion, der ZDF-Redaktion und Regisseurin Felicitas Korn, die mich früh sehr vertrauensvoll mit in dieses Boot genommen hat. Vielen Dank.
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