XY-Preis - Gemeinsam gegen das Verbrechen
Die 23. Verleihung
Besondere Auszeichnung für Zivilcourage: Im ZDF-Hauptstadtstudio in Berlin vergab die Bundesinnenministerin und Schirmherrin Nancy Faeser am Montag, 18. November 2024, den "XY-Preis – Gemeinsam gegen das Verbrechen" an insgesamt neun Personen in drei Fällen. Rudi Cerne führte durch die Preisverleihung. Am Mittwoch, 11. Dezember 2024, 20.15 Uhr, sind die diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger live in "Aktenzeichen XY…Ungelöst" zu Gast.
Texte
Statement von Bundesinnenministerin Nancy Faeser
"Ich finde den XY-Preis deshalb so gut, weil er Menschen auszeichnet, die im Alltag hinschauen, sich einmischen, sich für andere einsetzen. Ich finde, die haben dafür Anerkennung und einen Preis verdient!"
(Auszug aus dem Filmbeitrag zum "XY-Preis 2024")
Der XY-Preis - Gemeinsam gegen das Verbrechen
Die diesjährigen Preisträgerinnen Emma Hufnagel, Maika Janat-Vennemann und Elvira Bunzel, die Preisträger Kiana Frede, Leon Jamal Zeid, Mohamed Ibrahim, Ahmad Faour, Argjend Klimenta sowie Preisträger Andreas Bichert setzen ein wichtiges Zeichen für Zivilcourage und dafür gebührt ihnen der größte Respekt. Die Auszeichnung wird in diesem Jahr bereits zum 23. Mal an neun besonders couragierte Menschen vergeben, die sich besonnen und verantwortungsbewusst im Kampf gegen das Verbrechen für andere eingesetzt haben.
Das ZDF und die "Aktenzeichen XY…Ungelöst"-Produktionsfirma lobten den Preis 2002 mit dem Ziel aus, die vorbildlichen Verhaltensweisen von Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die sich in besonders mutiger und wohlüberlegter Weise für ihre Mitmenschen eingesetzt haben, öffentlich zu machen, zu belohnen und zu fördern. Die Auszeichnung steht unter der Schirmherrschaft der Bundesinnenministerin und ehrt jährlich drei Personen oder Gruppen. Der XY-Preis leistet als fester Bestandteil der Programmmarke "Aktenzeichen XY…Ungelöst" einen wichtigen Beitrag zur Kriminalprävention.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser wird auch in diesem Jahr persönlich die Preisträgerinnen und Preisträger auszeichnen, die von einer elfköpfigen Fachjury ausgewählt wurden. Der Preis ist mit jeweils 10.000 Euro dotiert.
Als prominente Paten hielten die Schauspielerin Christina Hecke und die Schauspieler Tamer Trasoglu und Johannes Hendrik Langer die Laudationes auf die Alltagshelden. Rudi Cerne führte durch die Preisverleihung.
Am Mittwoch, 11. Dezember 2024, 20.15 Uhr, sind die Preisträger und Preisträgerinnen in der Live-Sendung "Aktenzeichen XY…Ungelöst" zu Gast und sprechen mit Moderator Rudi Cerne über ihr vorbildliches Handeln.
Die Jurymitglieder
Martin Groß
(Juryvorsitzender) Geschäftsführer der XY-Produktionsfirma Securitel
Ina-Maria Reize-Wildemann
Redaktion Eduard Zimmermann – DKF Deutsche Kriminalfachredaktion GmbH
Petra Erschfeld
ZDF-Redakteurin "Aktenzeichen XY… Ungelöst"
Petra Klein
WEISSER RING e.V.
Rainer Wendt
Deutsche Polizeigewerkschaft
Jörg Langner
BKA
Robert Krieger
Bund Deutscher Kriminalbeamter e. V.
Rainer Pechtold
Gewerkschaft der Polizei, München
Andreas Mayer
Vertreter Deutscher Präventionstag
Maike Steinle
ProPK – Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes
Harald Schmidt
DFK ‒ Stiftung Deutsches Forum für Kriminalprävention
Die Preisträger 2024: Emma Hufnagel (34), Maika Janat-Vennemann (39) und Elvira Bunzel (72) aus dem Wetteraukreis
Der Fall
Maika Janat-Vennemann und Emma Hufnagel joggen an einem Mittwochvormittag im Wald – so wie jede Woche. Doch irgendwas scheint heute anders, das merken sie schon am Parkplatz, als sie dort ein unbekanntes Auto sehen. Nur wenige Minuten später fällt ihnen ein Mann auf, der mit einer deutlich jüngeren Frau sehr vertraut durch den Wald schlendert. Ein Blickwechsel zwischen Maika und Emma. Beide spüren, dass hier etwas nicht stimmt. Gemeinsam beschließen sie, umzudrehen und das ungleiche Paar anzusprechen. Immer wieder bestätigt ihnen der Mann, es sei alles in Ordnung. In dieser Situation kommt Elvira Bunzel hinzu, die gerade mit einer Freundin walken ist. Elvira bestätigt Maika und Emma, dass auch sie die Situation befremdlich findet. Die Überlegung, die Polizei hinzuzuziehen, steht zwar im Raum, jedoch gehen die Damen dann wieder getrennt voneinander weiter. Die Unruhe in Maika und Emma wächst aber zunehmend. Sie wollen sich mit dem Mädchen alleine unterhalten. Überraschenderweise lässt der Mann dies zu. Es kommt heraus, dass die 15-Jährige den Mann über das Internet kennengelernt hatte – bei den Frauen läuten die Alarmglocken. Sie eilen zurück zum Parkplatz, wo sie in dem fremden Auto auf einer Medikamentendose lesen, dass der Mann 47 Jahre alt ist. Sofort wählen sie die 110. Kurz darauf entdeckt Elvira Bunzel das ungleiche Paar wieder im Wald. In der Annahme, dass die anderen beiden Frauen die Polizei doch nicht informiert haben, entschließt sie, selbst einzuschreiten und tritt dem Paar entgegen. Dem Mann reicht es, er wird nun laut und aggressiv, das Mädchen wirkt zunehmend verängstigt. Genau in diesem Moment trifft die Polizei ein und nimmt den Mann fest. Ermittlungen ergeben: Der 47-Jährige hat das Mädchen zwei Jahre lang missbraucht und manipuliert. Bei Durchsuchungen werden Dateien gefunden, die den sexuellen Missbrauch dokumentieren. Noch schlimmer: Der Mann hatte bereits Kontakt mit mehreren Dutzend weiteren Kindern und Jugendlichen aufgenommen. Der Mann hätte vermutlich damit weiter gemacht, wären Emma Hufnagel, Maika Janat-Vennemann und Elvira Bunzel nicht ihrer Intuition gefolgt.
Begründung der Jury
Die drei Frauen haben mit höchster Sensibilität und Aufmerksamkeit dazu beigetragen, einen Sexualstraftäter zu entlarven und seine Taten zu beenden. Mutig und zugleich vorsichtig gingen sie einem Anfangsverdacht nach. Von den vorgebrachten Ausreden ließen sie sich nicht beschwichtigen, sondern blieben beharrlich. Mit wachem Verstand erkannten sie, dass hier etwas gründlich falsch lief. Sie verständigten die Polizei und ließen dabei das ungleiche Paar nicht aus den Augen. So konnten die Frauen einen seit Jahren anhaltenden sexuellen Missbrauch beenden und etliche weitere potentielle Opfer vor ähnlichen Taten bewahren.
Die Jury zollt Emma Louise Hufnagel, Maika Janat-Vennemann und Elvira Bunzel ihren höchsten Respekt.
"Genau hinsehen und nicht wegschauen"
Interview mit Emma Hufnagel, Maika Janat-Vennemann und Elvira Bunzel
Wie haben Sie den Vorfall wahrgenommen? Was ging Ihnen durch den Kopf?
Elvira Bunzel: Seit 25 Jahren bin ich regelmäßig in diesem Waldstück unterwegs. Ein zugemülltes Auto mit fremdem Kennzeichen und ein älterer Mann zusammen mit einem jungen Mädchen abseits vom Waldweg lösten sofort Unbehagen in mir aus „Da stimmt doch etwas nicht!“. Zum Glück hörte ich auf mein Bauchgefühl, griff ein und rief letztlich die Polizei.
Hatten Sie keine Angst vor dem Täter?
Maika Janat-Vennemann: Die Sorge um das Mädchen überwog: Wir wussten, dass an der Situation etwas nicht stimmte. Außerdem waren wir in der Überzahl. Erst im Nachhinein bemerkten wir, dass der Mann die ganze Zeit seine Hände in den Taschen versteckte.
Wie denken Sie im Nachhinein über ihr Handeln, würden Sie heute wieder so reagieren? Was wäre, wenn Sie alleine gewesen wären?
Emma Hufnagel: Ja, ich würde wieder so reagieren! Es gab zu viele Hinweise, dass etwas nicht stimmte. Auch wenn ich allein gewesen wäre, hätte ich zumindest die Polizei gerufen.
Was würden Sie Menschen raten, die selbst einmal in eine Situation geraten, in der Zivilcourage gefragt ist?
Maika Janat-Vennemann: Genau hinsehen und nicht wegschauen und helfen, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen. Es hilft, ruhig zu bleiben, ohne sofort die Konfrontation zu suchen.
Die Preisträger 2024: Leon Jamal Zeid (20), Mohamed Ibrahim (20), Ahmad Faour (21), Argjend Klimenta (19) und Kiana Frede (20) aus dem Raum Sulingen
Der Fall
An einem Abend im Schnellrestaurant werden die fünf Freunde Leon Jamal Zeid, Mohamed Ibrahim, Ahmad Faour, Argjend Klimenta und Kiana Frede durch Schreie vom Parkplatz alarmiert. Leon ist der Erste, der auf die Schreie einer Frau reagiert und losrennt, gefolgt von seinen Freunden: Ein Mann hat eine 30-Jährige mit einem Messer attackiert. Der Täter flüchtet in sein Auto. Leon will noch die Fahrertür aufreißen, doch die hat der Täter schon verriegelt. Die Reifen quietschen, der Täter rast davon. Während Leon die Polizei informiert, rennen Ahmad und Argjend dem Wagen hinterher. Ahmad kann sich noch Kennzeichen, Automodell und Farbe des Täterfahrzeugs merken. Leon hat derweil schon eine Beschreibung des Mannes an die Polizei durchgegeben. Mitten in dieser ganzen Hektik sind Mohamed und Kiana zu der attackierten Frau geeilt, die blutüberströmt auf dem Boden liegt. Gemeinsam kümmern sie sich um sie und bringen die schwerverletzte Frau ins Restaurant, wo Mitarbeitende zur Hilfe eilen. Mohamed holt sogar noch einen Verbandskasten aus seinem Auto, um die Blutungen besser stoppen zu können, bis kurz darauf Rettungskräfte vor Ort sind. Die Teamleistung der Freunde hat der 30-Jährigen nicht nur das Leben gerettet, sondern die Polizei auch noch zu einem gesuchten Mörder geführt. Denn nur dank der guten Beschreibung und des Kennzeichens gelingt es der Polizei, den Mann in kürzester Zeit zu identifizieren. Er hatte erst drei Tage zuvor eine 17-jährige Schülerin beim Inliner-Fahren angegriffen und getötet. Nur ein paar Stunden später kann der Mann gefasst werden. Mit ihrem geistesgegenwärtigen Eingreifen verhinderten Leon Jamal Zeid, Ahmad Faour, Mohamed Ibrahim, Kiana Frede und Argjend Klimenta wohl eine potenzielle Mordserie.
Begründung der Jury
Die fünf jungen Menschen haben einen Mörder gestoppt und so eine junge Frau vor dem Tod bewahrt. Während sie spätabends auf einer Restaurant-Terrasse verweilten, hörten die Freunde plötzlich Hilfeschreie auf dem Parkplatz. Sie schätzten die Situation richtig ein, handelten klug und geistesgegenwärtig. Die Fünf teilten sich auf, vertrieben den Täter, merkten sich Merkmale zum Täterfahrzeug und alarmierten umgehend die Polizei. Zugleich kümmerten sie sich um das schwerverletzte Opfer und sorgten dafür, dass die junge Frau erstversorgt wurde bis Rettungskräfte eintrafen. Durch die Aufmerksamkeit und Umsicht der Fünfer-Gruppe konnte der Mann, der wenige Tage zuvor eine 17-Jährige getötet hatte, identifiziert und gefasst werden.
Die Jury ist der Meinung, Leon Jamal Zeid, Ahmad Faour, Mohamed Ibrahim, Kiana Frede und Argjend Klimenta haben äußerst vorbildlich gehandelt. Dafür gebührt ihnen allerhöchster Respekt.
"Ohne zu zögern"
Interview mit Leon Jamal Zeid, Mohamed Ibrahim, Ahmad Faour, Argjend Klimenta und Kiana Frede
Wie haben Sie den Vorfall wahrgenommen? Was ging Ihnen durch den Kopf?
Ahmad Faour: Anfangs haben wir Schreie gehört, dachten uns aber nicht viel dabei, weil auf dem Parkplatz viel los war. Erst als wir einen klaren Hilfeschrei hörten, sind wir, ohne zu zögern, losgerannt – die einen dem Täter hinterher, die anderen zum Opfer.
Hatten Sie keine Angst vor dem Angreifer?
Leon Jamal Zeid: Angst hatte ich nicht – im Gegenteil, man konnte sehen, dass der Angreifer eingeschüchtert war. Zudem waren wir zu fünft, also in der Überzahl.
Wie denken Sie im Nachhinein über ihr Handeln, würden Sie heute wieder so reagieren?
Argjend Klimenta: Im Nachhinein denke ich oft darüber nach, wie riskant die Situation eigentlich war und welches Risiko wir eingegangen sind. Trotzdem bin ich überzeugt, dass wir als Gruppe das Richtige getan haben – immerhin haben wir einem Menschen das Leben gerettet.
Mohamed Ibrahim: Genau, jeder von uns würde es wieder machen. Oft frage ich mich trotzdem, ob wir mehr hätten verhindern können, wenn wir früher losgelaufen wären.
Freuen Sie sich auf die bevorstehende Preisverleihung? Und wissen Sie schon, was Sie mit dem Preisgeld machen wollen?
Kiana Frede: Ich freue mich sehr auf die Preisverleihung – und auf Berlin! Das Geld werde ich vermutlich, ganz klischeehaft, für die Zukunft anlegen.
Die Preisträger 2024: Andreas Bichert (40) aus Langenau bei Ulm
Der Fall
Andreas Bichert verbringt im Oktober 2023 mit ein paar Kumpels und seinem Cousin einen Männerabend. Nicht mehr ganz fahrtüchtig macht er sich gegen 1.30 Uhr zu Fuß auf den Heimweg. Das Besondere: Er nimmt nicht den üblichen, kürzeren Weg, sondern läuft wegen der Dunkelheit einen Umweg, der beleuchtet ist. Nur so kommt er zufällig an Altglas-Containern vorbei. Beim Passieren der Container hört er etwas, kann es aber nicht einordnen und geht weiter seines Weges nach Hause. Obwohl Andreas Bichert bereits ein paar Bier getrunken hat, schon in seinem warmen Zuhause ist und nicht wirklich weiß, was er bei den Containern wahrgenommen hat, trifft er eine folgenschwere Entscheidung – aufgrund eines Bauchgefühls, das ihn nicht loslässt. Er geht zurück und hört schon von weitem ein Baby schreien und weinen. Es kommt aus den Containern. Andreas Bichert wird beim Blick in den Container schlagartig nüchtern, als er die Ärmchen und Beinchen eines Säuglings entdeckt. Er alarmiert sofort die Polizei und rettet das erst wenige Stunden alte Kind selbstständig aus dem Container. Als die Rettungskräfte vor Ort sind, realisiert Andreas Bichert, dass hier etwas Grausames passiert ist: Ein Verbrechen, bei dem jemand mutwillig den Tod eines Säuglings in Kauf genommen hat. Ohne Andreas Bicherts Handeln wäre der neugeborene Junge in der kühlen Oktobernacht erfroren.
Begründung der Jury
Andreas Bichert hat den Mord an einem Neugeborenen verhindert. In einer kalten Oktobernacht hörte er auf dem Heimweg ein undeutliches Wimmern, das er nicht einschätzen konnte. Zuhause angekommen, handelte er wohlüberlegt und achtsam. Mitten in der Nacht beschloss er, die eigene Wohnung noch einmal zu verlassen, um seinem Instinkt nachzugehen. Er entdeckte einen Säugling im Altglas-Container und verständigte augenblicklich den Notruf. Mit Behutsamkeit und Vorsicht schaffte er es, das Kind bis zum Eintreffen der Rettungskräfte zu versorgen. Sein Handeln folgte beispielloser Umsicht und Aufmerksamkeit, wodurch er ein noch so junges Menschenleben bewahrt hat.
Die Jury zollt Andreas Bichert ihren höchsten Respekt.
"Auf Hilfe zu warten, war keine Option"
Interview mit Andreas Bichert
Wie haben Sie den Vorfall wahrgenommen? Was ging Ihnen durch den Kopf?
In dem Moment waren meine Gedanken leer, es ging alles schnell und ich handelte im Reflex. Als Vater von zwei Kindern fiel es mir schwer zu begreifen, wie Menschen zu solchen Taten fähig sind. Das beschäftigt mich heute noch.
Hatten Sie nach dem Vorfall Kontakt zu dem Jungen?
Ich habe den Jungen leider noch nicht kennengelernt. Wenn ich ihn bald sehen darf, freue ich mich umso mehr. Dass er meinen Namen als Zweitnamen trägt, ist für mich eine große Ehre.
Wie denken Sie im Nachhinein über ihr Handeln, würden Sie heute wieder so reagieren?
Definitiv. Natürlich hatte ich Angst, dass ich das Neugeborene verletze, wenn ich es heraushole, aber auf Hilfe zu warten, war keine Option. Ich hoffe, dass ich selbst oder jemand anderes niemals wieder in eine solche Situation gerät.
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