Karl-Günther von Hase
Ehemaliger ZDF-Intendant (1977-1982), Diplomat und Staatssekretär a.D.
Biografie:
15. Dezember 1917 | geboren in Wangern / Niederschlesien |
1923 – 1935 | Humanistisches Prinz-Heinrich-Gymnasium in Berlin, Abitur |
1936 | Eintritt in das Artillerieregiment 19 Hannover / Celle als Fahnenjunker |
1936 – 1937 | Besuch der Kriegsschule Potsdam |
1939 – 1945 | Teilnahme am Zweiten Weltkrieg in Polen, Frankreich, Russland und Italien |
1942 | Verwundung in Rußland |
1943 – 1944 | Generalstabslehrgang in Hirschberg |
1944 | Major im Generalstab; nach dem 20. Juli 1944 von den Nationalsozialisten wegen Sippenhaftung aus dem Generalstab entlassen und zum Frontdienst nach Schneidemühl (heutiges Polen) entsandt |
1945 – 1949 | Kriegsgefangenschaft in der Sowjetunion |
1950 – 1951 | Diplomatenschule in Speyer |
1951 – 1952 | im Protokoll des Auswärtigen Amtes in Bonn tätig |
1952 | Stipendiat an der Georgetown-University in Washington D.C. / USA |
1953 – 1956 | Gesandschaftsrat an der deutschen Botschaft in Ottawa / Kanada |
1956 – 1958 | Stellvertretender Pressesprecher des Auswärtigen Amts |
1958 – 1961 | Leitung der Presseabteilung des Auswärtigen Amts |
1961 – 1962 | Ministerialdirektor und Leiter der Politischen Abteilung West II (Referate NATO, Verteidigung, Großbritannien, USA, Mittel- und Südamerika und Afrika südlich der Sahara) |
1962 – 1967 | Staatssekretär, Regierungssprecher und Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung (unter den Bundeskanzlern Konrad Adenauer, Ludwig Erhard und Kurt Georg Kiesinger) |
1967 | einstimmige Wahl für das Amt zum Intendanten der Deutschen Welle; Verzicht auf das Amt auf Wunsch von Bundeskanzler Kiesinger |
1967 – 1969 | Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung |
1970 – 1977 | Botschafter in London |
1977 | Zunächst vorgesehen als Botschafter der Bundesrepublik Deutschland bei der Europäischen Gemeinschaft in Brüssel; überraschende Nominierung und Wahl zum Intendanten des ZDF als Nachfolger des Gründungsintendanten Prof. Dr. Karl Holzamer |
1982 | Verzicht auf eine erneute Kandidatur; Ablösung durch Dieter Stolte; Eintritt in den Ruhestand |
1985 | Leitung der Bonner Delegation als Sonderbotschafter während des gesamteuropäischen Kulturforums in Budapest |
9. Mai 2021 | verstorben |
Karl-Günther von Hase war seit 1945 mit Renate (+ 26.7.2011), einer Tochter des Generalobersten (der Luftwaffe) a.D. Hans-Jürgen Stumpff verheiratet. Das Ehepaar hat fünf Töchter: Jutta, (geb. 1950), Cornelia (geb. 1952), Verena (geb. 1954), Bettina (geb. 1957), Angelika (geb. 1961).
Wichtigste Aktivitäten:
Am 15. März 1977 übernahm Karl Günther von Hase das Amt des ZDF-Intendanten: In einer Patt-Situation zwischen den beiden aussichtsreichen Kandidaten, dem damaligen Programmdirektor Dieter Stolte und dem Chefredakteur Reinhard Appel, entschied sich von Hase für eine spontane Kandidatur und stand nach seiner Wahl durch den Fernsehrat für eine Amtszeit bis 1982 an der Spitze des Senders.
Als Intendant setzte sich Karl-Günther von Hase für ein Nebeneinander öffentlich-rechtlicher und privater Sender ein. Hierbei orientierte er sich am angelsächsischen Modell. Ein besonderes Anliegen war ihm die Verbesserung der internen Struktur und die programmatische Profilierung des ZDF. Er befürwortete die enge Kooperation mit der ARD, förderte den Ausbau ihrer dritten Programme und schloß zahlreiche Kooperationsabkommen. Die Zusammenarbeit mit den österreichischen und schweizer Nachbarsendern ORF und SRG wurde ebenfalls ausgeweitet, die internationale Präsenz des ZDF zunehmend in den Vordergrund gestellt. Ein Beispiel dafür bietet die Einleitung von Beziehungen zu ausländischen Sendeanstalten in Rußland und Ägypten. Einen Besuch in China absolvierte von Hase 1978 gemeinsam mit einer Delegation des ZDF. Die Internationale Funkausstellung in Berlin trug dazu bei, das Image des ZDF zu verjüngen und die Arbeit des Senders einem breiten, vor allem aber internationalen, Publikum vorzustellen. Mit Nachdruck unterstützte Karl-Günther von Hase den Einsatz technischer Neuerungen wie Kabel- und Satellitenfernsehen oder Videotext im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Er visierte eine Rundfunkreform mit „Augenmaß und Vernunft“ an: Die rechtliche Stellung von ZDF und ARD sollte ebenso sichergestellt bleiben wie der ursprüngliche Auftrag der Sendeanstalten, der Informationsvermittlung in einer pluralistischen Gesellschaft selbstverantwortlich und weitgehend politisch unabhängig nachzugehen. Nicht zuletzt sein von Selbstironie geprägter Humor motivierte zahlreiche ZDF-Mitarbeiter, seinen Vorschlägen zur Realisierung zu verhelfen. Im März 1982 verzichtete Karl-Günther von Hase auf eine erneute Kandidatur und trat mit 65 Jahren in den Ruhestand. Über seine zahlreichen Verpflichtungen hinaus verfaßte er Beiträge, Aufsätze und Stellungnahmen zu außen- und medienpolitischen Fragen. Für die ZDF-Reihe „Zeugen des Jahrhunderts“ stellte sich von Hase ebenfalls als Gesprächspartner zu aktuellen Problemen der Zeitgeschichte zur Verfügung.
Karl Günther von Hase verstarb am 9. Mai 2021 im Alter von 103 Jahren. Der amtierende Intendant, Dr. Thomas Bellut, würdigte ihn als einen "zukunftsweisenden Weichensteller". Bellut: "Der versierte Diplomat Karl-Günther von Hase hat sich in seiner Amtszeit auch für eine Internationalisierung des Senders eingesetzt. Viele Beziehungen zu anderen Sendern und Institutionen in aller Welt reichen in seine Amtszeit zurück."
Auszeichnungen:
1940 | Eisernes Kreuz I und II |
1943 | Deutsches Kreuz in Gold |
1945 | Ritterkreuz |
1967 | Karnevalsorden "Wider den tierischen Ernst", Aachen |
1982 | Großes Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband der Bundesrepublik Deutschland |
1987 | Ehrendoktorwürde der Universität Manchester im Fachbereich Rechtswissenschaften |
Veröffentlichungen (Auswahl):
1963 | Karl-Günther von Hase: Die Informationspolitik der Bundesregierung |
1980 | Karl-Günther von Hase: Stellungnahmen zur Medienpolitik. Herausgegeben vom Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF-Schriftenreihe, Heft 23). Mainz |
1988 | Karl-Günther von Hase (Hrsg.): Konrad Adenauer und die Presse (Rhöndorfer Gespräche, Band 9) (Bouvier, Bonn) |
2000 | Karl Günther von Hase / Franz Pöppel / Wilhelm Karl Prinz von Preußen: Die Soldaten der Wehrmacht. Mit einem Geleitwort von Gerhard Stoltenberg, 6. Auflage, Sonderproduktion Karl Günther von Hase / Johannes Marré (Hrsg.): Ministerialdirigent a.D. Dr. h.c. Edmund F. (Friedemann) Dräcker. Leben und Werk. Vom kaiserlichen Vizekonsul zum Indischen Guru. Eine Dokumentation |
2001 | Karl-Günther von Hase / Reinhard Appel (Hrsg.): Preußen 1701/2001. |
2010 | Karl Günther von Hase (in Zusammenarbeit mit Barbara Hillen): Erinnerungen; Eigenverlag (Agentur für AUTOBiografien), Bonn (1. Aufl.) 2010, 320 S., geb. (ISBN 978-3-930376-71-1) |
Funktionen und Ämter:
1967 | Mitglied des Rundfunkrats der Deutschen Welle |
seit 1968 | Mitglied im Beirat der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus in Bad Honnef-Rhöndorf |
1968 bis 1970 | Mitglied des Rundfunkrats des Deutschlandfunks |
1981 | 1. Vorsitzender der Deutsch-Englischen Gesellschaft |
Präsident der Generalversammlung des Internationalen Rundfunkpreises "Prix Italia" | |
1982 bis 1993 | Leitung der Deutsch-Englischen Gesellschaft als 1. Vorsitzender |
1984 | Gründungsmitglied des European Institute for the Media, Düsseldorf/Paris |
1987 bis 1995 | Vorsitzender des European Advisory Committee von Radio Free Europe/Radio Liberty |
seit 1989 | Mitglied des Ältestenrates der CDU |
(Stand 05/2021)