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Altes Land

Romanverfilmung in zwei Teilen

Drei Frauen, drei Generationen. Ein Hof im malerischen Alten Land ist der Schauplatz der liebevoll unkonventionellen Erzählung über das Deutschland unserer Mütter und Großmütter, über wurzellose Menschen und über Reiz und Widersinn der Sehnsucht nach dem Landleben. Nach dem Bestseller von Dörte Hansen zeigt das ZDF den Zweiteiler "Altes Land" mit einem hochkarätigen Ensemble.

  • ZDF, Sonntag, 15. und Montag, 16. November 2020, jeweils 20.15 Uhr
  • ZDF Mediathek, Ab Samstag, 14. November 2020

Texte

Statement der Redaktion

Drei Frauen, drei Generationen, ein Haus wie ein Schiff und eine Art von Familie. Nach dem gleichnamigen Bestseller von Dörte Hansen macht diese Geschichte einen Hof im malerischen Alten Land zum Schauplatz einer liebevoll respektlosen Erzählung über das Deutschland unserer Mütter und Großmütter, über Flüchtlinge, wurzellose Stadtmenschen und über Reiz und Widersinn der aktuellen Sehnsucht nach dem Landleben.

Als Redakteurin ist man stets auf der Suche nach packenden Stoffen. Der Bestseller "Altes Land" von Dörte Hansen hat mich sofort in seinen Bann gezogen und ich war vom ersten Moment an mitten in der Geschichte seiner Figuren und deren lebhaft beschriebenem Umfeld. Da war Vera, die sich mehr oder weniger verzweifelt an dem Hof der Eckhoffs, dem alten knarzenden Haus und dem Stiefvater Karl festhält und doch immer eine Fremde bleibt. Ihre Mutter Hildegard, die ohne sie weiterzieht, um ein besseres Leben zu finden. Deren zweite Tochter Marlene, die zeitlebens nach ihren Wurzeln suchen wird, obwohl sie ein Zuhause hat. Und Marlenes Tochter Anne, die als Heimatlose bei ihrer Tante Vera auf dem Hof strandet, wie einst Vera selbst als Flüchtling. Hier schließt sich der Kreis in einer unerwarteten Logik. Alle Figuren dieses Romans, auch die Nebenfiguren, treibt die Suche nach oder dem Erhalt einer Heimat, einem Zuhause an. Alle auf ihre ganz eigene Weise.

Der Roman war eine filmische Herausforderung. Drei Generationen werden auf mehreren Zeitebenen erzählt. Geläufige Erzählmuster greifen hier nicht mehr. Erst mit der Zusage der Autorin und Regisseurin Sherry Hormann entfaltete sich das Projekt, das sich nahe genug an der Vorlage orientiert und doch so weit entfernt, dass es ein eigenständiges Filmwerk werden konnte. Mit dem Drehbuch konnten wir ein einzigartiges Ensemble gewinnen. Allen voran Iris Berben, die die Vera in zwei verschiedenen Altersstufen unfassbar berührend und in authentischem Umfeld spielt. An ihrer Seite so großartige Schauspieler wie Maria Ehrich, Nina Kunzendorf, Svenja Liesau, Peter Kurth, Milan Peschel und Matthias Mattschke.

Die Erzählung entwirft aus einer weiblichen Perspektive das Bild einer Epoche, in der auf Flucht und Vertreibung erst Ausgrenzung und Verdrängung folgen und schließlich der Phantomschmerz verlorener Zugehörigkeit. Episch und in gleichem Maße heutig macht der Film die Vergangenheit lebendig und gibt der Historie treibende Bedeutung für die Gegenwart.

Rita Nasser, ZDF-Hauptredaktion Fernsehfilm / Serie II

Altes Land
Stab, Besetzung, Inhalt

Sonntag, 15. und Montag, 16. November 2020, jeweils 20.15 Uhr, im ZDF
Ab Samstag, 14. November 2020, in der ZDFmediathek

Altes Land
Romanverfilmung in zwei Teilen

Stab

Romanvorlage Dörte Hansen
Drehbuch Sherry Hormann
Regie Sherry Hormann
Kamera Armin Golisano
Schnitt Sandy Saffeels
Musik Jasmin Shakeri & Beathoavenz
Ton Andreas Mücke Niesytka
Szenenbild Lars Lange, Axel Nocker
Kostümbild Jessica Specker
Maskenbild Jeanette Latzelsberger, Gregor Eckstein, Elke Lebender, Sarah Wentzel
Produktion UFA FICTION
Produzent Benjamin Benedict
Ausführender Produzent Matthias Adler
Producerin Sinah Swyter
Herstellungsleitung Dirk Ehmen
Redaktion Rita Nasser, Dr. Katharina Görtz
Länge 2 x ca. 89 Minuten

 

Die Rollen und ihre Darstellerinnen und Darsteller:

Vera (in der Gegenwart) Iris Berben
Vera (als jüngere Frau) Maria Ehrich
Marlene Nina Kunzendorf
Karl Eckhoff (in der Gegenwart) Milan Peschel
Karl Eckhoff (als jüngerer Mann) Kilian Land
Hinni (in der Gegenwart) Peter Kurth
Hinni (als jüngerer Mann) Marius Ahrendt
Anne Svenja Liesau
Leon Marian Dilger
Christoph Jacob Matschenz
Burkhard Weißwerth Matthias Matschke
Ida Eckhoff Karoline Eichhorn
Hildegard von Kamcke Birte Schnöink
Britta zum Felde Lina Beckmann
Dirk zum Felde Bernd Hölscher
Heinrich Lührs Ronald Kukulies
Fritz Jacobi Robin Sondermann
und viele mehr  

 

Inhalt

Vera ist eigenwillig und pflegt nur noch zu ihrem direkten Nachbarn Hinni so etwas wie einen zeitweiligen Umgang. Ihre Heimat ist der Hof, wo sie als Kriegsflüchtling mit ihrer Mutter strandete und den sie nie wieder verlassen hat. Nach dem Motto "My home is my castle" verteidigt sie nicht nur Hof und Land, sondern auch ihre Eigenheiten und ihren Widerwillen bezüglich jedweder Veränderungen.

Vera ist mehr als skeptisch, als Anne, Stadtpflanze und Tochter ihrer Halbschwester Marlene, mit ihrem vierjährigen Sohn Leon aufkreuzt. Doch Vera erkennt Annes Nöte – nirgendwo dazuzugehören, nicht angekommen zu sein, ein Zuhause zu suchen und Wurzeln schlagen zu wollen. Diese beiden Frauen verbindet viel mehr, als sie zu diesem Zeitpunkt ahnen. Denn genau in dieser Konstellation werden alte Wunden und das Familientrauma, alles verloren zu haben, heilen können.

Der Zweiteiler spielt, wie der Roman, auf mehreren Zeitebenen, die ineinander verwoben sind und mit einer weiblichen Perspektive das Bild einer Epoche entwerfen, in der auf Flucht und Vertreibung erst Ausgrenzung und Verdrängung folgen und schließlich der Phantomschmerz verlorener Zugehörigkeit. Episch und in gleichem Maße heutig soll die Erzählung Vergangenheit lebendig machen und der Historie treibende Bedeutung für die Gegenwart geben.

Folgeninhalte

Sonntag, 15. November 2020, 20.15 Uhr

Altes Land
Ankommen

Ein Hof im idyllischen Alten Land wird in verschiedenen Jahrzehnten zum Zufluchtsort für zwei unterschiedliche Frauen. Doch die Frauen haben eines gemeinsam: das Gefühl, nirgendwo hinzugehören und doch auf der Suche nach einem Zuhause zu sein.

Als junges Mädchen kommen Vera und ihre Mutter als Kriegsflüchtlinge aus Ostpreußen im Alten Land an. Wider alle Erwartungen findet Vera dort nicht nur einen Ort zum Wurzeln schlagen, sondern in ihrem Stiefvater Karl auch eine Familienzugehörigkeit. Der Hof wird ihr ganzes Leben, das sie mit ihrer eigenwilligen Art vehement gegen jeden Eindringling verteidigt. Der einzige, der einen Zugang zu Vera hat, ist ihr direkter Nachbar und Freund seit Kindertagen, Hinni.

Doch Veras Altes Land ist längst zum Ort der Begegnung und der Suche für die unterschiedlichsten Menschen geworden: Auch das Aussteiger-Ehepaar Burkhard und Eva Weißwerth glaubt, dort eine idyllische Vorstellung vom Landleben jenseits der Großstadt Hamburg finden zu können. Die Landwirte Britta und Dirk zum Felde setzen dagegen alles daran, ihre Existenz zu sichern und ihren Vorstellungen des Obstanbaus trotz neumodischem Bio-Hype treu zu bleiben.

Und dann steht plötzlich Anne, die Tochter von Veras entfremdeter Halbschwester Marlene, mitsamt ihrem vierjährigen Sohn Leon vor Veras Tür. Auch in Annes Leben wollen die Puzzleteile einfach nicht zusammenpassen, und so sucht sie in ihrer Verlorenheit ausgerechnet dort Anschluss, wo keiner zu erwarten ist.

 

Montag, 16. November 2020, 20.15 Uhr

Altes Land
Bleiben

Raus aus einem Lebensentwurf, in dem sowieso nichts stimmt – mit diesem Vorsatz ist Anne zu Vera ins Alte Land gefahren. Von Veras schroffer Art lässt sie sich nicht beeindrucken. So wird der Hof erneut zu einem Zufluchtsort für eine junge Mutter mit ihrem Kind.

Das malerische Alte Land zeigt sich dabei so facettenreich wie seine Bewohner selbst: Hinni und Vera, die auf ihre gemeinsame und doch getrennte Vergangenheit zurückblicken, könnten noch einmal einen zarten Versuch wagen, zusammen nach vorne zu schauen. Und während Anne alles daransetzt, auf Veras Hof einen Platz für sich und ihren Sohn Leon zu finden, drohen die Weißwerths von ihren eigenen Träumen zermürbt zu werden.

Schließlich muss sich Vera fragen, ob sie bereit ist, Anne wirklich in ihr Leben zu lassen. Denn das bedeutet auch, ihr den nötigen Raum für Veränderungen zu geben, gegen die sie sich eigentlich so vehement wehrt. Vergangenheit und Gegenwart scheinen unweigerlich miteinander verbunden und sich zu wiederholen – doch können Anne und Vera gemeinsam einen neuen Anfang finden? Derweil begibt sich Marlene zielstrebig auf die Suche nach einer Familienvergangenheit, zu der sie den Anschluss verloren hat.

Statement von Benjamin Benedict (Geschäftsführer und Produzent, UFA Fiction)

Den Roman "Altes Land" habe ich bei seinem Erscheinen mit größter Begeisterung gelesen, und es ist ein Lebensbuch für mich geworden. Ich bin überaus dankbar, dass uns Dörte Hansen ihren wunderbaren und klugen Roman für eine Adaption anvertraut hat.

Sherry Hormann schätze ich schon lange als eine außerordentliche Autorin und Regisseurin: klug, differenziert, haltungsstark und genau in ihrem Blick auf Menschen und die Welt. Sherry hat die großen Fragen des Romans nach Heimat, Zugehörigkeit und Identität in eine eindrückliche einzigartige filmische Erzählung gebracht. Die faszinierenden und vielschichtig gezeichneten Figuren haben mit dem wunderbaren Cast eine wirkliche Heimat gefunden. Wir sind sehr glücklich über den herausragenden Cast mit Iris Berben, Milan Peschel, Peter Kurth, Maria Ehrich, Svenja Liesau, Nina Kunzendorf, Matthias Matschke, Karoline Eichhorn, Lina Beckmann und vielen weiteren. Ihr Spiel ist ein besonderes Geschenk: plastisch, genau, vielfältig wie das Leben selbst.

Statement von Matthias Adler (Ausführender Produzent, UFA Fiction) und Sinah Swyter (Producerin, UFA Fiction)

"Altes Land" ist eine tiefgründige und ehrliche Betrachtung des Lebens in all seinen Facetten. Es ist nicht weniger als eine Geschichte über das Menschsein an sich. Dabei so direkt und ehrlich, dass es einen tief bewegt. Sherry Hormann ist es durch ihre herausragende Inszenierung gelungen, den großartigen Erfolgsroman von Dörte Hansen mit einem ähnlich liebevollen Blick auf die Figuren zu erzählen und bestens bekannte Schauspieler*innen in einem völlig neuen Licht zu zeigen. "Altes Land" ist eine zeitlose und aus den Figuren und ihren individuellen Schicksalen heraus getriebene Erzählung, die Vergangenheit und Gegenwart miteinander verbindet wie ein Mosaik, das nur durch seine Einzelteile komplett erscheint. Eine Geschichte über das Leben, das Überleben und die Sehnsucht seinen eigenen Platz in der Welt zu finden. Wir sind besonders stolz auf dieses Werk und seine ganz eigene Erzählweise, die den Zuschauer zu einem außergewöhnlichen Seherlebnis einlädt.

Statement von Sherry Hormann (Regisseurin und Drehbuchautorin)

Sicher – ein Roman ist kein Film, und ein Film kann nur einen Aspekt des Romans aufgreifen.
Sicher – viele lesen im "Alten Land" die Geschichte der Bauern heute, der Städter, die sich unter die Bauern mischen, die "dazu gehören" wollen und wieder fliehen können, wenn es ihnen nicht mehr passt.
Andere lesen eine ostpreußische Flüchtlingsgeschichte.
Andere den Umgang mit Tod und Stillstand.
Und das ist das Erstaunliche an dem Roman von Dörte Hansen: Sie öffnet jedem eine andere Lesart, vielleicht auch, weil die Geschichten und Figuren Lebensgeschichten abbilden. Und viele eben einen Teil ihres eigenen Lebens darin finden können.

Mich interessierten Vera und Marlene – zwei "halbe Schwestern", das Kriegskind und das Nachkriegskind. Mich interessierte die Tochter von Marlene, Anne, die nächste Generation, eine junge Mutter heute.
Ich wollte wissen, was macht das mit einer Schwesternbeziehung, wenn die elterliche Vergangenheit nie kommuniziert wurde – Vera, Flüchtlingskind, die mit der leise nagenden Angst lebt, sie könnte wieder weggeschickt werden, die sich eine Sicherheit wünscht, für die das Gefühl von Heimat jedoch ein unsicherer Begriff in ihrem Leben bleibt.

Und Marlene, die nie erfahren hat, welches Vorleben die gemeinsame Mutter hatte. Die den Dünkel des Adels in sich trägt und nicht verstehen kann, dass ihre halbe Schwester sich abwendet von der Vergangenheit, die sie gerade beginnt zu suchen.

Und Anne, die sich fragen muss, warum sie in keine der gesellschaftlichen Parameter passt – verletzte Seelen.

Führt die Unfähigkeit zu trauern, die Unfähigkeit zu reden in eine unbewusste Zerrissenheit in der nächsten Generation?

Was macht es mit einer Frau, die bis in seinen Tod bei einem Kriegsversehrten bleibt? Die über Jahrzehnte ihr eigenes Leben hinter das des sogenannten Stiefvaters stellt?

Mein Glück – ein Cast, von dem man nur träumen kann. Schauspieler*innen, die voller Offenheit eine Reise eingehen. Schauspieler*innen, die wir schon so fest in unserem inneren Repertoire "eingeordnet" haben und die hier andere Seiten zeigen, wollen, können, müssen. Und sich dabei auf ein breites Spielalter einlassen mit fünf Stunden Maskenzeiten, um die Maske selbst im Spiel wieder voll und ganz zu vergessen.

"Altes Land" erzählt keinen Plot im üblichen Sinn.
Es ist dieser unsichtbare Rucksack, den wir mit uns tragen, der über die Jahre voller und voller wird an Erlebtem, aus dem Erinnerungen werden. Die wir uns manchmal trauen auszugraben, uns manchmal davor fürchten, sie gar vergessen – und doch: Es braucht nur einen Anlass, bis die zur Seite geschobenen Bilder sich innerlich auftürmen und eine Welle an Veränderung losschlagen (können). Manche nennen das auch Leben.

Statement von Dörte Hansen (Autorin der Romanvorlage)

Eine Romanverfilmung ist eine Übung im Loslassen. Das Buch geht auf die Reise, die Autorin winkt ihm nach und weiß, dass diese Reise es verändern wird.

Sherry Hormann hat wunderbare Bilder für "Altes Land" gefunden und großartige Schauspielerinnen und Schauspieler. Ihr Film erzählt eine Geschichte von Einsamkeit, Entwurzelung und Heilung, wie mein Roman. Aber er erzählt sie anders.

Im Zentrum des Films stehen drei Frauenschicksale, die einander bedingen und auf ihre Art vom Ankommen und Bleiben erzählen. Die Erzählung ihrer Schicksale im Film ist sehr berührend.

Andere Geschichten meines Romans treten dabei zurück und verändern sich, besonders das Porträt des Lebens auf dem Lande, das in meinem Buch einen größeren Raum hat.

"Altes Land" ist ein Film, der lange nachwirkt. Er hat mich sehr bewegt. Ich wünsche ihm ein großes Publikum.

Fragen an Iris Berben

Über die Figur der Vera

Es ist die Geschichte einer Frau, die in den Nachkriegswirren mit ihrer Mutter ins Alte Land flüchtet und hier ihr ganzes Leben bleibt. Ein Film über Zugehörigkeit, über Fremdsein und Fremdbleiben. Es hat also viel mit heute zu tun. Anders als die Mutter, die sich in ihr altes, gewohntes Leben zurücksehnt, wächst Vera an der Zeit, an den Menschen. Das macht es zu einer Rolle, die viel Tiefgang hat. Sie hat keine Angst, da sie bereits so viel Ängste in ihrem Leben und so viel über Verlust erfahren hat. Sie ist aber keine die trauert und in sich zurückgezogen ist. Sie strahlt Kraft aus, ist unkonventionell, ärgert auch noch im hohen Alter ihren Nachbarn Hinni, indem sie über seinen frisch geharkten Vorgarten reitet. Solche Frauenfiguren mag ich.

Über die Dreharbeiten in Altersmaske

Das ist für mich nicht wirklich neu, aber immer wieder spannend. Ich habe bereits einige Filme in Altersmaske gemacht, z.B. "Die Buddenbrooks", Cosima Wagner, Bertha Krupp, und bin in manchen Rollen meinem Alter voraus. Das ist eine großartige Erfahrung, und die Arbeit der Künstler, der Maskenbildner, ist herausragend und beeindruckend. Du musst für die Figur einen Gang, eine Sprache und Tonlage finden. Aber das ist der Beruf, und je mehr Herausforderungen umso besser. Ich freue mich, wenn ich angestrengt werde und mich anstrengen muss.

Über die Zusammenarbeit mit Sherry Hormann

Sherry Hormann ist eine besondere Regisseurin, die einen guten und tiefen Blick hat, gerade in ruhigen Momenten. Sie schafft es zu zeigen, wie gut Vera alleine sein kann, ohne einsam zu sein. Die unerfüllte Sehnsucht und Liebe zu Hinni, gespielt von Peter Kurth, das sind schöne Momente, die sich nur über Blicke und eine große Ruhe auszeichnen. Um beim Zuschauer genau das herstellen zu können, braucht es ein präzises Gespür, damit er in den Augen die Sehnsucht, Hoffnung oder auch die Resignation spüren kann. Das sind in diesem Buch und speziell in diesem Film besonders viele und wichtige Momente.

Über die Verfilmung eines Bestsellers

Ich hoffe, dass die Zuschauer sehen, dass wir versucht haben, diesem großartigen Buch, das so viele Leser gefunden hat, einen adäquaten Film entgegenzusetzen. Die Verfilmung eines erfolgreichen Romans ist immer schwer. Jeder Leser entwickelt eine eigene Vorstellung beim Lesen, und die zu erfüllen, ist extrem schwierig. Es ist die große Herausforderung bei der Verfilmung eines Romans. Ich würde mir wünschen, dass es viele Menschen schaffen, das Buch und auch den Film zu lieben.

Über die Beziehung zum Hof

Für mich ist der Hof wie eine weitere Person. Er hat den gleichen Stellenwert wie die Menschen hier. Dieser Hof "ist" Vera. Sie hat ihn zu ihrem gemacht, nicht, weil sie ihn sich erschlichen hat, sondern weil sie ihn lebt. Es geht aber gar nicht um Besitz, es geht vielmehr darum, wo ein Mensch hingehört. Menschen, denen immer wieder signalisiert wird: "Du gehörst nicht dazu", resignieren oft. Der Hof ist das, was ihr bleibt, nachdem die Mutter sie verlässt, ihr Kind verrät. Er wird für sie zu einer Lebensaufgabe und ist wie ein Schutzschild. Karl und das Haus sind Schutzschild, Heimat und Sicherheit für Vera.

Über die Beziehung zu Anne

Junge Menschen mit eigenem Kopf sind anstrengend. Anne hat bei Vera aber schon gewonnen, weil sie so ist, wie sie ist. Es gefällt Vera, wie Anne ihr Leben in die Hand nimmt. Svenja Liesau spielt das mit großer Kraft und Hingabe. Anne erinnert Vera auch an ihre eigene Kindheit, die Flucht und das Fremdsein. Wie ein Stück ihrer eigenen Geschichte, ihrer eigenen Biografie. Sie sieht in dieser unkonventionellen, kraftvollen jungen Frau ein Stück ihrer selbst. Durch die Beziehung zu Anne und deren Kind blüht sie nochmal auf.

Über die Beziehung zu Hinni

Vera und Hinni sind zwei Menschen, die immer aneinander vorbeireden, obwohl sie füreinander geschaffen wären. Sie verpassen immer den richtigen Moment, wenn einer schaut, schaut der andere gerade weg. Zwei Sturköpfe. Vera weiß um die vertane Chance. Es macht sie aber nicht klein, und Sehnsucht kann auch ein antreibender Motor im Leben sein. Manchmal hält uns unerfüllte Sehnsucht am Leben. So unterschiedlich wie die beiden auch sind, so gut hätten sie auch zusammengepasst. So bleibt dieses unsichtbare Band der Sehnsucht und einer Liebe, die auf tiefem Vertrauen zueinander basiert.

Fragen an Maria Ehrich

Über die Figur der jungen Vera

Mich hat besonders Veras Standhaftigkeit fasziniert. Sie hat in ihren jungen Jahren schon sehr viel Furchtbares erlebt, hatte mit Entwurzelung, Ablehnung durch ihr Umfeld und Liebesentzug ihrer Mutter zu kämpfen und hat trotz dieser schwierigen Verhältnisse einen Weg gefunden, nicht vollkommen zu verzweifeln, sondern bei sich zu bleiben. Die zwiegespaltene Beziehung zu Karl, ihrem Ziehvater, darzustellen, war für mich als Schauspielerin ganz besonders spannend. Die beiden verbindet ein "ambivalentes Autoritätsverhältnis". Mal ist es Karl, der die Vaterrolle einnimmt, mal ist es Vera, die für Karl einsteht und sich um ihn sorgt wie um einen jüngeren Bruder. Dieses Auf und Ab verbindet beide untrennbar miteinander und knüpft ein wunderschönes, feinfühliges Band.

Über Veras Leben auf dem Hof

Der Hof ist für Vera nach der Flucht eine Art neues Zuhause geworden. Am Anfang ist es für sie dort noch sehr befremdlich, aber sie lebt sich mit der Zeit ein und gibt sich Mühe, Fuß zu fassen. Das Leben auf dem Hof verändert sich mit dem Selbstmord von Ida Eckhoff allerdings plötzlich. Karl übernimmt den Hof, und dadurch steht Vera auf einmal nicht mehr unter so einem strengen Regime. Für sie war dieser Suizid ein sehr einschneidendes Erlebnis, sie verkapselt sich und versteckt ihr Gefühlsleben. Trotzdem bleibt der Hof neben Karl ihr Anker, denn dort fühlt sie sich auf eine Art und Weise beheimatet.

Über Familie und Liebe

Das Verhältnis zwischen Vera und ihrer Mutter ist sehr schwierig und distanziert. Es basiert auf Macht, auch aufgrund der traumatischen Ereignisse, die auf der Flucht passiert sind. In einem anderen Leben hätte Vera bestimmt gerne eine Familie gegründet und geheiratet. "Familie" besteht für sie mehr aus den Gefühlen, die sie für den Hof und zu Karl hat, als aus dem typischen Rollenbild "Mutter-Vater-Kind". Sie macht ihr Glück nicht davon abhängig, ob sie eigene Kinder hat. Hinni ist für Vera am Anfang ein guter Freund, woraus sich eine zarte Liebe entwickelt. Aber beide sind nicht mutig genug, dieser aufkeimenden Liebe die Chance zu geben, sich weiter zu entfalten. Ich denke, dass Vera darauf wartet, dass Hinni den ersten Schritt macht, aber leider laufen sie immer aneinander vorbei.

Über die Zusammenarbeit mit Sherry Hormann

Sherry ist in meinen Augen eine Rarität. Ich hatte zu jeder Zeit das Gefühl, dass ich mich voll und ganz auf sie verlassen und mich und meine Rolle in ihre Hand begeben konnte. Ich habe ihr zu 100 Prozent vertraut. Sie liebt ihre Figuren und Schauspieler*innen und ist wirklich begeisterungsfähig. Sherry hängt ihr ganzes Herz an ihre Projekte, und das spürt man in jedem Moment. Der Dreh war zeitweise wirklich herausfordernd. Wir haben ganz schön gefroren im Alten Land, die Drehtage waren lang, und das Thema des Films ist natürlich nicht wirklich Friede-Freude-Eierkuchen. Sherry hat es jedoch geschafft, dass wir alle an unseren Film geglaubt und alles gegeben haben. Daran merkt man, wenn jemand wirklich in der Lage ist, ein Team kreativ zu führen.

Fragen an Svenja Liesau

Über die Figur der Anne

Anne weiß nicht immer, was sie will, aber immer sehr genau, was sie nicht will. Sie ist auf Grund dessen in der Lage radikale Entscheidungen zu treffen, auch wenn noch nicht klar ist, wo der Weg hin geht. Sie ist in der Lage stopp zu sagen und alle Brücken abzubrechen. So begreift sie zum Beispiel ihre Trennung von Christoph nicht als Scheitern, sondern als eine Chance ihr Leben wieder in die eigene Hand zu nehmen und zu suchen, wo sie eigentlich hingehört.

Über Annes Flucht von der Stadt aufs Land

Ich scheue mich, bei Anne von einer Flucht zu reden, zumal in dem Film ganz andere Geschichten von Flucht erzählt werden, die ich nicht auf eine Stufe stellen wollen würde. Es ist eher eine Suche, auf die sich begibt. Ein Zustand, in dem sie sich ganz oft befindet in ihrem Leben.

Über das, was sie auf Veras Hof zu finden hofft

Anne hofft, dass sie sich von Veras Fähigkeit, zu sich zu stehen und sich gegen Widerstände zu verteidigen, eine Scheibe abschneiden kann, sich von ihr bestärken zu lassen. Sie spürt, dass sie da hingehört, dass sie zusammengehören. Anne ist auf der Suche nach einer Heimat, wobei das nicht ortsgebunden ist. Sie findet das bei Vera mit Leon und dem Hasen Willy. Eine Verortung, an der sie nicht ständig erklären muss, warum sie ist, wie sie ist, oder warum sie tut, was sie tut, und keiner versucht, wie ihre Mutter, sie in eine bestimmte Richtung zu drängen. All das findet sie bei Vera.

Über die Zusammenarbeit mit Sherry Hormann

Sherry Hormann hat eine wunderbar positive und offene Ausstrahlung. Das wirkt sich auf das ganze Team aus, das gibt Sicherheit. Sie arbeitet ungeheuer konzentriert, lässt den Schauspielern viel Freiheit, lässt Raum auch etwas auszuprobieren, zu improvisieren. Man konnte sich viel einbringen, das hat mich sehr an die Arbeit am Theater erinnert.

Fragen an Nina Kunzendorf

Über die Figur der Marlene

Alle Figuren in "Altes Land" tragen Verletzungen, Defizite, Kummer in sich. In Marlene habe ich immer das zu kurz gekommene Kind gesehen. Zu wenig geliebt und zu wenig verwurzelt, weil ein wichtiger Teil ihrer Familiengeschichte im Nebel liegt. Die Tochter, die ein Sohn hätte werden sollen.

Über die Beziehung zu Vera

Marlene ist "die halbe Schwester", wie Vera sagt. In meiner Vorstellung hat Marlene Vera als Kind angehimmelt und bewundert. Beide Frauen sind emotional verwahrlost aufgewachsen. Die eine in Kriegszeiten und später von der eigenen Mutter alleingelassen, die andere, Marlene, zwar in Friedenszeiten und materiell überversorgt, aber nie wirklich geliebt. Teil eines Puzzles, das nicht zusammenpasst. Erstaunlicherweise sind beide Frauen eifersüchtig auf das, was die andere vermeintlich hatte. Den Mangel, den Kummer der anderen können oder wollen sie nicht sehen.

Über die Beziehung zu Anne

Anne hätte die erfolgreiche Pianistin werden sollen, die Marlene nie geworden ist. Selbst wenn ich Marlene als Mutter betrachte, sehe ich immer das zu kurz gekommene Kind. Sie kann nicht weitergeben, was sie selbst nicht erfahren hat. Dass sie Anne oft harsch, kühl oder mit wenig Empathie begegnet, merkt sie gar nicht, glaube ich. Würde man sie darauf hinweisen, verstünde sie aufrichtig nicht, wovon die Rede ist, fürchte ist.

Fragen an Milan Peschel

Über die Figur des Karl

Karl entstammt der Generation, die den Zweiten Weltkrieg miterlebt hat, aber nie davon erzählt. Was ihm im Krieg passiert ist, erfährt der Zuschauer nicht. Dass die Geschehnisse ihn aber stark traumatisiert haben, wird gleich zu Beginn durch sein Verhalten deutlich. Er ist sehr zurückgezogen und eingekapselt, was das Bestimmende seiner Figur ist. Er wirkt wie fremdbestimmt und hat kaum Lebensenergie. Seine Kräfte schwinden, nicht im körperlichen, aber im geistigen Sinne, ihm fehlt die Widerstandskraft. Das wird deutlich in dem Moment in der Geschichte, in dem er sich umbringen will und Vera bittet, ihm dabei zu helfen. Daran zeigt sich, wie gebrochen dieser Mensch ist und wie sehr die traumatischen Kriegserfahrungen sein ganzes Leben bestimmen.

Über Familie und Verlust

Karl hat keine richtige Familie. Nach dem Tod seiner Mutter beschränkt sie sich klar auf Vera. Er lebt sehr zurückgezogen, und man wird nicht richtig schlau aus ihm. Auch erfährt man nicht, welche Verluste er im Krieg erlebt hat. Vera hält ihn am Leben, sie ist der Mensch, der ihm am nächsten steht. Sie ist eine Art Mutterersatz, Schwester, Gefährtin, Freundin, Begleiterin. Die Ehe, die er mit Veras Mutter eingeht, ist von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Ich denke, Karl weiß das, gibt sich aber gerne dem Gefühl hin, gemocht und begehrt zu werden. Ein wichtiges Gefühl, was einen auch am Leben halten kann. Dass Veras Mutter ihn verlässt, schmerzt Karl natürlich, aber sein Stiefkind Vera füllt diese Lücke. Beide helfen sich gegenseitig, sich am Leben zu halten, trotz ihrer Verluste.

Über den Hof im Alten Land

Das ist sein Elternhaus, der Ort, an dem er geboren wurde. Ich glaube, es ist ihm bewusst, dass das der Ort ist, an dem er auch sterben wird. Der Hof ist seine Heimat, die er vielleicht im Krieg vermisst hat. Es gibt für ihn keinen Grund woanders hinzugehen, den Hof zu verlassen. Seine Familie – also Vera – ist ja auch hier. Der Hof gibt ihm Sicherheit.

Fragen an Peter Kurth

Über die Figur des Hinni

Hinni ist Veras Nachbar, und sie kennen sich schon seit ihrer Kindheit. Ihre beiden Höfe liegen direkt nebeneinander, wobei Hinni seinen Hof immer sehr akkurat pflegt und in Ordnung hält. Er ist das Gegenteil von Vera, die sich auch noch im hohen Alter einen Spaß daraus macht, über seinen geharkten Vorgarten zu reiten, um ihn zu ärgern. Die Geschichte zwischen den beiden finde ich sehr spannend. Aufgrund ihrer gemeinsamen Erlebnisse sind beide tief miteinander verbunden, und jeder ist auf seine Art verwurzelt im Alten Land.

Über die Zusammenarbeit mit Iris Berben

Für mich ist es immer großartig, mit Iris Berben zu drehen. Wenn wir beide zusammentreffen und miteinander arbeiten, gibt es immer wieder Glücksmomente. Die Chemie stimmt einfach zwischen uns, und das erleichtert die Arbeit am Set natürlich sehr und bringt Freude. Ich bin froh, ein Teil von "Altes Land" zu sein.

Audio-Interview mit Maria Ehrich

Hier finden Sie ein Audio-Interview mit Maria Ehrich

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