Clashing Differences
Spielfilm und Serie aus der Redaktion Das kleine Fernsehspiel
"Clashing Differences", die satirische Serie, die auch als Spielfilm gesendet wird, entführt die Zuschauerinnen und Zuschauer mit einem humorvollen und teilweise ironischen Blick in die Welt feministisch aktiver Personen.
- ZDF Mediathek, ad ut Ab Freitag, 6. Oktober 2023, ein Jahr lang in der ZDFmediathek (Spielfilm und Serie)
- ZDF, ad ut Montag, 9. Oktober 2023, 0.20 Uhr im ZDF (Spielfilm)
- ARTE, ad ut Ab Donnerstag, 5. Oktober 2023, in der ARTEmediathek
Texte
"Clashing Differences" – eine satirische Heldinnenreise als Spielfilm und Serie | Statement der stellvertretenden Redaktionsleiterin Lucia Haslauer
Mal wütend und laut, mal ganz leise und verletzt – Merle Grimme jagt ihre Protagonistinnen in ihrem Hochschul-Abschlussfilm-Projekt durch eine emotionale Tour de Force der aktuellen identitätspolitischen Debatten. Grimme inszeniert ihre Figuren dabei mit großer Kenntnis gesellschaftlicher Diskurse. Sie setzt in "Clashing Differences" aber nicht nur auf die spitze Feder der Satire, sondern greift bei der Darstellung von individueller Verzweiflung marginalisierter Personen beim Kampf um den Perspektivwechsel auch geschickt zu Versatzstücken des Dramas.
Die junge Regisseurin wirkt mit ihrem Projekt in zwei Richtungen: Ihr Film, den sie auch seriell auswertet, liefert einen profilierten und diskussionswürdigen Beitrag zur Debatte um gesellschaftliche Teilhabe, Zugang zur Macht und den Spielregeln unserer recht oberflächlichen Aufmerksamkeitsökonomie. Aber auch in der Filmbranche wird ihr Projekt nachwirken: In der Vorbereitung auf den Film hat Grimme neue Standards in der Filmherstellung entwickelt, beschrieben und gemeinsam mit den Produzentinnen Mimi Klein und Gabriela Sperl auch umgesetzt. Machtsensible und antidiskriminierende Maßnahmen haben die Dreharbeiten und die Pre- und Post-Produktion – in Teilen auch mit zusätzlichem Personal – flankiert.
Stab und Besetzung
Clashing Differences
Spielfilm und Serie, Deutschland 2023
Montag, 9. Oktober 2023, 0.20 Uhr im ZDF (Film)
Ab Freitag, 6. Oktober 2023, in der ZDFmediathek (Film und Serie)
Ab Donnerstag, 5. Oktober 2023, in der ARTEmediathek
Buch, Regie Merle Grimme
Kamera Diara Sow
Ton Nic Nagel
Szenenbild Stephanie Schober
Schnitt Andi Pek
Musik Jared Meier-Klodt, Johannes Stegemann
Produktionsleitung Ann-Kristin Bardi
Produzentinnen Mimi Klein, Gabriela Sperl
Produktion a little. film production, sperl film + fernsehproduktion in Koproduktion
mit ZDF/Das Kleine Fernsehspiel in Zusammenarbeit mit ARTE
und der HFF München; mit Unterstützung von Filmstiftung
FilmFernsehFonds Bayern und Medienboard Berlin-Brandenburg
Redaktion Lucia Haslauer (ZDF), Simon Ofenloch (ZDF/ARTE),
Martin Gerhard (ZDF/ARTE), Ann-Sophie Müller (ARTE),
Stéphanie Maure (ARTE)
Länge 70 Minuten
Besetzung
Sus Rabea Lüthi
Kisha Thelma Buabeng
Çena Şafak Şengül
Flora Jane Chirwa
Simone Minh-Khai Phan-Thi
Paula Lisa Hrdina
Hannah Christine Wilhelmi
Elisabeth Inka Friedrich
Martha Anna Stieblich
Luise Eva Bay
Rieko Tucké Royale
Keule Timm-Christian Schindel
Pille Bartholomäus Martin Kleppek
Andi André Blüthmann
und andere
Inhalt
Das geplante Panel des Vereins "House of Womxn" auf der internationalen Frauenkonferenz steht auf dem Spiel. Die Konferenzleitung hat sich gemeldet: Ihr Panel ist "zu weiß". Sofern sie nicht schnell diverser besetzen können, wird ihr Panel gecancelt. Ihre Einladungsliste muss schnellstmöglich an die Diversity-Checkliste angepasst werden: Sie brauchen eine schwarze Frau – vielleicht sogar zwei. Nicht zu vergessen queere Personen, Personen mit Behinderung und noch ein paar Women of Color. Die neu eingeladenen, natürlich sehr unterschiedlichen Frauen und eine nicht-binäre Kameraperson, müssen nicht nur einen Tag und eine Nacht in dem abgelegenen Vereinshaus in Brandenburg verbringen, sondern sollen auch noch ein gemeinsames Manifest verfassen. Es dauert nicht lange, bis sich die queer-feministische Gruppe in einer beängstigenden Get-out-Situation wiederfindet, in der tagsüber ihre politischen Differenzen aufeinanderprallen und nachts ungebetene Gäste vor der Tür stehen.
"Mit 'Clashing Differences' sage ich: Mut zur Wut" | Statement der Autorin und Regisseurin Merle Grimme
"Clashing Differences" ist aus einer akuten Dringlichkeit entstanden. Der Dringlichkeit, unsere Geschichten und Perspektiven selbstbestimmt erzählen zu können.
Die erste Drehbuchfassung schrieb ich nach der Ermordung von George Floyd und der weltweiten Proteste der Black-Lives-Matter-Bewegung. Ich schrieb es mit zitternden Händen, schmerzender Wut im Bauch und einem Gefühl der Ohnmacht. Ich wollte etwas Lautes, Kraftvolles und Bestärkendes schaffen, das all meine Gefühle sichtbar und meine inneren Stimmen hörbar macht. Mit jeder Zeile holte ich mir ein Stück Selbstbestimmtheit, aber auch Hoffnung zurück. Mit dem Bewusstsein, dass ich diese Gefühle mit Millionen von Menschen weltweit teilte, schrieb ich irgendwann nicht mehr nur für mich allein.
In "Clashing Differences" verarbeite ich auf der äußeren Ebene meine jahrelange Erfahrung mit Vereinen, politischem Engagement und sogenannten Diversity-Panels in der Filmbranche. Die Figuren Kisha, Flora, Cena, Simone und Sus müssen als Token, also bloße Vorzeigeschablonen, herhalten, damit der Verein House of Womxn e.V. sein Image verbessern kann. Die Motivationen der drei weißen Vereinsfrauen sind unterschiedlich. Jedoch wollen sie alle das Problem mit einer schnellen und einfachen Lösung aus der Welt schaffen, um ihr eigenes Ziel zu erreichen. Aber gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht: Sie bieten ihren geladenen Personen eine Bühne, die sie gar nicht haben wollen. Eine Bühne, auf der sie eine Lösung für Diskriminierung aller Art finden sollen, die aber bitte auch einfach, schnell und kostengünstig umsetzbar ist.
Noch mehr werden sie als Expertinnen und Experten in Fragen Diversität verstanden, obwohl ihre eigentliche Expertise in ihren beruflichen Tätigkeiten liegen könnte. Sie alle haben unterschiedliche Wissensstände und manche von ihnen kennen sich in den Diversitätsdebatten auch gar nicht gut aus oder lehnen sie ab.
Mithilfe der unterschiedlichen Figuren war es mir möglich, einen inneren und vielstimmigen Dialog und meine unterschiedlichen Haltungen zu diesem Thema sichtbar zu machen. Wie weit die Extreme dieser Haltungen auseinandergehen, wird durch den wiederkehrenden Konflikt zwischen Flora und Çena sichtbar. Flora setzt auf den sich schier endlos wiederholenden Dialog und die Aufklärung, mit der hoffnungsvollen Sehnsucht, dass ihr gegenüber sie irgendwann verstehen möge. Dagegen hat Çena keine Lust mehr zu reden. Sie geht den Weg des aktiven Widerstands, will das Panel boykottieren und erst Ruhe geben, wenn das komplette Patriarchat zerstört ist. Statt ihre unterschiedlichen Ansätze zu akzeptieren, wollen sie sich unermüdlich vom Gegenteil überzeugen und reiben sich so aneinander auf. "Clashing Differences" spricht damit ein zutiefst menschliches Bedürfnis an: Wir wollen verstanden werden und uns zugehörig fühlen. Damit einher kommt die Trauer und schließlich die Wut, wenn wir feststellen, dass wir ungleich bewertet und behandelt werden, wir nicht dieselben Rechte und Privilegien haben. Doch Wut hat in unserer Gesellschaft kein gutes Image. Besonders, wenn es um nicht-männliche Personen geht. Mit "Clashing Differences" sage ich: Mut zur Wut. Denn Wut kann Veränderung und Wandel hervorbringen. Aber wütend sein, will gelernt sein. Dafür bietet "Clashing Differences" eine praktische, für manche ungewohnte, Hilfestellung an, die Trauma und (Selbst-)Zerstörung verhindern kann.
In der Figurenentwicklung wollte ich mich nicht an den vorherrschenden Vorurteilen und Stereotypen abarbeiten, indem ich perfektionierte und vollkommen politisch korrekte Gegenbeispiele zeichne. Ich habe mich auf ihre Menschlichkeit konzentriert. Sie kämpfen mit alltäglichen Problemen, sind widersprüchlich und manchmal fehlbar. Sie bringen unterschiedliche Themen mit, in der sich eine breite Gesellschaft wiederfinden kann: Liebe, Eifersucht, Beziehungskonflikte, Erziehungsfragen, Mutter-Tochter-Konflikt, Generationskonflikte, Konkurrenz, Identitätsfragen, die Überforderung mit den Erwartungen von außen und das Bedürfnis nach Zugehörigkeit.
Besonders in der ersten Hälfte bietet "Clashing Differences" viele humorvolle Momente und bringt uns zum Lachen. Doch "Clashing Differences" ist und bleibt eine bittersüße Satire, deren ernsthafter Kern uns immer wieder beim Lachen im Halse stecken zu bleiben droht. Mit der zweiten Hälfte erinnert "Clashing Differences" an seine Ernsthaftigkeit. Die Figuren verschaffen sich zunehmend Raum, in dem sie vermehrt die vierte Wand brechen und direkt zu uns in die Kamera sprechen. Indem die Verletzungen und Bedrohungen essentieller und der alltägliche Horror von Diskriminierung sichtbarer wird, entwickelt sich "Clashing Differences" zu einem queer-feministischen Get-out-Film. Dabei war mir wichtig zu markieren, dass eine Bedrohung von außen noch lange keine Einheit generiert; wir sind uns oft nicht einig, wie wir mit dieser Bedrohung umgehen sollen und wie viel Aufmerksamkeit wir ihr schenken müssen. Einer Bedrohung, die uns immer wieder von unseren eigentlichen Zielen und Bedürfnissen abzulenken droht. Deswegen habe ich mich auch hier für ein anderes Mittel entschieden, das die Figuren auf eine viel essentiellere Art miteinander verbindet, ohne ihre eigenen Perspektiven und Haltungen aufgeben zu müssen. Ganz nach dem Zitat von Audre Lorde: "It is not our differences that divide us. It is our inability to recognize, accept, and celebrate those differences."
Ich bin seit 15 Jahren beim Film und habe meine Erfahrungen an kleinen wie auch großen Produktionen in unterschiedlichen Departments gemacht. Aufgrund meiner Erfahrung und Beobachtung von hierarchischen Strukturen, die Machtmissbrauch an Filmsets begünstigen, habe ich speziell für dieses Projekt ein Herstellungskonzept für antidiskriminierendes und inklusives Produzieren entwickelt. Es fängt beim Drehbuchschreiben und der Figurenentwicklung an, zieht sich durch den Castingprozess, die Teambesetzung, die Drehbedingungen und endet bei der Auswertung und Veröffentlichung.
Das Konzept mit Erfahrungsberichten, Tipps und einer wissenschaftlichen Analyse soll in naher Zukunft veröffentlicht und für Interessierte zugänglich gemacht werden.
Preise und Festivals
- Filmfest München 2023: "Bestes Drehbuch" an Merle Grimme
- First Steps Award 2023: Big Audience Award (Nominierung)
Biografie Merle Grimme (Buch und Regie)
Merle Grimme ist Drehbuchautorin, Regisseurin und Producerin. Sie studiert an der Hochschule für Fernsehen und Film (HFF München) und schloss zuvor ihr Studium mit dem Bachelor of Arts an der Universität Hildesheim ab. Zu ihrer Regiearbeit gehören der Dokumentarfilm "Regretting Motherhood", der zu mehreren nationalen und internationalen Filmfestivals und Podiumsdiskussionen eingeladen wurde, und der Social Spot "Der deutsche Kinderwunsch?". Als Autorin, Regisseurin und Producer schließt sie ihr Diplom mit dem Spielfilm / Miniserie "Clashing Differences" an der HFF München ab. Speziell für dieses Projekt entwickelte sie ein antidiskriminierendes und inklusives Herstellungskonzept, das auf verschiedenen Ebenen erprobt und in wesentlichen Teilen umgesetzt worden ist. 2020 initiierte sie die Gründung des Vereins Connected Differences e.V., der auf die fehlende Intersektionalität von Netzwerken und Förderungen in den Bereichen Film, Theater, Kunst und Medien für unterrepräsentierte und marginalisierte Kunst- und Kulturschaffende aufmerksam macht. Dafür wurde sie 2021 mit dem Engagementpreis der Studienstiftung des deutschen Volkes ausgezeichnet und war zudem für den Deutschen Engagementpreis nominiert.
Weitere Informationen
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