Die Kinder aus Korntal
Dokumentarfilm aus der Reihe "Das kleine Fernsehspiel"
Das Städtchen Korntal in Baden-Württemberg ist Schauplatz eines der größten Missbrauchsskandale der evangelischen Kirche in Deutschland. Ab den 1950er-Jahren wurden in den dortigen Heimen der pietistischen Brüdergemeinde unzählige Kinder missbraucht; sie erlitten körperliche Züchtigung und sexualisierte Gewalt. 2013 wurde der Skandal öffentlich. Sechs Betroffene erzählen, was sie in den Kinderheimen erlebten. Das ZDF zeigt den Dokumentarfilm von Julia Charakter anlässlich des Europäischen Tages zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexueller Gewalt. (18. November 2025).
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Vor etwas mehr als zehn Jahren machten Menschen erstmals öffentlich, was ihnen in Kinderheimen der pietistischen Brüdergemeinde im baden-württembergischen Korntal in den Jahren 1950 bis 1980 widerfahren ist: psychische, körperliche sowie sexualisierte Gewalt.
Bis heute wurden, unter anderem in einem 2018 veröffentlichten Aufklärungsbericht, mehrere Täter benannt und immer mehr Details der Missbrauchserfahrungen öffentlich gemacht.
Doch was in der Debatte oft vergessen wird, ist, wie Betroffene mit dem Erlebten umgehen. Der Dokumentarfilm "Die Kinder aus Korntal" gibt sechs dieser betroffenen Menschen den Raum, über ihre gewaltvollen Erfahrungen zu sprechen. Auch die Art der Aufarbeitung und den Umgang mit ihnen empfinden einige der Betroffenen als stark retraumatisierend.
Der Film konfrontiert nicht nur mit den Auswirkungen des jahrzehntelangen Schweigens über die Vorfälle, sondern fordert auch Transparenz in der Aufarbeitung und ein stärkeres Verantwortungsbewusstsein im gesellschaftlichen Umgang damit.
Redaktion Das kleine Fernsehspiel, ZDF
Inhalt
In "Die Kinder aus Korntal" erzählen Menschen, die zwischen 1950 und 1980 Opfer von Missbrauch in der evangelisch-pietistischen Gemeinde Korntal wurden, von ihren Erfahrungen.
Schätzungsweise 150 ehemalige Kinder aus den Heimen der pietistischen Brüdergemeinde sind seit 2013 mit den Erfahrungen, die sie in den Kinderheimen in Korntal machen mussten, an die Öffentlichkeit getreten. Der Ort und die Gemeindemitglieder reagierten lange mit Zweifeln und Ablehnung auf die Vorwürfe. 2018 präsentierte die Brüdergemeinde einen Aufklärungsbericht über die mittlerweile verjährten Vorgänge, in dem 81 Täter und Täterinnen, davon mehrere Intensivtäter, teilweise anonymisiert genannt werden. Viele Betroffene kämpfen nach wie vor um Gehör, Anerkennung und Respekt. Der Aufarbeitungsprozess selbst und die Entschädigungssummen für die Opfer sorgen weiterhin für Diskussionen.
Der Film gibt sechs Betroffenen Raum, ihre Geschichten zu erzählen. Eine sensible und tiefgründige Auseinandersetzung mit einem hochaktuellen Thema.
Zitate
"Das war im Hinterkopf, dieses Wort Korntal, und Korntal existiert. Aber jahrzehntelang nicht betreten. Meine kleine Schwester hat mich bekniet, ich soll doch mal mit. Ich hab mich lang dagegen gewehrt, bis ich dann irgendwann breitgeklopft war. Und es war für mich eine Höllenfahrt dahin." Angelika Bandle
"Wir müssen eine Erinnerung schaffen, dass diese Taten, diese Verbrechen in Korntal nie mehr in Vergessenheit geraten. Wenn ich mich erinnern möchte, schau ich in den Spiegel, dann weiß ich meine Geschiche. Es geht darum, dass die sich erinnern." Detlev Zander
"So wie der Mann drauf war, das war kein Christ. Weil: Ich bin ja auch kein gläubiger Mensch, aber ich mein, wir sind ja mit der Bibel großgeprügelt worden, deswegen weiß ich, was man im Christentum eigentlich zu tun hat. Da ist Nächstenliebe natürlich ganz oben. Sowas hat der nicht gekannt, Nächstenliebe. Für mich unverständlich, dass dieser Mann in der Brüdergemeinde so gelobt wird." Thomas Mockler
"Ich denke, es ist doch jetzt eine Zeit gekommen, wo wir nach vorne schauen sollen. Und da wäre es gut, wenn man solche Missbräuche auch mal endgültig abschließt." Gemeindemitglied
Stab
Regie und Buch: Julia Charakter
Kamera: Jonas Eckert
Schnitt: Jonas Eckert und Julia Charakter
Ton: Jonas Eckert
Musik: Leonard Küßner
Sound Design: Volker Armbruster
Produzentin: Birgit Schulz
Produktion: Bildersturm Filmproduktion in Koproduktion mit
ZDF/Das kleine Fernsehspiel und Geo Television
Gefördert von Film- und Medienstiftung NRW
Redaktion: Melvina Kotios (ZDF/Das kleine Fernsehspiel)
Länge: 90:51 Minuten
DOK Leipzig 2023: DEFA Förderpreis
Deutscher Dokumentarfilmpreis 2024, Nominierung
Filmfestival Cologne 2023, Nominierung
dok Karlsruhe 2024, Nominierung
Deutscher Menschenrechtsfilmpreis 2024, Nominierung
Roman Brodmann Preis 2025, Nominierung
In meinem Dokumentarfilm "Die Kinder aus Korntal" beschäftige ich mich mit institutioneller Gewalt und Missbrauch in Kinderheimen – im pietistischen Kontext.
Über Umwege bin ich auf Korntal gestoßen – und wusste bis dato nicht, dass es in Deutschland eine pietistische Gemeinde gibt, in der es zu einem großen Missbrauchsskandal gekommen war. Die ehemaligen Heimkinder haben mir ihr Vertrauen geschenkt und ihre Geschichten erzählt: von einem streng religiösen System, in dem sie aufgewachsen sind, geprägt von ständiger Kontrolle, Härte – und von Missbrauch und sexualisierter Gewalt.
Der Film begleitet sechs Betroffene – nicht nur im Rückblick, sondern auch in ihrem heutigen Leben: im Versuch, mit der Vergangenheit zu leben und Gerechtigkeit einzufordern. Viele von ihnen kämpfen bis heute darum, gehört zu werden, und fordern, dass die Aufarbeitung kein leeres Versprechen bleibt. Auch Vertreterinnen der Brüdergemeinde und Korntaler Bürger kommen zu Wort, um Strukturen sichtbar zu machen und um den Umgang der Gemeinde mit den Betroffenen aufzuzeigen.
Mein Ziel war es, den Überlebenden Gehör zu verschaffen. Man muss ihnen keine Stimme geben – sie haben längst eine. Der Film bietet die Möglichkeit, ihnen zuzuhören.
Julia Charakter (Buch und Regie), geboren 1984 in Zhytomyr in der Ukraine, ist eine in Köln lebende Autorin und Regisseurin. Nach ihrem Studium der Literatur- und Medienwissenschaften war sie als freie Autorin und Redakteurin tätig. 2018 schloss sie ihr Film-Studium an der ifs Köln ab, absolvierte 2017 das "Into the Wild"-Mentoring Programm und lief mit ihrem Kurzfilm "Unbarmherzig" auf zahlreichen Festivals. "Die Kinder aus Korntal" ist ihr Debütfilm.
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