plan b: Zwei Dokus über den Einsatz von KI in der Arbeitswelt

Das Berufsleben verändert sich rasant: Fachkräfte fehlen, junge Menschen suchen mehr Erfüllung in ihrem Job. Roboter und künstliche Intelligenz können da zu nützlichen Helfern werden.

 

  • ZDF Mediathek, Ab Dienstag, 26. September 2023, 10.00 Uhr
  • ZDF, Ab Samstag, 30. September 2023, 17.35 Uhr

Texte

plan b: Roboter im Job – Kollegen mit künstlicher Intelligenz

Samstag, 30. September 2023, 17.35 Uhr
plan b: Roboter im Job
Kollegen mit künstlicher Intelligenz
Film von Maike von Galen
Produktion: refutura GmbH
Länge: 30 Minuten
ZDFmediathek ab 26. September 2023, 10.00 Uhr     

 

Ein Roboter, der Torten dekoriert, eine KI, die Wissen speichert: Schon heute setzen Unternehmen auf Technik, um Jobs attraktiver zu gestalten. Und Schulen darauf, junge Menschen fit für die Arbeitswelt von morgen zu machen.

Roboter kennt man bislang aus großen Produktionsstraßen in der Autoindustrie – geht es nach Maria Piechnick und ihrem Team der Programmierungsfirma Wandelbots, dann stehen sie bald auch in Backstuben und Schreinereien. Sie haben eine Software entwickelt, die es auch Handwerksbetrieben ermöglicht, eine Maschine anzulernen, ganz intuitiv: Der Mensch macht vor, der Roboter ahmt die Bewegung nach.

Wie das in der Praxis funktioniert, ist in der Schreinerei der Firma Blocz in Chemnitz zu sehen: Hier werden täglich tausende Kletterelemente gesägt, zusammengefügt und abgeschliffen – seit neustem von einem Roboter. Gelernt hat er das Schleifen von den Mitarbeitenden selbst: Mit einem Tracepen, einem elektronischen Stift, macht der Schreiner eine Bewegung vor, der elektronische Mitarbeiter macht sie beliebig häufig nach.

Das Start Up FINDIQ hilft mit künstlicher Intelligenz, Erfahrung und Wissen von Mitarbeitenden zu speichern, um neuen Mitarbeitenden bei Problemen zu helfen. "Bislang musste man bei einer Fehlermeldung einen Kollegen im Feierabend anrufen, jetzt begibt sich unsere App ganz selbstständig auf die Suche nach der Fehlerursache", sagt Firmengründerin Sina Kämmerling. Vor allem durch große Pensionierungswellen in den nächsten Jahren geht in den Unternehmen viel Wissen verloren – mit künstlicher Intelligenz soll das gestoppt werden.

"plan b" wirft außerdem einen Blick auf die Generation, für die KI in der Arbeitswelt eine Normalität sein wird. Innovative Schulkonzepte könnten dazu beitragen, auf diese neue Arbeitswelt vorzubereiten: In der Agora Schule im niederländischen Roermond gibt es weder einen klassischen Stundenplan noch Schulfächer: Stattdessen können die Schüler sich immer damit beschäftigen, was sie am meisten interessiert. Das kann der Bau eines Tiny Houses, aber auch das Komponieren eines eigenen Songs sein. "Es gibt kein Kind, das nicht lernen will – nur vielleicht nicht das, was ich ihm beibringen will", ist Lehrer Rob Houben überzeugt. "Lass' sie spielen, dann lernen sie alles". Mit seinem Bildungsansatz ist er inzwischen weltweit unterwegs. Auch eine Schule aus Deutschland interessiert sich für das ungewöhnliche Lernkonzept.

Petit Fours vom Roboter – Drehbericht von Autorin Maike von Galen

Roboter auch in kleinen Handwerksbetrieben – da stößt man noch immer auf viel Skepsis, vor allem bei den Handwerkerinnen und Handwerkern selbst. Natürlich benutzen auch Bäcker*innen Knetmaschinen, Teigportionierer und andere technische Hilfsmittel – aber den letzten Schliff soll eben ein Mensch, nicht eine Maschine, dem Produkt geben. Denn das etwas handgemacht ist, hat gerade hierzulande einen enormen Stellenwert, steht für Qualität, aber eben auch für Einzigartigkeit. Ich habe bei unserem Dreh zu "Roboter im Job – Kollegen mit künstlicher Intelligenz" erst einer jungen Konditorin, dann einem Roboter beim Verzieren einer Torte zugeschaut: Noch ist die Konditorin schneller und geschickter, flexibler und kann kleine Fehler leichter ausbessern. Sie erkennt, wenn die Schokoladensauce die falsche Konsistenz hat, weiß, wo der Kuchen aufhört und dekoriert nicht über den Rand hinaus, wie der Roboter es manchmal noch macht. Was die Konditorin mir aber auch sagte: Vier Bleche Petit Fours dekoriert sie noch gern – danach wird die Arbeit monoton und körperlich sehr anstrengend. Denn der Anspruch großer Caterer oder Backunternehmen ist eben nicht, dass jede Torte individuell, also auch mal anders, aussieht, sondern, dass der Mensch arbeitet, als sei er eine Maschine. In diesem Fall sollte er wohl lieber wirklich die Maschine für sich arbeiten lassen – nach menschlichem Vorbild.

Ein romantisches Gefühl, dass jemand für uns backt und von Hand dekoriert - Interview mit Martin Riis

Martin Riis ist Geschäftsführer der dänischen Firma Pinecone, die in Norwegen Tortenroboter einsetzen, mithilfe der deutschen Software von Wandelbots: Ein Konditor gibt dem Roboter das Muster der Dekoration vor, der Roboter ahmt die Bewegung exakt nach. Ein Konzept für die Zukunft?


Wie kamen Sie auf die Idee, dass Roboter in Zukunft Torten dekorieren sollen?

Ich habe die letzten 18 Jahre in Nordamerika gelebt, wo ich an großen Systemen für die Kuchenautomatisierung gearbeitet habe. Dort setzen sie bereits jetzt Roboter ein, um Torten zu dekorieren,  aber die werden immer von Ingenieuren programmiert. Das hat den Nachteil, dass nur der Roboteringenieur Änderungen vornehmen kann,  und der hat ja eigentlich nie gelernt, Torten zu dekorieren. Das, was der Bäcker, der Handwerker und der Konditor normalerweise nutzt, ist seine Handfertigkeit. Das wollen wir gemeinsam mit Wandelbots nutzen: Jetzt liegt es wieder in der Hand des Bäckers, dem Roboter etwas beizubringen. Er zeichnet die Dekoration vor, der Roboter ahmt die Bewegung nach – ganz ohne Programmierungskenntnisse. Ich bin mir sicher: Damit sich Roboter flächendeckend auch in Handwerksbetrieben durchsetzen, müssen sie so einfach sein, dass meine Mutter den Kuchen dekorieren und den Roboter trainieren kann.

 

Wer nutzt die Dekorations-Roboter schon?

In Norwegens größter Bäckereikette Bakethuset sind jetzt die ersten Roboter im Einsatz. Sie haben neun Bäckereien in ganz Norwegen. Wie an vielen Orten auf der Welt sind qualifizierte Arbeitskräfte sehr schwer zu finden. Es gibt kaum noch Menschen, die am Fließband stehen, weil es eine mühsame Arbeit ist, tagein, tagaus mit Spritzbeuteln Torten zu verzieren. Das ist wahnsinnig anstrengend für die Handgelenke, – vor allem, weil es in den Backfabriken kühl sein muss. Deshalb kam das Unternehmen zu uns und sagten: "Ja, wir wollen das testen, um zu sehen, ob wir unseren Mitarbeitern helfen können, diese mühsamen Aufgaben zu erledigen."

 

Was ist die größte Herausforderung für den Roboter?

Die Übersetzung der Handbewegung auf einen Roboter ist komplexer, als es auf den ersten Blick scheint: Die Schokolade, die Glasur oder die Creme muss zur richtigen Zeit und an der richtigen Stelle mit dem richtigen Druck aus der Dosierdüse kommen. Die Herausforderung besteht darin, eine Maschine zu entwickeln, die die Arbeit so erledigt, dass es aussieht, als hätte ein Mensch sie erledigt.

 

Es gibt Menschen, die Angst haben, dass Roboter die Arbeit ersetzen können. Zu Recht?

Ich arbeite seit über 20 Jahren mit Robotern, und das war schon immer die Sorge. Natürlich haben Menschen Angst, dass ein Roboter unsere Jobs übernehmen wird, uns Menschen irgendwann überflüssig macht. Bislang ist das Gegenteil der Fall: Roboter machen Arbeitsplätze attraktiver, in dem sie die Menschen von Aufgaben befreien, die monoton und anstrengend sind. Sie unterstützen Menschen, aber ersetzen sie nicht. Es gibt immer noch Bereiche, in denen Menschen die Arbeit besser machen als der Roboter – dort sollte man sie einsetzen. Wir haben also noch nie erlebt, dass jemand seinen Job verloren hat, weil ein Roboter gekommen ist und einen Teil der Arbeit erledigt hat.

 

Handarbeit wird hier in Deutschland großgeschrieben, steht für besondere Qualität. Ist das typisch deutsch oder kennen Sie das auch aus anderen Ländern?

In Deutschland hat vor allem das Bäckerhandwerk eine große Tradition, und es stimmt: Hier gilt Handarbeit noch als ein besonders wertvolles Merkmal. Deshalb ist es für uns ein guter Markt, um unsere Technologie zu testen: die Anforderungen an die Präzision der Roboter sind sehr hoch, es gibt sehr feine Details, die der Roboter aus der menschlichen Arbeit übertragen muss. Aber natürlich gibt es auch hier Lebensmittelketten, die Backwaren industriell herstellen. Und auch die brauchen Mitarbeiter, die sie immer schwerer finden.

 

Warum hängen wir so sehr daran, dass etwas handgemacht ist?

Ich glaube, es ist schon ein romantisches Gefühl, dass jemand da steht und für uns backt und von Hand dekoriert. Aber man muss eben auch sehen: Das hat seinen Preis. Und zwar einen so hohen, dass nicht jeder ihn bezahlen kann. Hinzu kommt der enorme Fachkräftemangel: Ich weiß nicht, wie es in Deutschland ist, aber in Dänemark zum Beispiel, gab es letztes Jahr nur sechs Bäcker, die ausgebildet wurden. Sechs, mehr nicht. Es ist also ein aussterbendes Gewerbe. Wir müssen also neue Wege gehen, wenn wir weiterhin Kuchen essen und Feste feiern wollen.

 

Das Interview führte Maike van Galen

plan b: Fachkräfte ohne Mangel – Wie Arbeit auch anders geht

Samstag, 7. Oktober 2023, 17.35 Uhr
plan b: Fachkräfte ohne Mangel

Wie Arbeit auch anders geht
Film von Benjamin Rost und Lucia Gillemot
Produktion: Gillemotion Film
Länge: 30 Minuten 
ZDFmediathek ab 29. September 2023, 15.00 Uhr

 

Mehr als 600.000 Stellen können in Deutschland nicht besetzt werden, weil es keine qualifizierten Bewerber und Bewerberinnen gibt. Zur Bekämpfung des Fachkräftemangels braucht es frische Ideen: Pflegedienste werden entlastet, wenn sie mit High-Tech die Betreuung älterer Menschen sicherstellen, IT-Dienstleister können das Wissen von Zuwanderern nutzen, und Bäckereien haben Zukunft, wenn sie ihren Auszubildenen gute Perspektiven bieten.   

Andreas Wippler mit seiner Dresdner Familienbäckerei hat das Nachwuchsproblem angepackt und gelöst. Trotz modernster Ausstattung der Backstube und intensiver Suche mit Hilfe sozialer Medien, blieben Ausbildungsplätze lange Zeit unbesetzt. Zu viele potenzielle Bewerber und Bewerberinnen verlor er an ein Studium. "Ich wusste, ich muss ähnliche Vorteile bieten können." Seitdem können seine Auszubildenden in einer Art Azubi-WG wohnen, die günstig ist, Gemeinschaft bietet und sogar Haustiere erlaubt. Außerdem unterstützt er seine Nachwuchsbäcker und -bäckerinnen bei einer Ausbildungsreise in eine Bäckerei im Ausland. "Win-win", sagt er, denn die Azubis freuen sich über das Angebot und bringen neues Know-how, wie zum Beispiel ein Schokoladenbrotrezept aus Frankreich, mit nach Dresden. Inzwischen kann er alle sieben Lehrstellen besetzen.

In München hat Rafael Hofstetter mit seiner Firma Devanthro dem Fachkräftemangel in der Pflege den Kampf angesagt. Mittels eines menschenähnlichen Roboters – dem Robody – soll eine Pflegekraft gleich mehrere Patienten betreuen können, ohne den Steuerungsraum verlassen zu müssen. Hören, sprechen und sich bewegen können die Roboter bereits, wenn Menschen ihnen mittels VR-Brille und Steuerung sagen, was sie zu tun haben. Bereits 2025 sollen die Robodies vom Stapel laufen. Ein Praxistest soll zeigen, wie die neue Technik in der Altenpflege ankommt.

Zugewanderte besser qualifizieren: Auch das ist eine Lösung gegen den Fachkräftemangel. Gerade Frauen mit Migrationshintergrund haben es oft schwer, im Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Dagegen will Sinega Puvaneswaran etwas tun. Für das Sozialunternehmen socialbee, mit Hauptsitz in München, organisiert sie Qualifizierungsprogramme speziell für Frauen. Jedes Jahr werden dabei von ihr und ihrem Team junge geflüchtete Frauen zu IT-Projektmanagerinnen ausgebildet und starten danach direkt in den Unternehmen durch.

Zu Besuch bei Robody – Drehbericht von Autorin Lucia Gillemot

Wir waren zu Gast bei den Münchner Robotik Visionären Devanthro. Das Start-up entwickelt Roboter, die zukünftig den Fachkräftemangel in der Pflege bremsen sollen. Gesteuert werden sie über eine VR-Brille und zwei Controller. Was der Mensch macht, sagt oder sieht, macht der Roboter nach. Wir treffen das junge Entwicklerteam um Rafael Hostettler in ihrem Labor in Bayerns Hauptstadt, wo sie die letzten Korrekturen am sogenannten Robody durchführen, bevor es in die Praxis geht. Am nächsten Tag steht ein großer Praxistest an, dafür wollen sie bestmöglich vorbereitet sein. Die Basics klappen schon gut. Rafael, der Vater der Robodies und Gründer der Firma, steuert den schulterhohen Roboter auf Rädern sicher durch die Firma. Hände schütteln, umarmen und freundlich grüßen mit den großen blauen Augen kann er gut und sicher. Den zukünftigen Einsatz für die Robodies sehen die Entwickler in der Unterstützung der Pflege. Von jedem beliebigen Ort aus soll es Pflegekräften und auch Angehörigen möglich sein, auf den Robody zuzugreifen und dem Pflegebedürftigen einen Besuch abzustatten. Das schafft nicht nur weniger Stress, sondern auch mehr menschliche Interaktion – nur eben über einen künstlichen Mitbewohner. "Pfleger sollen pflegen, nicht Autofahren", sagt Jürgen Lippl, einer der Chefentwickler. Kleinigkeiten gibt es noch zu tun vor dem Praxistest. Die beiden Schultergelenke quietschen. Da hilft nur auseinandernehmen, putzen, leicht fetten und wieder einbauen. Das Quietschen ist weg. Ein anderes Problem muss aber in der Software behoben werden. Der Robody bremst nicht schnell genug. Zum Test stellt das Team Kartons auf, die der Robody auch direkt umfährt. Nach ein paar Klicks der "Chief Technology Officer" Alona Kharchenko und unmerklichen Codeänderungen stoppt der Avatar prompt und akkurat vor den Kartons. Am Ende des Tages möchte das Team den Robody noch transportfertig machen, da passiert das, was sich niemand wünscht. Ein Rad bleibt stehen, dreht sich nicht mehr. Schnell wird klar, dass es ein mechanischer Defekt sein muss. Es wird eine lange Nacht der Fehlersuche.

Am nächsten Tag treffen wir uns am Klinkum Josefinum in Augsburg. Dem Team ist es gelungen, den Roboter zu reparieren, und er ist bereit für den Praxistest. Anfänglich reagieren die Kinder auf der Kinderstation skeptisch vor dem aus ihrer Perspektive doch recht großen und sonderbaren Roboter. Doch nach einer Weile sammeln sich immer mehr Kinder um ihn und tauschen die anfängliche Scheu gegen neugierige Begeisterung. Hin und wieder bleibt der Robody noch an einer Teppichkante oder in einem Türrahmen hängen, aber auch die Pfleger und Pflegerinnen kommen nach einer kurzen Einweisung gut mit ihm klar. Die Steuerung ist intuitiv und erste medizinische Werte wie Herz- und Atemfrequenz kann der Roboter schon selbst messen. Die Pflegekräfte können ihn sich schnell in ihrem Alltag als Erleichterung vorstellen. Später am Tag darf Robody dann noch seine Fähigkeiten bei Sabine Lang zuhause beweisen. Die frühere Pflegekraft ist jetzt in Rente. Gnadenlos stellt sie Robody auf die Probe, lässt sich von ihm aufhelfen, unterhaken und die Fernsehzeitung und eine Flasche Wasser aus der Küche bringen. Am Ende des Tages ist auch sie begeistert von dem neuen Begleiter und freut sich auf ein mögliches Zusammenleben in der Zukunft. Ein paar Jahre der Entwicklung wird er wohl noch brauchen, aber dann könnte man Robodies auf den Krankhaus- und Pflegeheimfluren und in heimischen Wohnzimmern herumfahren sehen.

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