Podcast Aktenzeichen XY... Unvergessene Verbrechen

Spezialfolge zum Thema "Pädophilie"

Die neue Podcast-Folge, die ab Mittwoch, 23. April 2025, ab 22.00 Uhr, auf allen gängigen Podcast-Plattformen verfügbar ist, widmet sich einem besonders sensiblen Thema: der Pädophilie. Kaum eine Diskussion ist so stark von Emotionen geprägt, wie die über Pädophilie. Gleichzeitig bleibt vieles im Dunkeln. Warum entwickelt ein Mensch überhaupt eine pädophile Neigung? Was kann getan werden, um Taten zu verhindern, die Kinderleben zerstören? 

Texte

Inhalt kurz

"XY "-Moderator Rudi Cerne und die Co-Host Nicola Haenisch-Korus sprechen mit dem Studiogast Prof. Dr. Kolja Schiltz, Leiter der Forensischen Psychiatrie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Darüber hinaus berichtet einer seiner Patienten in einem anonymen Interview, wie er mit seiner sexuellen Präferenz umgeht – und welchen Weg er gewählt hat, um nicht zum Täter zu werden. Eine Folge, die herausfordert, aufklärt und nachdenklich macht.  

Inhalt lang – Pädophilie: Ein sensibles Thema und warum Prävention entscheidend ist

Im Gegensatz zu den bisherigen Podcast-Folgen hat sich die Redaktion bei diesem sensiblen Thema – Pädophilie, der sexuellen Neigung zu Kindern – das Ziel gesetzt, nicht über die Aufklärung von Verbrechen zu sprechen, sondern über deren Verhinderung. Als Experte und Gesprächsgast wurde Prof. Dr. Kolja Schiltz eingeladen. Der Leiter der Forensischen Psychiatrie der Ludwig-Maximilians-Universität München leitet außerdem eine der Präventivambulanzen des deutschlandweiten Projekts "Kein Täter werden"das pädophile Menschen unterstützt, ihre Neigung zu kontrollieren und nicht straffällig zu werden. 

Doch es bleibt nicht nur bei der wissenschaftlichen und therapeutischen Perspektive: Erstmals ist in dieser Folge auch die Stimme eines Betroffenen zu hören. Felix (Name geändert) ist ein junger Mann um die 20, der sich in der Ausbildung befindet. Er hat sich bewusst dazu entschieden, Hilfe zu suchen, um mit seiner sexuellen Präferenz verantwortungsvoll umzugehen.  

Das Interview mit Felix gibt Einblicke in eine Lebensrealität, über die selten gesprochen wird: die Angst, entdeckt zu werden, der innere Konflikt und der Versuch, ein normales Leben zu führen, ohne anderen zu schaden. "Diese Angst, dass sich Freunde oder sogar Familienmitglieder abwenden würden, wenn sie von der Pädophilie erfahren, betrifft fast alle Betroffenen", erklärt Prof. Dr. Kolja Schiltz. Meistens bleibt die Neigung auch in Partnerschaften im Verborgenen – so auch bei Felix, der während einer früheren Beziehung aus Angst vor Zurückweisung schwieg. Er weiß, dass er keine eigenen Kinder haben möchte, hält bewusst Abstand zu ihnen und setzt die Strategien des Präventionsprogramms um, um kritische Situationen zu vermeiden.  

Um Felix’ Identität zu schützen, wurde seine Stimme im Podcast von einem Schauspieler nachgesprochen. Doch es sind seine eigenen Worte – und sie zeigen eindrücklich, wie wichtig es ist, offen über Prävention zu sprechen. Denn nur, wenn Menschen mit dieser Neigung frühzeitig Hilfe bekommen, können mögliche Straftaten verhindert werden.  

Interview mit Prof Dr. Kolja Schiltz, Leiter der Forensischen Psychiatrie der Ludwig-Maximilians-Universität München

Wie entsteht Pädophilie? Ist sie angeboren oder entwickelt sie sich im Menschen durch äußere Faktoren?  

Das ist eine Forschungsfrage, die Gegenstand intensiver Untersuchung ist. Man weiß es tatsächlich noch nicht. Es ist aber so, dass bei Menschen, die diese Neigung haben, bisher beobachtet wurde, dass diese konstant vorhanden bleibt.  

 

Inwieweit lässt sich Pädophilie therapieren?  

Wenn Sie damit meinen, dass man es schaffen kann, pädophile Sexualneigungen komplett abzuschaffen in einer Person, dann muss man das leider verneinen. Das ist nicht erreichbar. Was man erreichen kann, ist ein Umgang damit, der es ermöglicht, keine sexuellen Übergriffe gegen Kinder zu begehen, keine sexuellen Missbrauchsabbildungen zu konsumieren, das heißt, keine Kinderpornografie zu nutzen, und sich eben auch damit wohlzufühlen, das nicht zu tun. Das ist das, was wir erreichen können, und das ist, wie ich finde, schon sehr viel. 

 

Welche Ziele verfolgt das Programm "Kein Täter werden"?  

Das Programm verfolgt in erster Linie das Ziel, sexuelle Übergriffe gegen Kinder zu vermeiden. Um Straftaten tatsächlich zu vermeiden, heißt es zunächst, verschiedene Etappen zu erreichen, beispielsweise eine Verbesserung des Wohlbefindens der Patienten, einen verbesserten Umgang mit sexueller Präokkupation – das heißt sexueller Befasstheit und Fixiertheit, dem permanenten Beschäftigen mit sexuellen Inhalten. Ein weiteres Ziel ist, eine Integration der eigenen Sexualpräferenz in das Selbstbild und eine verbesserte Kontrolle über sexuelle Handlungen, indem auch Verantwortung für diese Handlungen von den Patienten vermehrt übernommen wird.   

 

Auf welche Art und Weise helfen Sie den Betroffenen, wie gehen Sie vor?   

Unser Therapieprogramm besteht aus drei Säulen: Zum einen die sexualtherapeutische/sexualmedizinische Säule, in der grundsätzlich eine Aufklärung erfolgt über die Sexualpräferenz, dass eine Identifikation mit der eigenen sexuellen Struktur stattfindet und, dass die Personen Verantwortung für ihre sexuellen Handlungen übernehmen. Die zweite Säule ist die kognitiv-verhaltenstherapeutische Ebene, auf der man erarbeitet, welche Probleme es gibt und wie man diese lösen kann. Außerdem wird erarbeitet, wie man mit Krisensituationen umgehen kann, in denen vermehrt Sexualität auftreten könnte. Die dritte Säule ist die medizinisch-körperliche Behandlung, bei der man durch medikamentöse Beeinflussung auch die Intensität sexueller Triebe verändern kann.   

 

Ist die Vermeidung des Umgangs mit Kindern eine gute Strategie der Prävention von Straftaten?   

Das ist eine zunächst sehr gute Strategie. Wir machen das auch, wenn wir mit bereits straffälligen Personen arbeiten und die Resozialisierung irgendwann nach vielen Jahren nach einem Klinik- oder Gefängnisaufenthalt zum Thema wird. Da versuchen wir, die sogenannte Stimulus- oder auch Reizkontrolle mit diesen Personen zu etablieren. Man versucht, Reize, die sie in problematische Triebsituationen bringen könnten, grundsätzlich zu vermeiden. Das erstreckt sich sowohl auf die Wahrnehmung pornografischen Materials – das soll von Patienten auf gar keinen Fall konsumiert werden – als auch auf tatsächliche Reize, wie zum Beispiel vor einem Schulhof oder Kindergarten stehen, sich im Schwimmbad aufhalten und dort Beobachtungen machen. All dies sollte vermieden werden, und das wird mit den Betroffenen erarbeitet. Dies gelingt auch weitgehend – Patienten sind dann einsichtig und können so ungünstige Situationen vermeiden.  

 

Ist es ein großes Risiko, wenn eine Person, die pädophile Neigungen hat, eigene Kinder haben möchte oder die Partnerin den Wunsch äußert, Kinder haben zu wollen?   

In der Tat ist das eine wichtige Frage, weil wir ja zum Teil pädophile Personen in unserem Programm haben, die bereits Kinder haben. Diese Personen haben oft gar nicht darüber nachgedacht, ob sie mit ihrer Pädophilie Kinder hätten bekommen sollen. Sie haben sie einfach bekommen und damit sind die pädophilen Probleme möglicherweise sogar größer geworden. Zum anderen wissen wir auch, dass Pädophile teilweise Beziehungen mit Frauen eingehen, die schon Kinder haben. Kann man das verantworten? Unter Umständen. Man kann durchaus sagen, wenn diese Personen ihre Neigung kennen und kontrollieren können, dann kann das funktionieren. Es ist natürlich abhängig von der Beurteilung der Einzelfallsituation.  

 

Wenn sich Betroffene entschließen, eine Therapie zu beginnen, müssen sie sicherlich eine große Hemmschwelle überwinden, sich bei Ihnen anzumelden. Können Sie Ängste nehmen?  

Die Kliniken zum Beispiel in Berlin, Düsseldorf, Hamburg oder München sind sehr groß, so dass man einen gewissen Schutz der Anonymität hat. Dort sind viele unterschiedliche Patientengruppen, so dass man nicht einer bestimmten zugeordnet werden kann. Es sind keine Häuser, an denen "Institut für Pädophilie" steht. Für mich ist die Einbettung in eine breite medizinische Versorgung hier eine sehr gute Möglichkeit, das Stigma zu reduzieren.  

 

Gibt es für Betroffene die Möglichkeit, anonym zu bleiben?   

Ein großer Pluspunkt unseres Programms ist, dass man anonym behandelt werden kann. Ein wichtiger Aspekt, um die Hemmschwelle zur Kontaktaufnahme und zur Inanspruchnahme unserer Hilfe zu senken.   

 

Wohin können sich Betroffene wenden?   

Erfreulicherweise hat sich das Netzwerk des Projekts "Kein Täter werden" in den letzten Jahren von Berlin aus auf fast ganz Deutschland ausgedehnt. Es gibt bundesweit 13 Anlaufstellen,  die unter https://kein-taeter-werden.de zu finden sind.   

 

Das Interview führte Nicola Haenisch-Korus. 

Der Podcast "Aktenzeichen XY… Unvergessene Verbrechen"

"XY"-Moderator Rudi Cerne und die Co-Hosts Conny Neumeyer und Nicola Haenisch-Korus tauchen tief ein in die Welt der Kriminalfälle. Sie sprechen mit Ermittlerinnen und Ermittlern über vorwiegend aufgeklärte Fälle, aber auch ungelöste Cold Cases aus über 55 Jahren der Fahndungssendung "Aktenzeichen XY… Ungelöst". Was geschah nach der Ausstrahlung? Welche Herausforderungen galt es zu überwinden? Und wie konnten die Täter schließlich überführt werden? 

Jede Folge von "Aktenzeichen XY… Unvergessene Verbrechen" beleuchtet verschiedene Facetten der Kriminalitätsbekämpfung und Aufklärung – von Gewaltprävention über Strafrecht bis hin zu Ermittlungsmethoden und Opferschutz. Dafür führt die Redaktion im Vorfeld Interviews mit Experten, deren Einschätzungen und Fachwissen in die Podcast-Folgen einfließen. 

Seit September 2022 wird alle zwei Wochen, immer mittwochs um 22.00 Uhr, eine neue Folge des Podcasts "Aktenzeichen XY… Unvergessene Verbrechen" veröffentlicht. Verfügbar auf allen gängigen Podcast-Plattformen:  

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Die Podcast-Folge vorab hören

Bei Interesse, die Podcast-Folge vorab zu hören, melden Sie sich bitte per E-mail unter presseportal@zdf.de oder pressedesk@zdf.de. 

Spielfilm zur Pädophilie-Thematik

Zur Pädophilie-Thematik ist in der ZDFmediathek der Spielfilm  "No Dogs Allowed" (Redaktion Das kleine Fernsehspiel) abrufbar. 

Unter diesem Link finden Sie außerdem Hintergrundinformationen zum Film und Hilfsangebote. 

Weitere Informationen

 

Kontakt

Christina Betke 
betke.c@zdf.de 
+49 6131 70-12717 
 
Magda Huthmann 
huthmann.m@zdf.de 
+49 6131 70-2149 

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