Rosenthal

Fernsehfilm der Woche und Doku

Am 2. April 2025 wäre Hans Rosenthal 100 Jahre alt geworden. Das ZDF widmet dem unvergessenen Quizmaster ("Dalli Dalli") einen Fernsehfilm der Woche (mit Florian Lukas in der Hauptrolle, Foto vorne), der den Entertainer von einer bisher weitgehend unbekannten Seite zeigt: im Zwiespalt zwischen Showgeschäft und seiner Biografie als Holocaust-Überlebender. Der 90-Minüter vermittelt Einblicke in den Zeitgeist und das Fernsehgeschäft der 70er-Jahre mit Flashbacks in Rosenthals Vergangenheit – ein zeitgeschichtliches Thema auch für eine Doku.

  • ZDF Mediathek, Ab Samstag, 22. März 2025
  • ZDF, Montag, 31. März 2025, 20.15 Uhr (Fernsehfilm der Woche) und 21.45 Uhr (Doku)

Texte

Stab und Besetzung

Stab

Buch       Gernot Krää
Regie    Oliver Haffner
Kamera    Kaspar Kaven
Schnitt    Jens Klüber
Musik   Lorenz Dangel
Ton   Alex Rubin
Szenenbild     Knut Loewe
Kostümbild     Christian Roehrs, Juliane Maier
Historische Fachberatung   Dr. Veit Scheller
Producer        Felix Sommer
Produzent   Ingo Fliess
Redaktion     Esther Hechenberger, Frank Zervos

                                                   
Eine ZDF-Koproduktion der if… Productions Film GmbH
gefördert vom FFF Bayern
 

 

Die Rollen und ihre Darsteller*innen

 

Hans Rosenthal          Florian Lukas
Hans Rosenthal (in jungen Jahren)   Claude Albert Heinrich
Traudl Rosenthal    Silke Bodenbender
Dr. Horst Hummel     Hans-Jochen Wagner
Werner Dorfner   Niklas Hummel
Rabbiner Korngold      Benjamin-Lew Klon
Elias Gleitmann   Anatole Taubmann
Rebecca Grodzinski    Maya Sara Unger
Oma Grodzinski   Inge Maux
Ida Jauch    Rike Eckermann
Monika Sundermann    Teresa Rizos
Ekkehard Fritsch     Timo Dierkes
Mady Riehl      Theresia Wald
Brigitte Xander   Katharina Völkl
Regieassistentin Uli Pfeifer    Ines Honsel
Aufnahmeleiter Rudi Reiter    Andreas Bittl
Gert Rosenthal (Sohn)    Julius Gause
Gerts Freundin Fritzi    Josefine Keller
Birgit Rosenthal    Marta Martin
Hans-Georg Hofmann (Birgits Mann)     Lucas Lentes
Enkel Felix    Theo Hache
Gert Rosenthal (Bruder als Junge)    Rinit Selmani  
Dr. Weidenbach   Johannes Silberschneider
Chefsekretärin Helga    Katharina M. Schubert
ZDF-Abteilungsleiter Gerling   Bernd Grawert
Reporterin    Vassilissa Reznikoff
Fotoreporter   Jakob Tögel
Techniker Thomas Huber   David Baalcke
Horst Kranzler (uniformiert)     Roberto Thoenelt
Militärarzt    Ingolf Müller-Beck
Militärarzt     Thomas Dosch
Unteroffizier      Mike Solbach
Köchin im Waisenhaus     Franziska Rieck
Kostümbildner     Florian Karlheim
und andere    

                               

Inhalt

Am 2. April 2025 wäre Hans Rosenthal 100 Jahre alt geworden. Das ZDF widmet dem unvergessenen Quizmaster ("Dalli Dalli") einen "Fernsehfilm der Woche", der den Entertainer von einer bisher weitgehend unbekannten Seite zeigt: im Zwiespalt zwischen Showgeschäft und seiner Biografie als Holocaust-Überlebender. Unter der Regie von Oliver Haffner stand Florian Lukas in München und Berlin vor der Kamera. Drehbuchautor Gernot Krää entwickelte den Filmstoff in enger Abstimmung mit der Familie Rosenthal (Sohn Gert Rosenthal und Tochter Birgit Hofmann). Er vermittelt Einblicke in den Zeitgeist und das Fernsehgeschäft der 70er-Jahre mit Flashbacks in Rosenthals Vergangenheit – ein zeitgeschichtliches Thema auch für eine Doku, die im Anschluss an den 90-Minüter ausgestrahlt wird.

 

Hans Rosenthal erreicht mit seiner Spielshow "Dalli Dalli" 1978 einen Meilenstein: Bald wird die 75. Sendung im ZDF ausgestrahlt. Doch seine Feierlaune wird durch die Verkündung von Programmchef Dr. Hummel getrübt: Das ZDF hat die Jubiläumssendung ausgerechnet für den 9. November geplant – dem Tag, an dem zum ersten Mal in der Bundesrepublik mit einer offiziellen Gedenkveranstaltung an die Pogrome vom 9. November 1938 erinnert werden soll.

Rosenthal steckt in einem moralischen Dilemma. Als jüdischer Jugendlicher in Nazi-Deutschland musste er zwei Jahre lang untertauchen und miterleben, wie sein zehnjähriger Bruder Gert von den Nazis deportiert und ermordet wurde. Und nun soll er am Tag der 40. Jährung der Pogromnacht 1938 sein Millionenpublikum mit "Dalli Dalli" entertainen und ablenken – und sich selbst und seinen Erfolg feiern.

Als Rosenthal über den Zentralrat der Juden eingeladen wird, beim Gedenken in der ersten Reihe neben Helmut Schmidt zu sitzen, wird sein Dilemma noch größer. Rosenthal, der seine jüdische Herkunft stets im Hintergrund hielt, versucht, den Sendetermin zu verschieben. Die Entscheidungsträger im ZDF lassen ihn jedoch abblitzen. Höflich wie immer fügt er sich, aber seine seelischen Wunden werden wieder aufgerissen.

Rosenthal muss – ob er will oder nicht – sich den langjährigen Tabus aus der Vergangenheit stellen: Die Kinder und Enkel der Opfer (ebenso wie die Nachfahren der Täter) beginnen, das Thema öffentlich zu diskutieren. Rebecca, eine junge Frau der jüdischen Gemeinde, in der Rosenthal ehrenamtlich tätig ist, sieht in dem beliebten Entertainer, der die Nation mit harmlosen Ratespielen unterhält, einen Handlanger der Verdrängung. Seine Frau Traudl, immer an seiner Seite, ermutigt ihn, sich auch öffentlich mit seiner traumatischen Vergangenheit auseinanderzusetzen.

Rosenthal liegt es fern, das ZDF zu brüskieren; er unternimmt einen letzten Versuch, noch kurzfristig eine Verschiebung seiner Jubiläumsshow zu erreichen. Vergeblich.

Während am 9. November 1978 in der Kölner Synagoge die hochkarätig besetzte Gedenkfeier stattfindet, quält sich Hans Rosenthal durch die Proben zu seiner munteren Live-Show in den Münchner FSM-Studios. Zerrissen von Selbstzweifeln und düsteren Erinnerungen gerät er an die Grenzen seiner Kräfte. Im letzten Moment erfährt er verständnisvolle Unterstützung von unerwarteter Seite.

Hans Rosenthal fasst einen Entschluss, mit dem er leben kann. Dies führt dazu, dass er sich – Minuten vor der Live-Sendung – in einer bewegenden Ansprache seinem Team gegenüber erstmals öffnet – und sich wenige Monate später mit einem biografischen Buch an die deutsche Öffentlichkeit wendet.

 

Statement von ZDF-Programmdirektorin Nadine Bilke

Hans Rosenthal war eine der prägendsten Persönlichkeiten des deutschen Fernsehens, insbesondere für das ZDF. Er brachte frischen Wind in die Unterhaltungssendungen, prägte das Format der Quiz- und Spielshows entscheidend. Die von ihm erdachte Show "Dalli Dalli" war eine der beliebtesten im Fernsehen, vor allem wegen Rosenthals charmanter, bodenständiger und humorvoller Art. Sie lief damals in mehr Haushalten als die Fußball-WM.

Unser Film zeigt den einmaligen Quizmaster von einer auch heute noch weitgehend unbekannten Seite: von seinem Ringen als prominenter jüdischer Mensch, seine Beliebtheit und seinen Erfolg beim Publikum fortzuführen, ohne seine Identität zu verleugnen. Historikerin Anne Giebel brachte es auf den Punkt: Er sah sich als Vermittler und wollte mit der Handschrift eines "Demokratisierers", eines jüdischen Überlebenden, und mit dem Mittel der Fernsehunterhaltung etwas in die Herzen und Gedanken von Millionen Deutschen hineintragen.

Rosenthal wusste um seinen engen, begrenzten Spielraum als prominente Integrationsfigur mit jüdischem Hintergrund. Seine Geschichte steht exemplarisch für den Umgang mit dem Judentum und dem Holocaust in den 70er Jahren in der Bundesrepublik. Und gerade jetzt, während der Antisemitismus und Angriffe auf Juden in unserem Land und weltweit massiv zunehmen, ist dieser Stoff und seine Biografie auch Mahnung und Verpflichtung für die Zukunft.  

Der Film "Rosenthal" erzählt eine ungeheuerliche Geschichte und ist ein wichtiger Stoff, der von uns selbst erzählt werden musste. Unser großer Dank gilt der Familie Rosenthal, den Kindern Birgit Hofmann und Gert Rosenthal, die das Projekt von Anfang an unterstützten.

Hans Rosenthal wäre am 2. April 100 Jahre alt geworden. Mit diesem Fernsehfilm und der anschließenden Dokumentation verneigen wir uns im ZDF vor seiner großartigen, außergewöhnlichen Lebensleistung.

Statement von Frank Zervos und Esther Hechenberger (ZDF-Hauptredaktion Fernsehfilm/Serie I)

Wir sind sehr froh, dass Produzent Ingo Fliess, Regisseur Oliver Haffner und Drehbuchautor Gernot Krää im Frühjahr 2023 mit der Idee eines Fernsehfilms über Hans Rosenthal zu uns kamen. Ein Film nach wahren Begebenheiten, der sehr viel mit uns, dem ZDF, dem Fernsehen und der Gesellschaft der 70er Jahre in der Bundesrepublik zu tun hat.

Das ZDF entschied für die geplante "Dalli Dalli"-Sendung am 9. November 1978, dass sein Publikum nicht auf sein gewohntes Unterhaltungs-Programm verzichten sollte. Hans Rosenthal sollte die sehr beliebte Spiele-Show moderieren an einem Tag, an dem zum ersten Mal nach Kriegsende und exakt 40 Jahre nach der "reichsweiten" Pogromnacht dem Holocaust offiziell und öffentlich gedacht wurde. Hans Rosenthal war damals als Ehrengast vom damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt eingeladen worden.

Das Verhalten des ZDF gegenüber seinem Starmoderator war nicht geschichtsbewusst und angesichts von Rosenthals Konflikt unsensibel. Wir haben gemeinsam mit dem ZDF-Unternehmens-Archivar Dr. Veith Scheller alle noch vorhandenen Akten zur Sendung 1978 gesichtet. Es lässt sich aus heutiger Sicht nicht mehr nachvollziehen, wie die genauen Abläufe und vor allem die Gespräche waren, die dazu führten, Rosenthals Anliegen abzusagen. Insofern sind Figuren wie der Unterhaltungs-Chef Dr. Hummel, Redakteur Dorfner und der Programmplanungs-Chef fiktionalisiert.

Oliver Haffner und Gernot Krää erzählen genau diese Monate in der langen Zusammenarbeit zwischen dem Sender und seiner Berühmtheit. Es gelingt dabei eine eindrückliche Charakterstudie der Fernsehikone, und Hauptdarsteller Florian Lukas vermittelt dem heutigen Publikum Rosenthals Dilemma überzeugend und anrührend. Der Film gibt gleichzeitig Einblicke in eine weitverbreitete Haltung in der Gesellschaft der 70er Jahre: der des Verdrängens.

Diese Zusammenhänge wären heute undenkbar. Es ist mit allen Einschränkungen seitdem eine andere, kräftige, differenziertere Erinnerungskultur in Deutschland entstanden. Aus heutiger Sicht muss man die damalige Haltung und die Programmierung bereuen. Vielleicht kann man unseren Film als kleine Wiedergutmachung sehen.

Statement von Produzent Ingo Fliess

Gert Rosenthal war sehr offen. Was nicht selbstverständlich schien. Hatte er doch in den vergangenen Jahren zahlreiche Filmprojekte, die von seinem Vater handelten, kommen und gehen sehen. Aber die Grundidee von Oliver Haffner, den 9. November 1978 in den Mittelpunkt zu stellen und an der Kollision der beiden Termine – die 75. "Dalli Dalli"-Sendung und der 40. Jahrestag der Reichspogromnacht – Hans Rosenthals Dilemma erlebbar zu machen, flößte ihm Vertrauen ein. "Gute Idee!", verabschiedete er sich. Sobald ein Drehbuch vorliege, wollten er und seine Schwester Birgit Hofmann mit uns in den Dialog treten.

Gernot Krääs erste Fassung des Drehbuchs gelang bereits das Unwahrscheinliche: Ohne viel Handlung begegnete uns ein Hans Rosenthal, der hin- und hergerissen ist zwischen seinen eigenen Ansprüchen, den Erwartungen von ZDF und Jüdischer Gemeinde – man konnte das Dilemma spüren und mit Händen greifen.

Große Erleichterung, als uns Gert Rosenthal schrieb: "Mir gefällt das Drehbuch sehr, sehr gut." Man solle sich treffen, um Weiteres zu besprechen. Was für schöne und hilfreiche Details jetzt auf den Tisch kamen! Vor allem Birgit Hofmann war hervorragend vorbereitet, eine Liste mit Beobachtungen und Hinweisen, die das Drehbuch bereicherten und persönlicher machten, lag vor uns. Mit den Augen von ihr und Gert Rosenthal schauten wir in eine gar nicht so ferne Zeit und lernten Hans Rosenthal noch genauer kennen – einen bescheidenen, hart arbeitenden Menschenfreund, der seinem Publikum, seiner Familie und der Gegenwart verpflichtet war. Und unser Instinkt während der Stoffentwicklung stellte sich ebenfalls als richtig heraus: Zwar ahnte sein Umfeld seinen Schmerz, aber darüber sprechen, sich austauschen mit der Familie – undenkbar. Wir fühlten uns betroffen und ermutigt zugleich.

Die Welt des Unterhaltungsfernsehens der 70er-Jahre wiederauferstehen zu lassen, allem voran das berühmte "Dalli Dalli"-Studio mit seinen ikonischen Wabenwänden, war eine Freude besonderer Art. Unser Szenenbildner Knut Loewe und sein Team nahm die Herausforderung an, mit dem begrenzten Etat eines Fernsehfilms maximale Glaubwürdigkeit zu erzeugen. Und er lieferte bis ins Detail (zum Bespiel den Technikraum backstage) eine 70er-Jahre-Welt, die nie ausgestellt wirkt. Gegenüber der Förderung hatten wir Dreharbeiten überwiegend in Bayern versprochen, logistisch durften die Motive außerdem nicht weit auseinanderliegen, was zu kuriosen Mehrfachnutzungen führte: Das ZDF, der Eingang zum und die Gänge im Studio entstanden in einer stillgelegten Druckerei in Wolfratshausen. Die Kantine, die Backstage-Räume des Studios und die historischen Settings wie das Waisenhaus und die Kaserne in Penzing, die Jüdische Gemeinde, die Wohnung von Oma Grodzinski, die Arztpraxis und andere in einer leerstehenden Schule in München. Der Abschluss der Dreharbeiten fand in den letzten Sommertagen des September 2024 in Wustrow an der Ostsee statt, wo wir die Insel Föhr imaginierten.

Die Familie Rosenthal/Hofmann hat viel Mut bewiesen, diese Erzählung über ihren Vater zuzulassen. Und auch das ZDF hat sich seiner keineswegs rühmlichen Vergangenheit gestellt, seine Archive geöffnet und ist dem Konflikt nicht ausgewichen. Dass wir – allen voran Oliver Haffner und Gernot Krää – einen Film machen durften, der nicht in erster Linie "historische Aufarbeitung" ist, sondern ins Herz trifft, weil er ein schwer zu beschreibendes Gefühl der Zerrissenheit erleben lässt, erfüllt mich mit großer Freude und Dankbarkeit. 

Statement von Regisseur Oliver Haffner

Mit dem Fernsehspielfilm "Rosenthal" skizzieren wir das komplexe Psychogramm eines Menschen, der an das Gute glauben möchte, obwohl er die Hölle erlebt hat. Er schreckt nicht davor zurück, die Schlächter von einst durch gute Unterhaltung auf andere Gedanken zu bringen, um selbst dem eigenen Trauma entfliehen zu können.

Anhand der Geschehnisse um die 75. Jubiläumssendung von "Dalli Dalli" habe ich die persönliche Geschichte eines großen Unterhalters inszeniert, mit dem ich selbst einst als Kind vor dem Fernseher großgeworden bin: Hans Rosenthal. Ein Menschenfreund, der sein Publikum zum Schnelldenkertum verführte – ohne langes Grübeln und tiefes Erinnern. Sein unglaubliches Ringen um eine Balance zwischen der Vereinbarkeit von Unterhaltung und Gedenken machen die Erzählung zu einem Biopic der besonderen Art. Anhand der inneren Konflikte des Showmasters entwickelt sich unser Bild von ihm und der Gesellschaft in den 70er-Jahren von einer völlig neuen Seite: Verdrängung und Antisemitismus lasten damals schwer auf einer jungen Demokratie, die sich so gerne ihrer alten Fesseln der Erinnerung entledigen würde.

Das Gelingen eines solchen komplexen Filmkonzeptes steht und fällt mit der richtigen Besetzung des Protagonisten: Florian Lukas verkörpert Hans Rosenthal auf eindrückliche Weise. Er schafft es, die innere Zerrissenheit seiner Figur für das Publikum emotional erlebbar zu machen, ohne zu vereinfachen oder zu erklären. Ihm gelingt es, einen inneren Konflikt, der für Hans Rosenthal letztendlich unlösbar bleibt, für die Zuschauer zu einer empathischen Erfahrung zu machen. Sein lebendiges Spiel, das zwischen menschlicher Verbundenheit und größter Einsamkeit hin- und herspringt, berührt und verstört gleichermaßen. Auch im Schweigen fesselt sein Blick, sein Gestus, sein Atem und macht den Abgrund, der sich vor Hans auftut, zu einer spannungsgeladenen Erfahrung mit Nachhall. Florian Lukas war von Anfang an meine Wunschbesetzung. Es ist ein großes Geschenk, mit einem solch hervorragenden Schauspieler arbeiten zu dürfen.

Das Drehbuch von Gernot Krää führt in die verschiedenen Welten, in denen sich Hans Rosenthal bewegte und behaupten musste: bei der Arbeit, im Kreis seiner Familie, als Teil der jüdischen Gemeinde – und als Mensch mit einer Vergangenheit, die schwerer wiegt als der gesellschaftliche Wunsch nach Normalität. Im Zentrum der Handlung steht dabei eine Rateshow, die die Generation der Täter, der Kriegskinder und Kriegsenkel zum Vergessen einlädt, moderiert von einem deutschen Juden, an deren Ende, bei allem Spaß, bei aller Freude und bei all dem Applaus sich immer wieder die eine große Preisfrage stellt: Vor was lauft ihr weg? Und sie stellt sich dem Showmaster und seinem Publikum gleichermaßen. Oder wie es Hans Rosenthal selbst in einem Interview ausdrückte: "Ich habe mich immer beeilt. Nicht um dem Glück nachzulaufen, sondern um dem Unglück zu entgehen."

Mit diesem Film möchte ich auch das Fernsehpublikum auf eine Reise zu sich selbst einladen. Eine Reise, die in der Unterhaltung beginnt und die uns am Ende immer wieder vor die entscheidende Frage stellt: ob wir hin- oder wegsehen, ob wir den guten oder den bösen Wolf in uns füttern möchten. Denn dem inneren Wolf an sich entkommt keiner. Ob wir ihn empathisch umarmen oder angsterfüllt vor ihm davonlaufen.

Interview mit Drehbuchautor Gernot Krää

Wie kam es zu der Zusammenarbeit?

Nach dem Erfolg von "Wackersdorf" wollten Ingo Fliess, Oliver Haffner und ich unsere produktive Zusammenarbeit mit einem wiederum gesellschaftspolitisch relevanten Film fortsetzen. Hans Rosenthal stand schnell auf unserer Liste, wir waren eher überrascht, dass sich – abgesehen von wenigen Dokumentationen – offenbar noch niemand wirklich mit dessen Leben und Schicksal beschäftigt hatte. Andererseits fanden auch wir eine ganze Weile keinen wirklich tragfähigen dramaturgischen Ansatz.

Der erlösende Impuls, diese Lebensgeschichte exklusiv an und um den 9. November 1978 anzusiedeln, kam dann von Oli Haffner. Und für mich damit die Herausforderung, sozusagen ein ganzes Leben szenisch auf wenige Tage und Ereignisse zu verdichten.

Das ZDF hat sehr schnell (und sehr mutig) zugesagt – mutig, weil der Sender ja gewissermaßen eine Hauptrolle spielt ‒ aber eine Rolle, die wahrheitsgemäß nicht unbedingt schmeichelhaft ist. Die Redaktion hat dann unser Projekt sehr zugewandt und konstruktiv begleitet.

Wie sind Sie bei Ihrer Recherche vorgegangen?

Wir haben, mit wertvoller Unterstützung unseres Mitarbeiters Felix Sommer und der Historikerin Anne Giebel, wirklich umfassend recherchiert. Von den ZDF-Archiven bis hin zu Gesprächen mit Zeitzeugen aus der Jüdischen Gemeinde in Berlin. Oder auch mit Gästen von "Dalli Dalli“ wie Judy Winter. Überaus wichtig waren für mich die persönlichen Gespräche mit Birgit Hofmann und Gert Rosenthal, den Kindern von Hans Rosenthal, vor allem im Hinblick auf die privaten, emotionalen Aspekte.

Sind Sie mit dem unbedingten Anspruch angetreten, dass jedes Detail im Film der Realität entspricht?

Schon aus dramaturgischen Gründen kann bei einer Fiktionalisierung nicht jedes Detail der – historisch überlieferten – Realität angeglichen werden. Das ist auch nicht notwendig. Natürlich müssen alle wesentlichen Fakten korrekt sein. Entscheidend ist aber, auf dieser Grundlage die emotionale Befindlichkeit der Akteure zu erschließen und – anhand einer teilweise fiktionalen Handlung – die Wahrheit hinter den realen Ereignissen sensibel auszuleuchten.

Sie haben ja Hans Rosenthal und seine Sendungen selbst noch erlebt. In welchen Punkten haben Sie Ihre jüngsten Recherche-Ergebnisse überrascht?

Ich muss gestehen, dass ich in jener Epoche zwar vage vom Showmaster Rosenthal wusste, aber als Student an völlig anderen Dingen als an TV-Ratespielen interessiert war. Dennoch: Ich bin in der noch recht jungen Bundesrepublik aufgewachsen, umzingelt von alten Nazis in Schule, Verwandtschaft und Behörden. Das dröhnende Schweigen war allgegenwärtig. Im Gymnasium gab es jüdische Mitschüler, deren Eltern wie Hans Rosenthal knapp der Vernichtung entgangen waren. Aber auch dort, auch in den Familien der Opfer, wurde geschwiegen. Es war eine bedrückende, eine in der Tat bleierne Zeit, gepflastert mit Tabus.

Als ich mich nun, Jahrzehnte später, mit Hans Rosenthal befassen durfte, habe ich sein Dilemma sofort und sehr tief verstanden. Insofern wurde dieses Drehbuch bald von einer künstlerisch-handwerklichen Herausforderung zu einer Herzensangelegenheit.

Interview mit Hauptdarsteller Florian Lukas

Kannten Sie Hans Rosenthal?

Hans Rosenthal kannte ich, aber nur als Phänomen, als einen der bekanntesten und beliebtesten Moderatoren Deutschlands. Konkrete persönliche Erinnerungen verbinde ich nicht mit ihm. Ich habe als Kind andere Sendungen geschaut. Von seiner Lebensgeschichte wusste ich nicht sehr viel. Allerdings habe ich mich ein halbes Jahr sehr intensiv mit seinem Leben beschäftigt, deshalb kann ich nicht mehr genau sagen, wie viel ich bereits vorher wusste.

Haben Sie Gert Rosenthal und seine Schwester Birgit Hofmann im Vorfeld getroffen?

Ja, wir haben uns mehrmals getroffen, das war wirklich sehr hilfreich für mich, beide sind überaus freundliche und sympathische Menschen. Zu Beginn war ich sicherlich befangen von der Aufgabe, ihren Vater zu spielen. Das löste sich in ihrer Anwesenheit aber rasch auf. Solche Begegnungen machen meine Arbeit immer wieder besonders. Beide haben uns auch kurz bei den Dreharbeiten besucht, das hat mich sehr gefreut und ist sicherlich ein Zeichen von Wertschätzung und Vertrauen.

Waren Sie erstaunt über die Anfrage, Hans Rosenthal zu spielen?

Zunächst hatte ich Angst, jemanden zu spielen, dessen Eigenheiten unglaublich viele Leute noch kennen bzw. sehr schnell überprüfen können. Bei den ersten Versuchen, mich seinem Charakter anzunähern, fiel mir auf, dass es gar so nicht unmöglich war, wie zunächst dachte. Außerdem hat meine Frau mich ermutigt, das hat sehr geholfen.

Wie haben Sie sich auf die Rolle vorbereitet?

Ich habe seine Biografie und andere Bücher über ihn gelesen. Die Doktorarbeit der Rosenthal-Expertin Anne Giebel war auch sehr hilfreich. Ich hatte Zugriff auf das gesamte Recherchematerial inklusive Dokumente aus dem ZDF-Archiv, Korrespondenzen, Protokolle.

Hinzu kamen Dokumentationen, Interviews, Gespräche mit den Rosenthal-Kindern und ehemaligen Kollegen, Abhandlungen über das Nachkriegsdeutschland und die öffentliche Position jüdischer Überlebender. Gemeinsam mit Regisseur Oliver Haffner habe ich außerdem zwei Tage bei den Proben für eine große ZDF-Show hospitiert, um zu verstehen, wie solche Shows organisiert werden: "Die große Terra X-Show" mit Johannes B. Kerner. Und natürlich habe ich mir unzählige Rosenthal-Sendungen angeschaut, um mir etwas von seiner Körpersprache und seinem Duktus anzueignen.

Welchen Moment bei den Dreharbeiten werden Sie nie vergessen?

Nach monatelanger Vorbereitung und ungewöhnlich vielen aufwendigen Masken- und Anprobenterminen fügte sich alles erst am Morgen des ersten Drehtages zusammen. Dieser Moment, als ich das erste Mal in vollständiger Aufmachung aus der Garderobe trat und hoffte, nicht in lauter entgeisterte und enttäuschte Gesichter zu schauen, bleibt mir in besonderer Erinnerung.

Gab es Gestiken von Hans Rosenthal, die Ihnen schwer gefallen sind?

Die altmodische Leichtigkeit seiner Handbewegungen, obwohl er oft auch angespannt wirkte, fand ich nicht so einfach.

Haben Sie den Sprung "Sie sind der Meinung: Das war spitze" lange üben müssen?

Nein. In der Dalli-Dalli-Sendung, über die wir erzählen, ist er explizit nicht gesprungen, deshalb musste ich das nicht üben. Ich bin nur für ein paar Fotos gesprungen.

Wie waren die Dreharbeiten für Sie?

Ich habe mir selbst viel Druck gemacht, weil es ein besonders herausgehobenes Projekt für alle Beteiligten war, für das ZDF, den Produzenten Ingo Fliess und den Regisseur Oliver Haffner. Durch die enorme Popularität und außergewöhnliche Lebensgeschichte Rosenthals wird der Film vermutlich größere Aufmerksamkeit bekommen, und natürlich wollte ich mich nicht blamieren. Ich habe mich dann sehr gut aufgehoben und unterstützt gefühlt, und ich hatte großen Spaß, mich in dieser liebevoll gestalteten 70-Jahre-Welt zu bewegen. Und ein unbeschreibliches Gefühl, in der aufwendigen Dalli-Dalli-Kulisse zu stehen.

Wenn Sie Ihren Kindern mit ein paar Sätzen erklären wollten, wen Ihr Vater da spielt …

Einen der berühmtesten Showmaster, die Deutschland je hatte. Ein jüdischer Mensch, der seine Familie im Dritten Reich verlor, sich jahrelang verstecken musste und sich in dem schweigsamen Spannungsfeld der eigenen Erfahrung und dem westdeutschen Nachkriegsdeutschland eine unglaubliche Beliebtheit erarbeitet hat. Das klingt vielleicht nicht kindgerecht, aber meine Kinder sind auch schon erwachsen.

War es für Sie von Vorteil, dass Sie wie Hans Rosenthal waschechter Berliner sind?

Die Straßen seiner Kindheit und Jugend und die Rundfunkgebäude seiner Arbeitsjahre sind mir zwar sehr vertraut, und den Schmerz über die geteilte Stadt kann ich als Berliner vielleicht besser nachfühlen, aber diese Aspekte spielen in dem Film keine entscheidende Rolle. Vielleicht habe ich mich ihm näher gefühlt, weil wir in unserer Kindheit an den gleichen Orten lebten.

Hätten Sie damals auch als Kandidat bei "Dalli Dalli" mit all den Wort- und Geschicklichkeitsspielen mitgemacht?

Vermutlich ja. Alle sind da gern hingegangen, weil Hans Rosenthal niemanden schlecht dastehen ließ. Es war harmlos und spielerisch. Aber ich wäre sicherlich sehr aufgeregt gewesen wegen der großen Zuschauerzahlen: 15 bis 20 Millionen pro Sendung.

Interview mit Silke Bodenbender

Kannten Sie Hans Rosenthal?

Ich wusste natürlich, wer Hans Rosenthal war. Und auch, dass er sich vor den Nazis in einer Laube versteckt hat, hatte ich schon einmal gelesen. Sein legendärer Sprung "Das war Spitze!" war mir noch sehr präsent, obwohl ich die Sendung höchstens ein, zwei Mal in meiner Kindheit gesehen habe. Es war ein großes Vergnügen, in die Aufzeichnungen reinzuschauen und damit in die 70er und 80er Jahre einzutauchen, mit all den Stars von damals, von denen viele ja noch leben.

Wie haben Sie sich auf Ihre Rolle als Traudl Rosenthal vorbereitet?

Ich habe nach dem Drehbuch Hans Rosenthals wirklich sehr berührendes Buch gelesen und mir dann alles, was ich über seine Frau Traudl finden konnte, angesehen. Natürlich gab es auch viele Gespräche mit Oliver Haffner. Und ich durfte gemeinsam mit ihm und Florian Lukas die Tochter Birgit treffen und alle Fragen stellen. Es war eine sehr schöne und offene Begegnung.

Traudl war für ihren Mann eine wichtige Beraterin. Was war Ihnen bei dieser Figur besonders wichtig darzustellen?

Sie war nicht nur seine Beraterin, sondern lange auch der einzige vertraute Mensch, der seine Vergangenheit kannte und dementsprechend mit ihm mitgelitten hat. Mir war es sehr wichtig zu zeigen, dass in der Familie nicht einfach heile Welt gespielt wurde, sondern dass da diese Zerrissenheit war, die sie mit ihrer Wärme ein wenig mildern konnte.

 

Interview mit Teresa Rizos

Wie vertraut war Ihnen Hans Rosenthal schon vor Ihrer Rollenvorbereitung?

Die letzte Dalli-Dalli-Sendung entstand 1986, im Jahr meiner Geburt. Insofern habe ich zwar später von ihm gehört, war aber nicht mit ihm als Person oder mit seiner Arbeit vertraut. Erst in der Vorbereitung zum Casting für meine Rolle als seine Assistentin Monika Sundermann habe ich mich mit ihm befasst und dabei schnell gemerkt, wie viel Stärke und Willenskraft Hans Rosenthal gehabt haben muss, um trotz der Verfolgung durch die Nationalsozialisten und den damit verbundenen Traumata eine Karriere im deutschen Fernsehen zu machen.

Monika Sundermann lebt heute im Stuttgarter Raum. Haben Sie sie persönlich kennengelernt?

Leider habe ich Monika Sundermann bis jetzt nicht persönlich kennengelernt. Ich habe in der Vorbereitung Videoaufnahmen von ihr gesichtet und mich versucht, ihrem Wesen durch Recherche zu nähern. Trotzdem sollte gesagt sein, dass die Dialoge im Film natürlich fiktiv sind. Auch aus dramaturgischen Gründen ist so eine Monika entstanden, die zwar reale Anteile hat, aber vielleicht auch Seiten, die sich von der echten Person unterscheiden.

Bis 2007 war Monika Sundermann auf dem Bildschirm als Assistentin von Showmastern präsent (zuletzt bei Dieter Thomas Hecks "Melodien für Millionen"). Aus heutiger Sicht ist diese Rollenverteilung nicht mehr denkbar. Wie war es für Sie in diese Männerwelt der 70er-Jahre einzutauchen?

Im Film wird ganz deutlich, welch offensichtliches Machtgefälle zwischen den Geschlechtern noch in den 70er-Jahren geherrscht hat. Sekretärinnen werden nicht gegrüßt, werden angeherrscht und sollen den Mund halten. Männer üben Druck und Macht aus. Frauen dienen mehr als Dekoration.

Was Monika Sundermann angeht, so hat sie, soweit ich weiß, eng mit Hans Rosenthal zusammengearbeitet, und war zusammen mit seiner Frau auch in die Planung und Konzeption eingebunden. Insofern hatte sie eine verantwortungsvolle Position. Da war sie, denke ich, aber eher die Ausnahme. Das hat sich zum Glück teilweise geändert.

Aktuell wird sich in Film und Fernsehen zumindest schon bemüht, ein nicht allzu krasses Machtgefälle auf Kosten der Frauen zu zeichnen. Trotzdem herrscht auch heute immer noch ein großes Ungleichgewicht, wenn man sich nur beispielsweise die Bezahlung anschaut – oder die Anzahl der Personen in Spitzenpositionen. Es gibt also noch viel Luft nach oben, was die Gleichstellung angeht.

Geschwister-Interview mit Birgit Hofmann und Gert Rosenthal

Welche Rolle hat "Dalli Dalli" in Ihrem früheren Leben als Kind und Jugendliche gespielt; welche Rolle spielt es heute für Sie?

Birgit Hofmann: "Dalli Dalli" kam erst raus, als ich schon ziemlich erwachsen war, so um die 21. Daher hat es keine so große Rolle für mich gespielt. Ich war zwar stolz, dass mein Vater eine beliebte Fernsehsendung hatte, aber in dem Alter damals war das Quiz nicht die Art von Unterhaltungssendungen, die meinem Geschmack entsprachen. Das heißt, ich habe sie nach den ersten Sendungen selbst gar nicht mehr angeschaut – bis ich dann verheiratet war und mein Mann sagte: "Das geht doch nicht, Dein Vater ist im Fernsehen, das müssen wir doch angucken“. Dass er was kann, wusste ich, weil ich mit ihm längere Zeit als Assistentin für eine Radiosendung unterwegs war.

Gert Rosenthal: Ich war ja jünger, etwa 13 Jahre, als die Show startete, und passte so auch genau zur anvisierten Zielgruppe. Mir hat die Sendung sehr, sehr viel Spaß gemacht.

Und war die Show Thema in der Schule?

Gert Rosenthal: In der Schule war das für mich eigentlich relativ unwichtig. Ich wurde nicht groß darauf angesprochen. Also dieser Spitze-Sprung, den mein Vater dann später gemacht hat, damit wurde ich dann doch hochgezogen. Und daraufhin habe ich Vater gebeten, ob er den nicht sein lassen kann. Das hat er nicht getan, und im Nachhinein auch Recht behalten: "Das war Spitze" wurde zum Markenzeichen.

Und welche Bedeutung hatte die Sendung in letzter Zeit für Sie?

Gert Rosenthal: "Dalli Dalli" spielt für Hans-Rosenthal-Stiftung eine große Rolle. Wenn die Neuauflagen der Sendung – bei Kai Pflaume oder Johannes B. Kerner – liefen, schnellten die Spenden in die Höhe. Ich finde es auch schön, dass die Spielidee weiterhin funktioniert. Vater hat immer gesagt: "Eine Sendung muss so sein, dass dann, wenn sie zu Ende ist, gesagt wird: ‚Ach schade, schon vorbei. Und nicht: gerade noch so überlebt.“ Das Bedauern über das Ende der jeweiligen Sendung ist bei 180 Minuten halt nicht so leicht durchzuhalten wie bei den 75 Minuten, die mein Vater früher gemacht hat. Ich finde die heutigen Neuauflagen von "Dalli Dalli" ehrlich gesagt ein bisschen zu lange.

Was hätte Ihr Vater zu dem Film gesagt?

Birgit Hofmann: "Ich glaube, er wäre sehr stolz gewesen und auch sehr gerührt – so wie Gert und ich es waren vor ein paar Tagen, als wir ihn schon einmal vorab sehen konnten. Erstens, weil er ziemlich gut getroffen wird in seinem Charakter und auch in der Situation. Und zweitens, dass man nach so langer Zeit sich noch an ihn erinnert und bei einigen Leuten präsent ist. Ich glaube, das hätte ihn sehr stolz gemacht, und das macht uns auch stolz.

Gert Rosenthal: Mir gegenüber hatte er mal prophezeit, dass man ihn schnell vergessen wird, weil er keine Filme gemacht hat. Filme werden wiederholt, und so bleiben auch die Darsteller präsent. Aber Quizsendungen? Die kann man nicht wiederholen. Wenn man die Shows einmal gesehen hat und weiß, wer sie gewonnen hat, dann brauche ich das nicht ein zweites Mal zu sehen. Aber Hans Rosenthal hat man trotzdem in Erinnerung behalten, das ist eine große Freude für unsere Familie. Meines Erachtens hat Vater das auch verdient, schon alleine aufgrund seines Lebensweges. Gerade in der heutigen Zeit. Ich muss zugeben: Dieser Film ist spitze!

Welche Szene hat Sie am meisten bewegt?

Birgit Hofmann: Mich bewegt immer wieder diese Situation, in der mein Vater in der Laube unter einem Bett gelegen hat und nicht atmen durfte. Sonst hätte ihn der Nazi entdeckt, der auf dem Bett über ihm saß. Das stelle ich mir derartig gruselig vor. Da kriege ich Gänsehaut. Das bewegt mich heute auch immer noch.

Gert Rosenthal: Ja, das bewegt mich auch sehr, weil er es auch einmal selbst erzählt hatte, aber auch die Musterungsszene mit dem regelrechten Abstempeln "Jude, wehrunwürdig". Ja, das war in der Tat unwürdig, aber gegenüber unserem Vater.

Wie beurteilen Sie die schauspielerische Leistung des Hauptdarstellers?

Gert Rosenthal: Die schauspielerische Leistung von Florian Lukas ist umwerfend. Wir haben teilweise losgelacht, weil Vater so gut wiedergegeben wurde. Florian Lukas hat sich extrem darauf eingestellt, meinen Vater darzustellen, hat sich vorab erkundigt, mit uns Gespräche geführt, und das war schon beeindruckend. Also er ist großartig.

Birgit Hofmann: Das kann das nur bestätigen.

An welchen Stellen im Film erkennen Sie besonders Ihre inhaltliche Begleitung oder Beratung?

Birgit Hofmann: Als das Drehbuch in der ersten Fassung kam, sah es so aus, als wäre mein Vater ein Star und ein bisschen abgehoben. Das lag sicherlich daran, dass der Drehbuchautor meinen Vater persönlich nie kennenlernen durfte. Aber wir haben dann schnell klarstellen können, dass Hans Rosenthal ein sehr bodenständiger Mensch war, der in einem Bungalow gelebt hat und nicht in einer riesigen Villa, der Kassenpatient war – und nicht bei einem Privatarzt in Behandlung. Und der auch Leute in seiner Umgebung nicht von oben herab behandelt hat. Und das haben wir bei den ersten Gesprächen mit Produzent und Regisseur und Drehbuchautor richtiggestellt. Und das wurde alles auch entsprechend geändert. Und das führte dazu, dass wir jetzt sehr zufrieden sind mit dem, wie mein Vater dargestellt wird.

Hat Ihr Vater wirklich ungern über die Vergangenheit gesprochen und erst mit zunehmendem Alter den Mut und die Überzeugung aufgebracht, auch öffentlich deutlicher zu seinem Glauben zu stehen?

Gert Rosenthal: Ja, ich denke, er wollte nicht bevorteilt werden, weil er Jude war. Aber er wollte auch nicht Antipathien haben, weil er Jude war. Er hatte kein Interesse daran, dass dies Diskussionsthema oder er nach seiner Religion beurteilt wird. Sein Interesse war immer: zeigen, dass Juden nicht anders sind als andere Menschen. Und als er dann einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht hatte, die Zeitungen über ihn schrieben, er sei solch ein netter Mensch, den man gerne als Nachbarn hätte, und die Situation um den 9. November, wie sie im Film dargestellt wird, hinzukam, wurde ihm klar: "Ich muss jetzt rausgehen und den Leuten sagen, was das für Mensch ist, den sie gerne als Nachbarn hätten und was er erlebt hat in Deutschland und das als Buch veröffentlichen." Er hat dazu Interviews gegeben, und es wurde sogar an den düsteren Originalschauplätzen gedreht.

Gab es da bei Ihnen zu Hause auch Diskussionen darüber, wann der richtige Zeitpunkt dafür ist?

Birgit Hofmann: Das hat er für sich allein entschieden.

Gert Rosenthal: Er war kein Diskussionsthema, er hat selbst und aus freien Stücken für sich entschieden, das Buch zu schreiben. Und wir fanden viele Erlebnisse darin, von denen wir noch nichts wussten, weil er mit uns Kindern wenig darüber gesprochen hatte. Wir wussten nur, dass er sich versteckt hatte, dass er verfolgt wurde, aber keine Details.

Gehen Sie Geschwister unterschiedlich mit Ihrem Glauben um?

Gert Rosenthal: Ja, wir sind ja nun eine sehr weltliche Familie, also wir tragen unsere Konfession nicht besonders nach draußen, und wir sind sicherlich religiös unterschiedlich stark eingebunden. Zu den hohen Feiertagen gehe ich in die Synagoge, aber ansonsten bin ich da selten. Bin aber beim Zentralrat noch im Schiedsgericht tätig, war in der jüdischen Gemeinde im Haupt- und Rechtsausschuss und habe sehr viel für die Gemeinde beziehungsweise den Zentralrat gearbeitet.

Birgit Hofmann: Ich bin kein religiöser Mensch, sehe mich eher als Agnostiker. Aber heutzutage, wenn Antisemitismus wieder aufflammt, dann reagiere ich empfindlich. Dann fühle ich mich sehr mit meiner jüdischen Vergangenheit verbunden.

In dem Film freut sich Ihr Vater wie ein Kind, als seine Frau ihm ein großes Schnitzel serviert. War das immer vom Kalb?

Birgit Hofmann: Wir haben nicht koscher gegessen zu Hause. Nein, das machen heute auch nicht alle jüdischen Familien. Und wir auch nicht.

Gert Rosenthal: Nein, das hat ihn nicht interessiert. Es hätte ihn schlimmer getroffen, wenn es Käse gewesen wäre. Den mochte er gar nicht.

Welche Rolle spielte Ihre Mutter eigentlich vor und hinter den Kulissen?

Birgit Hofmann: Beruflich hat meine Mutter keine Rolle gespielt. Sie war diejenige, die meinem Vater den Rücken stärkte, die ihm den Koffer packte, wenn er auf Reisen ging. Und die dafür da war, ihm positive Sachen zu sagen. Wenn wir Kinder meinten, wir müssten mal etwas kritisieren oder ändern, dann kam das über uns, selbst wenn meine Mutter uns das gesteckt hatte.
Was sie sonst für eine Rolle in der Familie spielte, kann man verschieden sehen. Eigentlich war sie meinem Vater sehr untergeordnet. Mein Vater war schon ein dominanter Ehemann aus heutiger Sicht, aber mir hat später mal mein eigener Ehemann klargemacht: "Merkst du nicht, in Eurer Familie passiert überhaupt nichts, was Deine Mutter nicht
will?" Und das stimmte auch. Sie hatte also andere Möglichkeiten, ihren Willen durchzusetzen, ohne dass das lautstark irgendwie zur Sprache kam.

Gert Rosenthal: Sie konnte den Vater davon überzeugen, dass es seine Meinung war, was sie wollte.

Birgit Hofmann: Genau (lacht).

War der Name Rosenthal für Sie Segen oder Fluch?

Birgit Hofmann: Ich habe noch in einer Zeit geheiratet, in der man in der Regel den Namen des Mannes annimmt. Aber selbst wenn ich die Wahl gehabt hätte, hätte ich gerne den Namen Rosenthal abgelegt, Ich wollte mein eigenes Leben führen und nicht immer mit meinem Vater verglichen werden. Und für mich war der neue Familienname Hofmann eine Befreiung. Fluch wäre zu viel. Ich habe schon dazu gestanden, wer ich bin, aber als Tochter von jemanden, der so in der Öffentlichkeit stand wie mein Vater, hatte man es ein bisschen schwer, sich zu emanzipieren.

Gert Rosenthal: Auch ich habe den Wunsch, mich selbst darzustellen, und bin deshalb auch nicht weiter in Richtung Fernsehbranche gegangen, sondern habe versucht, etwas ganz Eigenes aufzubauen. Allgemein sehe ich das ganz traditionell, bin stolz auf den Namen Rosenthal, trage ihn gerne.

Wie wichtig finden Sie es gerade in der heutigen Zeit, dass das ZDF die Hintergründe um die "Dalli Dalli"-Jubiläums-Geschehnisse und Ihren Vater selbstkritisch zur besten Sendezeit aufgreift?

Gert Rosenthal: Ich finde das wirklich großartig, hätte nicht erwartet, dass das ZDF einen derart kritischen Blick auf die eigenen Handlungen in der damaligen Zeit zulässt, sondern hätte befürchtet, dass das geschönt wird. Dass dieser Film ausgerechnet in der jetzigen Zeit präsentiert wird, ist enorm wichtig. Ich hoffe, dass sehr viele Menschen ihn sehen und möglicherweise ihre eigenen Handlungen oder Vorurteile noch einmal überdenken.

Wie würde Ihr Vater über die jüngsten politischen Entwicklungen denken? Würde er kämpferisch einen Gang zulegen oder eher wieder vorsichtiger bis zurückhaltender werden?

Gert Rosenthal: Er würde zweifellos kämpferisch sein. Im Grunde war er jemand, der Diskussionen nicht gewichen ist, auch wenn der Film vor allem in der Szene mit Rebecca womöglich einen anderen Eindruck vermittelt.

Hätte sich Ihr Vater eigentlich gewünscht, dass eine/r von Ihnen in seine Fußstapfen tritt?

Birgit Hofmann: Unser Vater war sehr stolz auf das, was aus uns geworden ist. Das hat er uns auch immer wieder kundgetan. Und er fand gut, dass wir unseren eigenen Weg gingen. Möglichkeiten und Kontakte ins Showgeschäft hat er uns ermöglicht. Aber ich glaube nicht, dass er sich gewünscht hätte, dass wir ihm nachfolgen.

Hatten Sie nach dem Tod Ihres Vaters noch Kontakt zu Monika Sundermann? In dem Film wird ja gezeigt, dass sie eine gewisse Vermittler- und Tröster-Rolle kurz vor der Jubiläumssendung hatte.

Gert Rosenthal: Ich habe Monika Sundermann das letzte Mal bei einer "Dalli Dalli"-Sendung mit Johannes B. Kerner an Weihnachten getroffen. Da hatten wir zusammen eine Garderobe und haben viele Stunden zusammen verbracht.  Wegen Corona waren wir ja quasi in unserer gemeinsamen Garderobe gefangen und haben uns viel über alte Zeiten unterhalten. Das war schön. Und ich würde mich irre freuen, wenn wir uns anlässlich dieses Films oder irgendwelcher Veranstaltungen, die damit zusammenhängen, wieder treffen und reden können.

Eine inhaltliche Frage zum Film: War Ihr Vater damals wirklich kurz davor, alles hinzuschmeißen?

Gert Rosenthal: "Dalli Dalli" war sein Leben. Er wollte diese Sendung unbedingt machen, sie machte ihm Riesenspaß. Außerdem hatte er einen Vertrag und tickte da preußisch-korrekt: Wenn er etwas unterschreibt, hält er das ein. Mag sein, dass ihm das eine oder andere Mal der Gedanke gekommen ist: Wie kann ich das irgendwie verhindern oder die Sendung verlegen? Ganz sicher. Aber dass er alles hinschmeißt, kann ich mir nicht vorstellen.

Welches Verhältnis hatte Hans Rosenthal eigentlich zur DDR und deren Bürger*innen?

Gert Rosenthal: Er hatte großes Interesse an allen Menschen, die in der DDR leben. Er wollte unbedingt, dass auch sie sein Sendung sehen. Am Ende eines Jahres gab er immer die Sendetermine bekannt. Extra wegen diesen treuen Zuschauern. Denn in deren Staat gab es keine Fernsehzeitschrift, in der man "Dalli Dalli" fand. Und wenn wir mal in die DDR gefahren sind (etwa zu seinem Trauzeugen), legte er großen Wert auf direkte Kontakte mit den Menschen. Mit der Staatsführung der DDR, hatte er gebrochen, hatte den Glauben an den Kommunismus oder Sozialismus verloren.

Durch welche Erfahrungen?

Gert Rosenthal: Er war ja ursprünglich Mitarbeiter beim Berliner Rundfunk, der zur DDR gehörte. Dort im Betriebsrat kämpfte unser Vater für die einfachen Mitarbeiter. Und so hatte er einmal vorgeschlagen, dass die Ernährungspakete, die aus der Sowjetunion kamen (vergleichbar sind mit Care-Paketen aus den USA), unter allen Mitarbeitenden gleichermaßen verteilt werden. Das gefiel seinem Chef gar nicht: "Weißt Du, Hans, Putzfrauen können wir jeden Tag ersetzen, Moderatoren nicht, die brauchen keine Unterstützung." Er fand das unmöglich, das passte nicht zu seinem Weltbild. Er hat auch nie vergessen, dass ihn Karl-Eduard von Schnitzler einmal als Hitlerjungen beschimpft hatte.

Ein schöneres Thema: Sind Sie heute noch auf Föhr?

Gert Rosenthal: Das Haus auf Föhr habe ich nach dem Tod der Eltern übernommen. Und ich werde bald wieder dort sein, liebe es nach wie vor. Das Haus sieht zumindest von außen noch so aus, wie es Vater damals gebaut hat.

Was erzählen Sie Ihren Kindern oder Enkeln über Hans Rosenthal?

Birgit Hofmann: Ich freue mich sehr, wenn meine größeren Enkel (die zwölf und 13 sind) diesen Film im Fernsehen sehen. Und bin schon gespannt auf die intensiven Gespräche anschließend, denn sie wissen vieles noch nicht. Welche Fragen stellen sie? Was haben sie in der Schule schon über Nazi-Deutschland erfahren und wie wird das alles in der jungen Generation aufgenommen?

Gert Rosenthal: Meine Tochter hat sich mit dem Thema schon intensiv auseinandergesetzt. Sie kennt auch das Buch ihres Großvaters. Und wenn ich von meinem Vater erzähle, denke ich natürlich auch an die schönen familiären Zeiten: die gemeinsamen Urlaube und wieviel wir gespielt haben. Mein Vater war ein leidenschaftlicher Spieler: Fußball, Schach, Karten, alles. Solch einen Vater zu haben, war einfach toll.

 

Dieses Interview gibt es auch in Audio-Form - siehe entsprechende Pressemappe für Radiosender und Audio-Medien

*Doku "Hans Rosenthal – zwei Leben in Deutschland"

Stab

Buch und Regie: Kai Christiansen
Kamera: Jan Kerhart
Ton: André Götters
Schnitt: Ilana Goldschmidt
Fotoarchiv: Centrum Judaicum Berlin
Produzent: Hans Robert Eisenhauer (Ventana-Film)
Redaktion: Peter Hartl, Stefan Brauburger

 

Inhalt

Die historische Begleitdokumentation erzählt “beide Leben“, wie Hans Rosenthal seine Biografie selbst bezeichnet. Den populären Showmaster und den verfolgten jüdischen Jungen, Jahrzehnte zuvor. Die Menschenjagd in der NS-Zeit überlebt Hans Rosenthal nur dank der Hilfe beherzter Berlinerinnen, versteckt in einer Laubenkolonie. Nach dem Krieg wird er als Radio- und Fernsehmoderator zum Publikumsliebling der Deutschen.

Der Film beleuchtet seinen Werdegang in einem Land, das an die Verbrechen der Kriegsjahre nicht erinnert werden will. Über Jahre macht Hans Rosenthal seine Herkunft und Vergangenheit kaum öffentlich, engagiert sich aber in jüdischen Organisationen. Ausgerechnet am Gedenktag an die Novemberpogrome von 1938, an dem er eigentlich zur Gedenkveranstaltung eingeladen ist, soll er eine Jubliäumsausgabe seiner Show “Dalli Dalli“ moderieren. Der daraus für Hans Rosenthal erwachsende Zwiespalt rückt auch die Rolle des ZDF damals in ein kritisches Licht. Der Sender lässt sich nicht auf eine Programmänderung ein, mit der Begründung, eine Verlegung der so beliebten Show könne dem historischen Gedenken womöglich eher schaden als dienen. Zumal eine Reihe von Beiträgen zum Erinnerungstag 1978 ins Programm genommen wurden.

In Archivaufnahmen erzählt Hans Rosenthal selbst aus seinen “zwei Leben“. In Interviews berichten unter anderem Rosenthals Kinder Birgit Hoffmann und Gert Rosenthal, Reinhard Stein, der Assistent des Showmasters, die Historikerin Prof. Dr. Sybille Steinbacher – und der heute 100-jährige Schulkamerad Walter Frankenstein. Wie Hans Rosenthal konnte Frankenstein die Judenverfolgung nur im Versteck überleben, mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern. Er ist der einzige noch lebende Zeitzeuge, der beide Brüder noch aus der gemeinsamen Zeit im jüdischen Waisenhaus kannte. “Hans hat sich sehr um seinen Bruder gekümmert“, erzählt Frankenstein im Interview für diese Dokumentation. “Die beiden hingen sehr aneinander.“ Bevor der zehnjährige Gert im Oktober 1942 mit einem Kindertransport deportiert wird, verspricht er seinem Bruder, nach seiner Ankunft im Osten Postkarten zu schicken. “Von diesen Postkarten ist nie eine angekommen“, sagt Frankenstein, “die Kinder sind gleich ermordet worden.“ 

Fotohinweis

Fotos zum Fernsehfilm der Woche sowie der Doku über ZDF-Team Pressefoto

Telefon: (06131) 70-16100 oder über https://presseportal.zdf.de/presse/rosenthal 

Impressum

ZDF-Kommunikation
Verantwortlich: Alexander Stock
E-Mail: pressedesk@zdf.de
© 2025 ZDF

Kontakt

Name: Christian Schäfer-Koch
E-Mail: schaefer-koch.c@zdf.de
Telefon: +49 89 9955-1352