Gerd Müller – Der "Bomber der Nation"

ZDF-History-Dokumentation

In den Siebzigerjahren wird Gerd Müller zum umjubelten Weltstar. Der Mittelstürmer bricht sämtliche Torrekorde der Fußballbundesliga, schießt seinen FC Bayern München von Titel zu Titel – und macht Deutschland 1974 zum Weltmeister. Doch der rasante Aufstieg hat auch Schattenseiten. Der Film von Uli Weidenbach zeigt die Karriere eines Mannes, der für manche nur ein erfolgreicher Stürmer war, doch für Fußballdeutschland einfach der "Bomber der Nation" bleibt.

  • ZDF, Sonntag, 13. November 2022, 23.40 Uhr
  • ZDF Mediathek, ab Samstag, 12. November 2022, 23.40 Uhr, fünf Jahre lang

Texte

Stab

Buch und Regie                     Uli Weidenbach
Kamera                                  Anthony R. Miller, Christian Baumann
Schnitt                                   Wolfgang Daut
Redaktion                               Winfried Laasch
Leitung                                   Michael Renz

Inhalt

Verspottet als "kleines dickes Müller", gehört er bald zu den Größten. Im Strafraum erfolgreich wie lange kein zweiter, ist es ein Aufstieg zu der deutschen Stürmerlegende schlechthin. Die private Seite des Torjägers ist dagegen fast unbekannt. Nach dem frühen Rücktritt aus der Nationalmannschaft gerät die Fußballikone in eine Abwärtsspirale. Das Comeback aus der Lebenskrise nennt er seinen größten Sieg – bis eine Krankheit ihn brutal trifft.

Zum ersten Mal spricht die Ehefrau Uschi Müller in "ZDF-History" über ihr wechselhaftes Leben an der Seite von Gerd. "Das war so ein Reinrutschen, und es war eine sehr, sehr schlimme Zeit. Jeder, der mit einem Alkoholiker zu tun hat, der weiß, wovon ich spreche."

Es ist diese Krise, die Gerd Müller und seine Familie vor eine Zerreißprobe stellt. Trotz aller Widrigkeiten bleibt seine Ehefrau über fünf Jahrzehnte an seiner Seite. In den Siebzigerjahren wird der "Junge aus der Provinz" zum umjubelten Weltstar. Der Mittelstürmer bricht sämtliche Torrekorde der Fußballbundesliga, schießt seinen FC Bayern München von Titel zu Titel – und macht Deutschland 1974 zum Weltmeister. Doch der rasante Aufstieg hat auch Schattenseiten: Das grelle Licht der Öffentlichkeit nagt an Gerd Müller und entfremdet ihn von seiner Heimat in der Provinz. So richtig wohl fühlt er sich nur auf dem Platz und in den eigenen vier Wänden. Früh beendet Müller seine Nationalmannschaftskarriere. Es kommt zum Bruch mit seinem FC Bayern. Vom Abenteuer Amerika als hochbezahlter Profi bei den Fort Lauderdale Strikers kehrt er gezeichnet zurück – als Alkoholiker. Sein alter Herzensverein in München und seine Familie fangen ihn auf. "Gerd Müller war unvorstellbar gut als Torjäger. Aber er war als Mensch noch besser als als Spieler", beschreibt ihn sein Freund und Trainer-Kollege Hermann Gerland. Doch das Schicksal ist erbarmungslos. Gerd Müller muss seinen neuen Job als Stürmer- und Torwarttrainer beim FC Bayern wieder aufgeben. Diagnose: Alzheimer und Demenz. Die Jahre bis zu seinem Tod benötigt der frühere Weltstar Rundumbetreuung. Er stirbt am 15. August 2021 mit 75 Jahren.

O-Töne aus dem Film

Charakterisierung als Fußballspieler

Hansi Flick (Bundestrainer):
"In der Zeit, wo wir auf dem Bolzplatz gespielt haben, da war Gerd Müller einfach mein Idol. Es war einer, der einfach gezeigt hat, auf was es ankommt: nämlich das Toreschießen."

Uli Köhler (Sportreporter):
"Ein typisches Gerd-Müller-Tor war ganz einfach: Rücken zum Torwart, Popo raus, keine Chance für den Gegner an den Ball zu kommen, sich zu drehen, den Ball nicht richtig zu treffen und trotzdem ein Tor zu schießen."

Hermann Gerland (Gegenspieler):
"Das Tore schießen hatte der im Blut. Das war ein unvorstellbares Talent, was der in die Wiege gelegt bekommen hat. Das kann man nicht lernen"

Paul Breitner (Mitspieler ab 1970):
"Ich habe keinen Spieler erlebt, der so stoisch all die hinterfotzigen, all die böswilligen, vorsätzlichen Tritte und Schläge weggesteckt hat, wie es der Gerd gemacht hat."

Paul Breitner (Mitspieler ab 1970):
"Die Außenwirkung des FC Bayern hieß: Franz Beckenbauer. Für uns auf dem Platz wussten wir: Der Wichtigste – und damit der Allerbeste – steht da vorne drin, und das war jedem Spieler bewusst, und deswegen: In der eigentlichen Hierarchie war der Gerd ganz oben."

Uschi Müller (Ehefrau):
"Er hat mal gesagt: 'Wenn sie mich auf die Socken hauen, ist mir das noch egal. Aber wenn mich am Trikot einer zieht, könnte ich zum Mörder werden.'"

 

Charakterisierung als Mensch

Dr. Hans Woller (Biograf):
"Er war der Weltstar und hat selbst mit großen Augen wie ein Kind auf seinen neuen Ruhm geschaut. Das hat ihm schon gefallen, das hat ihm schon geschmeckt. Aber auf der anderen Seite hat ihn das ganze Drumherum auch abgeschreckt."

Sepp Maier (Mitspieler 1964 bis 1979):
"Der Gerd, der wollte Fußball spielen und dann wollte er seine Ruhe haben. Der Gerd wollte nie, dass er irgendwo von der Litfaßsäule runterschaut oder solche Sachen. Also da muss ich sagen: Da hätte der Gerd viel mehr draus machen können."

Sepp Maier (Mitspieler 1964 bis 1979):
"Auf dem Fußballplatz war er dann ein ganz ein anderer Mensch. Also Gerd hat man privat nicht mit dem Fußball vergleichen können, sondern da hat er sich total gewandelt auf dem Fußballplatz. Der Gerd war so einer, der wollte immer gewinnen."

Paul Breitner (Mitspieler ab 1970):
"Er hat es ein paar Mal zugelassen, dass man ihn ins Schaufenster stellt. Das waren Ausnahmen, die allerdings auch am Ende dazu geführt haben, dass der Gerd irgendwann mal gesagt hat: 'Aus. Privat will ich keine Rolle in der Öffentlichkeit spielen.'"

 

WM-Gewinn 1974

Dr. Jupp Kapellmann (Weltmeister 1974):
"Der Gerd hat auf einem Thron gesessen, der im Grunde genommen das Größte war, was wir in der damaligen Zeit überhaupt erreichen konnten. Höher geht´s nicht mehr – auch an Anerkennung. Gott und alle Welt hat ihn angehimmelt."

 

"Teufel Alkohol"

Sepp Maier (Weltmeister 1974):
"Nach der WM '74 hat der Gerd keine sportlichen Ziele mehr gehabt. Da war es wie abgeschnitten. Er hat schon einen Ehrgeiz gehabt, aber nicht mehr den Biss, Und da habe ich den Gerd negativ kennengelernt, dass er da sich so dann hängen hat lassen."

Werner Kern (Co-Trainer FC Bayern München 1973 bis 1974):
"Ich konnte erleben, dass er manchmal schon am Morgen Weißwein getrunken hat, oder so. Und ich habe das Gefühl gehabt, dass der Gerd Freunde gehabt hat, die sich von ihm Vorteile erhofft haben, aber nicht seine Freunde waren, die ihn unterstützt haben."

Dr. Jupp Kapellmann (Weltmeister 1974):
"Er hat versucht, die Wirklichkeit zu verdrängen, und da ist natürlich so eine Droge das Ideale. Man hätte ihm früher noch unter die Arme greifen müssen, sagen 'Nein, das ist nicht die Therapie für dich!'"

Eduard Kirschner (Mitspieler ab 1976):
"Das ist immer schwer, wenn die Karriere beendet ist. Da kommt ja eine Leere! Und das war mit Sicherheit ein Grund, dass er dann zum Alkoholiker geworden ist – weil du hast ja nichts mehr zu tun."

Uschi Müller (Ehefrau):
"Der Gerd hat Probleme mit sich selbst ausgemacht. Aber es wurde dann immer mehr, und es war eine sehr, sehr schlimme Zeit. Jeder, der mit einem Alkoholiker zu tun hat oder mit einem Partner, der weiß, wovon ich spreche."

 

Das Comeback

Uschi Müller (Ehefrau):
"Er hat den Entzug nach vier Wochen abgebrochen. Und er hat dann gesagt: Ich weiß, ich darf nicht mehr trinken, ich werde nicht mehr trinken, und ich will nie mehr darüber sprechen. Das war's."

Hermann Gerland (Trainer-Kollege):
"Er war ein Siegertyp, und er wollte gewinnen. Und nicht zuletzt hat er deswegen auch den Alkohol besiegt."

Paul Breitner (Mitspieler ab 1970):
"Ich habe größten Respekt bekommen, als ich immer wieder gesehen habe, wie er sowas von konsequent ist, 100 Prozent gesagt hat: ich nicht mehr. Keinen Tropfen. Er hat sich in einen neuen Gerd Müller verwandelt – und das ist er geblieben. Und das ist eine Lebensleistung."

 

Drama Demenz

Hermann Gerland (Trainer-Kollege):
"Ich war so was von traurig. Da habe ich gesagt: Es gibt so viele linke Vögel auf dieser Welt, und da muss so ein Mensch diese fürchterliche Krankheit bekommen. Ich war schockiert."

Dr. Jupp Kapellmann (Mitspieler FC Bayern München und DFB):
"Was wir für tolle Erlebnisse gehabt haben. Irre! Wahnsinn! Und wenn ich jetzt so sehe, wie einer so zerflossen ist und so enden musste: Das hat mir schon wehgetan."

 

Bilanz und Fazit

Hermann Gerland (Gegenspieler und Freund):
"Gerd Müller war unvorstellbar gut als Spieler, als Torjäger. Aber wenn man ihn hinterher kennengelernt hat, muss man sagen: Er war noch besser als Mensch, als als Spieler."

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