Hannes Jaenicke: Im Einsatz für Erde

Neue Dokumentation der ZDF-Reihe

Oberboden, Mutterboden, Humus – 30 Zentimeter Lebensgrundlage: Zum ersten Mal steht in der preisgekrönten ZDF-Dokureihe "Hannes Jaenicke: Im Einsatz für …" ein Ökosystem im Mittelpunkt. In seinem neuen Einsatz kümmert sich der Schauspieler und Umweltschützer um die gefährdete Welt der Böden.

  • ZDF Mediathek, ab Mittwoch, 2. Oktober 2024, 10.00 Uhr
  • ZDF, Donnerstag, 3. Oktober 2024, 22.20 Uhr

Texte

Stabliste

Buch und Regie: Eva-Maria Gfirtner, Judith Adlhoch

Kamera: Markus Strobel, Moritz Geiger

Flugaufnahmen: Jacob Wimmer

Schnitt: Florian Tust (BFS)

Ton: Jacob Wimmer

Grafik: Sebastian Reeh

Color-Grading: Jürgen Pertack

Mischung: Alexander Catarinelli

Sprecher: Hannes Jaenicke, Judith Adlhoch

Produktionsleitung (Tango Film): Janna Sperling

Produktionsassistenz: Christiane Otto

Executive Producer: Markus Strobel, Hannes Jaenicke

Redaktionelle Mitarbeit (ZDF): Claudia Friese

Redaktion (ZDF): Thomas J. Kramer

Leitung der Sendung (ZDF): Friederike Haedecke

Eine Produktion der TANGO FILM, 2024

Inhalt

Oberboden, Mutterboden, Humus – 30 Zentimeter Lebensgrundlage: Zum ersten Mal spielt in der preisgekrönten ZDF-Dokureihe "Hannes Jaenicke: Im Einsatz für …" kein Tier die Hauptrolle, sondern ein Ökosystem: der Boden.

Wie geht es den Böden? Welche Auswirkungen hat ihr Zustand auf den Menschen? Und was kann getan werden, damit sich die Böden erholen? Diesen und vielen weiteren Fragen geht Hannes Jaenicke bei seiner Recherche nach. Seine Reise durch Deutschland führt ihn zu Bodenkundlern und anderen Wissenschaftlern, zu konventionellen und ökologischen Landwirten, Weinbauern und Glyphosat-Experten, Regenwurmprofis und Investigativjournalisten.

Die erste Station ist eine Arztpraxis, dort wird Jaenicke selbst zum "Versuchskaninchen": Er lässt sich auf Schadstoffe untersuchen. 90 Prozent der Nahrungsmittel kommen aus der Erde; 300 bis 400 Schadstoffe finden sich durchschnittlich im menschlichen Körper – so auch bei Hannes Jaenicke. Unter anderem werden bei ihm bedenkliche Stoffe wie Glyphosat und andere Pestizide, Mikroplastik sowie PFAs, die sogenannten Ewigkeitschemikalien, nachgewiesen. Die Ergebnisse bespricht er mit Dr. Marike Kolossa-Gehring, Leiterin Fachgebiet Toxikologie bei der Umweltprobenbank des Bundes.

Wie kommt das alles in seinen Körper? Was haben diese Resultate mit den überstrapazierten Böden zu tun? Hannes Jaenicke will Antworten. Gemeinsam mit seinen Protagonisten verfolgt Jaenicke die Spur der Schadstoffe in seinem Körper. Der Bedarf an Nahrung, Energie und Fläche hat viele Böden überstrapaziert. Global gelten bereits 25 Prozent als stark eingeschränkt, sie haben ihre Fruchtbarkeit und Produktivität eingebüßt. Jedes Jahr verliert die Welt zehn Millionen Hektar Ackerfläche, allein in Deutschland verschwinden jeden Tag durchschnittlich 55 Hektar Boden für den Ausbau von Infrastruktur und Siedlungsflächen. Die lebensnotwendige Ressource wird knapp. Eine Gefahr, die auch den Klimawandel zusätzlich verschärft, denn die Böden speichern mehr Kohlenstoffe als alle Wälder und Pflanzen der Erde zusammen. Kaputte Böden treiben die Lebensmittelpreise in die Höhe. Durch Nahrungsmittel nehmen Menschen Schadstoffe auf, die aus der Erde stammen. Mit ungewöhnlichen Perspektiven macht der Film klar: Der Boden ist eine begrenzte Ressource, die vollen Einsatz braucht. Viele Menschen, die Hannes Jaenicke bei seinem Einsatz trifft, kümmern sich engagiert und kenntnisreich um die Böden, leisten ihren Beitrag zur Bodenverbesserung – egal ob konventionell oder Bio – ein Mit-, kein Gegeneinander für die Zukunft der Böden.

"Die wenigsten Menschen haben eine Ahnung, was unser Umgang mit Böden so an Konsequenzen nach sich zieht": Hannes Jaenicke im Interview

1. Herr Jaenicke, Sie waren immer wieder im Einsatz für Tiere unterwegs – diesmal dreht sich bei Ihrem Einsatz alles um Erde. Wie kam es dazu?

Ich habe vor Jahren eine Doku gesehen, sie hieß "Kiss the Ground", die in Amerika für Furore gesorgt hat. Ich hatte das Thema bis dato überhaupt nicht auf dem Schirm. Ich stehe, laufe, sitze, hocke mein ganzes Leben auf Böden herum und habe nie darüber nachgedacht, was wir diesen Böden eigentlich antun – bis zur Recherche für diesen Film.
Ich glaube, die wenigsten Menschen wissen, was unser Umgang mit Böden für  Konsequenzen hat. Das beeinflusst massiv unsere Ernährung, weil unser Vieh lebt und weidet auf diesen Boden, oder wird mit Viehfutter versorgt, das auf Äckern angebaut wird. Wir essen Obst, Gemüse, Getreide und Kräuter aus diesen Böden. Und die werden mit Pestiziden gespritzt, überdüngt, übergüllt, was das Zeug hält. Und wenn der Boden richtig ausgelaugt und kaputt ist, wird noch mehr Chemiedünger ausgebracht, damit überhaupt noch etwas wächst.

2. Was ist genau bei Ihrer Recherche herausgekommen? Was sind die Hauptprobleme unserer Böden? 

Das Hauptproblem ist, dass sie mit allem belastet sind, was wir weder essen, noch in die Natur einlassen sollten: Mikroplastik, Pestizide, Herbizide, Fungizide, Insektizide, Chemiedünger, Gülle, Feinstaub, alles, was wir als Industriegesellschaft produzieren, landet in den Böden und dementsprechend auch im Wasser. Es gibt engagierte Bauern, die sehr gern auf gesunden Böden anbauen würden und ihre Nutztiere anders halten würden. Aber das verhindert der brutale Preisdruck der Lebensmittelmultis.

3. Landwirtschaftlich genutzte Flächen sind vielerorts belastet und ausgelaugt. Im Film lassen Sie gleich zu Beginn eine Untersuchung machen, bei der Ihr Blut auf Schadstoffe untersucht wird. Wie war das Ergebnis?

Ehrlich gesagt erschreckend, weil ich seit den frühen 1980ern Vegetarier bin, und ich kaufe, wenn ich zu Hause bin, ausschließlich Bio-Produkte –nd zwar in Hofläden oder im dörflichen Bioladen. Da ich aber beruflich bedingt viel unterwegs bin, esse ich oft in Restaurants oder in Hotels. Ich schaffe es also nur bedingt, mich gesund zu ernähren, und das Ergebnis meiner Tests war schockierend.
Ich bin voller Giftstoffe. Tröstlich war die Aussage der Ärzte, dass ich kein Einzelfall sei.und viele Patienten noch stärker vergiftet seien als ich. Das war für mich eine Art Augenöffner, dass selbst jemand, der sich bewusst ernährt, voller Giftstoffe ist. Ich hatte Entlaubungsmittel im Blut, wo ich mir denke: "Wo kommt das denn bitte her?" Das wurde im Vietnamkrieg eingesetzt. Wir haben also ziemlich gestaunt, was sich so angesammelt hat in meinen 64 Lenzen.

4. Was kann man gegen diese Schadstoffe im eigenen Blut machen?

Ich denke, man muss sich einfach damit abfinden, dass wir unsere Welt vergiftet haben. Das fängt mit Abgasen und Feinstaub an und hört mit Pestiziden nicht auf. Unser Leben in der industrialisierten Konsum-Gesellschaft ist einfach ungesund. Wir können uns nur anpassen und versuchen, dem irgendwie entgegenzuwirken, indem wir möglichst bewusst essen und konsumieren, Sport treiben und von Junk- und Fast-Food die Finger lassen.
Das ist eine Entscheidung, die jeder für sich selbst treffen muss – auch mit seinem Geldbeutel, weil es leider teurer ist, gesund zu essen. Das ist meines Erachtens ein Versagen des Subventionssystems in der Agrarindustrie. Es wird immer noch nach Hektarfläche, Größe des Betriebs, nach Masse subventioniert. Dadurch geben immer mehr kleine Bauern auf, ihre harte Arbeit lohnt sich nicht mehr. Die anderen werden noch größer, kriegen noch mehr Geld, machen nur noch Massenproduktion. Die Subventions-Politik ist absolut kontraproduktiv.

5. Was war für Sie auf Ihrer Reise die interessanteste oder überraschendste neue Information?

Ich wusste zu dem Thema so gut wie nichts. Ich bin mein Leben lang über den Boden gelaufen, völlig achtlos, könnte man sagen. Also war die Lernkurve bei diesem Film über Boden ziemlich steil. Das überraschendste war für mich die Myzel-Forschung. Offenbar haben wir jahrhundertelang Ackerbau betrieben, ohne das wichtigste Ökosystem des Bodens zu respektieren, nämlich die Pilze. Der größte lebende Organismus der Erde ist das unterirdische Pilzsystem. Davon wusste ich gar nichts. Das wird beim Pflügen kaputt gemacht, es wird durch die Bodenverdichtung mit schweren Treckern kaputt gemacht, auch mit Holzfahrzeugen der Waldindustrie. Also zerstören wir den Boden, ohne zu wissen, was es für Folgen hat. Das ist das eine.
Das andere waren die Begegnungen mit Bodenexperten und Aktivisten. Ein großartiges Beispiel ist der Humuspionier Hans Söhl in Obertaufkirchen in Oberbayern. Der hat ein System der Wurmkompostierung entwickelt und produziert damit eine Kombination aus Dünger und Pflanzenschutzmittel. Das wird verdünnt und auf den Anbauflächen ausgebracht. Es ist letztendlich der Kot von Regenwürmern. So kann er ohne Chemie produzieren, die Substanz funktioniert sowohl als Schädlingsbekämpfung wie auch als Dünger. Das war für mich eine echte Offenbarung, wie existentiell wichtig diese eher hässlichen, ekligen Tierchen sind, die wir Würmer nennen. Die haben eine so unglaublich wichtige Aufgabe. Wir hätten den Film eigentlich auch "Im Einsatz für Regenwürmer" nennen können.

6. An welche Grenzen stoßen Landwirte, Winzer, generell alle, die mit den Böden arbeiten? Und was können – und müssten – sie tun, um die Qualität der Böden zu verbessern?

Zuerst müsste die gesamte Pestizid-Gesetzgebung geändert werden. Da sind Mittel zugelassen, die einfach vom Markt gehören. Es gibt Alternativen. Es gibt Mittel mit weniger Nebenwirkungen. Ein Schlüsselerlebnis hatten wir im Burgenland, da haben wir mit einem großartigen Bio-Winzer gedreht. Bei diesem Biobauern sah der Weinberg aus wie ein blühender Garten Eden, mit Büschen und Insektenhotels, da blühte alles, es summte und flatterte, alles war unfassbar gesund und grün. Und direkt daneben war ein Weinberg, der sah aus wie eine Mondlandschaft. Der Nachbar hatte  immer Glyphosat ausgebracht. Was ich auch nicht wusste: Die Weintraube ist eines der am stärksten behandelten und belasteten Lebensmittel, die es gibt. Und damit seine Reben überhaupt noch etwas produzieren, hat dieser Winzer eine halbzentimeterdicke Schicht von Dünger-Kügelchen ausgefahren. Wir liefen da über eine Art Kugel-Teppich. Und da produziert er seinen Wein ‒ direkt neben dem Bio-Winzer. Es ist auch für Biobauern schwer, die konventionelle Agrarindustrie vom eigenen Betrieb fernzuhalten, weil natürlich bläst der Wind, das Regenwasser vermischt belasteten mit gesundem Humus und versickert im Grundwasser. Das sind Probleme, an denen alle Beteiligten – Politik, Verbraucher, Lebensmittel-, Agrar- und Chemie-Industrie – dringend arbeiten müssen. Da müssen neue Wege und  Kompromisse gefunden werden.

7. Was können wir als Verbraucher tun, um die Erde zu schützen?

Zunächst einmal, weil es für jeden machbar ist, Plastik meiden, wo es nur geht. Die am stärksten belasteten Agrarböden, was Mikroplastik betrifft, sind interessanterweise Weinberge. Einfacher Grund: Die Trauben werden oft und großflächig mit Plastiknetzen geschützt, die irgendwann kaputtgehen, zerfallen, sie zersetzen sich in sekundäres Mikroplastik, und die Reben werden mit Plastikmaterial an den Drähten fixiert. Das landet irgendwann alles in den Boden. Die genauen Folgeschäden kennen wir noch nicht, aber Mikroplastik ließe sich vermeiden. Weiter ist jeder Besuch im Supermarkt eine Kette von Kaufentscheidungen: Bio oder nicht Bio, Fairtrade oder nicht, verpackt oder unverpackt etc.  Man sollte auch versuchen, nur das zu kaufen, was man tatsächlich konsumiert und isst. Pro Kopf und Jahr werfen wir knapp 80 Kilogramm Lebensmittel in den Müll. Dann müsste die Agrarindustrie nicht diese unfassbaren Mengen produzieren. Ich denke, die schärfste Waffe gegen Umweltzerstörung ist unser Geldbeutel , und wir sollten das Gehirn einschalten, bevor wir ihn öffnen. Das sind meines Erachtens die Grundregeln für nachhaltigen Konsum.

8. Was ist Ihnen von den Dreharbeiten nachhaltig in Erinnerung geblieben?

Die vielen Einzelkämpfer und Idealisten, die versuchen, sauber zu produzieren, haben mich tief beeindruckt. Wir haben viele von ihnen interviewt und ihre Arbeit und Erfolge gefilmt. Es hat mich echt optimistisch gestimmt, dass es so viele Pioniere gibt, die komplett anders produzieren, nämlich nicht gegen, sondern mit der Natur. Und was ich auch mitgenommen habe: Ich bin bekanntlich begeisterter Weintrinker. Ich trinke seit unseren Dreharbeiten tatsächlich nur noch Bio-Wein.

Das Interview führte Marion Leibrecht, ZDF-Kommunikation.

Audio-Interview mit Hannes Jaenicke

Ausstrahlungstermin: Donnerstag, 3. Oktober 2024, 22.20 Uhr
ZDFmediathek: ab Mittwoch, 2. Oktober 2024, 10.00 Uhr 

Verfügbare Audio-O-Töne: Hannes Jaenicke (Transkript)

Weitere Folgen der Reihe

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