Precht

Richard David Precht im Gespräch mit Robert Menasse

In der "Precht"-Ausgabe am Sonntag, 1. Dezember 2024, 23.45 Uhr im ZDF, ist Richard David Precht im Gespräch mit dem Schriftsteller Robert Menasse zum Thema "Europa neu erfinden".
Seit mehr als zehn Jahren und in mittlerweile 74 Ausgaben sucht Richard David Precht zusammen mit einem prominenten Gast aus Politik, Gesellschaft oder Kultur Antworten auf die großen Fragen unserer Zeit. 

  • ZDF Mediathek, ab Sonntag, 1. Dezember 2024, 8.00 Uhr
  • ZDF, Sonntag, 1. Dezember 2024, 23.45 Uhr

Texte

Precht: Europa neu erfinden

Sonntag, 1. Dezember 2024, 23.45 Uhr, ZDF
Ab Sonntag, 1. Dezember 2024, 8.00 Uhr, in der ZDFmediathek

Precht
Europa neu erfinden

Richard David Precht im Gespräch mit Robert Menasse

Produktion: Interscience Film / Gero von Boehm, Christiane von Boehm
Redaktion: Johannes Steinbronn
Leitung der Sendung: Peter Arens
Länge: ca. 43 Minuten

Mit Donald Trump als US-Präsident wird die Europäische Union eigenständiger werden müssen – doch Europa wirkt müde. Darüber diskutiert Richard David Precht mit dem Schriftsteller Robert Menasse. 

Unüberhörbar sind die Stimmen, die die EU zurückbauen, wenn nicht sogar auflösen wollen. Mächtige Gegner bringen sich in allen Winkeln Europas in Stellung und warten auf den richtigen Moment. Und blockieren derweil den Fortschritt. Der österreichische Schriftsteller und EU-Vordenker Robert Menasse träumt schon lange von der allmählichen Überwindung des nationalen Denkens und von einem deutlich konsequenter gedachten Europa. Doch Precht gibt zu bedenken, dass man gegenwärtig ein weltweites Erstarken des Nationalismus diagnostizieren müsse. Hat sich die Euphorie der Globalisierung abgekühlt? Staaten wie etwa die USA drohen mit deftigen Strafzöllen, und der europäische Gedanke versinnbildlicht sich im Moment hauptsächlich durch die Abschottung gegen Einwanderung. Wie ist eine Wende zu mehr Europa da noch möglich?

Robert Menasse erinnert daran, dass die Entwicklung der europäischen Idee schon mehrfach in der Geschichte ins Stocken geriet. Langfristig könne niemand in Europa tatsächlich ein Interesse daran haben, dass dieses Projekt untergeht.

Interessanterweise basieren viele Science-Fiction-Romane der 1950er und 1960er Jahren auf der Vorstellung, dass es auf unserem Planeten keine Nationen mehr gibt. Eine Nachwirkung des 2. Weltkrieges, denn damals mussten die Europäer unmittelbar erleben, zu welchen Verbrechen Nationalismus führen kann. Es entstand die größte Friedensbewegung Europas und die Utopie einer nachnationalen Welt, die im Laufe der Zeit allerdings in Vergessenheit geriet. Diese Vision hat durch die gegenwärtigen militärischen Konflikte wieder höchste Aktualität und Dringlichkeit bekommen. Dennoch will in Europa jeder lieber sein eigenes Süppchen kochen.

Mit anti-europäischen Statements gewinne man heute nationale Wahlen, beschreibt Precht die Lage. Das läge am System, erklärt Menasse, denn Abgeordnete für Brüssel werden national gewählt und geben daher auch nationale Wahlversprechen ab. Ein Teufelskreis, denn das habe dann eine unbefriedigende Europapolitik zur Folge, was besonders den Rechtsnationalisten in die Hände spielt. Dabei sei doch deutlich abzusehen, dass die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts längst von transnationaler Tragweite seien. Ob Klimakrise, Finanzströme, Handelskriege, Verteilung der Rohstoffe oder der Umgang mit Angriffskriegen – eine Nation allein ist da überfordert.

Was aber ist nötig, um diese so notwendige europäischen Zukunft voranzutreiben? Muss sich das System in Brüssel effektiver gegen den Lobbyismus einzelner Staaten durchsetzen? Und kann sich von der hartnäckigen Vorstellung gelöst werden, einer Nation angehören müssen, anstatt den konsequenten Schritt zum vollständigen EU-Bürger zu wagen?

Info zu Gesprächsgast Robert Menasse

Robert Menasse, geboren 1954 in Wien, ist Schriftsteller und Essayist. Er studierte Philosophie und Politikwissenschaft in Salzburg und promovierte 1980. Zwischen 1981 und 1988 lehrte er als Gastdozent Literaturtheorie an der Universität Sao Paulo. Seit seiner Rückkehr nach Wien arbeitet er als Schriftsteller. Er schrieb zahlreiche Roman, Bühnenstücke, Kriminalromane und Essays.

Im Laufe seines Schaffens hat sich Menasse mehr und mehr kulturellen und politischen Themen zugewandt – vor allem der Auseinandersetzung mit seinem Herzensthema Europa. Menasse betrachtet die Konstruktion von Nationen als ein vorübergehendes historisches Moment und sieht allein in einer viel konsequenter umgesetzten EU eine Chance für ein erfolgreiches Europa. Er kritisiert die Halbherzigkeit, mit welcher die EU-Mitgliedsstaaten das Projekt immer wieder ausbremsen und fordert beispielsweise die alleinige Einführung eines EU-Passes ohne Nennung der nationalen Herkunft und ein EU-gesteuertes Rechtssystem.

Menasse ist verheiratet und der Halbbruder der Schriftstellerin Eva Menasse.

Übersicht über die bisherigen "Precht"-Sendungen im ZDF

Datum

 

Thema

 

Gast

02.09.2012

 

Skandal Schule – Macht Lernen dumm?

  

Gerald Hüther

07.10.2012

  

Gefährliche Freiheit

 

Mathias Döpfner

28.10.2012

 

Was ist gerecht?

 

Christian Lindner

09.12.2012

 

Dürfen wir Tiere essen?

 

Robert Spaemann

08.04.2013

 

Der getunte Mensch – Wie perfekt wollen wir sein?

 

Juli Zeh

13.05.2013

 

Wer ist schuld an den Schulden?

 

Jean-Claude Juncker

23.06.2013

 

Ende der Geheimnisse: Die gläserne Gesellschaft

 

Marina Weisband

08.09.2013

 

Politik ohne Plan – Wer denkt an die Zukunft?

 

Harald Welzer

20.10.2013

 

Gute Kriege, schlechte Kriege?

 

Daniel Cohn-Bendit

03.11.2013

 

Das Böse im Menschen

 

Ferdinand von Schirach

16.02.2014

 

1914/2014 – Lernen wir aus der Geschichte?

 

Christopher Clark

08.06.2014

 

Kampfzone Nationalstaat – Brauchen wir noch
Grenzen?

 

Klaus von Dohnanyi

27.07.2014

 

Affenliebe – Wo ist die Grenze zwischen Mensch und Tier?

 

Hans Werner Ingensiep

07.09.2014

 

Big Data – Wer kontrolliert die digitalen Supermächte?

 

Gabor Steingart

19.10.2014

 

Die Zukunft der Arbeit – Macht das Netz arbeitslos?

 

Sascha Lobo

30.11.2014

 

Von deutschem Wesen – Soll durch uns die Welt genesen?

 

Jakob Augstein

01.02.2015

 

Heimatliebe – Fremdenhass. Wie gefährlich ist konservatives Denken?

 

Christoph Schwennicke

26.04.2015

 

Wann kommt der Kommunismus? – Über linke Utopien

 

Sahra Wagenknecht

14.06.2015

 

Rasender Stillstand – Beschleunigen wir uns zu Tode?

 

Helmut Rosa

13.09.2015

 

Welt in Bewegung – Die Flüchtlinge und wir

 

Rupert Neudeck

11.10.2015

 

Europa – Kaputte Gemeinschaft?

 

Joschka Fischer

29.11.2015

 

Wozu Glauben?

 

Feridun Zaimoglu

31.01.2016

 

Komplexe Welt – Ratlose Menschen

 

Alexander Kluge

03.04.2016

 

Unsere ungerechte Gesellschaft

 

Heinz Bude

22.05.2016

 

Gutes Deutschland – Böse Kriege: Wie bedroht sind wir?

 

Herfried Münkler

04.09.2016

 

Achtung Europa! – Warum immer mehr Menschen der Politik misstrauen

 

Martin Schulz

16.10.2016

27.11.2016

 

Geld regiert die Welt

Herrschaft der Zahlen – Ist alles vermessbar?

 

Marcel Fratzscher

Harald Lesch

05.02.2017

 

Verlust der Mitte – Wohin driftet unsere Gesellschaft?

 

Nikolaus Blome

19.03.2017

 

Wie natürlich ist unsere Natur?

 

Andrea Wulf

21.05.2017

 

Ewige Kriege – Warum die Völker keinen Frieden finden

 

Harald Kujat

10.09.2017

 

Markt und Moral - Der Zustand unserer Wirtschaft

 

Edzard Reuter

12.11.2017

03.12.2017

 

Wozu braucht der Mensch Religion?

Angst vor dem Fremden?

 

Seyran Ates

Ilija Trojanow

04.02.2018

 

Betreutes Leben – Wie uns Google, Facebook und Co beherrschen

 

Udo Di Fabio

08.04.2018

 

Verschwörungstheorien – erfundene Wahrheiten?

 

Harald Lesch

06.05.2018

 

Wie aktuell ist Karl Marx?

 

Gregor Gysi

16.09.2018

 

Die Zukunft von Mann und Frau

 

Svenja Flaßpöhler

07.10.2018

 

Ist die Erde noch zu retten?

 

Hans Joachim Schellnhuber

16.12.2018

 

Frisst der Kapitalismus die Demokratie?

 

Robert Habeck

31.03.2019

 

Populismus – Ende der Demokratien?

 

Francis Fukuyama

28.04.2019

 

Mehr Fortschritt, mehr Wohlstand, mehr Glück?

 

Juli Zeh

30.06.2019

 

Der Kalte Frieden – Russland und der Westen

 

Horst Teltschik

15.09.2019

 

Revolution für das Klima – Eine Generation steht auf

 

Carla Reemtsma

20.10.2019

 

Künstliche Intelligenz – Herrschaft der Maschinen?

 

Jürgen Schmidhuber

24.11.2019

 

Deutschland ein geteiltes Land?

 

Ingo Schulze

15.03.2020

 

Ökonomie und Ökologie – Ein Widerspruch?

 

Maja Göpel

24.05.2020

 

Verändert Corona unsere Gesellschaft?

 

Andreas Reckwitz

05.07.2020

 

Ist konservativ die Zukunft?

 

Diana Kinnert

20.09.2020

 

Schöne neue Medienwelt – Wer hat die Meinungsmacht?

 

Rezo

25.10.2020

 

USA und der Westen – Wie bedroht sind unsere Demokratien?

 

Josef Joffe

29.11.2020

 

Utopien – Rezepte für die Zukunft?

 

Harald Welzer

14.03.2021

 

Was darf der Staat? Die Grenzen der Freiheit

 

Wolfgang Kubicki

09.05.2021

 

Moral und Macht in Zeiten des Umbruchs

 

Alena Buyx

06.06.2021

 

Sind unsere Städte noch zu retten?

 

Burkhard Jung

19.09.2021

 

Kapitalismus – Gefahr für die Natur?

 

Eva von Redecker

24.10.2021

 

Unser Wald – Klimaretter oder Klimaopfer?

 

Peter Wohlleben

28.11.2021

 

Sensibilisieren wir uns zu Tode?

 

Svenja Flaßpöhler

30.01.2022

 

Allmacht und Ohnmacht: unser digitales Lebensgefühl

 

Hartmut Rosa

27.02.2022

 

Demokratie: Müssen wir sie retten? Oder rettet sie uns?

 

Roger de Weck

15.05.2022

18.09.2022

23.10.2022

20.11.2022

12.02.2023

26.03.2023

04.06.2023

17.09.2023

29.10.2023

10.12.2023

04.02.2024

10.03.2024

19.05.2024

22.09.2024

27.10.2024

 

Zeitenwende? – Die Welt nach dem Kriegsschock

Das Herrentier – Herkunft und Zukunft der Menschheit

Keine Zeit fürs Klima – Moral im Zwiespalt

Die störanfällige Welt – Wie leben wir mit Risiken?

Die neue Weltordnung – Wie umgehen mit China?

Die multipolare Welt – Neue Rollen, neue Konflikte

Kein Platz mehr für den Menschen – Macht KI uns überflüssig?

Kampf der Identitäten – was wird aus unseren Demokratien?

Bessere Schulen – Wie gelingt gute Bildung für alle?

Zerrissene Welt – Zwischen Werten und Interessen

Zurück in die Zukunft! Wohin steuern wir die Welt?

Woke – Wege zur Gerechtigkeit

Wer rettet die Menschenrechte?

USA vor der Wahl – Ist der Liberalismus gescheitert

Frustrierte Gesellschaft – wie Gefühle die Politik bestimmen

 

Ivan Krastev

Jane Goodall

Luisa Neubauer

Ortwin Renn

Frank Sieren

Pankaj Mishra

Mercedes Bunz

Omri Boehm

Andreas Schleicher

Ivan Krastev

Florence Gaub

Susan Neiman

Manfred Nowak

Patrick Deneen

Eva Illouz

"Gespräche, die nach Erkenntnis streben" – Vorwort von ZDF-Hauptredaktionsleiter Prof. Peter Arens

Vor zehn Jahren, als seine Sendung in Nachfolge des "Philosophischen Quartetts" mit Peter Sloterdijk und Rüdiger Safranski im ZDF startete, haben wir ihn in der Pressemappe noch näher beschreiben wollen – als einen "bürgernahen, sichtbaren, engagierten Intellektuellen", der "anschaulich über die schwierigsten Fragen unseres Lebens" zu schreiben vermag. Wir brachten den Bestsellerautor ins Fernsehen – mit einer regelmäßigen Sendung sonntagnachts. Auch dieser Präsenz ist es zu verdanken, dass Richard David Precht heute jedem intellektuell und politisch interessierten Menschen in Deutschland ein Begriff ist.

Dass er es auch im Bewegtbildmedium als Host schaffen würde, davon waren Gero von Boehm und ich damals überzeugt. Zu offensichtlich waren Richard David Prechts Begabung und sein Wille, die spannenden Fragen unserer Existenz mit hochkarätigen Gästen verständlich zu klären – auf hohem gedanklichen Niveau, aber in klarer Sprache, wie wir es in der angelsächsischen Welt so oft bewundern. Ich denke, das ist ihm und uns gelungen – mit einer Zuschauerakzeptanz, die in diesen zehn Jahren trotz aller Transformationen unserer Branche konstant geblieben ist.

In einem Format, das visuell hochwertig und zugleich in seinen produktionellen Mitteln einfacher kaum vorstellbar ist: zwei Gesprächspartner, in einer Studio-Totalen und nahen Close ups, bei blauschwarzem Licht. Nur die Gesichter sollen wirken, nur die Gedanken, die zwischen den Köpfen hin und her fliegen. Unser Ziel war und ist es, in einer Dreiviertelstunde ein Thema gründlich auszuleuchten, mit einem Gast, der anders als in vielen Talkshows nicht für eine Partei oder Lobby sprechen muss, sondern der frei für seine individuelle Welt eintreten darf. Nicht eine Debatte wollten und wollen wir, die kämpferisch Argument an Argument reiht, sondern ein Klärungsgespräch, das nach Erkenntnis strebt.  Wir haben Ästhetik und Aussagewunsch unserer Sendung nie verändern müssen, obwohl  gerade in den vergangenen zehn Jahren die digitalen Medien schier explodiert sind, in zahllose Kanäle und Podcast-Formate.

Andere, womöglich einengende Formatvorgaben haben wir nicht. Eher immer wieder offene Fragen, aber das macht es ja auch so spannend sechsmal im Jahr: Sollen wir uns noch einmal polarisierender Themen wie Diversity oder der gesellschaftlichen Spaltung annehmen? Welche Fragen bringen neue Perspektiven? Und wie sehr ist Richard David Precht Gastgeber, der Fragen stellen soll, oder wann würde er lieber Antworten geben? Liegt unsere redaktionelle Erfüllung im emotionalen Streitgespräch, wenn Richard David Precht und sein Gast über Kreuz liegen, oder sympathisieren wir mit zwei ähnlichen Haltungen, die sich klug und raffiniert in funkelnde, neue Gedankengefilde hoch wirbeln? Im Team sind wir darin übereingekommen, dass wir am Ende überrascht davon werden wollen, worin die philosophische Reise nach gut 45 Minuten mündet. "Denken live" hat Gero von Boehm damals vor der Premiere als Formatziel ausgegeben. Der Sendung liegt ein offener Arbeitsprozess zugrunde, und das hat sich bewährt.

Auf keinen Fall darf ich in diesem kleinen Jubiläums-Vorwort Präferenzen durchscheinen lassen, was vergangene Sendungen und Gäste betrifft. Denn Juli Zeh, Harald Welzer, Svenja Flaßpöhler, Gerald Hüther, Marina Weisband, Andreas Reckwitz, Maja Göpel oder Robert Habeck haben uns natürlich alle enorm bereichert, manche sogar mehrfach. Wenn ich mich dennoch traue, dann weil ich um die Souveränität meines Kriteriums weiß, und weil wir in Zukunft hier noch experimenteller werden wollen. Mit den beiden Politikwissenschaftlern, dem Amerikaner Francis Fukuyama ("Identity") und dem Bulgaren Ivan Krastev ("Das Licht, das erlosch"), hatten wir zwei Gäste, die unserem Format ungewöhnliche, internationale Perspektiven beschert haben. Es hat uns unendlich gefreut, dass gerade diese beiden Sendungen in englischer Sprache erfolgreich waren. Dass gerade Ivan Krastev die höchste Quote aller "Precht"-Sendungen bis heute überhaupt erzielt hat, war eine wohlverdiente Sensation – die zeigte, dass unsere Zuschauerinnen und Zuschauer ein Gespür dafür haben, wenn Besonderes geschieht, auch wenn es erst am Sonntagabend gegen 23.45 Uhr stattfindet.

In Zukunft wollen wir produktionell noch flexibler werden und unser "Precht"-Forum noch weiter öffnen, hin zu international renommierten Köpfen. Wenn diese aus terminlichen oder geografischen Gründen nicht zu uns kommen können, werden wir in Schaltgesprächen digital zu ihnen gehen, gleich wo in der Welt wir sie antreffen. Hauptsache, sie haben etwas zu sagen. Denn dass die philosophische Vertiefung wichtiger Fragen durch Fachleute und Autoritäten in unserer zunehmend verstörenden Welt immer relevanter wird, davon sind wir überzeugt.

Professor Peter Arens,
Leiter der ZDF-Hauptredaktion Geschichte und Wissenschaft

"Ein Pfad des Wissens" – Statement von Produzent Gero von Boehm

Es begann mit einem Test: Ich hatte gerade den Bestseller "Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?" gelesen und war beeindruckt, mit welcher Leichtigkeit bei gleichzeitigem Tiefgang der Autor den Leser an die großen philosophischen Fragen heranführte: Was ist Wahrheit? Woher kommen wir? Kann ich wollen, was ich will? Ich wollte den Verfasser kennenlernen, ihn befragen und auch testen, wie er sich vor der Kamera verhalten würde. Im Hinterkopf hatte ich eine Idee. Also lud ich ihn in meine Sendung "Gero von Boehm begegnet" bei 3sat ein. Im tiefsten Winter des Jahres 2008 spazierten wir durch den Tierpark Berlin-Friedrichsfelde sprachen über das Paarungsverhalten der Greifvögel, die Schönheit von Fischen, und über sein Aufwachsen in einer linken Familie, die als bundesdeutsche ausschließlich Urlaub in der DDR machte. Als ich nach seinem Weltbild fragte, meinte er, das sei noch lange nicht abgeschlossen. Und ich dachte: Das ist tatsächlich der richtige Gastgeber für eine Philosophie-Sendung im Fernsehen. Der Test war bestanden.

Auch das ZDF war überzeugt vom Potenzial der Idee, und ein Jahr später machten wir eine Pilot-Sendung, dann noch eine und noch eine – bis das Konzept schließlich stand: Sehr puristisch, sehr intim, gedimmtes, genau austariertes Licht, zwei Menschen im Gespräch, fast wie nachts an einer Hotelbar. Ein projizierter Hintergrund, Lichtpunkte, die wie Autoscheinwerfer aus dem Dunkeln aufblitzen. Der Titel ganz einfach: "Precht". Man sieht dem Namensgeber und seinem Gast beim Denken zu. So sind auf diese Weise in den zehn Jahren "Precht" viele originelle Gedanken entstanden, oft wird in der Sendung kontrovers diskutiert, aber es werden vor allem auch Zusammenhänge klar. Ein Pfad des Wissens ist so über die Jahre entstanden. Die reinen Philosophie-Themen sind inzwischen in den Hintergrund getreten. Das immer komplizierter werdende Geflecht des Weltgeschehens, aber auch die sich verändernden Lebensumstände der Menschen verdienen eine tiefere Sicht als sie in der aktuellen Berichterstattung möglich ist. Und die Denk-Angebote aus einer anderen, der philosophischen Perspektive werden von den Zuschauern dankbar angenommen. Meine letzte Frage bei der Begegnung mit Richard David Precht im Winter 2008 lautete: "Glauben Sie, dass man die Welt durch Wissen besser machen kann?" Er sagte: "Ich glaube das nicht, aber ich möchte trotzdem das Meine dazu tun."

Gero von Boehm,
Produzent der Gesprächsreihe "Precht"

Proust'sche Fragen an Precht

Richard David Precht beantwortet anlässlich des zehnjährigen Jubiläums seiner nach ihm benannten philosophischen Gesprächsreihe den Fragebogen, den der französische Schriftsteller Marcel Proust zu seiner Zeit gleich zweimal ausfüllte. Gegenüber dem historischen "Vorbild" kommen im Folgenden allerdings einige Frage-Variationen hinzu.  

 

Was ist für Sie das vollkommene irdische Glück?

Geborgenheit in der Natur

 

Wo möchten Sie leben? 

Unter Freunden

 

Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten? 

Die von Menschen, die mir nahestehen.

 

Ihre liebsten Romanheldinnen/Romanhelden? 

Die Kinder von Lamagari

 

Ihre Lieblingsgestalt in der Philosophie? 

William James

 

Ihre Lieblingsheldinnen/Lieblingshelden in der Wirklichkeit? 

Rupert Neudeck

 

Ihr Lieblingsmaler?

Giorgio Morandi

 

Ihr Lieblingskomponist? 

Wim Mertens

 

Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einem Menschen am meisten? 

Begeisterungsfähigkeit

 

Ihre Lieblingstugend? 

Selbstironie

 

Ihre Lieblingsbeschäftigung? 

All das, was man tut, wenn man eigentlich etwas anderes tun müsste.

 

Wer oder was hätten Sie sein mögen? 

Ein Freund von Kapitän Haddock

 

Ihr Hauptcharakterzug?

Ich schlafe gut. 

 

Was schätzen Sie bei Ihren Freundinnen und Freunden am meisten? 

Die Freundschaft

 

Ihr größter Fehler?

Wo soll ich anfangen…?

 

Ihr Traum vom Glück?

Ich träume nicht vom Glück, aber ich genieße es, wenn es sich einstellt.

 

Was wäre für Sie das größte Unglück? 

Wenn die Menschheit nicht nur sich selbst ausrottete, sondern zudem alles nicht-menschliche Leben auf unserem schönen Planeten.

 

Ihre Lieblingsfarbe? 

Mintgrün

 

Ihre Lieblingsblume? 

Der Jacaranda-Baum

 

Ihr Lieblingsvogel?

Der Philippinenadler

 

Ihre Lieblingsschriftstellerin/Ihr Lieblingsschriftsteller?

Lloyd Alexander, Robert Musil, Antonio Lobo Antunes 

 

Ihre Lieblingsheldin, ihr Lieblingsheld bei "Asterix"?

Gutemine

 

Ihr Lieblingszitat aus "Asterix"?    

"Zuletzt haben wir uns im Karnutenwald gesehen beim Treffen zu alternativer Magie."

 

Was verabscheuen Sie am meisten? 

Opportunismus

 

Welche geschichtlichen Gestalten verachten Sie am meisten? 

Die ohne Mut und Vernunft

 

Welche militärischen Leistungen bewundern Sie am meisten? 

Scharpings Sieg bei Pilati

 

Welche Reform bewundern Sie am meisten? 

Die wirklich weitsichtigen und die, die nicht einfach nur durch mehr Geld begangen werden.

 

Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen? 

Singen können.

 

Wie möchten Sie sterben? 

Im Gehen in der Natur

 

Ihre gegenwärtige Geistesverfassung?

Der Fatalismus nimmt zu.

 

Ihr Motto? 

Wir irren vorwärts!

Biografische Angaben zu Richard David Precht

Richard David Precht, Jahrgang 1964, ist Philosoph, Publizist und Buchautor. Bekannt geworden ist Precht durch seinen Bestseller "Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?". Weitere Bücher von ihm sind unter anderen: "Jäger, Hirten, Kritiker. Eine Utopie für die digitale Gesellschaft", "Tiere denken. Vom Recht der Tiere und den Grenzen des Menschen", "Künstliche Intelligenz und der Sinn des Lebens: Ein Essay", "Von der Pflicht. Eine Betrachtung". Zudem verfasste er eine vierbändige Geschichte der Philosophie. 2022 ist das Buch "Freiheit für alle. Das Ende der Arbeit, wie wir sie kannten" erschienen.

Richard David Precht ist Honorarprofessor für Philosophie an der Leuphana Universität Lüneburg sowie Honorarprofessor für Philosophie und Ästhetik an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin.

2013 erhielt Precht für seine gleichnamige ZDF-Sendung den Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie "Besondere Leistung".

Die nächsten Sendetermine von "Precht" im ZDF

Die nächsten "Precht"-Ausgaben:

Sonntag, 1. Dezember 2024, 23.45 Uhr, ZDF

Sonntag, 16. Februar 2025, 23.45 Uhr, ZDF

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