Copyright: ZDF / Julia Terjung

Die Wannseekonferenz

Der Fernsehfilm der Woche

Anlässlich des 80. Jahrestags der historischen Wannsee-Konferenz im Januar 2022 zeigt das ZDF den gleichnamigen Film von Matti Geschonneck. "Die Wannseekonferenz" schildert anhand des von Adolf Eichmann gezeichneten "Besprechungsprotokolls" das Treffen führender Vertreter des NS-Regimes am 20. Januar 1942 in einer Villa in Berlin-Wannsee. Thema war die sogenannte "Endlösung der Judenfrage": die Organisation des systematischen, millionenfachen Massenmords an den Juden Europas. Der Film wird linear und online von einordnenden Angeboten begleitet.

Texte

Vorwort des ZDF-Intendanten Dr. Thomas Bellut

Das Protokoll der Wannsee-Konferenz vom 20. Januar 1942 gilt als eines der Schlüsseldokumente des Holocaust. Es zählt zu den erschütterndsten Belegen für die Planmäßigkeit des von Deutschen verübten Menschheitsverbrechens. Dieses Dokument bildet die Grundlage unseres Films, mit dem wir 80 Jahre danach an jenen Tag erinnern, an dem sich 15 Vertreter der SS, der NSDAP sowie der Ministerialbürokratie in einer Villa am Berliner Wannsee trafen, um die Organisation des Massenmords an der jüdischen Bevölkerung Europas voranzutreiben.

Wer das Protokoll der Konferenz liest, gerät an die Grenzen seiner Vorstellungskraft, was Menschen anderen Menschen antun können: 15 Männer aus der Mitte der Gesellschaft – gut ausgebildete Verwaltungsleute, darunter promovierte Juristen – planen den Mord an bis zu 11 Millionen Juden, als wäre es ein ganz normaler Verwaltungsakt. Der Film "Die Wannseekonferenz" verlangt unseren Zuschauerinnen und Zuschauern viel ab, mehr als bei dokumentarischen Darstellungen: Sie müssen es aushalten können, diesen Männern mit ihrer entmenschlichten bürokratisierten Sprache zuzuhören, ihrem Streit um Kompetenzen und Zuständigkeiten im Vernichtungsapparat zuzusehen. So soll der Film vor Augen führen, wie ein verbrecherisches System Millionen von Menschen auf Zahlenreihen in einem monströsen Mordplan reduzierte.

Das ZDF hat sich in seiner Geschichte immer wieder mit dem "Dritten Reich", dem Zweiten Weltkrieg und dem Völkermord an den Juden Europas befasst – in Dokumentationen, Diskussionen, Spielfilmen. Als öffentlich-rechtlicher Sender tragen wir eine besondere Verantwortung, die Erinnerung daran wachzuhalten und dazu beizutragen, dass Juden in Deutschland überall sicher, in Frieden und als Teil der Gesellschaft leben und wirken können.

Wir begleiten die Ausstrahlung des Filmes mit zahlreichen zusätzlichen Angeboten zum Thema, linear wie online, um das Geschehen des 20. Januar 1942 einzuordnen und um die Folgen der Zusammenkunft am Wannsee darzustellen. Dabei richtet sich der Blick auf die Geschichte der Opfer, der Ermordeten und der Überlebenden. Ihr Schicksal steht im Mittelpunkt, daran gilt es zu erinnern, immer wieder. 

Rede des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier

Hier finden Sie die Rede des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier zur Premiere des Fernsehfilms "Die Wannseekonferenz".

REDE  (es gilt das gesprochene Wort)

Statement von Executive Producer Oliver Berben

Seit 1700 Jahren trägt das Judentum bedeutend zum politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Leben in unserem Land bei. Offener und latenter Antisemitismus breitet sich in großen Teilen der Gesellschaft allerdings immer weiter aus. Viele Menschen in unserem Land stehen dieser Entwicklung mit Gleichgültigkeit gegenüber. Der Film "Die Wannseekonferenz" soll auch heutzutage allen Menschen in Deutschland und darüber hinaus die Gelegenheit geben, mitzuerleben und achtsam zu bleiben, zu welchen Taten Worte führen können. Der Kampf gegen Antisemitismus, Rassismus und jede Form der Ausgrenzung ist erste Bürgerpflicht.

Stab, Besetzung, Inhalt

Die Wannseekonferenz

ZDFmediathek: seit Mittwoch, 19. Januar 2022

Regie_____Matti Geschonneck
Buch_____Magnus Vattrodt, Paul Mommertz
Kamera_____Theo Bierkens
Ton_____Max Meindl
Szenenbild_____Bernd Lepel
Kostüm_____Esther Walz
Maske_____Nicole Förster, Jeanne Gröllmann
Schnitt_____Dirk Grau
Produktionsleitung_____Ute Schnelting
Herstellungsleitung_____Steffen Günther
Produzenten_____Reinhold Elschot, Friederich Oetker
Executive Producer____Oliver Berben
Produktion_____Constantin Television
Koproduzenten_____Frank Zervos, Stefanie von Heydwolff
Länge_____ca. 105 Min.

Gefördert durch FilmFernsehFonds Bayern und Medienboard Berlin-Brandenburg

Die Rollen und ihre Darsteller
Reinhard Heydrich_____Philipp Hochmair
Adolf Eichmann_____Johannes Allmayer
Dr. Eberhard Schöngarth_____Maximilian Brückner
Erich Neumann_____Matthias Bundschuh
Dr. Gerhard Klopfer_____Fabian Busch
Heinrich Müller_____Jakob Diehl
Dr. Wilhelm Stuckart_____Godehard Giese
Dr. Alfred Meyer_____Peter Jordan
Dr. Roland Freisler_____Arnd Klawitter
Dr. Rudolf Lange_____Frederic Linkemann
Friedrich Wilhelm Kritzinger_____Thomas Loibl
Dr. Josef Bühler_____Sascha Nathan
Otto Hofmann_____Markus Schleinzer
Martin Luther_____Simon Schwarz
Dr. Georg Leibbrandt_____Rafael Stachowiak
Ingeburg Werlemann_____Lilli Fichtner

Inhalt
Am Vormittag des 20. Januar 1942 kommen in einer Villa am Großen Wannsee in Berlin führende Vertreter des NS-Regimes zusammen: SS, Reichskanzlei, Ministerien, Polizei, Verwaltung. Eingeladen hat Reinhard Heydrich zu einer "Besprechung mit anschließendem Frühstück". Die Zusammenkunft wird als "Wannsee-Konferenz" in die Geschichte eingehen. Ausschließliches Thema der Besprechung ist die von den Nationalsozialisten sogenannte "Endlösung der Judenfrage": die Organisation des systematischen, millionenfachen Massenmords an den Juden Europas.
Der Film "Die Wannseekonferenz" folgt dem von Adolf Eichmann gezeichneten Besprechungsprotokoll, von dem nur ein Exemplar erhalten ist und das als Schlüsseldokument der Judenvernichtung gilt.

Gedenken, Erinnern, Mahnen | Von Hauptredaktionsleiter Frank Zervos und Redakteurin Stefanie von Heydwolff

In "Die Wannseekonferenz" stehen die Protagonisten des Films stellvertretend für alle Bereiche des NS-Staatsapparats, die für Organisation und Koordination des Massenmords, der bereits beschlossen und im Gange war, verantwortlich sind. Dabei wird das Ereignis als das gezeigt, was es war: ein sachlich-nüchtern bürokratischer Akt, der durch die verklausulierte Sprache das Grauen noch unmenschlicher macht. Entstanden ist ein Kammerspiel, das auf beklemmende Weise ein historisches Geschehen, das zum schrecklichsten Verbrechen der Menschheitsgeschichte führte, schonungslos nacherzählt.

Der vom Schreibtisch aus gesteuerte Massenmord ist umso verstörender, wenn man versucht, die Mechanismen zu verstehen, die hinter der Besprechung standen. Es ging um die Verteilung von Macht, die Sicherung von Kompetenzen und die Bündelung von Interessen. Über allen Teilnehmern, den Amtsträgern und Uniformierten, schwebte die Angst, übergangen zu werden und Macht einzubüßen. Der industriell organisierte Mord an Millionen von Menschen wurde auf einen Verwaltungsakt reduziert.

Dass dieser in jeglicher Hinsicht besondere Film im ZDF-Programm nicht alleine stehen darf, darüber waren sich Macher und Kreative von Beginn an einig. Anlässlich des 80. Jahrestags der Wannsee-Konferenz gibt es für die Zuschauer*innen sowohl linear als auch in der Mediathek ein vielfältiges Programmangebot mit ergänzenden Dokumentationen und Begleitprogrammen, um sich dem komplexen Thema aus verschiedenen Perspektiven anzunähern. Ein Themenschwerpunkt von großer Wichtigkeit – zum allumfassenden Gedenken, Erinnern, Mahnen.

"Nach bestem Wissen und Gewissen" | Produktionsnotizen der Produzenten Reinhold Elschot und Friederich Oetker

  • Es ist sehr viel geforscht und geschrieben worden über das, was sich am Vormittag des 20. Januar 1942 in einer Villa am Berliner Wannsee zugetragen hat, und doch fällt es schwer, Worte dafür zu finden. Diese "Besprechung mit Frühstück”, die als Wannsee-Konferenz in die Geschichte eingehen sollte, ist eine Zusammenkunft in einer Zeit, die mit den Worten vom "dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte” höchst unzutreffend, ja beschönigend beschrieben ist: Es geht um Massenmord, um die systematische, grausame, massenhafte Ermordung von sechs Millionen einzelnen Menschen – von Kindern, Frauen, Männern. Von sechs Millionen Juden.
  • Grundlage des Films ist das von Adolf Eichmann verfasste, geheime "Besprechungsprotokoll" der Wannsee-Konferenz, ein Verlaufs- und Ergebnisprotokoll, kein Wortprotokoll, das als eines der Schlüsseldokumente des Holocaust gilt. Von diesem Protokoll existiert nur noch ein einziges Exemplar, das nach Ende des Weltkriegs gefunden wurde.
  • Voraussetzung für einen solchen Film sind durch die Exzellenz ihrer Arbeit ausgewiesene, vertraute Menschen: der Regisseur Matti Geschonneck, der Autor Magnus Vattrodt ("Das Zeugenhaus", "Unterleuten"), der Film-Architekt Bernd Lepel ("In Zeiten des abnehmenden Lichts", "Das Zeugenhaus", "Die Päpstin"), die Kostümbildnerin Esther Walz ("Die neue Zeit", "Charité", "Das schweigende Klassenzimmer"), der Kameramann Theo Bierkens ("Der verlorene Bruder", "Südstadt", "Unterleuten").
  • Der Film wurde im November/Dezember 2020 in Berlin gedreht. Die Außenaufnahmen entstanden am Originalmotiv: der Villa am Berliner Wannsee, heute Sitz der Gedenk- und Bildungsstätte. Die Innenaufnahmen wurden in den Berliner Unionfilm-Studios gedreht: Hierfür wurden die Innenräume der Villa nach historischem Vorbild nachgebaut und eingerichtet.
  • Matti Geschonneck entschied sich für die Übernahme der Regie, als er, der Autor, die Redaktion und die Produzenten einen gemeinsamen Ansatz gefunden hatten: die Einheit von Zeit und Ort, die pure Zusammenkunft, ohne jede Spekulation auf die Tage davor und danach, ohne Geschehnisse an anderen Orten und zu anderen Zeiten. Und die Möglichkeit einer Besetzung, die den hohen Ansprüchen an dieses Projekt gerecht wird.
  • Wie produziert man einen solchen Film? Nach viel Recherche, vielem Lesen, vielem Anschauen anderer Filme über die Zeit der menschenverachtenden Nazidiktatur, vielen Gesprächen, vielen Treffen, vielen Skrupeln, vielen Zweifeln, vielem Abwägen – und schließlich: nach bestem Wissen und Gewissen. Wir sind sehr froh, dass der Film so geworden ist, wie er ist (und hier verlassen wir einmal die Ebene der Notizen: ein sehr großer Dank, lieber Matti, an dich und deine Schauspieler) – schon die erste Rohfassung führte uns die Richtigkeit unseres Ansatzes eindringlich vor Augen.
  • Die Villa am Wannsee ist heute Sitz der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz. Als unsere Vorarbeiten begannen, war Hans Christian Jasch deren Leiter, heute ist Deborah Hartmann die Leiterin – beide haben unseren Film sehr unterstützt, auch Jaschs Vorgänger Norbert Kampe.
  • Unser historischer Berater Prof. Dr. Peter Klein, Touro College, hat sehr große Verdienste am Zustandekommen dieses Films. Und unser ganz besonderer Dank geht an eine Frau, die das Projekt von Beginn an unterstützt hat und die eine der ersten war, die den Film, noch ehe er ganz fertig war, angeschaut hat: Charlotte Knobloch.

 

Statement von Drehbuchautor Magnus Vattrodt

Unser Film ist für mich der Versuch einer Annäherung an das, was im Januar 1942 am Großen Wannsee besprochen wurde, in Anlehnung an das, was später von Eichmann im Protokoll der Sitzung festgehalten wurde, in seiner trockenen, verstörend technokratischen Sprache. Es ist der Versuch, diese Banalität des Bösen greifbar zu machen. Die Normalität der Konferenz, mit ihren kleinlichen Streitereien um Zuständigkeiten und Befugnisse und Eitelkeiten, mit ihren bürokratischen Spitzfindigkeiten. Die Normalität der Täter.

Für mich als Autor ist es außerdem ein Film über Sprache gewordene Menschenverachtung. In der Sprache der NS-Funktionäre wird "deportiert" und "evakuiert", es wird "einwaggoniert", es wird "sonderbehandelt", "entjudet". Menschen werden ein "rassehygienisches Problem", das man lösen kann, eine "Judenfrage", die man beantworten kann, logistisch, organisatorisch, handwerklich. Es ist eine Sprache voller Euphemismen und Zahlen, die jede Empathie erstickt, ersticken soll. Die herabsetzt, ausgrenzt, das Morden versachlicht – und nicht zuletzt dadurch allen Tätern und Mitläufern die Möglichkeit gibt, sich eben nicht als Täter zu fühlen, sondern als "anständige Deutsche".

Auch darum ist "Die Wannseekonferenz" ein erschreckend moderner, heutiger Stoff, eine fast zeitlose Geschichte der Enthemmung und Entgrenzung und der gezielten Überwindung aller Mitmenschlichkeit – durch Menschen.

Statement von Regisseur Matti Geschonneck

In der nach Ende des Zweiten Weltkrieges so bezeichneten Wannsee-Konferenz am 20. Januar 1942 ging es um die effiziente Durchführung von Massenmord an 11 Millionen Menschen. Das für mich Erschreckende an dieser anderthalbstündigen Versammlung hochrangiger NS-Funktionäre, größtenteils studierte Juristen, war die Selbstverständlichkeit dieses Vorgangs, die den Charakter einer Produktionsbesprechung hatte – Zusammenarbeit und Koordination der beteiligten Instanzen, Festlegung des Zeitablaufs, Eingrenzung der Opfergruppen, die Suche nach erträglicheren Methoden des Mordens – erträglicher für die Mörder. Moralische Bedenken von Seiten der Teilnehmer gab es keine. Ein Hauptanliegen des Gastgebers Reinhard Heydrich war es, seinen Führungsanspruch bei der Gesamtorganisation der "Endlösung der Judenfrage" zu sichern. Wir wollen vor Augen führen, wozu Menschen imstande sind – in einer nüchtern sachbezogenen Unterredung die Deportation und Vernichtung der gesamten jüdischen Bevölkerung Europas organisatorisch sicherzustellen. 

Radio-O-Töne von Matti Geschonneck

Radio-O-Töne von Matti Geschonneck finden Sie <<HIER>>

1. Herr Geschonneck, vor 80 Jahren fand in einer Villa am Wannsee eine Konferenz statt, in der Ungeheuerliches besprochen wurde: die systematische Ermordung aller Juden in Deutschland. Es wurde diskutiert, wie diese Menschen getötet werden sollen und wie dieses abscheuliche Vorhaben organisiert werden soll. Warum ist dieser Film so wichtig?

Mir ging es um die Vermittlung dieses unvorstellbaren und ungeheuerlichen Vorgangs. Es ging auf der Konferenz um die Planung und technisch-organisatorische, effiziente Umsetzung von Massenmord, von Massenmord an elf Millionen Menschen, elf Millionen Juden. Es ging um Völkermord. Das ist gewiss in seiner Art ein singulärer Vorgang in der Geschichte. Das war mal Gegenwart und vor gar nicht so langer Zeit. Und dessen sollten wir uns bewusst sein. Das war mal ein Heute. (0:40)

2. Sie haben in unzähligen Filmen Regie geführt. War „Die Wannseekonferenz“ Ihr schwerster Film?

Das Finden einer diesem unvorstellbaren Vorhaben entsprechenden richtigen Tonlage – denn die Tonlage ist ja für mich auch das Entscheidende für den Charakter eines Films –, das zu finden war schon kompliziert. Natürlich die Verantwortung, diese Herausforderung, sich diesem Thema zu stellen, war schon eine besondere. Darum hat es auch sehr lange gedauert, mich zu entscheiden, ob ich es mache. Ob es nun der schwerste Film war? Es war ein besonderer Film für mich – natürlich. (0:36)

3. Sie haben, bevor Sie zugesagt haben diesen Film zu machen, eine unverhandelbare Forderung gestellt. Keine Musik in diesem Film. Warum wollten Sie das nicht?

Musik ist verführerisch. Musik verführt. Du kannst mit Musik die Wahrnehmung des Zuschauers entscheidend beeinflussen. Darum ist Musik auch sehr gefährlich und zugleich sehr förderlich. Es gibt großartige Filmmusik. Es gibt Filmmusiken, die uns allen bekannt sind. Wir wissen nicht genau aus welchen Filmen, aber wir wissen, dass es Filmmusik ist. Diesen Film komplett ohne Musik durchzuhalten, das war für mich essentiell wichtig. Ich gehe damit allerdings auch natürlich ein großes Risiko ein. Ich will auch der Gefahr einer gewissen Manipulation ausweichen, sie ausschließen. (0:41)

4. Gedreht wurde teils im Studio, teils am Originalschauplatz, einer feudalen Villa, die heute Gedenkstätte ist. Ist es für die Schauspieler schwieriger, an so einem Ort zu drehen als im Studio?

Der Hauptteil des Films wurde in der Berliner Union Film gedreht. Das war Gott sei Dank so, weil der Vorteil eines Studios liegt auf der Hand. Wir sind ungestört, wetterunabhängig und so weiter und so fort. Wir drehten ja auch in Coronazeiten, das darf man nicht vergessen. Das heißt, auch das kam uns zugute, weil die Organisation der ganzen Tests und so weiter war bei diesen Studioarbeiten natürlich optimaler gegeben, als wenn wir nur an Originalschauplätzen gedreht hätten. Der Originalschauplatz selbst, wir haben, glaube ich, vier oder fünf Tage da gedreht, ich weiß nicht mehr genau. Die meisten kannten die Location, die wussten, wo sie sich befinden. Wir haben ja nur die Anfahrt, die Abfahrt und zwei, drei Dialogszenen dort gedreht. Was aber natürlich sehr wichtig ist, dieses Gebäude, diesen See, dieses ganze Areal einzubeziehen. Aber es war jetzt für die Schauspieler, das behaupte ich mal, kein Problem, im Vergleich zum Studio. (1:09)

5. Nach welchen Kriterien haben Sie die Schauspieler ausgesucht?

Die Originalfiguren waren relativ jung, Durchschnittsalter von 42. Der Heydrich war 38, der Eichmann 35, Lange war 32, glaube ich. Der Älteste war, glaube ich, Kritzinger mit 51. Es war für mich auch erstaunlich, wie jung die waren, wie schnell die auch Karrieren gemacht haben, in dieser relativ kurzen Zeit von neun Jahren seit der Machtübernahme, seit 1933. Aber mir ging es bei dem Film ja auch um die Vermittlung dieses ungeheuerlichen und unvorstellbaren Vorgangs. Weniger um – das betrifft dann auch die Besetzung – die nachempfundene Physiognomie oder naturalistische Charakterzeichnung der dargestellten Figuren. Es bleibt eine Fiktion. Und in der Besetzung habe ich natürlich den heutigen Wissensstand und das gesichtete Material berücksichtigt. In Zusammenarbeit mit der Casterin Simone Bär und auch natürlich nach Absprache mit dem Produzenten, bleibt es letztlich Intuition, wie man einen Film besetzt, auch in dem Fall. Es waren 16 Personen, also 15 Männer und eine junge Frau. Das Entscheidende: Es gibt eine Hauptrolle – und keine Hauptrolle. Die Hauptrolle ist diese Konferenz. Und ganz wichtig ist die Interaktion, also die Ensembleleistung. Dieses Ensemble muss funktionieren. Das hat nichts mit Magie zu tun. (Pause) Oder vielleicht doch. (1:45)

6. Von der Wannseekonferenz vor 80 Jahren wurde ganz bewusst ein Stichwort-Protokoll erstellt. Im Film sagt Sitzungsleiter SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich: „Es darf jeder nachlesen, woran er mitgewirkt hat. Nicht dass es nachher wieder heißt, dass keiner was wusste.“ Wie nah am Original-Protokoll sind die Dialoge?

Es handelt sich ja um ein Verlaufsprotokoll oder Ergebnisprotokoll. Es gibt Tonbandmitschnitte von anderen Besprechungen im Umfeld der Wannseekonferenz. Aber selbst, wenn die Sitzung durch ein Wortprotokoll überliefert worden wäre: Ein Film hierzu bleibt eine Fiktion. Und die Auswahl der Akteure, der Gestik, Mimik, Sprachmelodie, das sind bereits alles Entscheidungen des Regisseurs. Es ist eine dramaturgische Entscheidung. Ein fiktionaler Film kann nicht einen Wahrheitsanspruch stellen. Und mir ging es um die Vermittlung dieses ungeheuerlichen Vorgangs mit meinen Mitteln. (1:05)

7. Der Plan der Wannseekonferenz war es, elf Millionen Juden zu ermorden. Am Ende Ihres Films gibt es eine lange Sequenz, auf der nur die Villa zu sehen ist, danach eine Schrifttafel, auf der zu lesen ist: „6 Millionen Juden sind unter der Herrschaft der Nationalsozialisten ermordet worden.“ Welche Botschaft vermitteln Sie mit diesem Ende?

Ja, das ist natürlich durchdacht und bewusst auch im Stil des Films zu bleiben, in dieser nüchternen Sachlichkeit des Films. Einfach zu berichten von diesem bislang einmaligen Vorgang in seiner nüchternen Sachlichkeit und dieses unvorstellbaren Vorgangs des organisierten Massenmords, dieses Völkermords. (0:30)

Das Interview führte Hermann Orgeldinger

"Es ist geschehen, und folglich kann es wieder geschehen" (Primo Levi) | Vier Fragen an die Schauspieler

Auf der Wannsee-Konferenz wurde die Organisation des systematischen, millionenfachen Massenmords an den Juden Europas besprochen. Was hat Sie dazu bewogen, die Rolle in der Verfilmung dieser Sitzung anzunehmen?

Matthias Bundschuh: Auch ich gehöre zu denen, die geglaubt hatten, in Deutschland während der eigenen Lebensdauer nicht mit einem erneuten Aufflammen faschistischen Gedankenguts umgehen zu müssen. Aus dieser Illusion wurde man inzwischen unsanft gerissen. Daher gibt es neben dem Anreiz der spannenden, schauspielerischen Herausforderung auch eine politische Motivation, mitzuspielen.

Peter Jordan: Jede Form der Erinnerungskultur an den Holocaust ist notwendig. Ob auf der Bühne, in der bildenden Kunst, in der Literatur, Malerei oder im Film. Es war mir extrem wichtig, als Mitspieler bei diesem Projekt meinen Beitrag dazu leisten zu können.

Maximilian Brückner: Da das Drehbuch doch sehr nah mit den überlieferten Aufzeichnungen und Quellen arbeitet, war es geradezu ein Schock, dieses Drehbuch zu lesen. Stoffe wie diese müssen unbedingt verfilmt werden, um späteren Generationen eine Mahnung zu sein und den Opfern ein Mahnmal zu setzen.

Simon Schwarz: Die Idee, die Wannsee-Konferenz als Kammerspiel umzusetzen, fand ich schon sehr besonders. Die Dialoge fast ausschließlich auf die Texte während der Konferenz zu reduzieren, um noch enger und gnadenloser an der Geschichte teilnehmen zu können – das war es, was mich von Beginn an gepackt und gleichzeitig geschüttelt hat.

Rafael Stachowiak: Diesen dunklen Teil deutscher Geschichte zu beleuchten und ihn in das heutige Bewusstsein eines breiten Publikums zu rücken, erscheint mir sehr wichtig. Meinen Beitrag dazu zu leisten, gegen das Vergessen anzuspielen und Mechanismen aufzuzeigen, die zu solchen Ereignissen führen, sind die Gründe, warum ich Teil dieses besonderen Projektes sein wollte.

Sascha Nathan: Abgesehen von der hochkarätigen Besetzung in Cast und Crew, bin ich sehr stolz, in Zeiten von aufkommendem Rechtspopulismus und dem damit einhergehenden aufkeimenden Antisemitismus, für einen Film angefragt worden zu sein, der vielleicht mahnend diese scheußliche sogenannte "Besprechung mit anschließendem Frühstück" in Erinnerung ruft. "Es ist geschehen und folglich kann es wieder geschehen" (Primo Levi).

Markus Schleinzer: Es wurde schon oft gesagt, dass vieles auch heute noch erschreckend leicht funktionieren könnte und kann. Es kann deshalb nicht oft genug gehört und verinnerlicht werden.
Spricht man über Gesellschaft, sagt man, es gibt das Lager X und das Lager Y, die beide unterschiedliche Positionen vertreten. In der Mitte aber gibt es eine Gruppe, die hat keine klare Meinung. Dies ist aber die größte Gruppe. Die gilt es zu erreichen. Ein jedes Handeln setzt eine Entscheidung voraus – bewusst oder unbewusst. Jedes Handeln ist politisch. Das dürfen wir nie vergessen. Dieser Verantwortung dürfen wir uns nie entziehen.

In den Stunden dieser Konferenz wurde das größte Verbrechen der Menschheitsgeschichte organisiert, der industriell organisierte Massenmord an sechs Millionen Jüdinnen und Juden. Sie spielen eine der Personen, die an dieser Konferenz beteiligt war. Wie haben Sie sich dieser historischen Person genähert? Was war Ihnen dabei besonders wichtig?

Philipp Hochmair: Ich habe über Wochen viele Dokumentationen angeschaut, um die Täterperspektive verstehen und als Schauspieler einnehmen zu können. Verstehen heißt aber in dem Fall ganz klar nicht verzeihen! Rein schauspielerisch gesehen habe ich versucht, mich in die 30er-Jahre zu versetzen. (…) Wie konnte es passieren, dass humanistisch gebildete Menschen wie Heydrich andere Menschen systematisch ausrotten wollten?

Godehard Giese: Mein Hauptaugenmerk lag darauf, die kruden Rassenideen, die Wilhelm Stuckart selbst in den Nürnberger Rassengesetze mitformuliert hat, nachzuvollziehen und seine Gedankengänge so klar wie möglich zu erfassen. Dabei war Matti und mir wichtig, dass wir ihn nicht als einen Menschen zeigen, der einen inneren moralischen Konflikt hat, wie es in der englischen Verfilmung suggeriert wird, sondern dass sein Handeln aus einem Interesse des Machterhalts heraus entsteht.

Thomas Loibl: An der Figur des Wilhelm Kritzinger im Speziellen interessierte mich, wie dieser bürgerliche Beamte, Jurist und Protestant in seinem bürokratischen Gehorsam und Eifer sich durch diese Konferenz und diese Zeit bewegt haben könnte. Jemand, der gewusst haben muss, zu was er dort seine Zustimmung gegeben hat. Ein leiser Gewissenskonflikt inklusive, der aber nicht grundsätzlicher Art war, sondern eher einem persönlichen Schauder Ausdruck verlieh. Wo oder zu welchem Zeitpunkt könnte diese klassisch bürgerliche Figur einen anderen Weg einschlagen?

Jakob Diehl: Ich habe nicht versucht, die historische Person Heinrich Müller wiederzugeben, sondern ich habe eine Figur erfunden, mit der ich in dieser Schauspielerkonstellation und Regie, eine Position einnehme, wie sie möglicherweise Heinrich Müller ungefähr so eingenommen haben könnte. Das Erschreckende ist für mich die absolute Kaltblütigkeit dieser Menschen, die über die Vernichtung von Millionen von Menschen verhandeln, wie über ein logistisches Thema, wie über die Sortierung von Dingen, ganz nebenbei, ganz lapidar. Diese absolute Entmenschlichung des Menschen – es ging mir hauptsächlich darum, im Spiel, diesen radikalen Pragmatismus als Selbstverständlichkeit zu verinnerlichen.

Fabian Busch: Matti Geschonneck hat von Anfang an klar gemacht, dass dieser Film nicht emotionalisiert werden soll. Es ging also einfach darum, abzubilden, wie es war – die schrecklichen Worte wirken zu lassen und das Ganze eher nüchtern darzustellen, wie eine Vorstandssitzung irgendeiner Firma.

"Die Wannseekonferenz" ist inszeniert wie ein Kammerspiel. Was waren besondere schauspielerische oder auch emotionale Herausforderungen bei dem Dreh?

Arnd Klawitter: Ohne Bild- und Tonmaterial und Fotos war unsere einzige Quelle dieses 15-seitige Inhaltsprotokoll. Mit den Dialogen waren wir daher komplett im interpretatorischen Bereich. Also auch befreit von einem: "Ganz-genau-so–war-es-Anspruch", der immer verkürzt und verlogen ist. Dazwischen war das Vakuum, welches es zu füllen galt. Das war die Herausforderung.

Thomas Loibl: Die Herausforderung bestand vor allem darin, zu einem außergewöhnlichen Ensemble-Spiel zu finden, dass aber jede einzelne Figur dennoch zum Klingen bringt und somit in die Verantwortung des dort beschlossenen. Mit den Kollegen eine Energie zu ermöglichen, die diese Konferenz so kalt und klar und bürokratisch wie möglich vergegenwärtigt.

Frederic Linkemann: Es war tatsächlich hart, jeden Tag stundenlang mit den großartigen Kollegen im Studio zu sitzen und zum Teil tagelang nur zuzuhören und das Gehörte dann in der Rolle zu bewerten. Man musste immer voll und ganz bei der Sache sein. Wenn man dann selbst mit Text dran war, war es schon fast eine Drucksituation, die aufkam, weil man natürlich seinen Part nicht vermasseln wollte. Aber wir haben alle recht schnell gemerkt, dass jeder das gleiche Problem hat und haben uns so gegenseitig den Druck wieder genommen. Ich habe nachts sehr schlecht geschlafen, weil einem die so oft gehörten Texte immer wieder durch den Kopf gingen. Irgendwann kamen dann auch noch Bilder im Kopf dazu, weil man ja aus der Geschichte und auch aus Filmen weiß, wie man diesen unvorstellbaren Plan damals tatsächlich in die Tat umgesetzt hat.

Johannes Allmayer: Die schwierigste schauspielerische Herausforderung für mich war, beim Spielen so unemotional wie möglich zu sein. Die Sachlichkeit und Nüchternheit, in der wir diese "Besprechung" gedreht haben, hatte in manchen Momenten etwas sehr Beängstigendes. Und da das alles auch noch inmitten einer Pandemie stattgefunden hat, mit unglaublich vielen Beeinträchtigungen und Verhaltensregeln außerhalb des Konferenzraumes, war das in vielerlei Hinsicht ein absolut außergewöhnlicher Dreh.

Fabian Busch: Die gesamte Zeit hochkonzentriert zusammen im Studio, immer und immer wieder diese Dialoge, welche an Schrecklichkeit kaum zu überbieten sind – das war sehr kräftezehrend. Man versucht, eine gewisse Distanz zum Thema zu wahren. Es gab einen Moment, relativ früh beim Dreh, da wurden in einer Szene Blätter ausgeteilt, welche den Fortschritt der Erschießungen im Osten dokumentieren. Männer, Frauen, Kinder. Tausende. Das waren Kopien der Originale der Wannseekonferenz. Mir kamen unmittelbar die Tränen.

Matthias Bundschuh: Eine besondere Herausforderung für mich war diese Stelle in meinem Text: "Vom Zug ins Gas, ohne Unterbringung? Sehr effizient!" Wenn einem so etwas über die Lippen kommt, muss man aufpassen, dass einem nicht übel wird.

Philipp Hochmair: Es wurde zu einer psychischen Belastung, diese abartige menschenverachtende Sprache zu lernen und so zu verkörpern, als wären das meine persönlichen Gedanken. Zwei Monate Textlernen, zwei Monate Dreharbeiten und zwei Monate, um das alles wieder aus dem Kopf rauszubekommen. Das habe ich so noch nie erlebt.

Simon Schwarz: Die Dreharbeiten waren eine sehr intensive Zeit, und ich weiß noch, dass ich vor allem nachts viel damit zu kämpfen hatte. Auf der anderen Seite erachte ich es als äußerst notwendig, alles gegen das Vergessen zu tun, damit auch die jüngere Generation eine gewisse Sensibilität entwickeln kann, um rechtsradikale Bewegungen zu erkennen. 

In den Dialogen werden die Gräueltaten der sogenannten "Endlösung der Judenfrage" verhandelt. Wie haben Sie es geschafft, sich von dieser Rolle im Anschluss wieder zu befreien?

Sascha Nathan: Als Schauspieler ist es natürlich Teil des Berufs, Menschen zu spielen, die einem zuwider sind beziehungsweise mit denen man sich nicht identifizieren kann. Ebenso sind wir geübt darin, diese Rollen auch wieder loszulassen. Bei manchen Figuren benötigt man dazu etwas mehr Zeit. Das war auch hier der Fall.

Jakob Diehl: Zwei Flaschen Wein nach dem letzten Drehtag, Auskatern, Wand angucken, ein neuer Haarschnitt, ein paar Tage Kaffee trinken und Zeitung lesen, gute Musik hören – und weiter geht‘s. Dieses Thema als Ganzes lässt einen ja – ganz unabhängig von dieser Arbeit – sowieso nie mehr los.

Fabian Busch: Natürlich kann man sich diesem Wahnsinn, der da Tag für Tag verhandelt wurde, nicht komplett entziehen. Man nimmt so etwas zwangsläufig mit in seinen Alltag. Wobei das in diesem Fall besonders schwierig war, da ich für die kompletten sechs Wochen in Quarantäne in einem Hotelzimmer sein musste. Da fehlte einfach die Ablenkung. Wir haben bis kurz vor Weihnachten gedreht. Nach dieser langen Zeit dann zur Familie zurückzukehren, war für mich geradezu befreiend, und mir wurde bewusst, was für ein Privileg es ist, in dieser, unserer Zeit zu leben.

Die schriftlichen Interviews führte Evelyn Tapavicza. Zitatauswahl: Birgit-Nicole Krebs

Die Teilnehmer der Wannseekonferenz

Reinhard Heydrich, 37 (Philipp Hochmair)
Chef des Reichssicherheitshauptamts, Chef der Sicherheitspolizei und des SD
Reinhard Heydrich starb im Juni 1942 an den Folgen eines auf ihn verübten Attentats in Prag. 

Adolf Eichmann, 35 (Johannes Allmayer)
Leiter der Abteilung Judenangelegenheiten/Räumungsangelegenheiten im Reichssicherheitshauptamt
Adolf Eichmann wurde in einem öffentlichen Prozess in Israel zum Tode verurteilt und in der Nacht zum 1. Juni 1962 hingerichtet. 

Otto Hofmann, 45 (Markus Schleinzer)
Chef des Rasse- und Siedlungshauptamts
Otto Hofmann wurde 1948 in einem Nachfolgeprozess der Nürnberger Prozesse zu 25 Jahren Haft verurteilt; nach seiner Begnadigung lebte er zwischen 1954 und seinem Tod 1982 in Süddeutschland. 

Heinrich Müller, 41 (Jakob Diehl)
Chef der Geheimen Staatspolizei im Reichssicherheitshauptamt
Heinrich Müllers Leiche wurde im August 1945 in Berlin gefunden; man geht davon aus, dass er in den letzten Kriegstagen Selbstmord begangen hat. 

Dr. Alfred Meyer, 50 (Peter Jordan)
Staatssekretär im Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete, Gauleiter des Gaus Westfalen-Nord
Alfred Meyer beging wenige Tage vor Kriegsende, im April 1945, Selbstmord. 

Dr. Eberhard Schöngarth, 38 (Maximilian Brückner)
Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD im Generalgouvernement
Eberhard Schöngarth wurde von einem britischen Militärgericht wegen Kriegsverbrechen zum Tode verurteilt und im Mai 1946 in Hameln hingerichtet. 

Dr. Rudolf Lange, 31 (Frederic Linkemann)
Kommandeur der Sicherheitspolizei und des SD in Lettland
Rudolf Lange beging während des Kampfes um Posen im Februar 1945 Selbstmord. 

Dr. Wilhelm Stuckart, 39 (Godehard Giese)
Staatssekretär im Reichsministerium des Innern
Wilhelm Stuckart wurde 1947 im Wilhelmstraßen-Prozess angeklagt und zu einer kurzen Haftstrafe verurteilt; 1950 wurde er als "Mitläufer" entnazifiziert. Er starb 1953 bei einem Verkehrsunfall. 

Friedrich Wilhelm Kritzinger, 51 (Thomas Loibl)
Ministerialdirektor in der Reichskanzlei
Friedrich Wilhelm Kritzinger wurde im Mai 1945 interniert, jedoch schon nach einem Jahr aus gesundheitlichen Gründen aus der Haft entlassen. Er starb 1947 in Nürnberg. 

Dr. Gerhard Klopfer, 36 (Fabian Busch)
Stellvertretender Leiter der Partei-Kanzlei der NSDAP
Gerhard Klopfer wurde 1946 festgenommen und interniert, später entnazifiziert. Er ließ sich 1956 als Rechtsanwalt in Ulm nieder und starb 1987 als letzter Teilnehmer der Wannsee-Konferenz. 

Erich Neumann, 49 ( Matthias Bundschuh)
Staatssekretär beim Beauftragten für den Vierjahresplan
Erich Neumann wurde nach dem Krieg interniert und 1948 aus gesundheitlichen Gründen entlassen; er starb 1951 in Garmisch-Partenkirchen. 

Martin Luther, 47 (Simon Schwarz)
Unterstaatssekretär im Auswärtigen Amt
Martin Luther war von Februar 1943 bis Kriegsende wegen einer Intrige gegen Außenminister von Ribbentrop inhaftiert; er starb im Mai 1945 an den Folgen eines Herzinfarkts. Sein Exemplar des Protokolls der Wannseekonferenz ist das einzig erhaltene. 

Dr. Roland Freisler, 48 (Arnd Klawitter)
Staatssekretär im Reichsjustizministerium
Roland Freisler starb bei einem US-Luftangriff auf Berlin im Februar 1945. 

Dr. Georg Leibbrandt, 42 (Rafael Stachowiak)
Ministerialdirektor im Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete
Nach Kriegsende war Georg Leibbrandt für einige Jahre interniert; die anschließenden Verfahren wurden eingestellt. Leibbrandt beriet die Adenauer-Regierung bei der Rückführung von Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion. Er starb 1982 in Bonn. 

Dr. Josef Bühler, 37 (Sascha Nathan)
Staatssekretär im Amt des Generalgouvernements
Josef Bühler wurde 1948 vom Obersten Volkstribunal Polens zum Tode verurteilt und im August in Krakau hingerichtet. 

Ingeburg Werlemann, 23 (Lilli Fichtner)
Sekretärin Adolf Eichmanns
Ingeburg Werlemann wurde 1945 inhaftiert und verschiedentlich zu Ihrer Tätigkeit im Bereich IV B 4 befragt; sie wurde weder angeklagt noch verurteilt und 1948 entlassen. Sie lebte zunächst in Bonn, später in Garmisch-Partenkirchen, wo sie im Jahr 2010 starb.

Zusammengestellt von Reinhold Elschot 

Plausibilitäten zwischen Fakten und Fiktionen: Die Täter im Film "Die Wannseekonferenz" | Von Fachberater Prof. Dr. Peter Klein, Touro College Berlin

Am 24. Juli 1961, während der 107. Sitzung des Gerichtsverfahrens gegen Adolf Eichmann in Jerusalem, antwortete der Angeklagte auf die Frage, wer denn auf der "Wannseetagung" am 20. Januar 1942 zu den Tötungsmethoden gesprochen habe:
"Im einzelnen ist mir die Sache heute nicht mehr gegenwärtig, Herr Präsident, aber ich weiß, dass die Herren beisammen gespannt und beisammen gesessen sind und da haben sie eben in sehr unverblümten Worten – nicht in den Worten, wie ich sie dann ins Protokoll geben musste, sondern in sehr unverblümten Worten die Sache genannt – ohne die Sache zu kleiden."

Eichmanns Äußerungen während der Verhöre, während des Hauptverfahrens und in seinen Aufzeichnungen sind in all' ihrer Widersprüchlichkeit die umfassendsten Gedächtnisleistungen eines Teilnehmers an einer interministeriellen Sitzung nahezu zwanzig Jahre vorher. Sie waren zweckgerichtet. Zusammen mit der den Verlauf ungefähr bilanzierenden Niederschrift erschaffen sie die Rahmung für eine filmische Bearbeitung der so genannten Wannsee-Konferenz am 20. Januar 1942.

Doch selbst wenn Eichmanns Erinnerungen konsistent und die Sitzung durch ein Wortprotokoll überliefert wären – ein Film hierzu bliebe Fiktion. Die Auswahl der Akteur*innen, deren Mimik, Gestik und Sprachmelodie sind bereits dramaturgische Entscheidungen. Jede Dialogsituation jenseits des Konferenztischs, jeder Verweis auf den Kontext des Treffens bilden Realitäten innerhalb eines Fernsehspiels, das sich davor hüten sollte, außerhalb des Gezeigten einen Wahrheitsanspruch zu behaupten.

Dennoch: Wir wissen, dass historische Filme öffentliche Erinnerung auch prägen können, so dass gerade bei der Behandlung der Shoah aus der Perspektive von Tätern eine große Verantwortung für den Film entsteht. Es gilt, Kontextentscheidungen zu treffen, Dialoge zu erschaffen, die Passagen des Protokolls mit gesprochenem Wort und Sprecher in Szene zu setzen.

Das Konferenzthema Massenmordplanung an elf Millionen Menschen mit Leben füllen? Eigentlich eine Zumutung für alle am Film Beteiligten – und doch historisches, ein deutsches, Menschenwerk. Gerade deswegen bewegt sich die Einbettung des Films stets in einem Kontext, der auf Grund historischer Recherchen und geschichtswissenschaftlicher Interpretationen nicht falsifizierbar ist. Es ist plausibel, den Entschluss Hitlers zum Mord an den europäischen Juden mit einem Datum im Dezember 1941 zu verbinden. Es ist ebenso plausibel, Gesprächssituationen am 20. Januar 1942 an vorherige Treffen, laufende Verwaltungsvorgänge oder Telefonate zu koppeln. Und letztlich ist dieser Film-Heydrich kein "Henker" mehr wie 1943, kein "böser junger Todesgott" wie 1977 oder dominanter "Konferenzdompteur" wie 1984. Magnus Vattrodt, Matti Geschonneck und Philipp Hochmair haben einen Reinhard Heydrich erschaffen, der in einer fast schon informellen Gesprächsatmosphäre leise sprechend überzeugen will. Seine Bosheit, sein rücksichtsloser Ehrgeiz schlummern hinter seiner Verbindlichkeit.

Deutschen Fernsehpreis für "Die Wannseekonferenz" (Pressemitteilung: 14. September 2022)

Erfolg für das ZDF beim Deutschen Fernsehpreis 2022: Insgesamt acht Ehrungen gingen am Dienstag, 13., und Mittwoch, 14. September 2022, an das ZDF und ZDF-Koproduktionen. ZDF-Intendant Dr. Norbert Himmler: "Wir freuen uns sehr über die Auszeichnungen. Sie sind eine Bestätigung für die Qualität unserer breit gefächerten Angebote. Und sie sind eine Anerkennung für all die Kreativen, die mit großem Engagement das Programm für unsere Zuschauerinnen und Zuschauer machen."

Der Fernsehfilm "Die Wannseekonferenz" gewann den Deutschen Fernsehpreis in den Kategorien "Bester Fernsehfilm" und "Bestes Buch Fiktion" (Magnus Vattrodt und Paul Mommertz). Das ZDF zeigte den Film von Matti Geschonneck anlässlich des 80. Jahrestags der historischen Wannsee-Konferenz im Januar 2022. Der Film schildert auf Grundlage des von Adolf Eichmann gezeichneten "Besprechungsprotokolls" das Treffen führender Vertreter des NS-Regimes am 20. Januar 1942 in einer Villa in Berlin-Wannsee. Thema war die Organisation des systematischen, millionenfachen Massenmords an den Juden in Europa, von den Nazis als "Endlösung der Judenfrage" bezeichnet. "Die Wannseekonferenz" ist eine Koproduktion des ZDF mit Constantin Television (Produzent: Oliver Berben); Redaktion ZDF: Frank Zervos und Stefanie von Heydwolff.

Die vierteilige Langzeitdoku "Don’t Stop the Music" und "Don’t Stop the Music Kids" mit Comedian und Musiker Bülent Ceylan gewann den Deutschen Fernsehpreis in der Kategorie "Bestes Factual Entertainment". Kann Musik und gemeinsames Musizieren einen positiven Einfluss auf soziale Kompetenz, Selbstbewusstsein und Lernverhalten haben? Grundschulkinder der Berliner Gemeinschaftsschule "Campus Efeuweg" lernen ein Instrument spielen oder singen im Chor und werden dabei von Comedian und Musiker Bülent Ceylan begleitet. Die Langzeitdoku entstand im Auftrag des ZDF (Produktion: Redseven Entertainment GmbH). Redaktion ZDF: Thorsten Haas, Damaris Sánchez Parellada, Livia Reidt, Katharina Galle und Dorothee Herrmann.

Giovanni Zarrella wurde in der Kategorie "Beste Einzelleistung/Moderation Unterhaltung" ausgezeichnet. Seit September 2021 moderiert Giovanni Zarrella seine eigene große Musikshow "Die Giovanni Zarrella Show" (ZDF/Bavaria Entertainment) im ZDF. Neben dem starken musikalischen Line-Up lebt die Show von Giovanni Zarrellas Entertainer-Qualitäten: Er singt das Opening, performt gemeinsam mit seinen Gästen das Finale und stellt mit neuen Arrangements, bislang unveröffentlichten Duetten und exklusiven Live-Auftritten immer wieder seine Vielseitigkeit als Popstar, Schlagersänger und Tänzer unter Beweis. Redaktion: Timo Rieth.

Das 3sat-Magazin "Kulturzeit" (3sat/ZDF/ORF/SRF/ARD) ist beim Deutschen Fernsehpreis 2022 in der Kategorie "Beste Information" ausgezeichnet worden. Das Kulturformat der 3sat-Partner ZDF, ORF, SRF und ARD ist seit 1995 eine verlässliche Adresse, wenn es um die großen gesellschaftspolitischen und kulturellen Fragen unserer Zeit geht. Das einzige werktägliche und live produzierte TV-Kulturmagazin im deutschsprachigen Raum wird gemeinsam von Petra Bender (ARD/SWR) und Anja Fix (ZDF) geleitet. Beim SRF sind Rajan Autze, Leiter 3sat und Redaktion "Kulturplatz" beim Schweizer Radio und Fernsehen, und beim ORF Martin Traxl, Leiter der Hauptabteilung Kultur/Fernsehen für die "Kulturzeit" zuständig.

ZDF-Reporterin Katrin Eigendorf erhielt eine Ehrung in der Kategorie "Beste persönliche Leistung Information" für ihre Berichterstattung zum Ukraine-Krieg. Seit Ausbruch des Kriegs hatte Katrin Eigendorf über Wochen und Monate in den Nachrichten- und aktuellen Magazinsendungen des ZDF live aus der Ukraine berichtet. Hinzu kamen die "Notizen einer Kriegsreporterin" in zusätzlichen "auslandsjournal"-Dokus. Die neue "auslandsjournal"-Doku "Überleben in der Ukraine – Notizen einer Kriegsreporterin" ist am 5. Oktober 2022 im ZDF und in der ZDFmediathek zu sehen. Katrin Eigendorf wurde für ihr jahrzehntelanges journalistisches Engagement in Krisen- und Kriegsgebieten zuletzt mehrfach ausgezeichnet.

In der Kategorie "Bestes Buch Unterhaltung" wurden Markus Hennig, Hanna Herbst, Nora Nagel und Jan Böhmermann für das "ZDF Magazin Royale" (ZDF/Unterhaltungsfernsehen Ehrenfeld/Gruppe 5 Filmproduktion) geehrt. Bereits seit November 2020 begrüßt Jan Böhmermann sein Publikum in seiner Late-Night-Satire im ZDF. Abseits des tagesaktuellen Politgeschehens greift Böhmermann im "ZDF Magazin Royale" große, gesellschaftlich relevante Themen überraschend und witzig auf und stößt Debatten an. Die Redaktion haben Karolina Salamon und Constantin Thelen.

Der Förderpreis des Deutschen Filmpreises 2022 ging an Salwa Houmsi. Von 2016 bis 2019 war die Moderatorin Gesicht des investigativ-journalistischen, gesellschaftskritischen und mehrfach preisgekröntem zdf/funk-Webvideo-Formats "Jäger & Sammler". Daran anschließend bildet sie seit 2020 zusammen mit Jo Schück das Moderationsduo für das neue Debattenformat "13 Fragen" bei ZDF Kultur und moderiert "aspekte".

Der Deutsche Fernsehpreis wird seit 1999 zur Würdigung hervorragender Leistungen für das Fernsehen verliehen. Gestiftet wird die Auszeichnung von ZDF, SAT.1, ARD, Deutscher Telekom und RTL. Die Federführung liegt 2022 beim ZDF.

Ansprechpartner: Presse-Desk, Telefon: 06131 – 70-12108, pressedesk@zdf.de

Fotos sind erhältlich über ZDF-Kommunikation, Telefon: 06131 – 70-16100, und über https://presseportal.zdf.de/presse/derdeutschefernsehpreis sowie von den Veranstaltungen unter https://dfp2022.all4foto.de.

Das Presse- sowie Sendematerial steht im Electronic Presse Kit (EPK) zum Download bereit unter https://kurz.zdf.de/dfp2022. Fotos zu "Die TV-Highlights des Jahres" stehen im Anschluss an die Gala zur Verfügung sowie Sendematerial hierzu im Laufe des Abends. Es wird empfohlen, sich rechtzeitig für das Portal anzumelden.

ZDFmediathek: Der Deutsche Fernsehpreis - ZDFmediathek

 

ZDF-Kommunikation
14. September 2022
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