Roadtrip 1945

"Terra X History"-Dokumentation mit Mirko Drotschmann

Vor 80 Jahren endete der Zweite Weltkrieg. In "Roadtrip 1945" folgt Mirko Drotschmann den Spuren des jungen jüdischen Mannes Manfred Gans alias Frederick Gray und trifft seine Nachfahren.
Als 16-Jähriger muss der Junge Hitler-Deutschland verlassen. 1944 kehrt er als Soldat mit einer britischen Eliteeinheit zurück. Nach der deutschen Kapitulation begibt "Freddie" sich auf eine Reise quer durch Trümmerdeutschland – auf der fieberhaften Suche nach seinen Eltern, die von den Nationalsozialisten verschleppt worden waren. Seine Reisenotizen und Briefe berichten davon und gewähren einen Blick auf die Lebensumstände 1945 in Deutschland.

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  • ZDF, ZDF: Dienstag, 6. Mai 2025, 20.15 Uhr (90 Minuten)

Texte

Quellenlage zu "Roadtrip 1945"

"Roadtrip 1945" folgt dem jungen britischen Soldaten Manfred Gans, Kampfname Frederick "Freddie" Gray, der im Mai 1945 mit einem Jeep vom niederländischen Goes aus Trümmerdeutschland durchquert. Er sucht seine Eltern, sie sollen ins KZ Theresienstadt verschleppt worden sein und leben womöglich noch. 1938 konnte er Deutschland noch Richtung England verlassen, anders als Vater und Mutter, die nicht entkommen konnten. Sieben Jahre später kehrt Freddie unter alliierter Flagge als Teil der jüdischen Eliteeinheit X-Troop in seine alte Heimat zurück. Seine Erlebnisse und Begegnungen schreibt er kurz nach seiner Reise minutiös auf.

Anhand dieses Berichts, weiterer Notizen, von Tagebucheinträgen und nicht zuletzt den Briefen an seine große Liebe Anita, einer 1938 nach New York emigrierten Jüdin, mit der er später eine Familie gründet ist es möglich, das Schicksalsjahr 1945 auf persönliche und zugleich emblematische Weise vor Augen zu führen. Vor allem die Reisenotizen gewähren einen authentischen Blick auf die Lebensumstände 1945 in Deutschland sowie die fieberhafte Suche nach den eigenen Eltern.

Stab (Auswahl)

Buch und Regie            Gabriele Rose, Andrea Mokosch
Moderator                     Mirko Drotschmann
Kamera                        Reiner Bauer, Dirk Heuer
Schnitt                          Tim Sprado, Rainer Wolf
Grafik                            Paul's Boutique
Produktion                    Philipp Müller (ZDF), Valentin van Riswyck (Doclights)
Produzenten                 Stefan Bomhof, Michaela Hummel (Doclights)
Redaktion                     Stefan Gierer, Kai Jostmeier, Stefan Mausbach
Leitung                          Stefan Brauburger
Sendelänge                  90 Minuten

Inhalt

Bei Kriegsende, im Mai 1945, macht sich der 23-jährige Frederick "Freddie" Gray als Soldat der britischen Armee von den Niederlanden aus auf den Weg in seine alte Heimat Deutschland. Seit Jahren hat er kein Lebenszeichen von seinen Eltern mehr erhalten: Sie hatten ihn wegen der Judenverfolgung im NS-Reich 1938 außer Landes geschickt, schafften es aber selbst nicht mehr, den Nationalsozialisten zu entkommen. Kurz vor Kriegsende erreicht ihn die Nachricht, dass seine Eltern vielleicht noch am Leben sein könnten – sie wurden im Lager Theresienstadt gesehen.

Hinter ihm liegen abenteuerliche Monate, die mit der Landung in der Normandie am sogenannten D-Day im Juni 1944 begannen. Er ist Soldat in der britischen "X Troop" – einem geheimen jüdischen Kommando, das für die Briten gegen die Nazis kämpft. Auch Freddie operiert hinter feindlichen Linien, hilft, letzte Bastionen des Atlantikwalls zu Fall zu bringen, bei Kriegsende erreicht er mit seiner Einheit das niederländische Goes. Von dort aus begibt er sich am 12. Mai 1945 in einem Jeep samt Fahrer auf einen halsbrecherischen "Roadtrip" quer durch seine zerstörte deutsche Heimat, um seine Eltern im knapp 900 Kilometer entfernten Konzentrationslager Theresienstadt zu suchen. Die Reise führt den aus dem Münsterland stammenden Freddie zunächst in seine westfälische Heimat Borken zurück.

Mirko Drotschmann fährt die Route 80 Jahre später nach, besucht Borken und lernt dort Freddies Nachfahren kennen, die heute in den USA und Israel leben, darunter Sohn Daniel Gans. Sie treffen sich am einstigen Familiensitz, für alle eine sehr emotionale Situation. Freddie macht damals nur kurz im Heimatort Halt. Die Sorgen um seine Eltern treiben ihn zur raschen Weiterfahrt Richtung Osten an. Mehr als 600 Kilometer durch das zerstörte Deutsche Reich liegen noch vor ihm. Unterwegs werden er und sein Fahrer Bob Zeuge einer wahren Völkerwanderung. Millionen Menschen sind bei Kriegsende entwurzelt durch Krieg, Verschleppung und Flucht. Am Abend des 14. Mai hat er sein Ziel Theresienstadt erreicht. Nur wenige Tage, nachdem die Rote Armee hier die Kontrolle übernommen hat.

Bis kurz vor Kriegsende sind rund 88.000 jüdische Menschen von hier aus in die Vernichtungslager im Osten deportiert worden. Nur jeder siebte Insasse von Theresienstadt überlebt den Holocaust. Freddie kann sein Glück kaum fassen, als er sieht, dass seine Eltern tatsächlich leben. Erleichtert notiert er: "Zwischen Gesprächen über ihre Vergangenheit, unsere Verwandten, die Welt fühlen wir uns jetzt alle sehr glücklich." Doch dann breitet sich im überfüllten Areal Fleckfieber aus. Die Erkrankten werden isoliert, das ganze Lager großflächig entlaust. Kaum befreit, stellt der sowjetische Kommandant Theresienstadt unter Quarantäne. Ein Schockmoment, wie Freddie in seinem Bericht schreibt. Ohne seine Eltern kehrt er zunächst ins niederländische Goes zurück, wo er sich umgehend daran macht, die Eindrücke der vergangenen Tage zu Papier zu bringen. Und er setzt alles daran, seine Eltern so schnell wie möglich aus Theresienstadt herauszuholen. Nachdem im Lager die Fleckfieber-Epidemie abebbt, ist es endlich soweit. Am 21. Juni 1945 besteigen das Ehepaar Gans und weitere niederländische Überlebende ein Flugzeug nach Eindhoven.

Freddies private Mission geht damit zu Ende, doch sein Dienst für die britische Armee noch nicht. Als ausgebildeter Verhörspezialist befragt Freddie KZ-Wärter und andere NS-Funktionäre. Seine Befragungen dienen auch der Vorbereitung der Nürnberger Prozesse. Deren Ende erlebt er als Zivilist. Im August 1946 legt er seinen Tarnnamen ab und wird wieder zu Manfred Gans. Im Juli 1948 gibt er seiner großen Liebe Anita in New York das Ja-Wort.

Fragen an Mirko Drotschmann zu "Roadtrip 1945" (Audio-O-Töne)

Hier finden Sie die Transkription der Fragen und Antworten von Mirko Drotschmann:

Hier finden Sie die Audiodatei.

Siehe auch Pressemappe "O-Töne für Radiosender und Audio-Medien"

Warum Graphic Novel? / Von den Filmautorinnen Andrea Mokosch und Gabriele Rose

In dem Reisebericht, den Manfred Gans alias Frederick Gray im Mai 1945 schrieb ‒ und der heute im United States Holocaust Memorial Museum in Washington liegt ‒, schlummert eine einzigartige Geschichte – ein "Roadtrip" durch den Mai 1945, der berührt, fasziniert und nachdenklich stimmt. Aber wie diese Zeilen und ihren Verfasser Freddie Gray zum Leben erwecken? Wie einen Helden auf den Bildschirm bringen, von dem es zwar unzählige Schriftstücke gibt, aber nur wenige Fotos und keine bewegten Bilder aus dem Jahr 1945? Genau hier setzt die animierte Graphic Novel an. Mit ihr entsteht eine visuell anschauliche und ausdrucksvolle Form der Geschichtsdokumentation.

Dank der Möglichkeiten der Graphic Novel können wir in Freddies Jeep einsteigen und ihn hautnah auf seiner Reise durch Trümmerdeutschland begleiten. Die Verbindung von Schauspiel, Illustrationskunst und authentischem Archivmaterial schafft eine atmosphärische Visualität, die Freddies Geschichte auf besondere Weise erlebbar macht. Wir kombinieren 2-D- und 3-D-Elemente, greifen auf Comic-Ästhetiken zurück und lassen gleichzeitig ikonische Archivaufnahmen in neuem Licht erscheinen. Unterstützt wird das Ganze durch eine eigens entwickelte künstliche Intelligenz, die den handgezeichneten Look auf alle Szenen überträgt. Dialoge, Ausstattung und Hintergründe orientieren sich eng an Freddies Reisebericht, während rahmende Zitate aus dem Originaltext für zusätzliche Tiefe sorgen.

Die animierte Graphic Novel ermöglicht es uns, nicht nur die äußeren Ereignisse nachzuzeichnen, sondern auch Freddies Gedanken, Emotionen und seine Sicht auf die Welt einzufangen. Sie geht über das reine Abbilden hinaus und lädt das Publikum ein, sich mit der emotionalen Dimension seiner außergewöhnlichen Reise auseinanderzusetzen.

Unser Ziel war es, die Vergangenheit in die Gegenwart zu holen – und dabei eine Form zu finden, die der beklemmenden, bewegenden und faszinierenden Zeitreise des Manfred Gans gerecht wird.

Zitate von Manfred Gans alias Freddie Gray

In einem Brief an seine Jugendliebe und spätere Frau Anita Lamm:
"Gerüchte über einen Frieden schwirren überall herum [...] Meine Eltern sind in Theresienstadt, Tschechoslowakei. Ich dränge darauf, dorthin zu fahren."

Aus dem Bericht nach seinem Roadtrip im Mai 1945
über deutsche Frauen:

"Die Moral der deutschen Frauen ist völlig im Eimer. Überall liegen hartgesottene deutsche Mädchen mit ihren Soldaten herum. Wenn sie "ein Gespräch führen", reden sie von "romantisch", "guter Musik", "Kultur", "ein bisschen Sekt oder Schnaps."

über die Situation auf den Straßen:
"Wir sehen immer mehr Menschen auf den Straßen; sie schieben Handkarren, Kinderwagen, tragen Rucksäcke, fahren Rad. Alle versuchen, nach Hause zu kommen: Polen, Russen, Holländer, Belgier, Franzosen, Jugoslawen und deutsche Evakuierte. Wie sie sich verpflegen, unterbringen und so weiter kann niemand verstehen."

über die Ankunft in Theresienstadt:
"Langsam fahren wir durch die Absperrung. Mir wird klar, was das für ein Moment ist. Überall sind Menschen, Juden, zu Tausenden zu sehen. Sie sehen unterernährt aus, überarbeitet. Was für ein grausamer Anblick!! Alle Augen sind auf uns gerichtet, aber sie sind zu fassungslos, um einen Laut von sich zu geben."

über das Wiedertreffen mit den Eltern:
"Zwischen Gesprächen über ihre Vergangenheit, unsere Verwandten, die Welt fühlen wir uns jetzt alle sehr glücklich."

Zitate von Nachkommen über Manfred Gans alias Freddie Gray

Sivan Ziv, Großnichte,
über die Reaktion ihres Onkels auf Berichte über den Holocaust:

"Ich glaube, von den Konzentrationslagern zu hören und von dem, was mit der jüdischen Gemeinde passiert ist, hat ihm das Herz gebrochen. Ich bin mir sicher, er hat versucht, sich nicht darauf zu konzentrieren. Ein guter Soldat zu sein, bedeutet diszipliniert zu sein. Und man kann auch den eigenen Verstand disziplinieren."

 

Daniel Gans, Sohn,
über die Suche seines Vaters nach seinen Eltern in Theresienstadt:

"Er ging zur Schreibstube, wo die Akten aufbewahrt wurden. Und er fragte nach dem Namen seiner Eltern. Und die junge Frau, die dort war, sagte: 'Sie haben großes Glück! Sie sind noch hier!'"

 

Dylan Gans, Enkel,
über das Hoffen und Bangen seines Großvaters:

"Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie aufgeregt er gewesen sein muss. Er sagte immer: 'Sei auf das Schlimmste gefasst. Erwarte das Beste.' Er hatte sich auf das Schlimmste vorbereitet."

über das erste Wiedersehen des Großvaters mit seinen Eltern:
"Seine ganze Ausbildung, all die unglaublichen Dinge, die er während des Krieges getan hatte, von der Landung am D-Day über Fallschirmabsprünge bis hin zum Bezwingen von Bergen, konnten ihn nicht darauf vorbereiten, was er sehen würde, wenn er seine Eltern wiedertreffen würde."

über die Familienzusammenführung:
"Sie feierten es mit einem Schabbat-Essen. Das zweite Wiedersehen von Manfred und seinen Eltern war am Schabbat, dem jüdischen Feiertag. Und sie feierten ein großes Fest und redeten und verbrachten Zeit miteinander, so wie es wohl die meisten Familien feiern würden."

Zitate von Expertinnen und Experten

Daniel Huhn, Historiker und Biograf von Manfred Gans,
über den Abschied von seinen Eltern:

"Seine Eltern schicken Manfred im Sommer 1938 nach England. Da ist er gerade 16 Jahre alt. Sie sagen ihm, er soll dort zunächst hin, um Englisch zu lernen. Aus heutiger Sicht kann man sagen, wahrscheinlich war den Eltern schon klar, dass sie ihr Kind für länger verabschieden als jetzt für diesen Sprachkurs oder um die Sprache zu lernen."

 

Keith Lowe, Historiker,
über die Spezialeinheit, der sich Freddie im Krieg anschloss:

"Es gibt diese eine Truppe, die so ein bisschen bunt gemischt ist, die nennen sie X-Troop. Das sind Leute, die Deutsch sprechen können, die die deutsche Kultur verstehen und die viel besser darin sind, Deutschland zu infiltrieren und sich als Deutsche auszugeben. Sie sind so etwas wie Churchills Geheimwaffe im Krieg gegen Hitlerdeutschland."

über Reaktionen nach der Entdeckung der Konzentrations- und Vernichtungslager:
"Das verändert 1945 die gesamte moralische Landschaft Europas. Diese Vorstellung vom absoluten Bösen ist mehr als Kriegspropaganda, sie scheint Wirklichkeit geworden zu sein. Die Alliierten sind empört. Es gibt diesen Wunsch nach Rache und vor allem nach Gerechtigkeit für die begangenen Verbrechen."

über die mörderische Dimension des Holocaust:
"Während die meisten Menschen in Europa ihre Verluste an der Zahl derjenigen messen, die sie verloren haben, machen es Juden andersherum. Sie zählen die Menschen, die noch übrig sind. Denn wenn man Jude ist, hat man nicht nur seinen Ehemann, sein Kind, seinen Freund oder Nachbarn verloren. Man hat sie alle verloren."

 

Harald Jähner, Historiker,
über die unmittelbare Zeit nach Kriegsende:

"Die Menschen wussten nicht, wie es weitergehen soll. Sie hatten wenig Schutz. Die Polizisten zogen ihre Uniform aus und wussten nicht, ob sie noch welche waren. Es gab Besatzungssoldaten im Land, aber die meisten hatten keine Zeit, sich um Zivilisten zu kümmern und deren Streitereien. Es gab eine Menge Überfälle aller Art und insofern hatten die Menschen viel Grund, sich voreinander zu ängstigen."

über das Verhältnis der deutschen Frauen zu alliierten Soldaten:
"Es gibt eine Menge Gewalt, eine Menge sexueller Gewalt. Es gibt aber auch eine Menge echter Liebe und wirklicher Neugier von den deutschen Frauen den Besatzungssoldaten gegenüber. Sie sind neugierig auf amerikanische Männer, nicht nur auf die Zigaretten, nicht nur auf die Cadbury-Schokolade, sondern sind neugierig auf so ein anderes Verhalten, auf eine andere Lebensweise."

über die Vertriebenen aus den ehemaligen Ostgebieten:
"Es kommen Abermillionen von Vertriebenen und müssen irgendwie untergebracht werden. Es gibt nicht genügend zu essen, und es gibt zu wenig Wohnraum, weil so viel zerbombt, zerstört ist. Und entsprechend unwillig waren die einheimischen Deutschen, ihre Landsleute aufzunehmen. Die Alliierten versuchten es dann mit Anordnung und mit Gewalt. Das heißt, da wurden eben Vertriebene einquartiert bei den deutschen Einheimischen."

 

Prof. Miriam Gebhardt, Historikerin,
über die Gefühlslage der Deutschen bei Kriegsende:

"Es gab sicher zwei große Gefühlslagen: Das eine war Erleichterung über das Ende des Krieges und vor allem der Bombardierungen. Und die andere Gefühlslage war aber auch oft Trauer und Bestürzung über das Ende dieser stolzen Wehrmacht, an die man fest geglaubt hatte."

über Aufräumarbeiten und den Mythos Trümmerfrauen:
"Es war eine äußerst beschämende Arbeit, weil die Trümmer vorher von Zwangsarbeitern weggeräumt worden waren. Und jetzt, nach 45, sollten auf einmal die sogenannten 'guten Deutschen' das machen. Das war überhaupt nicht beliebt und gern gesehen und deswegen kann nicht davon die Rede sein, dass sich damals vor allem Frauen bereitwillig, lachend, daran gemacht haben, die Städte wieder aufzubauen."

über fehlende Solidarität gegenüber den Vertriebenen:
"Die Vertriebenen wurden eben leider Gottes nicht mit offenen Armen aufgenommen. Die wurden als fremd betrachtet, die haben anders gesprochen, die hatten andere religiöse Traditionen, die waren von weit her. Damals war die deutsche Gesellschaft nicht weltoffen und insofern, wenn einer dann aus Schlesien kam, war das einfach ein Fremder."

über deutsche Ängste und Sorgen gegenüber den Alliierten:
"Im Großen und Ganzen war es so, dass die Bevölkerung unterschiedlich viel Erwartungen oder auch Ängste hatte bezüglich der Kriegsgegner. Die größten Ängste hatten sie gegenüber der Roten Armee, weil sie vor den sogenannten 'asiatischen Bestien' Angst hatten, also wirklich dachten, da kommen unzivilisierte Horden und überrennen das Land und üben Gewalt aus. Andererseits aber auch, weil sie schon wussten, dass die Wehrmacht im Osten besonders viel Unheil angerichtet hatte und deswegen Angst davor hatten, was jetzt passiert – ob sich die dann rächen werden an der deutschen Bevölkerung."

über anarchische Verhältnisse bei Kriegsende:
"Es war eine teilweise anarchische Situation, weil irgendwelche Banden unterwegs waren von Menschen, vor denen man Angst hatte, die auch Hunger hatten, die auch Gegenstände geplündert haben. Es war schon ein bisschen wilder Westen."

über fehlende Einsicht der Deutschen:
"Die Deutschen haben sich ungerecht behandelt gefühlt. Die Deutschen haben sich gerne selbst zum Opfer gemacht. Die fanden ja, dass sie keinerlei Verbrechen auf dem Kerbholz hatten. Und wenn sie es dann zur Kenntnis nehmen mussten, dann hieß es ja, das war eine Verführung, das war eine Täuschung. Das wussten wir nicht und so weiter."

Statement der Produzentin Michaela Hummel

"Roadtrip 1945" ist eine spannende, hoch emotionale, wahre Geschichte – in herausragender Visualität. Besonders berührt hat mich die Zusammenarbeit mit den Nachfahren von Manfred "Freddie" Gans: Ihre Wertschätzung und Begeisterung, dass wir mit dem ZDF diese einmalige Geschichte erzählen. Die Familie Gans setzte sich nach dem Krieg immer für die Versöhnung mit den Deutschen ein.

Und: Meine Eltern sind beide Jahrgang 1927. Seit ich denken kann, wurde in meiner Familie über Krieg und die Folgen gesprochen: Was heißt es, in einer Diktatur zu leben, in der jedes falsche Wort zur Verhaftung führt? Wie entsetzlich Krieg ist, wie man ihn im Alltag überleben kann. Wie genau der 8. Mai 1945 war, was an diesem Tag passierte.
Meine Mutter, die im Winter 1945 allein aus Danzig floh, war genau in der Zeit, in der Freddie Gans 1945 unterwegs war, in Münster.

"Roadtrip 1945": Besser kann man Geschichte und Politik vor allem an eine junge Generation nicht vermitteln. Damit klar wird, wie wertvoll Demokratie ist und wie wir uns für sie einsetzen müssen.

Michaela Hummel ist Geschäftsführerin der Doclights GmbH.

Reise durch die Zeitenwende / Von Stephan Brauburger

Schon zahlreiche Filme haben sich dem Kriegsende vor 80 Jahren gewidmet, mit sehr unterschiedlichen Geschichten, Protagonisten und Bildern. Doch immer noch gibt es viele bewegende Schicksale, die unerzählt blieben, persönliche Überlieferungen, die ganz erstaunliche Erfahrungen und Erlebnisse vor dem Hintergrund der Zeitenwende 1945 spiegeln.

Selten war ein historischer Umbruch drastischer. Alles brach mit dem untergehenden NS-Reich zusammen: der Staat, die Gesellschaft, die Moral. Deutschland, das unter Hitler den grausamsten Vernichtungskrieg und die schlimmsten Verbrechen seit Menschengedenken entfesselt hatte, blieb vom Flächenbrand selbst nicht verschont. Keine andere Nation in der Geschichte hat Grundlagen der Existenz anderer Völker auf so mörderische Weise zu zerstören versucht und dabei die eigene aufs Spiel gesetzt.

Durch das Szenario dieser Epochenwende führt uns "Roadtrip 1945", mit einer Hauptfigur, deren Erlebnisse sehr verschiedene Facetten des Umbruchs vor Augen führen. Anhand einer einzigartigen Familiengeschichte! Manfred Gans, Kampfname Frederick "Freddie" Gray, der als jüdischer Jugendlicher aus Deutschland emigrierte und als britischer Soldat im Mai 1945 mit einem Jeep vom niederländischen Goes aus Trümmerdeutschland durchquert, sucht seine Eltern. Sie sollen ins KZ Theresienstadt verschleppt worden sein und leben womöglich noch. Am Ende gelingt die Rettung.

Mithilfe der Graphic Novel werden die Etappen von "Freddies" Odyssee rekonstruiert, die aufwändigen Animationen geben seinen Berichten Gesicht und Stimme. Historiker und ZDF-Presenter Mirko Drotschmann folgt den Spuren des Elite-Soldaten, besucht wichtige Schauplätze und trifft auf Zeitzeugen. Das besonders bewegende Gespräch bei der Begegnung mit den Nachfahren im alten Heimatort Borken schlägt Brücken zwischen dem Gestern und Heute.

Ganz im Sinne der Kinder und Enkelkinder Freddie Grays, die im Film zu Wort kommen, ist unser Ziel, vor allem jungen Menschen zu vermitteln, was diese Zeit des Umbruchs damals bedeutete, zwischen Diktatur und Befreiung, verbrecherischem Krieg und Neuanfang, Schuld und Verdrängung. Und dass der Kern der Botschaft nur lauten kann: Nie wieder!

Auch diese Dokumentation wird in Schulen gezeigt, der Verband der Geschichtslehrerinnen und -lehrer Deutschlands hat dazu Unterrichtsmaterialien erstellt, zur Erinnerung an das bewegende Schicksal eines jungen Menschen, der nie die Hoffnung aufgegeben hat. In dessen Überlieferungen aus der Zeitenwende vor 80 Jahren sich vielfältig spiegelt, was in der Gegenwart nicht an Aktualität verloren hat.

Stephan Brauburger ist Leiter der ZDF-Redaktion Zeitgeschichte.

Weitere Informationen

Fotos über ZDF-Kommunikation: Telefon: 06131 – 70-16100 oder über https://presseportal.zdf.de/presse/terraxhistory

"Roadtrip 1945" : Schon jetzt im ZDF in Langfassung streamen (3x45 Minuten).

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