"Terra X: Ein Tag in …" Nürnberg 1593, Bologna 1752 und Berlin 1943

Die viertel Staffel der "Terra X"-Reihe begleitet einen Scharfrichter, eine Physikerin und einen Passfälscher

Der Scharfrichter Frantz Schmidt kämpft 1593 in Nürnberg um sein Bürgerrecht, die Physikerin Laura Bassi 1752 in Bologna um die Anerkennung als gleichberechtigte Wissenschaftlerin und der jüdische Passfälscher Cioma Schönhaus im Berlin des Jahres 1943 um sein Überleben unter der Naziherrschaft: Die vierte Staffel der "Terra X"-Reihe "Ein Tag in …" stellt drei starke Persönlichkeiten vor – Menschen, die es wirklich gab. Ihre Geschichten sind Rekonstruktionen aus Tagebüchern, Korrespondenzen, Forschungsarbeiten und zeitgenössischen Quellen, die Expertinnen und Experten ausgewertet haben.

  • ZDF Mediathek, mittwochs vor Ausstrahlung, ab 9. Oktober 2024, zehn Jahre lang
  • ZDF, sonntags, ab 13. Oktober 2024, 19.30 Uhr

Texte

Sendetermine

Terra X: Ein Tag in Nürnberg 1593 – Der Scharfrichter Frantz Schmidt (1/3)

ZDFmediathek: ab Mittwoch, 9. Oktober 2024, zehn Jahre lang
ZDF: Sonntag, 13. Oktober 2024, 19.30 Uhr

Terra X: Ein Tag in Bologna 1752 – Die Physikerin Laura Bassi (2/3)

ZDFmediathek: ab Mittwoch, 16. Oktober 2024, zehn Jahre lang
ZDF: Sonntag, 20. Oktober 2024, 19.30 Uhr

Terra X: Ein Tag in Berlin 1943 – Der Passfälscher Cioma Schönhaus (3/3)

ZDFmediathek: ab Mittwoch, 23. Oktober 2024, zehn Jahre lang
ZDF: 27. Oktober 2024, 19.30 Uhr

Stablisten

Ein Tag in Nürnberg 1593 – Der Scharfrichter Frantz Schmidt

Buch: Arne Peisker, Vivien Schwarzenberg

Szenenregie: Sigrun Laste

Dokuregie: Vivien Schwarzenberg

Regieassistenz: Gundars Jakobsons

Darsteller Frantz Schmidt: Lucas Prisor

Kamera: Jürgen Rehberg, Jurek Wieben, Christoph Valentin

Kameraassistenz: Gatis Grinbergs

Sounddesign & Tonmischung: Helen Neikes

Schnitt: Stefan Leuschel

CGI: Fritz Göran Vöpel, Roger Grein, Andreas Clemens, Jens Deifel

Sprecher: Mark Bremer

Wissenschaftliche Beratung: Prof. Dr. Jutta Nowosadtko

Mitarbeit: Tarik Demirkiran, Ragna Wolf, Frauke Gimbel (ZDF)

Postproduktion: Chantal Sefrin

Produktion: Anastasia Sytschew

Produktionsleitung: Roland Albrecht, Tomas Makaras

Herstellungsleitung: Mirko Mikelskis

Produktionsleitung ZDF: Claudia Comprix, Katharina Krohmann (ZDF/ARTE)

Produzent: Jens Afflerbach

Redaktion: Claudia Moroni (ZDF), Peter Allenbacher (ZDF/ARTE)

Eine Produktion von Storyhouse im Auftrag von ZDF und ARTE

 

Ein Tag in Bologna 1752 – Die Physikerin Laura Bassi

Buch: Arne Peisker, Elin Carlsson

Szenenregie: Sigrun Laste

Dokuregie: Mirella Pappalardo, Kerstin Horner

Regieassistenz: Gundars Jakobsons

Darstellerin Laura Bassi: Julia Goldberg

Kamera: Jürgen Rehberg, Jurek Wieben, Larissa Eden

Kameraassistenz: Gatis Grinbergs

Sounddesign & Tonmischung: Helen Neikes

Schnitt: Holger Finck

CGI: Fritz Göran Vöpel, Roger Grein, Andreas Clemens, Jens Deifel

Sprecher: Mark Bremer

Wissenschaftliche Beratung: Prof. Dr. Beate Ceranski

Mitarbeit: Ragna Wolf, Tarik Demirkiran, Frauke Gimbel (ZDF)

Postproduktion: Chantal Sefrin, Clemens Meusel

Produktion: Anastasia Sytschew

Produktionsleitung: Roland Albrecht, Tomas Makaras

Herstellungsleitung: Mirko Mikelskis

Produktionsleitung ZDF: Claudia Comprix, Katharina Krohmann (ZDF/ARTE)

Produzent: Jens Afflerbach

Redaktion: Claudia Moroni (ZDF), Peter Allenbacher (ZDF/ARTE)

Eine Produktion von Storyhouse im Auftrag von ZDF und ARTE

 

Ein Tag in Berlin 1943 – Der Passfälscher Cioma Schönhaus

Buch: Arne Peisker, Elin Carlsson

Szenenregie: Sigrun Laste

Dokuregie: Elin Carlsson

Regieassistenz: Gundars Jakobsons

Darsteller Cioma Schönhaus: Juri Senft

Kamera: Jürgen Rehberg, Jurek Wieben, André Götzmann

Kameraassistenz: Gatis Grinbergs, Sebastian Ehrig

Sounddesign & Tonmischung: Helen Neikes

Schnitt: Stefan Leuschel

CGI: Fritz Göran Vöpel, Roger Grein, Andreas Clemens, Jens Deifel

Sprecher: Mark Bremer

Wissenschaftliche Beratung: Martina Voigt

Mitarbeit: Tarik Demirkiran, Ragna Wolf, Frauke Gimbel (ZDF)

Postproduktion: Chantal Sefrin, Clemens Meusel

Produktion: Anastasia Sytschew

Produktionsleitung: Roland Albrecht, Tomas Makaras

Herstellungsleitung: Mirko Mikelskis

Produktionsleitung ZDF: Claudia Comprix

Produzent: Jens Afflerbach

Redaktion: Claudia Moroni (ZDF)

Eine Produktion von Storyhouse im Auftrag von ZDF

Terra X: Ein Tag in Nürnberg 1593 – Der Scharfrichter Frantz Schmidt (1/3)

ZDFmediathek: ab Mittwoch, 9. Oktober 2024, zehn Jahre lang
ZDF: Sonntag, 13. Oktober 2024, 19.30 Uhr

Frantz Schmidt (ca. 1555–1634) ist Scharfrichter von Nürnberg und gehört damit zu den Topverdienern der Stadt. Gesellschaftlich aber sind er und seine Familie geächtet, denn sein Beruf gilt als unehrlich. "Unehrlichkeit" ist damals als Geburtsstand geregelt und wird über die Generationen weitergegeben. 45 Jahre lang kämpft Frantz Schmidt gegen diesen Makel an. Er hinterlässt ein Tagebuch, das nicht nur sein blutiges Handwerk dokumentiert, sondern das auch deutlich macht, wie der Scharfrichter gedacht hat und was er versucht hat, um sich aus seiner Lage zu befreien. Auf der Grundlage des Tagebuchs rekonstruiert die "Terra X"-Dokumentation den Tag im Leben von Frantz Schmidt, an dem sich alles für ihn entscheidet.

Nürnberg, 1593: Die Kriminalitätsrate ist hoch, in der Stadt herrscht ein Klima von Angst und Unsicherheit. Der Rat handelt entschlossen und fordert die gnadenlose Verfolgung und Verurteilung von Straftätern durch den Arm des Gesetzes. Für die Vollstreckung ist der Scharfrichter Frantz Schmidt zuständig. Folter und Hinrichtungen sind sein Alltag, und doch quält ihn sein Tun. Weniger treiben ihn Mitleid mit den Delinquenten oder ein schlechtes Gewissen um, sondern vielmehr die Gewissheit, dass er und seine Nachkommen dem Status der "Unehrlichkeit" niemals entkommen können, denn dieser Geburtsstand wird von einer Generation auf die nächste übertragen und bedeutet neben gesellschaftlichen Repressalien auch eingeschränkte Persönlichkeitsreche. So muss Frantz Schmidt tatenlos zusehen, wie seine Kinder in der Schule gehänselt und verprügelt werden. Und ertragen, dass die Leute die Straßenseite wechseln, wenn sie ihn sehen. Dabei genießt er am Gericht und beim Rat der Stadt hohes Ansehen, nicht nur als Henker, sondern auch als exzellenter Heiler. Häufig werden ihm Patienten geschickt, auch aus "ehrbaren" Kreisen, die ihren eigenen Ärzten nicht mehr vertrauen. Frantz Schmidt weiß, welche Arzneimittel wirksam sind, wie man einen ausgekugelten Arm wieder einrenkt und schwere Wunden versorgt.

Nach 15 Jahren im Amt als Scharfrichter fordert Frantz Schmidt von der Stadt Nürnberg, ihm endlich das Bürgerrecht zu erteilen. Sein akribisch geführtes Tagebuch gilt vielen Forschern als Beleg für seinen Kampf aus der "Unehrlichkeit". Ob er sein Tagebuch aus Kalkül geführt hat, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, aber das Dokument ist ein nahezu lückenloses Arbeitsprotokoll, das nicht zuletzt auch Aufschluss gibt über das Rechtssystem in der Frühen Neuzeit und die damals gängigen Strafen. Doch trotz seiner tadellosen Lebensführung, die bis ins kleinste Detail von Kirche und Rat beobachtet wird, stehen die Chancen für den Scharfrichter nicht gut: In der Geschichte Nürnbergs gibt es keinen einzigen Henker, dem der soziale Aufstieg gewährt wurde.

Terra X: Ein Tag in Bologna 1752 – Die Physikerin Laura Bassi (2/3)

ZDFmediathek: ab Mittwoch, 16. Oktober 2024, zehn Jahre lang
ZDF: Sonntag, 20. Oktober 2024, 19.30 Uhr

Bologna feiert seinen Superstar Laura Bassi (1711–1778): Als sie mit 21 Jahren die Doktorwürde erhält, beschließt sogar der Papst, die talentierte Forscherin zu fördern. Sie ist Europas erste Philosophieprofessorin und die erste Frau weltweit, die einen Blitzableiter bauen will. Trotz ihrer Leistungen muss sie sich immer wieder in der von Männern dominierten Welt der Wissenschaft durchsetzen. Die "Terra X"-Dokumentation rekonstruiert diesen bedeutsamen Tag im Leben der Laura Bassi.

Laura Bassi ist eine Frau, die nicht viel auf Konventionen gibt. Ein Zeitgenosse schrieb über sie: "Sie fürchtet sich vor niemandem." 1752 ist die Naturphilosophin fest entschlossen, am Turm der Universität von Bologna einen Blitzableiter anzubringen. Bologna ist mit seinen vielen Kirch- und Geschlechtertürmen besonders anfällig für Blitzschäden. Doch die Erfindung des Blitzableiters ist relativ neu, wenig erprobt und selbst in Wissenschaftskreisen umstritten. Auch Lauras männliche Kollegen halten ihren Plan für gefährlich, wenn nicht sogar für unverantwortlich, und boykottieren ihren Plan. Laura Bassi lässt sich davon nicht abschrecken. Sie weiß aber, dass sie die mächtigsten Männer der Stadt auf ihre Seite bringen muss. Am besten wäre es, wenn nicht nur der Magistrat und der Vorstand der Universität, sondern auch der Legat des Papstes ihr ehrgeiziges Projekt unterstützen würde.

So brillant Laura auch ist – als Frau werden ihr oft Steine in den Weg gelegt. Zwar erhält sie mit nur 21 Jahren die Doktorwürde und eine Professur für Philosophie an der Universität von Bologna, doch sie muss darum kämpfen, in den Leitungszirkel der Naturwissenschaftlichen Akademie aufgenommen zu werden. Dabei trägt sie wesentlich zur Verbreitung der damals noch jungen Experimentalphysik bei, steht in ständigem Austausch mit den größten Denkern und Universitäten ihrer Zeit und kennt die wichtigsten Forschungsarbeiten. Trotz ihrer Dreifachbelastung als Mutter, Ehefrau und ordentliche Professorin vertieft sie sich in das Thema Elektrizität und wagt schließlich das gefährliche Experiment mit einem Blitzableiter-Modell. Dazu hat sie die wichtigsten Entscheidungsträger Bolognas in ihr Heimlabor eingeladen. Der Ausgang des Versuchs entscheidet nicht nur über die Zukunft ihres Projekts, sondern auch über die Anerkennung ihrer Verdienste als Physikerin.

Terra X: Ein Tag in Berlin 1943 – Der Passfälscher Cioma Schönhaus (3/3)

ZDFmediathek: ab Mittwoch, 23. Oktober 2024, zehn Jahre lang
ZDF: 27. Oktober 2024, 19.30 Uhr

1943 soll Berlin nach dem Willen Adolf Hitlers "judenrein" werden. Cioma Schönhaus (1922–2015) ist einer der Zehntausenden Juden, die nicht rechtzeitig ausgereist sind und nun von der Deportation in den Osten bedroht sind. Unter falscher Identität taucht er unter und hilft sich und anderen Juden, die Verfolgung durch die Nazis zu überleben. Getragen von der Originalstimme Cioma Schönhaus' erzählt die "Terra X"-Folge "Ein Tag in Berlin 1943" die Geschichte dieser unerschrockenen Persönlichkeit.

Im vierten Kriegsjahr steuert der Holocaust, die Vernichtung der europäischen Juden, auf seinen Höhepunkt zu. Mehr als 50.000 Berliner Juden sind bereits in den Osten verschleppt worden. Jene, die der Deportation in die Vernichtungslager bis dahin entkommen konnten, sind rechtlos, verfemt und todgeweiht. Polizeikontrollen und Denunzianten lauern an jeder Ecke. Der 20-jährige Cioma Schönhaus lebt als einziger aus seiner Familie noch in Berlin. Seine Eltern, seine Großmutter, Onkel und Tanten – sie alle sind bereits verschleppt worden. Jeden Tag könnte die Gestapo auch vor Ciomas Tür stehen. Er verlässt die elterliche Wohnung und taucht wie Tausende andere Verfolgte in der Stadt unter. Doch sich verstecken und sich zum Opfer der Nazis machen, will er nicht: Er tarnt sich als sogenannter "arischer" Deutscher – mit einem falschen Namen und einem ausgedachten Lebenslauf.

Auch äußerlich passt sich Cioma Schönhaus an sein Umfeld an: Er trägt die Haare wie ein "Arier" kurz geschnitten mit Seitenscheitel und einen Anzug. Um nicht entdeckt zu werden, wechselt er so oft wie möglich seine Unterkunft und geht jeden Tag pünktlich um 8 Uhr zur Arbeit. Und die ist brisant: Cioma Schönhaus manipuliert kunstvoll Ausweisdokumente, die ihm selbst und anderen Juden eine scheinbar legale Identität verschaffen. Als Passfälscher wird er Teil eines Widerstandsnetzes und verhilft dadurch Hunderten Verfolgten zur Flucht. Dabei gelingt es ihm, mit einer gehörigen Portion Chuzpe in einer schier ausweglosen Situation die Lebenslust zu bewahren. Als er auffliegt, wagt er eine abenteuerliche Flucht quer durch Deutschland bis in die Schweiz. Seinem Sohn Sascha Schönhaus berichtet er später detailliert von seinem Leben als "U-Boot" in Berlin, wie sich die untergetauchten Juden selbst nennen.

Expertenstatements aus den drei Filmen

Folge 1: Ein Tag in Nürnberg 1593 – Der Scharfrichter Frantz Schmidt

Dr. Markus Hirte, Strafrechtshistoriker und Direktor des Mittelalterlichen Kriminalmuseums in Rothenburg o.T. und einer der Experten für die Nürnberg-Folge

Zu Strafprozessen in Nürnberg um 1593

"Städte wie Nürnberg legten sehr großen Wert auf ihr eigenes Recht, eigene Gerichte und eigene Zuständigkeiten, auch und gerade in Strafsachen, denn Strafprozesse waren immer auch ein Zeichen von Unabhängigkeit und Macht – Unabhängigkeit nach außen und Macht nach innen. Im Prinzip glich ein Rechtstag einem "Theater des Schreckens", weil jemand vom Leben zum Tod geschickt wurde, und alle gesehen haben, wie er erhängt, gerädert, enthauptet oder verbrannt wurde. Gleichzeitig hat der Rat von Nürnberg gezeigt: Ein Verbrecher, der sich gegen Gott und die Menschen und das Opfer vergeht, wird gerichtet. Er bekommt seine Strafe. Man muss sich die Bestrafung damals aber immer in Verbindung mit Gott, mit einem Glauben an das Leben nach dem Tod, mit Himmel und Hölle vorstellen. Ein reumütiger Sünder, der sein Todesurteil demütig entgegengenommen hat, konnte noch ins Paradies kommen."

Zur Folter in der frühen Neuzeit

"Es ist eine Fehlvorstellung, dass man folterte, um Unrecht zu tun. Vielmehr betrachtete man seinerzeit die Folter als justizförmiges Verfahren, um Recht zu finden. Es gab immer die Schreiber, die anwesenden Schöffen und auch der Große Rat der Stadt musste informiert werden. Die Folter wurde in einem Protokoll festgehalten, um gegebenenfalls erklären zu können, dass der Verdächtige gestanden hatte. Es ging immerhin um ein späteres Urteil auf Leben und Tod. Aus diesem Folterprotokoll wurde dann ein förmliches Protokoll erstellt, was der Verdächtige dann noch mal bestätigen musste. Und das war die Grundlage des Urteils. Auf dieser Grundlage wurde das Urteil geschrieben, der Bevölkerung vorgelesen, dann wurde zur Tat geschritten."

Zur "Unehrlichkeit" des Henkers

"Die Ehre war die zentrale Kategorie des Zusammenlebens. Heute ist es das Geld oder der Status, früher war es die Ehre. Man konnte arm sein, aber ehrbar, und das war viel mehr wert als reich und unehrlich. Diese so alt klingenden Ehrbegriffe waren ganz zentral für die Menschen im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation – über 1.000 Jahre lang. Als 'Unehrlicher', wie Frantz Schmidt es als Scharfrichter war, hatte er zunächst und oft keine Bürgerrechte und war sozial geächtet. Und der Status hat sich von einer Generation auf die nächste übertragen. Das heißt, sein Sohn hätte gar keinen Lehrberuf ergreifen oder gar studieren können."

 

Folge 2: Ein Tag in Bologna 1752 – Die Physikerin Laura Bassi

Prof. Beate Ceranski, Professorin für Geschichte der Naturwissenschaften und Technik der Universität Stuttgart und Fachberaterin der Bologna-Folge

Zu Frauen in der Wissenschaft in Italien des 18. Jahrhunderts

"Im 18. Jahrhundert und auch im folgenden Jahrhundert ist die Universität Bologna ein – wie man heute sagen würde – männlicher Raum. Die Möglichkeit, dass Frauen Teil dieser Gemeinschaft werden könnten, war bei der Gründung und Festlegung der Statuten schlichtweg undenkbar."

Zum Forscherehepaar Bassi-Verati

"Die Heirat mit Giuseppe Verati war sicherlich eine der wichtigsten Entscheidungen in Laura Bassis Leben – sowohl für ihre Karriere als auch für die Sicherung ihrer sozialen Position. Giuseppe Verati war Mediziner und Naturphilosoph. Genau wie Laura Bassi begeisterte er sich für die Erforschung der Natur. Berichte der Akademie dokumentieren sogar unter anderem Forschungen, die sie gemeinsam zur Elektrizität durchgeführt haben."

Zu Laura Bassi zwischen Familie und Karriere

"Bemerkenswert ist, dass Laura Bassi ihre Vorlesungen zur Experimentalphysik bei sich zuhause beginnt, mitten in dem, was man eigentlich als "Rushhour der Familienphase" bezeichnen könnte. Also mitten in der Zeit, in der sie Kinder gebiert – insgesamt acht. Insofern sehen wir, dass Laura Bassi höchstwahrscheinlich die gleiche Jonglage hatte von Job, Berufstätigkeit, Forschungswillen, Forschungsfreude und kranken Kindern, wie ihn eine Wissenschaftlerin auch heute hat."

Zur Elektrizitätsforschung im 18. Jahrhundert

"Das 18. Jahrhundert ist in der Naturphilosophie als Ganzes sehr stark, und es ist auch das Jahrhundert der Elektrizität. Hier ist insbesondere Benjamin Franklin von besonderer Bedeutung, der in der Konzeptualisierung der Elektrizität entscheidende Beiträge leistete, der eben anders als andere sagte: 'Wir haben hier nicht zwei verschiedene Arten von Elektrizität, sondern wir haben eine Elektrizität, und es gibt Stellen, da gibt es einen Mangel an Elektrizität, und es gibt Stellen, da gibt es einen Überfluss an Elektrizität.' Und er fragte, ob diese Elektrizität, die knistert und funkelt und kleine Funken sprüht, ob das das gleiche Phänomen ist, wie das, was wir in der Atmosphäre beim Gewitter haben?"

 

Folge 3: Ein Tag in Berlin 1943 – Der Passfälscher Cioma Schönhaus

Sascha Schönhaus, Musiker und Sohn von Cioma Schönhaus und einer der Experten für die Berlin-Folge

Zum Deportationsbescheid an die Familie Schönhaus

"Als Absender auf dem Deportationsbescheid stand die jüdische Kultus-Vereinigung zu Berlin. In dem Bescheid stand, dass sich alle Mitglieder auf behördliche Anordnung ab Freitag, dem 27. Mai 1942, in der Sammelunterkunft Levetzowstraße einfinden und zur Teilnahme am Transport bereit sein müssten. Das galt auch für Cioma und seine Eltern. Das wurde perfiderweise von der jüdischen Kultus-Vereinigung verschickt, die man dazu missbraucht hat, um die eigenen Leute dann in den Synagogen einzusammeln."

Zur Hoffnung der Familie Schönhaus

"Ciomas Eltern haben sich eingeredet, dass wenn man nichts Verkehrtes tut, dann wird einem auch nichts passieren. Ich glaube, es war eine Mischung von Naivität und Zweckoptimismus, weil sie eigentlich gar keine andere Wahl hatten, als zu hoffen, dass alles gut wird. Als sie aufgefordert wurden, sich in der Sammelstelle einzufinden, sind sie davon ausgegangen, dass sie zur Zwangsarbeit irgendwo im Osten verpflichtet werden. Zur Zwangsarbeit wurde man ja auch vorher schon in Deutschland verpflichtet. Und daran haben sie geglaubt."

Zum Leben im Untergrund unter der Naziherrschaft

"In Berlin 1943 unterzutauchen, war ein enormes Risiko. Viele untergetauchte Juden sind nach wenigen Wochen entdeckt worden. Nachbarn haben Geräusche gehört und haben sie verraten, andere wurden auf dem Schwarzmarkt erwischt, als sie Lebensmittel besorgt haben. Es war ein täglicher Kampf ums Überleben."

Zum Lebensgefühl von Cioma Schönhaus

"Cioma konnte sich für jeden Tag irgendetwas Kleines aussuchen, was für ihn den Tag zu einem lebenswerten Tag gemacht hat. Und er hat das kombiniert mit einem Lebensgefühl, von seinen Eltern getragen zu sein und das Anrecht auf etwas Gutes im Leben zu haben. Er hatte die Fähigkeit, das Gefühl der Angst auszublenden. Er hat fest daran geglaubt, dass das Risiko entdeckt zu werden, in der Öffentlichkeit viel kleiner war, als wenn er sich irgendwo versteckt hätte. Er hat gesagt: So funktioniere ich, ich lebe diesen Plan, bis ich merke, hier kommt die Einbahnstraße. Dann muss ich den Plan eben ändern."

Zum Verlust der Eltern

"Cioma hat sich vorgestellt, mit seinen Eltern zu kommunizieren. Das hat er gemacht, bis er gestorben ist. Das hat ihn sein Leben lang begleitet. Diese Zwiegespräche zu halten mit seinen Eltern, mit dem Vater und der Mutter, das war seine Art, mit dem Verlust umzugehen."

Zum Leben nach dem Holocaust

"Cioma hat sehr viel Positives, Verzeihendes über Deutschland gesagt, andererseits aber auch den Satz: 'Es gibt Dinge, über die wächst nie Gras.' Alles in allem ist es ihm gelungen, sich aus der Opferrolle heraus zu bewegen. Und er hat es uns ermöglicht, dass wir diesen Spirit weiterleben konnten und auch diese Geschichte, so schwierig und schmerzhaft sie sein mochte, irgendwo auch hinter uns zu lassen und nach vorne zu schauen."

Fotohinweis

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"Terra X" in der ZDFmediathek: terra-x.zdf.de

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