Wildtierärztin Hannah Emde neben einem kleinen Saiga-Kälbchen in der Steppe (aus "Terra X: Faszination Erde: Kasachstan - Die Steppe lebt").
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Wildtierärztin Hannah Emde nimmt in der vierten Staffel von "Terra X: Faszination Erde" mit nach Neuseeland, Kasachstan und Costa Rica. Die landschaftliche Vielfalt Neuseelands liefert einzigartige Lebensräume, doch Kiwi und Co sind bedroht. In Kasachstan arbeitet man daran, die eurasische Steppe in ihren ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen – inklusive Saiga-Antilopen und Przewalski-Pferden. Costa Rica gilt weltweit als Vorreiter beim Naturschutz. Doch sind die nachgewachsenen Wälder für die Wildnis ebenso gut wie die ursprünglichen Urwälder? Hannah Emde zeigt, wie komplex und herausfordernd echter Naturschutz ist.
Sendedatum
dgsadFolge 1 und 2 ab Montag, 1. Dezember 2025, Folge 3 ab Mittwoch 3. Dezember 2025
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ZDF Sonntag, 7. Dezember 2025, 19.30 Uhr Terra X: Faszination Erde Neuseeland – Lizenz zum Töten
Sonntag, 14. Dezember 2025, 19.30 Uhr Terra X: Faszination Erde Kasachstan – Die Steppe lebt
Sonntag, 21. Dezember 2025, 19.30 Uhr Terra X: Faszination Erde Costa Rica – das pure Leben?
Neuseeland – Lizenz zum Töten
Mitten im Eis der Südinsel: Wildtierärztin Hannah Emde und Forscherin Heather Purdie erkunden den Fox-Gletscher. Jede Schicht des Eises erzählt eine Geschichte –über Neuseelands wilde Vergangenheit und seine verletzliche Zukunft.
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ZDF: Sonntag, 7. Dezember 2025, 19.30 Uhr
Jahrmillionen der Isolation haben in Neuseeland eine außergewöhnliche Flora und Fauna entstehen lassen. Doch Neuseelands einzigartige Tierwelt ist bedroht: Mit der Ankunft des Menschen kamen auch Raubtiere wie Marder, Possums und Ratten – eine Katastrophe für die heimische Tierwelt. Bereits 80 Prozent der einheimischen Vogelarten sind gefährdet, darunter auch das Nationalsymbol: der Kiwi.
Nun greift das Land zu drastischen Mitteln: Bis 2050 sollen alle eingeschleppten Raubtiere ausgerottet werden – das Programm heißt "Predator Free 2050". Ziel ist es, dass Kiwis und andere Arten nicht nur in Schutzgebieten, sondern auch wieder in Städten leben können.
Wildtierärztin Hannah Emde reist durch Neuseeland, um zu verstehen, wie bedrohte Arten geschützt werden können. Sie begleitet Tierschützer und Wildhüterinnen, die mit speziell ausgebildeten Hunden Kiwi-Nester aufspüren. Die Vögel werden gewogen und untersucht – erst wenn sie kräftig genug sind, können sie sich gegen Feinde behaupten.
Neuseeland war immer schon Zerstörung und Erneuerung ausgesetzt: Vor etwa 25 Millionen Jahren waren die beiden Hauptinseln nahezu komplett vom Meer überschwemmt. Erst die Gewalt aufeinanderprallender Kontinentalplatten hat Neuseeland wieder an die Oberfläche gedrückt. Bis heute brodelt es unter der Erde, Neuseelands Vulkane schreiben die Geschichte von Zerfall und Neuanfang immer wieder neu.
Hannah Emde fragt: Wie können bedrohte Tierarten in Neuseeland geschützt werden? Braucht es dafür wirklich die "Lizenz zum Töten"?
Kasachstan – Die Steppe lebt
Rückkehr der Steppentiere: Die Kulane – eine asiatische Wildeselart- kehren zurück in ihre ursprüngliche Heimat.
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ZDF: Sonntag, 14. Dezember 2025, 19.30 Uhr
Die kasachische Steppe wirkt auf den ersten Blick karg, doch sie ist ein Hotspot der Artenvielfalt. Inmitten endloser Graslandschaften leben Flamingos am riesigen Tengizsee und auch seltene wilde Tulpen sind dort zu finden. Im Schutzgebiet Altyn Dala – der "goldenen Steppe" – erlebt Wildtierärztin Hannah Emde ein spektakuläres Naturereignis: Zehntausende Saiga-Antilopen bringen gleichzeitig ihre Kälber zur Welt.
Einst durch Jagd und Krankheit fast ausgerottet, sind sie heute ein Symbol erfolgreicher Artenschutzarbeit – über drei Millionen Tiere leben wieder in freier Wildbahn. Das Kalbungstreffen ist für den Saiga-Forscher Steffen Zuther von der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt eine gute Gelegenheit, mehr über den Zustand der Herden zu erfahren. Denn die Anzahl gesunder Kälbchen gibt Aufschluss über den Zustand der gesamten Gruppe. Zusammen mit Hannah Emde untersucht er die neugeborenen Kälber und macht einen Gesundheits-Check.
Doch die Steppe braucht mehr als nur die Saigas. Forschende wollen das Ökosystem vollständig wiederherstellen und bringen weitere große Pflanzenfresser zurück: Przewalski-Pferde und Kulane – asiatische Esel – sollen gemeinsam mit den Saigas die "Big Three" der kasachischen Steppe bilden. Hannah Emde begleitet die Auswilderung einer jungen Eselin, die mit einem GPS-Sender ausgestattet wird, um ihre Wege zu verfolgen. Das Projekt Altyn Dala wurde von der UN als eines von zehn weltweiten Vorzeigeprojekten zur Wiederherstellung von Ökosystemen ausgezeichnet. Es zeigt: Mit Engagement und Wissen lässt sich zerstörte Natur wieder zum Leben erwecken.
Costa Rica – das pure Leben?
Hannah Emde untersucht weiße Fledermäuse mit gelben Nasen und Ohren. Die ungewöhnlichen Farben verraten viel über das ökologische Netzwerk des Regenwaldes.
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ZDF: Sonntag, 21. Dezember 2025, 19.30 Uhr
"Pura Vida" – das pure Leben – so lautet das Lebensmotto der Costa Ricaner. Das Land hat Biodiversität und Naturschutz zum Staatsziel erklärt. Costa Rica gilt weltweit als grünes Vorzeigeland: Fast 60 Prozent des Landes sind wieder bewaldet, nachdem einst große Teile für Landwirtschaft gerodet wurden. Doch wo Wald wächst, kehrt nicht automatisch auch Vielfalt zurück. Lässt sich ein Paradies wiedererschaffen? Das will Wildtierärztin Hannah Emde herausfinden und entdeckt ein komplexes Netzwerk aus Arten, Lebensräumen und Herausforderungen.
Zwischen Pazifik und Karibik, Vulkanketten und Regenwäldern leben Jaguare, Faultiere und seltene Fledermäuse. Doch die Rückkehr der Raubtiere bringt neue Konflikte – etwa mit Meeresschildkröten, die nun vermehrt Opfer von Angriffen werden. In der größten Wildtierstation des Landes hilft Hannah einem verletzten Faultier und zeigt: Der Mensch ist Teil des Systems – als Gefahr, aber auch als Retter.
Costa Rica hat seinen Wald zurückgeholt. Ob auch die ursprüngliche Vielfalt zurückkehrt, bleibt offen. Beim Tauchen mit Haien, nächtlichen Patrouillen und der Pflege verletzter Tiere erkundet Hannah Emde ein Paradies im Wandel – und fragt: Kann die verlorene Wildnis jemals wieder zurückkehren?
"Wir können diese globalen Herausforderungen meistern" – Hannah Emde im Interview
Hannah Emde
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In Neuseeland haben Sie das Programm "Predator Free 2050" begleitet. Was halten Sie als Tierärztin davon, invasive Arten gezielt zu töten, um einheimische Tiere zu retten? Es klingt erstmal absurd, dass man Tiere für den Artenschutz töten muss. Aber gerade Neuseeland hat aufgrund seiner isolierten Lage eine besonders seltene heimische Tierwelt. Jeder kennt zum Beispiel den Kiwi – ein kleiner, flugunfähiger, sehr süßer Vogel. Die Abgeschiedenheit Neuseelands macht diese Tierwelt besonders angreifbar: Die Kiwis zum Beispiel hatten nie Fressfeinde auf den Inseln. Als im 18. Jahrhundert immer mehr europäische Siedler nach Neuseeland kamen, brachten sie auf ihren Schiffen Ratten, Hermeline und Katzen mit. Diese kleinen Raubtiere breiteten sich ohne natürliche Feinde extrem schnell aus, wurden zu einer Plage und bedrohen nun alle heimischen Tierarten Neuseelands – vom berühmten Kiwi bis zur kleinen Eidechse. Das Artenschutzprogramm der Neuseeländer, auch wenn die Maßnahmen hart sind, zielt also nur darauf ab, die heimische Tierwelt vor dem Aussterben zu bewahren.
Was waren die Herausforderungen und Erkenntnisse bei Ihrer Expedition in einer neuseeländischen Höhle? In Neuseeland sind viele Gebiete von riesigen unterirdischen Höhlensystemen durchzogen, eine noch kaum erforschte Unterwelt. Ich hatte keine Ahnung, was mich dort unten erwartet. Wir sind durch extrem enge Gänge gekrochen, kein Ende in Sicht, und manchmal hatte ich Sorge, dass mir die Luft ausgehen, oder ich stecken bleiben könnte. Da musste ich mich wirklich konzentrieren, um ruhig zu bleiben und weiter durch die Felsspalten zu robben. Auch die Stockfinsternis und das Gefühl, allein aus dieser Unterwelt niemals herauszufinden, musste ich loslassen. Aber was mich dann tief in der Höhle erwartete, war unbeschreiblich schön: ein Sternenhimmel unter der Erde! Unzählige biolumineszente Larven lockten durch ihr Licht ihre Beute an. Klatschte man in die Hände, pulsierte die ganze Höhlendecke mit ihren unzähligen Lichtpunkten. Ein Wahnsinns-Spektakel.
In Kasachstan haben Sie in der Steppe innerhalb einer Woche die Geburt von Tausenden Saiga-Antilopen erlebt. Das war wirklich außergewöhnlich! Erstmal muss man ja sagen, dass die Saiga-Antilope ein äußerst kurioses Tier ist. Sie haben rüsselartige Nasen, grunzen laut, überleben Temperaturen von Minus40 bis Plus40 Grad und wandern schon seit der letzten Eiszeit über diesen Planeten. Phänomenal ist, dass sie ihre Geburten synchronisieren und dafür zu Tausenden zusammenkommen – wahrscheinlich, um so besser vor Feinden geschützt zu sein. Es war eines der schönsten Erlebnisse der Reise, mit den Forschenden durch die Steppe zu laufen und alle paar Schritte ein kleines neugeborenes Kälbchen im Gras zu finden und zu untersuchen. Auch die Kleinen haben schon diese charakteristischen Nasen – herrlich!
Costa Rica scheint Biodiversität und Naturschutz sehr ernst zu nehmen und hat beides sogar zum Staatsziel erklärt – während diese Themen in vielen anderen Ländern eher eine untergeordnete Rolle spielen. Hat sich das vor Ort bestätigt? Costa Rica ist in der Tat ein Vorzeigeland in Sachen Naturschutz. Schon früh wurden dort Schutzgebiete etabliert, um die Artenvielfalt zu erhalten, und mittlerweile sind wieder knapp 60 Prozent der Landesfläche von Wald bedeckt. Aber es läuft nicht alles so gut, wie es auf den ersten Blick scheint. Es gibt riesige Ananas-, Bananen- und Palmölplantagen, wo noch zu wenig auf ökologischen und nachhaltigen Anbau geachtet wird. Es werden sogar große Mengen Pestizide eingesetzt, die so in der EU nicht erlaubt wären, wodurch Böden und Grundwasser vergiftet werden. Tiere wie Tapir und Faultier sterben durch Autos an den vielen Straßen oder durch Stromleitungen. Und das hat mich wirklich geschockt: Vor allem die Meere und Küsten vor Costa Rica sind kaum geschützt beziehungsweise wird der Schutz nicht kontrolliert. Die Haipopulation geht weiter drastisch zurück – dabei sind diese Tiere so wichtig für das gesamten Ökosystem. Zum Glück gibt es vor Ort Artenschützer*innen, die für das grüne Image von Costa Rica kämpfen und auch die Politik zur Rede stellen.
Gab es einen Moment auf dieser Reise, der Sie besonders berührt hat? In Costa Rica sind wir tagelang zu einer entlegenen Forschungsstation im Norden des Landes gereist. Mit dem Auto und viele Stunden zu Fuß, durch den Regenwald, in strömenden Regen und mit überwältigenden Ausblicken auf die wunderschöne Pazifikküste. Als wir dann endlich auf der kleinen Station mit Stockbetten und Moskitonetzen ankamen, war das für mich wie nach Hause kommen – ich war schon häufiger zum Arbeiten auf solchen Forschungsstationen in Costa Rica. In dieser ersten Nacht war ich mit den Wissenschaftler*innen am Strand unterwegs, um nistende Schildkröten zu suchen – und da sind wir einem riesigen wilden Jaguar begegnet. Er lief nur wenige Meter von uns entfernt und war ganz entspannt. Hinter ihm rauschte das Meer, hinter mir zirpte der Dschungel und über uns ein fantastischer Sternenhimmel. Das war groß!
Was war für Sie bei dieser Staffel das aufregendste Erlebnis? Nach tagelanger Anreise durch die endlose Steppe Kasachstans kamen wir spät abends in einem Forschungscamp mitten im Nirgendwo an und richteten unseren Jurten ein. Wir erfuhren, dass die Tierärztin Julia und ihr Team seit zehn Tagen versuchten, einen Kulan, das ist ein asiatischer Wildesel, zu besendern, um ihn auf die Auswilderung in der Steppe vorzubereiten. Das war schwieriger als gedacht, und da ein Teil des Teams abreisen musste, bat Julia mich, sie zu unterstützen. Ab dem Abend war ich also jede Nacht abrufbereit, für den Fall, dass sie einen Wildesel "darten", also betäuben, konnte, um sie bei der Narkose für das Besendern zu unterstützen. In der dritten Nacht hat es geklappt, und es war eine aufregende, hochkonzentrierte und riskante Prozedur, die zum Glück gut ausging. Wir waren so glücklich und erleichtert, als wir die Eselstute nach der Behandlung wohlauf davon traben sahen. Ein wichtiger Beitrag, um diese Tiere zurück in die kasachische Steppe zu holen.
Wo sehen Sie derzeit die größten Herausforderungen im Artenschutz? Im Artenschutz müssen wir viel stärker zusammenarbeiten. Die Biodiversitäts- und die Klimakrise sind eng miteinander verknüpft: Durch den rasanten Klimawandel beschleunigt sich das Artensterben, und wir verlieren wertvolle Lebensräume – Lebensgrundlagen, die nicht nur für Tiere, sondern auch für uns Menschen essenziell sind. Ich wünsche mir einen konstruktiven, lösungsorientierten Austausch, der nach vorne blickt und nicht nur die Probleme benennt. Es gibt bereits beeindruckende Beispiele, die zeigen, dass erfolgreicher Artenschutz möglich ist. Das große Schutz- und Wiederansiedlungsprojekt "Altyn Dala" in Kasachstan, das wir in der Steppe besuchen konnten, ist eines davon: Dort werden weite Graslandschaften unter Schutz gestellt, Wildtiere wiederangesiedelt und ein ganzes Ökosystem wiederhergestellt – ein wertvoller Kohlenstoffspeicher für die ganze Welt. Und das geschieht gemeinsam mit den Menschen vor Ort, die aktiv in den Schutz und die Nutzung ihrer Landschaft eingebunden sind. Nur wenn Wissenschaft, Politik, Entscheidungsträger und lokale Gemeinschaften zusammenarbeiten, können wir diese globalen Herausforderungen meistern – denn am Ende geht es um den Erhalt unserer gemeinsamen Lebensgrundlage.
Die Fragen stellte Marion Leibrecht, ZDF.
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